Last Liberal standing?

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Von Lothar W. Pawliczak

Rezension zu Wolfgang Kubicki: Aufwind im freien Fall. Eine Kampfansage. Westend Verlag Neu Isenburg 2025. 159 Seiten, 22 Euro

Nein, Herr Kubicki ist nicht der letzte Liberale. Da wären ganz andere zu nennen. Es ist ja auch fraglich, ob es in der FDP überhaupt noch Liberale gibt. Aber wenn, dann gehört Herr Kubicki zu denen – the voice crying in the wilderness of the FDP. Um standing Liberals – in den USA nennen die sich Libertarians, weil im Englischen Liberals Sozis sind – zu finden, muß man aber ganz woanders hingehen, hinschauen, nachlesen, etwa beim Ludwig von Mises Institut, bei der Hayek Gesellschaft oder in Argentinien.

In der Einleitung schreibt Herr Kubicki: „Wer glaubt, die FDP sei jetzt im freien Fall, unterschätzt, wie groß das Freiheitsbedürfnis in Deutschland sein kann.“ (S. 8) Dazu wäre zu fragen: Ist nicht eher die FDP im freien Fall, WEIL sie das Freiheitsbedürfnis in Deutschland unterschätzt hat? Nicht nur, daß die FDP den staatsdirigistischen Attitüden der Grünen und SPD-Linken in der Scholz-Regierung nicht entgegengetreten ist – nein: Sie hat irren antiliberalen Gesetzen zugestimmt und damit überhaupt ermöglicht. Da kommt dann immer die klägliche Bemäntelung, die FDP habe in der Scholz-Regierung Schlimmeres verhindert. Das ist so, als wenn sich ein Brandstifter damit herausredet, er habe doch die Feuerwehr selbst gerufen als die Flammen loderten und so Schlimmeres verhindert. Wie konnte man sich noch an einen Kabinettstisch mit einem Wirtschaftsminister setzen, der mehrfach öffentlich – etwa mit „Unternehmen sind nicht insolvent, sie hören nur auf, zu verkaufen“ – demonstriert, daß er nicht die geringste Ahnung von Wirtschaft hat?

Herr Kubicki will in seinem Buch „abklopfen, ob die Politik in den vergangenen Jahren das Beste aus unserem Land gemacht hat.“ (S. 9) Meint er das ernst? Dazu muß man doch kein Buch schreiben oder lesen, um zu wissen: Die SPD-Grün-FDP-Politik hat in den vergangenen Jahren NICHT das Beste aus unserem Land gemacht! Dafür sind SPD, Grüne und die FDP vom Wähler abgestraft worden, die FDP leider so sehr, daß sie aus dem Bundestag geflogen ist.

Hat Herr Kubicki abklopfend wenigstens ein paar Körnchen neuer Erkenntnis aufgewirbelt? „Last Liberal standing?“ weiterlesen

Persische Verstrickungen: Wie Israel und der Iran von heimlichen Verbündeten zu Todfeinden wurden

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Von Shoumojit Banerjee

Ein vergessenes Dreiecksverhältnis aus dem Kalten Krieg von Mossad, der SAVAK und der CIA bietet frappierende Echos in den heutigen Raketenangriffen und der Nuklearspionage.

Auch wenn es heute undenkbar scheint, gab es eine Zeit, wo iranische Generäle in luxuriösen Villen Nord-Teherans zu Cognac und Kaviar auf israelische Strategen anstießen. In den 1970er Jahren war die Luft in der Hauptstadt geschwängert von geopolitischen Planspielen. Iranischen Militärs verehrten den einäugigen israelischen Falken Moshe Dayan. Lange vor den ‚Tod für Israel‘-Rufen strickte Teheran heimlich mit Tel Aviv an einer verdeckten Allianz, die die Region neugestalten sollte.

Während der Blütezeit des Schahs, vor der Islamischen Revolution 1979, bildeten der israelische Mossad, die amerikanischen CIA und der SAVAK – der gefürchtete iranische Geheimdienst – ein stilles Bündnis, das den Iran zu einem Bollwerk gegen den arabischen Nationalismus, sowjetischen Einfluss und den Aufstieg linker Revolutionäre im Nahen Osten machen sollte.

Das Projekt war ebenso gewagt wie ehrgeizig und geheim. Israel, der einzige Staat der Region mit Atomwaffen, sollte seine Raketentechnologie mit Iran teilen, und die Vereinigten Staaten würden wegsehen, solange die Sowjets in Schach gehalten würden.

