Der Weg für Thüringen: Nach Ende der Brandmauer die wechselnden Mehrheiten

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Am vergangenen Sonntag haben AfD und CDU, beide mit dezidiert konservativen, nicht-linken Inhalten, zusammen über 55% der Stimmen bei gestiegener Wahlbeteiligung erreicht.

Das Signal der Wählerinnen und Wähler in Thüringen ist eineindeutig: Eine weitere Ausgrenzung der Inhalte und Personen der AfD, sei es in Thüringen oder Sachsen oder Deutschland ist nicht mehr zeitgemäß.

Die „Brandmauer“ ist abgewählt worden!

Und eine „Brandmauer“ war auch immer ein absurdes, vordemokratisches Denkverbot.

Es gibt keine falschen Inhalte, nur weil sie von „falschen Leuten“ kommen. Ein gewählter Abgeordneter ist ein demokratischer Kontrahent, außer er oder sie stellt sich persönlich oder gerichtlich festgestellt außerhalb des Verfassungskonsens. Das gilt natürlich auch auf für die AfD Fraktion in Thüringen.

Der weitere Weg für Thüringen ist deshalb politisch vorgezeichnet: Es muss einen inhaltlichen Wechsel geben in Migration, Energiepolitik, Bildung.

Die Wahl in Thüringen war eigentlich ein Fest der Demokratie, allein durch den Anstieg der Wahlbeteiligung! Aber das Ergebnis ist auch Demokratie pur und die ist kompliziert. „Der Weg für Thüringen: Nach Ende der Brandmauer die wechselnden Mehrheiten“ weiterlesen

Tolle Saisoneröffnung!

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Das Theater Nordhausen, von dem auf diesem Blog immer wieder die Rede ist, hat die neue Spielzeit mit einer fulminanten Italienischen Operngala eröffnet. „Glanzlichter des Belcanto“ wurden versprochen, und die Vorstellung hielt dieses Versprechen. Intendant Daniel Klajner stand selbst auf dem Dirigentenpult und moderierte den Abend. Zu hören waren Julia Ermakowa (Sopran), das neue Ensemble-Mitglied aus St. Petersburg, und Florian Tavic (Bariton), der seine Gesangsausbildung an der Musikakademie Zagreb absolvierte.

Schon zu Beginn, bei der Aufführung der Ballettmusik aus Mozarts *Idomeneo*, spürten die Zuschauer, dass es ein besonderer Abend werden würde. Klajner dirigierte das Loh-Orchester so exakt, als wären Dirigent und Musiker ein Körper. Mir fiel spontan ein, was ich über die Kunst von Gustav Mahler gelesen hatte. So etwa muss es bei dem großen Meister gewesen sein.

Auch die beiden Sänger gaben alles. Ermakowa begann mit Rezitativ und Arie der Elektra und meisterte den schwierigen Part brillant. Tavic startete mit der Auftrittsarie des Figaro und riss das Publikum zu den ersten Bravo-Rufen hin. „Tolle Saisoneröffnung!“ weiterlesen

Wahlnachlese

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Die Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen haben gezeigt, dass die Wähler klüger sind und weiter denken, als die Parteien. Sie haben in aller wünschenswerten Deutlichkeit gezeigt, dass es ein „weiter so“ in der Politik nicht geben kann, weder in der Landes- noch in der Bundespolitik. In Thüringen statteten die Wähler die AfD mit einer Sperrminorität aus, zeigten aber gleichzeitig, indem sie Björn Höcke das Direktmandat verweigerten, dass sie von der Partei erwarten, ihre Wagenburgmentalität zu verlassen und zu pragmatischer Politik überzugehen. In Sachsen, wo die CDU und die AfD fast Kopf an Kopf durch die Ziellinie gingen, konnte die Sperrminorität vorläufig nur verhindert werden, weil die ursprüngliche Sitzverteilung nachträglich verändert wurde.

