Von Gastautorin Annette Henisch
Gerade flattern wieder Einladungen zu Gesellschafterversammlungen ins Haus. Die Tagesordnung vieler Unternehmen dürfte neben der üblichen Erläuterung der Bilanz, Entlastung des Vorstands/ der Geschäftsführung sowie Berichten über das abgelaufene Jahr beim Ausblick auf die zukünftige Geschäftstätigkeit Stichworte wie Auswirkungen der Corona – Pandemie, Berücksichtigung der Kriegsfolgen, Kostensteigerung und Materialverknappung enthalten.
Material ist in vieler Hinsicht knapp: Nickel fehlt komplett, Roheisen ist rar, manche Halbleiter gibt es nicht, andere können voraussichtlich frühestens Ende 2023 geliefert werden, aber auch das nur ganz vielleicht. Die Mangelwirtschaft erinnert zunehmend an sozialistische Zeiten. Hinzu kommt ein fast alle verbindendes Problem: Energie. Die Kosten explodieren, manche Unternehmen können sie nicht mehr stemmen.
Das war allen klar, völlig unabhängig vom Krieg in der Ukraine, denn die Deindustrialisierung Deutschlands war und ist erklärtes Ziel der Grünen, die keine energieintensive Produktion wollen. Zumindest nicht bei uns, denn Dekarbonisierung heißt nichts anderes als Schicht im Schacht. In anderen Teilen der Welt kann passieren, was will, bei diesem Thema geht Deutschland voran, wir „retten“ das Klima im Alleingang – vor was nur, frage ich mich häufig. Aber gleichgültig, ob unsere Deindustrialisierung den Klimawandel kalt lässt, uns aber ruiniert, von moralischer Überlegenheit beseelt schreiten wir munter in den Abgrund, das können wir Deutschen gut.
Nun beginnt es, viele Unternehmen direkt zu treffen, speziell diejenigen, die auf Drängen der Regierung in den letzten Jahren auf Gas umgestellt haben. Denn Gas ist das große Problem Deutschlands. Gar nicht gut kommen bei denen, deren Existenz nicht steuergeldfinanziert ist, die „Lösungsversuche“ unserer Politik an. Ein Satz, den man häufiger hört, ist: „Die verar…. uns doch!“.
Die Nichtlösung
Man stelle sich einen Unternehmer und seine Mitarbeiter vor, die ums Überleben kämpfen und dann von Ministerpräsident Weil (SPD) in einem Welt – Interview lesen:
WELT: Hieße das, dass in Niedersachsen anders als in den vergangenen Jahren Fracking-Gas gefördert werden soll?
Weil: Nein. Nach einem jahrelangem heillosen und emotionalen Streit hat auch die Gasindustrie erkannt, dass es dafür an Akzeptanz fehlt. Es würden langwierige Streitigkeiten wegen neuer Förderstellen folgen, und das hilft uns nicht. Wir brauchen jetzt schnelle Lösungen.
….
WELT: Bei Ihnen in Niedersachsen, im Emsland steht auch eines von jenen drei Atomkraftwerken, die noch am Netz sind. Das kann man angesichts der Lage nicht vom Netz nehmen, oder?
Weil: Doch, so wird es sein. Erstens haben wir ein Gas- und kein Stromproblem. Zweitens steht das Abschalten der Atomkraftwerke schon seit langer Zeit fest, und alle Beteiligten haben sich darauf eingestellt. Deswegen bedürfte es eines erheblichen zusätzlichen Sicherheitsaufwands und ebensolcher Investitionen, um diese Entscheidung wieder rückgängig zu machen. Das alles bräuchte wieder Zeit, und um diese Investitionen zu refinanzieren, bedürfte es dann wieder erheblich längerer Laufzeiten. Der wievielte Ausstieg aus dem Ausstieg wäre das dann?
Wie bitte? Wir haben ein Gas – und kein Stromproblem? Und womit produzieren wir Strom, Herr Weil? Na? Bingo, mit Gas! Das benötigen wir sogar in immer höherem Maße, jedenfalls nach Plan der Regierung, denn Gaskraftwerke müssen die abgeschalteten AKW ersetzen, die wir dann mit Gas, dessen Lieferung unsicher ist, betreiben. Das klingt definitiv nicht hochbegabt. Aber weil wir ja kein Stromproblem haben, stellen wir auch noch die letzten AKW ab? „Verar…“ ist fast noch höflich formuliert. „Realpolitik? Nein, Fatalpolitik!“ weiterlesen