Das seltsame Dreieck wurde als ‚Peripheral Alliance Strategy‘ oder „Projekt Klil“ bekannt. Es sollte die nicht-arabischen Staaten Iran, Türkei und Äthiopien mit Israel zu einem breiten anti-arabischen Geheimdienst- und Militärnetzwerk zusammenbinden. Wie der Gründungschef des Mossad, Reuven Shiloah, 1958 angeblich Präsident Dwight Eisenhower sagte: „Dieser hohe Damm wird die rote Flut aufhalten.“

Herzstück dieser bizarren Bruderschaft war ein, der ans Phantastische grenzte: iranische Raketen, angetrieben von israelischem Know-how und Petrodollars. Wie der israelische Investigativjournalist Ronen Bergman in seinem atemberaubenden „The Secret War With Iran“ (2007) berichtet, verhandelte Mossad-Agent Reuven Merhav unter dem Codenamen ‚Operation Tzor‘ mit Hassan Toufanian von der SAVAK. „Persische Verstrickungen: Wie Israel und der Iran von heimlichen Verbündeten zu Todfeinden wurden“ weiterlesen

Deir Yassin und die Erfindung der ‚Erbsünde‘ Israels

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Von Shoumojit Banerjee

Der Zusammenstoß von 1948 in Deir Yassin wird oft als Beweis für die Brutalität der Zionisten angeführt und hat die Erzählung vom ‚Siedlerkolonialismus‘ befeuert. Bei genauerer historischer Betrachtung zeigt sich zeigt jedoch, dass es sich nicht um eine ethnische Säuberung handelte, sondern um einen Propagandasieg, der bis heute die Debatten von Gaza bis zu den Ivy-League-Campus verzerrt.

Das Massaker von Deir Yassin während des ersten arabisch-israelischen Krieges 1948 ist ein elementares Moment in der palästinensischen Erinnerung und ein mächtiges Symbol der vorherrschenden Erzählung von zionistischer Brutalität und ethnischer Säuberung.

Seit Jahrzehnten wird es als Erbsünde des israelischen Staates dargestellt: Ein brutales Massaker an angeblich über 250 arabischen Dorfbewohnern durch jüdische Milizen am 9. April 1948. Es ist sogar noch berüchtigter geworden als die Vertreibungen aus Lydda und Ramla.

In seinem gründlich recherchierten Buch „The Massacre That Never Was“ (2018) widerlegt der Historiker Eliezer Tauber jedoch mit forensischer Präzision den Mythos von Deir Yassin.

Das Dorf westlich von Jerusalem war der Schauplatz einer erbitterten Schlacht während des Krieges von 1947–48, in der jüdische Kräfte, hauptsächlich der Irgun, der rechtsgerichteten zionistischen Miliz, und der Lechi, gegründet von Avraham Stern, einer radikaleren Untergrundgruppe, die abwertend als ‚Stern-Bande‘ bezeichnet wurde, um die Aufhebung der Belagerungsrings um Jerusalem kämpften. Ihr Ziel war es, die Zufahrtswege nach Jerusalem zu sichern und bewaffnete arabische Truppen zurückzuschlagen, die nach dem Teilungsplan der Vereinten Nationen jüdische Gebiete blockiert hatten. „Deir Yassin und die Erfindung der ‚Erbsünde‘ Israels“ weiterlesen

Gründungsmythen: Israel, Kolonialismus und die Instrumentalisierung der Geschichte

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Von Shoumojit Banerjee

In dieser Reihe untersuchen wir einige der hartnäckigsten Mythen rund um den arabisch-israelischen Konflikt, indem wir ihre historischen Wurzeln und politischen Folgen nachzeichnen.

Israel und seine Unzufriedenen – TEIL 1

Die Gründung Israels wird oft polemisch als brutale Landnahme diffamiert, aber die historischen Fakten erzählen eine andere Geschichte.

Ist Israel in Sünde geboren? Seit dem 7. Oktober 2023, als die Terrororganisation Hamas 1.200 israelische Zivilisten massakrierte, bis zum Mai 2025, wo die Regierung Benjamin Netanjahus die ‚Operation Rising Lion‘ gegen das islamische Regime in Iran lostrat, echot diese Frage immer schriller durch die sozialen Medien, hallt durch Eliteuniversitäten und weite Teile der ‚liberalen‘ Medien.