In Thüringen kann die AfD jetzt bei der Besetzung von Richter-und Staatsanwaltsstellen indirekt ein Wörtchen mitreden. Das ist auch gut so. Und sie kann verhindern, dass die Verfassung zu Ungunsten politischer Mitbewerber verändert wird.

Auch in Sachsen wird es für die Koalition, wie immer die aussehen mag, schwieriger, denn die Sperrminorität ist nur einen Sitz entfernt. Mit pragmatischen Politikangeboten der AfD könnte sich das noch ändern. Die AfD sollte nun unbedingt eine Initiative starten, dass aus der EuGH Entscheidung, dass deutsche Staatsanwaltschaften weisungsgebunden und nicht unabhängig sind, Konsequenzen gezogen werden. Staatsanwaltschaften unterstehen als Beamte ihrem Dienstherrn, also den Justizministerien von Bund oder Ländern. Das muss sich ändern.

In Thüringen kann der AfD der Parlamentspräsident nicht verweigert werden. Wenn die anderen Parteien das dennoch versuchen, haben sie aus ihrer Niederlage nichts gelernt. Auch die AfD muss lernen. In der Partei herrschte bislang der Glaube, das rechtsradikale Klientel bevorzugt bedienen zu müssen. Das machte Äußerungen wie die der Brandenburger innenpolitischen Sprecherin Lena Korté möglich, dass Migranten von öffentlichen Veranstaltungen ausgeschlossen werden. Dazu hat die Partei einen Entschließungsantrag gestellt und durchgesetzt, dass eine Sondersitzung des Landtages in Potsdam stattfand. Das war willkommenes Wasser auf die Mühlen aller AfD-Gegner. Die Aktion wird der AfD viele Stimmen gekostet haben. „Wahlnachlese“ weiterlesen

Hoffnung für die CDU

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Von Dr. Hans-Jürgen Wünschel

Anmerkung der Redaktion: Dieser Text wurde kurz vor den Wahlen in Thüringen und Sachsen geschrieben, doch das tut seinem Inhalt keinen Abbruch.

Was will die CDU? Will sie Politik für freiheitlich denkende Bürgerinnen und Bürger anbieten oder sich weiterhin von Grünen und Sozialisten die Freiheit der eigenen, selbständigen Politik vorschreiben lassen? Diese Frage stellt sich, wenn man grundsätzlich über die Bedeutung und die Aufgabe einer Partei nachdenkt. Nach Max Weber geht es bei den sich im 19. Jahrhundert bildenden Parteien um die Erwerbung von Macht, die von der Bevölkerung aufgrund ihrer Programmatik auf Zeit verliehen wird. Ziele, Orientierung, „Wohlfahrt“ stehen im Mittelpunkt des Machterwerbs. Die Partei muss unabhängig von Einflüsterungen sein. Wie oft wurde die CDU gescholten, Anhängsel der Kirche oder die SPD nur Vollstreckerin der gewerkschaftlicher Forderungen zu sein? Erfolgreiche Parteien, d.h. Parteien, die mit einem guten Wahlergebnis die Bevölkerung überzeugen konnten, waren in der Regel unabhängig, frei von Einflüsterungen, die aus Gründen der Interessenlage des politischen Gegners von verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen und Medien zum Maßstab erhoben wurden. „Hoffnung für die CDU“ weiterlesen

Wahlwerbung für Dumme

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Thüringer Politiker scheinen keine hohe Meinung von ihren Wählern zu haben. Anders sind die Wahlspots der Parteien nicht zu erklären. Von der CDU und ihrem verunglückten Video, das mit der Frage, ob CDU-Spitzenkandidat Voigt Zucker oder Salz im Kaffee möchte, beginnt und mit einem Kind endet, das sagen muss: „Höcke ist doof“, habe ich auf diesem Blog schon geschrieben.

