Zu den erfolgreichsten und zugleich verheerensten Legenden zählt die Behauptung, die 68er hätten die BRD demokratischer und toleranter gemacht. Dabei waren die Revoluzzer, die bei ihren Demonstrationen Bilder von kommunistischen Massenmördern – Mao, Pol Pot, Ho Chi Minh – hochhielten, eifrig die Mao-Bibel lasen und die ihren Idolen Ergebenheisadressen schickten, etwa so demokratisch wie der damals noch existierende zweite deutsche Staat. Ihr Erbe hat sich inzwischen wie Mehltau über unser Land und seine demokratischen Institutionen gelegt. Inzwischen geht es nicht nur darum, diese ideologische Last loszuwerden, sondern dafür zu sorgen, dass sie nicht weiter unsere Zukunft vergiftet.
Einer, der gegen die Dominanz des 68er-Ideologen anschreibt, ist der Schriftsteller Bernd Wagner. Der 1948 geborene Sachse gehört zu den leider wenig bekannten Schriftstellern aus der ehemaligen DDR, die ein feines Sensorium für antidemokratische Tendenzen auszeichnet. Sein bislang bester Roman „Die Sintflut in Sachsen“ von 2018 hat es verdientermassen in die „Lesezeit“ von MDR-Kultur geschafft. Sein neuestes Werk, das fünf Jahre in der Schublade lag, weil sich kein Verlag fand, der es drucken wollte, ist nun dankenswerter Weise in der Exil-Reihe des Buchhauses Loschwitz erschienen. Es ist eine Dystrophie, getarnt als Satire. Es handelt sich um die geheimen Memoiren des von den 68ern angebeteten Ewigen Vorsitzenden Mao. Leider bleibt einem bei der Lektüre immer wieder das Lachen im Halse stecken, so realitätsnah sind die Parallelen zu dem, was wir gegenwärtig an politischen Absurditäten erleben. „Mao und die 72 Affen“ weiterlesen