Begleitet wird das von einer Litanei vertrauter Anschuldigungen: Israel sei ein ‚Projekt kolonialer Siedler‘, begründet durch die ‚ethnische Säuberung‘ palästinensischer Muslime, das bis heute als schwer bewaffneter US-unterstützter Vorposten dient, der die Dominanz des Westens in Nahost aufrechterhält.

Die historische Wahrheit ist naturgemäß weit unbequemer als dieses Narrativ.

Ein guter Ausgangspunkt, um die zentrale Frage der schwierigen Entstehung Israels anzugehen, ist der Historikerstreit, der seit den 1980er Jahren um Gründungsmythen des Landes entbrannte, ausgelöst durch den ersten Libanonkrieg. Dieser akademische Zank war maßgeblich für das Entstehen der historischen Sichtweisen und die Lager, in die die Welt heute gespalten ist. „Gründungsmythen: Israel, Kolonialismus und die Instrumentalisierung der Geschichte“ weiterlesen

Wieso ‚pax optima rerum‘ Blödsinn ist und man Judenhass so nennen darf

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Von Christoph Ernst

Während die Hamas Hunderte Menschen verschleppt hielt und Raketen auf Israel regnen ließ, bewies die grüne Außenministerin Baerbock intensive Fluglust, um die Israelis laufend persönlich zu ermahnen, sich gegenüber der Hamas doch bitte zurückzuhalten. Parallel versprach sie weitere deutsche Steuermillionen für die UNRWA. Längst war bekannt, dass sich UNRWA-Kräfte an der Mordorgie vom 7. Oktober beteiligt hatten und die Hamas humanitäre Hilfsgelder zu Tunnelbau und Waffenkauf genutzt hatte. Baerbock entschied sich dennoch für die Finanzierung der UNRWA.

Damit nicht genug. Zugleich unterstützte sie Karim Khan, den Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag. Der hatte einen Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu und Joaw Galant erwirkt. Khan, ein britischer Muslim mit pakistanischen Wurzeln, beschuldigte beide, in Gaza Kriegsverbrechen zu begehen. Neutrale Juristen kritisierten das als überzogen, parteiisch und politisch motiviert. Einige Länder wiesen sein Ansinnen rundweg als absurd ab. Baerbock hätte das auch tun können. Sie verzichtete darauf.

Ist Frau Baerbock eine Antisemitin? Sie würde das weit von sich weisen und den Anwurf vermutlich sofort strafrechtlich verfolgen lassen. Faktisch tat sie alles, um Israel zu schwächen und Israels Feinde zu unterstützen.

Bei zu vielen Mitmenschen gestaltet sich das ähnlich. Im Zweifelsfall sind die Israelis selbst schuld. Weil sie Iran so bedrängt haben.
Mitte Februar 1991, als Saddam Hussein Tel Aviv mit Scud-Raketen beschoss, verkündete Hans-Christian Ströbele als damaliger Sprecher der deutschen Grünen: „Die irakischen Raketenangriffe sind die logische, fast zwingende Konsequenz der israelischen Politik den Palästinensern und den arabischen Staaten gegenüber“. „Wieso ‚pax optima rerum‘ Blödsinn ist und man Judenhass so nennen darf“ weiterlesen

Wer macht die Drecksarbeit?

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Von Hans Hofmann-Reinecke

Warum „Operation Midnight Hammer“? Ist es nicht die Aufgabe der Internationalen Atombehörde (IAEA) die Weiterverbreitung von Atomwaffen zu verhindern? Wurde sie diesem Auftrag im Iran nicht gerecht? Oder ist die IAEA ohnehin nur ein Papiertiger?

Freiwillige Kontrolle

Nach dem Zweiten Weltkrieg waren die USA, UdSSR und England im Besitz von Atombomben. Sie wollten jetzt auf jeden Fall verhindern, dass diese verheerende Waffe auch in die Hände anderer Staaten fiele, und so wurde 1957 unter dem Dach der Vereinten Nationen die IAEA gegründet. Gegenüber dieser Behörde sollen sich Staaten verpflichten, auf Entwicklung und Bau von Atomwaffen zu verzichten. Nach heutigem Stand haben 191 Staaten ein entsprechendes Abkommen, das NPT („Non Proliferation Treaty“) unterzeichnet.

Konnte die atomare Weiterverbreitung damit verhindert werden? 1957 gab es besagte drei Atommächte. Inzwischen sind sechs hinzugekommen: Frankreich, China, Indien, Pakistan, Israel und Nord-Korea. Auch Südafrika hatte Bomben, aber nur bis 1991. Möglicherweise ist der Iran mittlerweile ebenfalls in diesem Club. Wie war das möglich?