Die Linke macht es viel raffinierter. Sie lässt Sebastian Krumbiegel von den Prinzen für sich werben. Der rappt am Klavier: „Die Demokratie ist so verletzlich, ich weiß nicht, aber ich glaube, dass die Klugheit auf der Matte steht: Hey Leute, wir haben bald Wahlen, wir haben bald demokratische Wahlen, wir sollten demokratisch wählen, wir sollten aufpassen, dass das Kreuz, das wir machen, keinen Haken hat. Ich will keine Wahlempfehlung geben, aber es gibt echt gute Leute, die man wählen kann.“
Nach seinem letzten Wort kommt der Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) um die Ecke und lächelt den Zuschauer an. Was Krumbiegel und Ramelow verschweigen, ist, dass auf der Liste der Linken ein Mann steht, dessen Immunität vom Thüringer Landtag aufgehoben wurde, weil er sich im Darknet an Kinderpornos delektiert haben soll. Die Linke wollte den Skandal offensichtlich vertuschen. Die Linke-Landtagsabgeordnete Kati Engel erklärte im August den Austritt aus der Linkspartei, weil sie den laxen Umgang der Linken mit dem Fall nicht ertrug. Der Mann steht auf dem Wahlzettel der Linken, weil es angeblich keine Möglichkeit gegeben hat, ihn zu streichen. Wenn die Linke mit etwa 15 % in den Landtag einzieht, kommt auch dieser Mann, gegen den die Staatsanwaltschaft ermittelt, wieder in den Landtag. Er wird dann zwar kaum in die Fraktion aufgenommen werden, kann aber als Einzelabgeordneter fünf Jahre Vollversorgung genießen. Das sollte man bedenken, bevor man bei den Linken sein Kreuz macht. „Wahlwerbung für Dumme“ weiterlesen

Das wird man wohl noch sagen dürfen – Diesmal im Theater Nordhausen

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Die Idee zu dieser Gesprächsreihe vom PEN Berlin war einfach großartig. Nach mehreren Veranstaltungen in sächsischen und thüringischen Städten kann man schon sagen, dass sie auch funktioniert. Dafür war der Abend im Nordhäuser Theater am 27. August ein weiterer Beweis. Nicht, weil, wie die FAZ behauptete, „intellektuelle oder politische Prominenz welcher Art auch immer in die Provinz einfällt, um dort den Hauch der großen weiten Welt zu versprühen“. In Frankfurt/Main hat man immer noch nicht den Hochmut gegenüber dem Osten abgelegt. Nein, funktioniert hat es, weil jeder im Publikum zu Wort kam und angehört wurde, egal, ob es der Mehrheit passte oder nicht. Das wurde erreicht, indem der Moderator Aaron vom PEN zu Beginn die Atmosphäre lockerte, indem er Fragen stellte, die mit Handheben (Ja) oder Hand unten lassen beantwortet werden mussten. „Wer sagt heute noch Kaufhalle?“ oder „Wer vermisst Angela Merkel?“.

Tatsächlich gab es in den hinteren Reihen ein paar erhobene Hände. Ob jemand schon mal „Compact“ gekauft hätte? Den meisten wird dieses Magazin erst nach Nancy Faesers gescheitertem Verbot bekannt geworden sein. Mir ist Jürgen Elsässer vor vielen Jahren aufgefallen, als er mit ein paar Gesinnungsgenossen bei den iranischen Mullahs zu Gast war. In meinen Augen hat er sich damit disqualifiziert, egal, ob er damals noch zu den Linksextremisten oder schon zu den Rechtsextremisten zählte. Nach dem heiteren Start begann die Podiumsdiskussion. Leider war entgegen der Ankündigung im Theaterprogramm anstelle von Anna Schneider Nikolaus Blome erschienen. Das führte später auch zur einzigen Friktion in der Veranstaltung. Neben Blome saß Stephan Anpalagan, von dem die Welt am 5. August 2023 schrieb, dass er mit „extremer Schärfe… gegen Unionsparteien, bürgerliche Medien und Polizei“ polemisiert, „obwohl er selbst an der Polizeihochschule arbeitet“. Anpalagan hat sich auf dem Podium dann nicht mit „extremer Schärfe“ geäußert, sondern interessante Geschichten über seine Aktionen in Bezug auf Heimat und wie man sie besser machen könnte, erzählt. Blome sprach ziemlich ausführlich über das verunglückte Heizungsgesetz. „Das wird man wohl noch sagen dürfen – Diesmal im Theater Nordhausen“ weiterlesen

Die grenzenlose Vielfalt wird tödlich

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Die Bluttat von Solingen hat deutlich gemacht, dass die Politiker, die sich selbst mit gepanzerten Fahrzeugen und jeder Menge Bodyguards schützen, den öffentlichen Raum aufgegeben und die Bürger schutzlos den Folgen ihrer ideologiegesteuerten Massen-Einwanderungspolitik ausgeliefert haben. Das Messerattentat in Stuttgart und die Schlächterei in Solingen haben unter den Augen der Polizei stattgefunden. In beiden Fällen ist mit Tötungsabsicht professionell vorgegangen worden. Wer auf die Halsschlagader zielt und sie auch trifft, ist kein spontan radikalisierter Irrer, der hat das vorher trainiert. Im Falle Solingen hat sich der IS zu der Tat bekannt. Das Bekennerschreiben soll schon vorgelegen haben, als noch von offizieller Seite verkündet wurde, man gehe zwar von einem Anschlag aus, wisse aber nichts Genaueres. Im ZDF sagt der Reporter vor Ort, dass Zeugen von einem „arabisch aussehenden Mann“ gesprochen hätten, und fügt zynisch hinzu: „Was immer das heißen mag“, um dann vor Spekulationen zu warnen. Im Fahndungsprofil der Polizei taucht dann die Beschreibung „südländisch“ auf, die politisch korrekte Metapher für Neu-Hinzugekommene aus dem arabischen Raum.

Dann stellte sich der IS-Kämpfer selbst der Polizei. Das öffentlich-rechtliche Fernsehen präsentiert einen Mann, der das gesehen haben will, dessen Schwager beim morgendlichen Spaziergang mit dem Hund die blutige Jacke und ein paar Schritte weiter die Brieftasche mit den nötigen Dokumenten gefunden hat und der anschließend gegen rechts demonstriert. Wer das glaubt, hätte meine Großmutter gesagt, zieht seine Unterhose auch mit der Beißzange an. Was wollen uns die öffentlich-rechtlichen Regierungspropagandisten mit diesem Zeugen sagen?
Gleichzeitig wird von der Politik wieder eine Diskussion über eine Verschärfung des Waffenrechts und eine Ausweitung der Waffenverbotszonen angezettelt, um vom eigentlichen Problem abzulenken. „Die grenzenlose Vielfalt wird tödlich“ weiterlesen

Wenn einer mit der Deutschen Bahn fährt

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Gestern auf dem Weg nach Berlin kam in Berga-Kelbra zwar ein Zug nach Halle mit Verspätung an, die Türen gingen aber nicht auf, weil er überfüllt war. Mehr als eine Stunde später kam wieder ein Zug. Diesmal ging die Tür auf, denn eine junge Frau stieg aus. Ich kam also rein und musste bis Halle dicht gedrängt an der Tür stehen. Ich war noch glücklich dran, denn die jungen Leute, die seit Stunden mit mir gewartet hatten, kamen wieder nicht mit.

Ich hatte ihnen noch zugerufen, doch in die 1. Klasse zu gehen, aber bevor sie die Tür erreichten, fuhr der Zug ab. Ich sollte in Halle zwar 24 Minuten Umsteigezeit haben, aber als unser Zug im Bahnhof einfuhr, tat das auch der Zug nach Berlin, den ich durch einen Sprint, zu dem ich trotz meines Alters noch in der Lage bin, gerade noch erreichte. Heute sitze ich auf dem Weg nach Görlitz auf dem Bahnhof Ostkreuz, und der Zug nach Cottbus um 12:39 fiel einfach aus. Ich darf jetzt hoffen, dass der um 13:39 fährt. Die

Bahn ist völlig dysfunktional geworden, aber wir sollen alle unser Auto stehen lassen.