Kein Land kann zur Unterzeichnung des erwähnten NPT gezwungen werden. Es bleibt dann außerhalb des Radars der IAEA – so etwa Israel. Aber auch Vertragsstaaten, die im NPT der Entwicklung von Atomwaffen abgeschworen haben, können, de facto, wenn auch nicht de jure, solche Aktivitäten in geheimen Anlagen verfolgen.

 

Ein Adler ohne Krallen

Die IAEA kann nicht in ein Land einmarschieren, um es nach nuklearen Anlagen zu durchkämmen. Sie ist also kein Papiertiger, seine „Safeguards“ Inspektoren sind Adler mit Scheuklappen, denen die Krallen gestutzt wurden, und die nur das sehen dürfen, was man ihnen freiwillig zeigt. Das ist so, als würde man dem Zöllner am Flughafen sagen, welchen Koffer er öffnen darf. „Wer macht die Drecksarbeit?“ weiterlesen

Iron Beam – der eiserne Strahl

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Von Hans Hofmann-Reinecke

Es wird berichtet, Israel hätte bei der Abwehr feindlicher Drohnen, Raketen oder Mörsern-Granaten den neuartigen „Iron Beam“ erfolgreich eingesetzt. Wie könnte so ein System funktionieren?

 

Die Eiserne Kuppel

Gegenwärtig und in der Vergangenheit wurde Israel vom „Iron Dome“, der eisernen Kuppel, zuverlässig, wenn auch nicht hundertprozentig gegen angreifende Drohnen, Raketen oder Granaten geschützt. Die Kosten dieses Systems sind gewaltig. Eine feindliche tausend Dollar Drohne mit einer, oder gar mehreren 20.000 Dollar Raketen aus der Iron Dome Batterie abzufangen, das ist kein gutes Geschäft – wenn auch mehr als gerechtfertigt, falls dadurch Menschenleben gerettet werden. Dennoch stellt sich die Frage, ob diese asymmetrische Form der Verteidigung durch Einsatz anderer Methoden vermieden werden könnte. Könnte man die eindringenden Flugkörper mit billigerer Munition abschießen?

 

Könnte man technisch verwirklichen, was in Filmen wie „Star-Wars“ schon längst gang und gäbe ist? Da werden gegnerische Raumfahrzeuge mit tödlichen Laserstrahlen beseitigt, und sogar im Zweikampf Mann gegen kommt diese Waffe zum Einsatz. Die verwendete Munition ist hier nichts anderes als Licht, das die gleiche Zerstörung im feindlichen Objekt anrichten kann wie ein Geschoß, wenn man ihm nur genügend Schmackes gibt. „Iron Beam – der eiserne Strahl“ weiterlesen

Willkommen im Hotel 1984

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Von Hans Hofmann-Reinecke

In letzter Zeit wurden traditionelle Veranstaltungen abgesagt, die seit Jahrzehnten fester Bestandteil des Brauchtums von Gemeinden oder Vereinen waren.  Der Grund: Die Organisatoren können die hohen Kosten für Anti-Terror Schutz nicht aufbringen. Warum gab es diese Probleme in der Vergangenheit nicht? Da waren Volksfeste, Umzüge und Flohmärkte eine harmlose und erfreuliche Selbstverständlichkeit.

 

Alles inklusive

Sie haben eine Woche Vollpension in einem drei Sterne Hotel gebucht. Beim ersten Abendessen aber weist man Sie darauf hin, dass pro Person jetzt noch €200 fällig werden. Voller Befremden zeigen Sie der Bedienung Ihren Voucher für die „alles inklusive“ Buchung, werden aber aufgeklärt, dass bedingt durch hohe externe Auslastung der Küche zusätzliches Personal für die Verpflegung der Logiergäste eingestellt werden musste. Das verursacht zusätzlich Kosten.

Sie sind fassungslos und fragen, wieso man den Gästen dann die Option „Vollpension“ anbietet, wenn man nicht in der Lage ist, die damit verbundenen Verpflichtungen zu erfüllen. Sie gehen hungrig auf Ihr Zimmer, schalten den Fernseher ein und übergeben nach dem Urlaub die Sache Ihrem Rechtsanwalt.