Den Krieg einfach weglassen

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„Der klare Sommerhimmel begann zu brummen, zu beben, der surrende Ton wurde immer lauter. Fliegende schwarze Schatten bedeckten uns. Ich ließ mich vom Eisenbahndamm hinabrollen, warf mich unter den nächsten Strauch, krümmte mich zusammen und steckte den Kopf ins Gestrüpp. Die erste Bombe fiel, die Erde erzitterte, dann hagelte es Bomben. Explosionen mündeten in donnerndem Lärm, alles bebte. Flugzeuge griffen im Sturzflug an, eins nach dem anderen gingen sie auf ihr Ziel los. Und dieses Ziel war ich. Alle versuchten, mich zu treffen, rasten direkt auf mich zu, sodass die heiße Luft der Propeller meine Haare zauste. Die Flugzeuge heulten, die fallenden Bomben heulten noch durchdringender. Dieser Ton bohrte sich ins Gehirn, drang in Brust und Bauch, wühlte das Innerste auf. Der wütende Schrei fliegender Bomben füllte alles ringsumher, ließ keinen Platz für etwas anderes. Das Heulen brach nicht ab, es saugte alle Gefühle aus mir heraus, unmöglich, an etwas anderes zu denken. Das Entsetzen packte mich. Das Donnern der Explosionen klang fast erleichternd. Ich presste mich an die Erde, damit die Splitter über mich hinwegpfiffen. Die Angst war mein Lehrer. Pfeifen bedeutete eine Sekunde Pause, um den klebrigen Schweiß abzuwischen, einen ekelhaften, stinkenden Angstschweiß, um den Kopf in den Himmel zu heben. Doch dort, im friedlichen Blau entstand ein neues, noch tieferes Vibrieren. Diesmal fiel das schwarze Kreuz des Flugzeugs genau auf meinen Strauch. Ich fühlte geradezu, wie sichtbar meine Gestalt auf dem Gras war… Erdklumpen prasselten auf meinen Kopf. Ein neuer Anflug. Der Ton des im Sturzflug angreifenden Flugzeugs presste mich nieder. Mit diesem Heulen nahte der letzte Augenblick meines Lebens. Ich betete. Ich kannte kein einziges Gebet. Ich hatte nie an Gott geglaubt und wusste dank meiner nagelneuen Hochschulbildung, der Astronomie, der erstaunlichen Gesetze der Physik, dass es keinen Gott gibt, und dennoch betete ich. Der Himmel hatte mich verraten, weder Diplome noch Wissen konnten mir helfen. Ich blieb allein, Auge in Auge mit diesem von allen Seiten auf mich zufliegenden Tod.“

Daniil Granin, Verteidiger von Leningrad, über seine erste Begegnung mit dem Krieg

Und hier mein Freund Uli Masuth, der meint, man solle den Krieg einfach weglassen:

https://www.youtube.com/watch?v=Wo2sRtKeLKg

„Das wird man doch noch sagen dürfen“

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Von Lothar W. Pawliczak

Als ich einem Freund mitteilte, daß ich nach Torgau fahre, um dort an einer vom PEN Berlin organisierten Diskussionsveranstaltung teilzunehmen, meinte der: „Aber PEN Berlin ist doch ein ganz linker Verein!“ Mit ist es herzlich egal, wer als links oder rechts und von wem auch immer eingestuft wird. Mich interessiert, was politorientiert vorgetragen wird, und dann bilde ich mir selbst eine Meinung. Zumal: Inzwischen weiß doch jeder, dem nicht das Gehirn mit Ideologie ausgeblasen ist, daß das Links-Rechts-Schema nur noch dazu dient, die jeweils Andersdenkenden zu diffamieren; ansonsten versagt es.

Man kann sich das an Frau Wagenknecht verdeutlichen: Ist die Links oder Rechts? Die schöne Sarah hat einfach gemerkt, daß sie sich wichtig tun kann, weil der CDU jeder Helfer recht ist, der verhindert, daß die AfD mit Regierungsbeteiligung zeigen kann, was sie kann – oder praktisch vorführen muß, was sie nicht kann. Und die Wagenknecht-Bündigen glauben, so gutbezahlte Posten ergattern zu können.

Aber nun zur PEN-Berlin-Diskussionsveranstaltung in Torgau. Es ist sehr gut, daß dieser Autorenverein zum Thema Meinungsfreiheit öffentlich diskutieren läßt: insgesamt 37 mal in verschiedenen Orten in Thüringen, Sachsen, Brandenburg. Es ist ja wohl auch erklärungsbedürftig, daß etwa die Hälfte der Bürger der Meinung ist, man könne in Deutschland nicht mehr frei seine Meinung sagen. Wieso werden die Ursachen dafür nicht öffentlich diskutiert? Da kommt dann sofort, daß das nicht stimme, wie man ja z.B. hier sehe, wo jeder frei seine Meinung sagen kann. Tatsächlich: Zu diesen Veranstaltungen gibt es offensichtlich keine Vorsortierung des Publikums, wie das etwa bei „Bürgergesprächen“ von Regierungspolitikern der Fall ist. Aber das erklärt natürlich nicht, wieso die Hälfte der Bürger der Meinung sind, es gäbe keine Meinungsfreiheit mehr, wie auch zu Beginn der Veranstaltung der Publikumsmoderator – sehr gute Arbeit – mit Eingangsfragen aufwärmend demonstriert hat: Etwa die Hälfte der rund 150 Teilnehmer gaben mit Handzeichen zu erkennen, daß sie meinen, die Meinungsfreiheit sei in Deutschland eingeschränkt. Interessant auch: Auf die Frage, wer von den Teilnehmern Kinder oder Enkel bei Fridays-for-Future hat, meldete sich niemand.

Links: Deniz Yücel, Co-Sprecher des PEN Berlin, Journalist früher bei Jungle World, taz, seit 2015 WeLT; Rechts: Aron Boks (PEN Berlin Mitglied), Autor und hier Publikumsmoderator

Eine halbe Stunde gab es dann die Podiumsdiskussion. Nun weiß man ja insbesondere aus ARD/ZDF-Talkshows, was im Prinzip da gesagt werden wird, wenn man die Talk-Gäste kennt. Ich kannte nur Ralf Schuler und deshalb bin ich auch hingefahren. Der Name Patrick Bahners sagte mir nichts, aber man kennt ja die Frankfurter Allgemeinen Zeitung, die sich von ihrer Eigenheit als liberal-konservative Zeitung schon lange verabschiedet hat. Deniz Yücel scheint eine wirklich offene Diskussion zum Thema zu wollen, worauf auch seine Mitteilung hindeutet, daß er auch Uwe Tellkamp zu einer dieser Diskussionsveranstaltungen eingeladen hat, der aber leider aus Termingründen absagen mußte. Zu Ralf Schuler hat er, wie er mitteilte, 120 kritische Anfragen bekommen, warum er den eingeladen habe. Das allein macht schon deutlich, daß die Meinung, man dürfe in Deutschland nicht mehr frei seine Meinung sagen, ihre Gründe hat. Immerhin: Harald Martenstein ist auch eingeladen (7.09. Finsterwalde), Jan Fleischhauer (8.09. Cottbus), Monika Maron (19.09. Potsdam). Aber hat niemand gefragt, ob bzw. warum nicht Henryk M. Broder eingeladen wurde, der gegen jegliche Angriffe erhaben ist, oder Jürgen Elsässer, der doch wohl aktuell was zum Thema beizutragen hat, Boris Reitschuster, der bei der Bundespressekonferenz keine Fragen mehr stellen darf, Uwe Steimle, der bei den Öffentlich-Rechtlichen nicht mehr auftreten darf, Susanne Dagen, die aus einem Antifaschismus-Klassiker nicht öffentlich vorlesen darf, Harald Schmidt, der sicher Heiter-Nachdenkliches zum Thema beizutragen hätte, Bernd Zeller, der die Diskussion auch mit ein paar Karikaturen hätte aufhellen können? Ich habe Micheal Andrick gefragt, der in diesem Jahr zum Thema den Bestseller Im Moralgefängnis. Spaltung verstehen und überwinden veröffentlicht hat, ob er eigeladen worden ist: Nein, ist er nicht! Vera Lengsfeld, der zum Thema schonmal DDR-Vergleiche – das kann man so sehen oder auch widersprechen – eingefallen sind, habe ich auch gefragt: Nicht eingeladen! Übrigens: Sind auch Vertreter des Manifest für einen neuen Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk eingeladen? Ich weiß es nicht, vermute aber: Nein!