 

Zivile Vollpension

Eine Regierung ist verpflichtet, den Bürgern, die in der Verfassung garantierten Grundrechte zu gewährleisten. Das ist die verbindliche Zusage des Staates an die Bevölkerung. Das schließt das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit ein, sowie Versammlungs- und Religionsfreiheit. Im Gegenzug für die diese Leistungen werden dem Bürger Steuern abverlangt. Im Jahr 2024 waren das knapp eine Billion, also eine Million Millionen. Das macht im Durchschnitt 12.000 Euro pro Kopf pro Jahr aus, oder 1000 Euro pro Monat – vom Säugling bis zum Hundertjährigen.

Dafür muss der Staat jedem Bürger seine Grundrechte garantieren. Es handelt sich um Vollpension in Sachen Grundrechte, egal ob Bund, Land oder Gemeinde ihre Verpflichtungen gegenüber dem Bürger erfüllen müssen. „Willkommen im Hotel 1984“ weiterlesen

Sie zwingen mich, meine Rundfunkbeiträge drastisch zu reduzieren

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Sehr geehrte Herren,

Sie zwingen mich, meine Rundfunkbeiträge drastisch zu reduzieren. Finaler Auslöser ist die Sendung Jan Böhmermanns vom 9. Mai dieses Jahres.

Vermutlich pflichten Sie mir bei, dass die ‚Demokratieabgabe‘, die ich an Ihre Anstalten entrichte, tatsächlich dem Erhalt der Demokratie dienen sollte. Dazu jedoch müsste Ihr Programm seinen eigentlichen Auftrag erfüllen und sich als ein Angebot an die gesamte Bevölkerung verstehen. Es müsste unabhängig und neutral sein, statt zu polarisieren und einen Gutteil der Bevölkerung gezielt zu verprellen und auszugrenzen.

Ich bin ein Fan des NWDR-Gründers Hugh Greene. Der hatte als Korrespondent in Hitler-Deutschland gearbeitet und war bestens mit der Propaganda des NS-Regimes vertraut. Also schuf er ab 1945 den genauen Gegenentwurf dazu. Für Greene sollten Journalisten keine regierungshörigen Manipulatoren sein, die als Einpeitscher ideologischer Halbwahrheiten antraten, sondern gut orientierte Dienstleister, die nüchtern berichteten, was anlag. Ohne Fakten zu unterschlagen, schön zu reden und zu verzerren, sondern so sachlich, wie es eben ging. Greene kannte sich mit totalitärer Indoktrination aus. Er wusste, dass freier Zugang zu ungefilterten Informationen die Voraussetzung für Mündigkeit und Fairness ist. Später pries auch Hanns Joachim Friedrichs professionelle Distanz als oberste Maxime. Gerade weil engagierten Journalisten der innere Abstand oft schwerfällt, ist er die Kür, die die Spreu vom Weizen trennt. Neutralität ist der Schlüssel zu Glaubwürdigkeit. Sie gewährt Integrität. „Sie zwingen mich, meine Rundfunkbeiträge drastisch zu reduzieren“ weiterlesen

Wem nichts heilig ist

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Von Hans Hofmann-Reinecke

Große Kulturen haben viel Aufwand betrieben, um sakrale Bauwerke zu errichten und dem Leben rituelle Struktur zu verleihen. All das hat für den Alltag keinerlei praktischen Nutzen, aber es scheint auf geheimnisvolle Weise die Menschheit vor Verfall und Barbarei zu bewahren. Im Europa von heute ist nun zu beobachten, wie sich eine Gesellschaft entwickelt, der nichts heilig ist; in der gibt es zwar noch überlieferte Feiertage, ihre Bedeutung aber ist irrelevant geworden. Ich wünsche Ihnen trotzdem ein frohes Pfingstfest.

 

Willkommen zur Himmelstreppe

Wenn Sie das nächste Mal in Peru sind und die von Ihren Steuern erschaffenen Radwege hinreichend besichtigt haben, dann sollten Sie auch einem anderen rituellen Bauwerk Beachtung schenken: einer atemberaubenden Zitadelle, die vor 500 Jahren unter dem Inka-Herrscher Pachacútec am Abhang eines steilen Berges gebaut wurde. Das Zentrum der Anlage bilden der Templo Principal, der Sonnentempel sowie der mit den drei Fenstern. Darum herum liegen mehr oder weniger aufwendige Wohngebäude und es gibt die „Himmelstreppe“, die Sie nur erklimmen sollten, wenn Sie schwindelfrei sind. All das besteht aus Steinen oder Felsblöcken, die auf geheimnisvolle Weise nahtlos und wasserdicht aneinander angepasst sind, und so haben die Bauten ohne Zement und Eisen die Jahrhunderte überlebt. „Wem nichts heilig ist“ weiterlesen