Auch die Aufstellung auf dem Podium könnte Anlaß zu Fragen sein. Aus Hintergrundgesprächen war zu erfahren, daß die Moderatorin nicht in der Mitte Platz nehmen wollte, wie das eigentlich bei moderierten Streitgesprächen üblich ist. So blieb – Zufall oder nicht? – für Herrn Schuler der Platz in der Mitte. Wurde so nicht auch gleich optisch klar, daß man ihn von zwei Seiten in die Zange nehmen will? Im Gesprächsverlauf hatte man auch diesen Eindruck: Herr Bahners unterbrach seinen Kontrahenten oft, ohne von Frau Jaskulla ermahnt zu werden, die mitunter dasselbe tat. Und manchmal schien sich Herr Bahners garnicht dafür zu interessieren, was Herr Schuler sagt.

Links: Moderatorin Gabriela Jaskulla (PEN Berlin Mitglied), Arbeit als Journalistin beim NDR und Deutsch- landfunk, seit 2017 Professor für Journalistik an der privaten Fachhochschule des Mittelstands (FHM) in Hanno- ver; Mitte: Ralf Schuler, Journalist von 2013 bis Oktober 2022 Leiter der Parlamentsredaktion von BILD, dort selbst gekündigt, weil er diskriminierungsfrei leben will, aber nicht „fest an der Seite der LGBTQ-Community im eisenharten Kampf“ stehen wolle, wie es gefordert worden war, seitdem Mitarbeiter bei Nius; Rechts: Patrick Bahners (PEN Berlin Mitglied), seit 1989 Journalist bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (eigene Photos

Gegen den eloquenten, auch humorvollen Schuler kamen die beiden nicht an. Dafür wurde er vom Publikum oft mit Beifall bedacht. Herr Schuler denkt und argumentiert faktenfundiert (Die Moderatorin hatte sich dagegen im Vorfeld z.B. offensichtlich nicht die offizielle Kriminalstatistik angeschaut.) und differenziert, wie es sich für einen ordentlichen Journalisten geziemt. Das mißlingt aktivistischen Journalisten immer und sie wollen ja auch nicht neutral sein, sondern das Publikum erziehen.

Nur an einem Beispiel sei das erläutert:

Herr Schuler führte u.a. Folgendes an, um zu verdeutlichen, wieweit es bei uns damit ist, seine Meinung nicht mehr offen sagen zu können. In der CDU/CSU Faktion gab es bei Kritik an Merkels „Flüchtlingspolitik“ oft Beifallsbekundungen der Abgeordneten zu dieser Kritik, aber nicht offen, sondern indem die Abgeordneten unter dem Tisch zustimmend klopften, so daß man vom Präsidium aus das nicht sehen konnte (Natürlich war Herr Schuler nicht dabei, aber als Journalist hat man seine glaubwürdigen Quellen.). Nach außen und vor allem bei Abstimmungen im Bundestag vertraten aber fast alle Abgeordneten die Merkelposition. Bahners dazu – das immer wiederkehrende Totschlagargument, daß sei ja nur ein Einzelfall, kam auch: „Die Fraktion muß geschlossen auftreten!“ Auf meine Bitte, das doch mal zu begründen, denn schließlich sind die Abgeordneten lt. Grundgesetz nur ihrem Gewissen und ihren Wählern verpflichtet und nicht der Fraktionsführung oder der Regierung, sondern sie haben die Regierung zu kontrollieren, kam dann: Das Grundgesetz beschreibe eben nicht die ganze politische Wirklichkeit. Aha: Wer regierungsgewogen ist, meint also, die Regierung müsse sich nicht streng an das Grundgesetz halten. Dagegen die differenzierende Erläuterung von Herrn Schuler: Der Fraktionszwang ist ein Instrument des Machterhalts und als solcher nicht pauschal zu verwerfen – aber das steht durchaus im Konflikt mit der Freiheit der Abgeordneten. Machterhalt darf nicht soweit gehen, daß Meinungen unterdrückt und Abgeordnete veranlaßt werden, wider besseres Wissen und Gewissen zu handeln.

Insgesamt war die Frage-und-Diskussionsrunde mit dem Publikum sehr ausgewogen (Wieso werden auf der PEN-Berlin-Internetseite von der zweistündigen Veranstaltung nur weniger als fünf Minuten wiedergegeben?), wobei deutlich die Besorgnis ausgedrückt wurde, man kann zwar seine Meinung sagen, müßte aber dabei nicht nur mit Widerspruch rechnen, was völlig normal ist, sondern damit, gesellschaftlich sanktioniert zu werden. Der Einwand, es würde doch bei uns niemand wegen eines Witzes oder einer Meinungsäußerung eingesperrt, ist da ja wohl nur ein schwacher – um nicht zu sagen: zynischer – Trost.

Auf Fragen wie „Warum ist Journalismus heute so oft zu Aktivismus geworden?“, „Wieso wird so wenig auf die Trennung von Nachrichten und Kommentar geachtet?“ hat Herr Bahners als Antwort, daß Journalismus schon immer ein Tendenzbetrieb gewesen sei. Er findet es also anscheinend völlig in Ordnung, daß Journalisten dem Publikum Meinungen vorsetzen, es belehren und erziehen wollen, anstatt den Leuten Informationen zu liefern, daß sie sich selbst eine Meinung bilden können. Er findet es anscheinend völlig in Ordnung, wenn vieles „in den Medien oft schulmeisterlich rübergebracht wird“, wie es eine Dame aus dem Publikum formulierte.

Konkrete Beispiele, was man denn so alles grade doch noch oder eigentlich nicht mehr sagen darf, wurden von niemandem genannt. Das fiel mir erst im Nachhinein auf und daß das wohl besser so war, nämlich weil die Veranstalter sich bei allen bedankten, daß die Veranstaltung so friedlich verlaufen ist und der Einsatz der Sicherheitskräfte und der Polizei (Ich hatte in meiner Naivität wirklich gedacht, das kleine Polizeiauto stünde nur zufällig auf dem Parkplatz vor der Veranstaltung.) nicht nötig gewesen sei: Was hatten die Veranstalter denn erwartet? Meinten Sie, ein Forum zu geben, wo einige Bürger mal so richtig ihren Frust ablassen würden und eventuell einige aus dem Saal hinausexpediert werden müßten? Nein, das gab es nicht und das war auch nicht zu erwarten!

Zu erwarten wäre eigentlich gewesen, daß den Ursachen etwas nachgegangen wird, warum viele Bürger der Meinung sind, sie können ihre Meinung in Deutschland nicht mehr offen sagen. Das wurde nicht wirklich diskutiert, geschweige denn auch nur ansatzweise geklärt. Man konnte aber der Diskussion dazu viele Indizien entnehmen, auch, warum diese Meinung vielleicht im Osten stärker vertreten ist als im Westen: Ein Diskutant wies darauf hin, daß die Bemühungen des vorherrschenden Journalismus, den Bürgern eine bestimmte Haltung zu vermitteln, die sie dann selbst vertreten sollen, doch sehr an die Forderung in der DDR erinnere, man habe gefälligst den richtigen „Klassenstandpunkt“ einzunehmen. Ralf Schuler, der dazu antwortend „Sag mir, wo du stehst …“ zitierte, erntete ein Lachen bei den Ossis, denn die kannten das zur Bekenntnis auffordernde Lied – die Wessis nicht.