Carola Neher im Brechthaus

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Sie galt Anfang der 30er Jahre als die schönste Frau Deutschlands und war eine der gefeiertsten Schauspielerinnen der Weimarer Republik. Sie war eine der vielen Geliebten Brechts, der ihr einen Heiratsantrag machte, den sie ablehnte. Das Brechthaus in Berlin war der geeigneste Ort für die Vorstellung des neuesten Buches über Carola Neher, das vom Lukas-Verlag vorgelegt wurde. Der Raum war fast bis auf den letzten Platz besetzt, was beweist, dass es gelungen ist, Neher und ihr Schicksal dem Vergessen zu entreißen.

Annette Leo stellte den Sammelband im Gespräch mit den Mitherausgeberinnen Bettina Nir-Vered und Irina Scherbakowa vor. Ich gebe zu, dass ich ein Vorurteil gegen Sammelbände hege, aber dieser scheint eine interessante Ausnahme zu sein. Den Herausgeberinnen gelang es jedenfalls an diesem Abend, ein sehr plastisches, anrührendes Bild von Carola Neher und ihrer Zeit zu zeichnen. „Carola Neher im Brechthaus“ weiterlesen

Affäre Andrej Holm: Da war doch noch was

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Von Philipp Lengsfeld.

Eigentlich sind alle die Affäre um den Berliner Bau-Staatsekretär Andrej Holm leid. Denn der Rücktritt, respektive die Entlassung hätte schon längst vollzogen sein müssen. Ein linker Staatssekretär der sich mit 46 Jahren auf Erinnerungslücken beruft, wenn er nach den Details seiner beginnenden Stasioffizierskarriere gefragt wird, ist schlicht untragbar, wie beispielsweise hier auf der Achse des Guten oder hier im Tagesspiegel geschildert.

Eigentlich ist also alles klar. Eigentlich, denn die Linke und andere Unterstützer von Andrej Holm graben sich ein. Sie führen immer wieder ins Feld, wie wichtig und wertvoll die fachliche Arbeit von Andrej Holm für die Stadt wäre. Doch da ist noch was. Ich möchte hier an die „Tauflisten-Denunziations-Affäre“ erinnern. Sie datiert auf den Dezember des Jahres 2014 und ist damit gerade mal zwei Jahre her. Vielleicht kann sich der Staatssekretär ja wenigstens daran erinnern. „Affäre Andrej Holm: Da war doch noch was“ weiterlesen

Nothing to hide? Big Brother ist bereits unter uns

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Seit dem Terroranschlag auf den Weihnachtsmarkt von Berlin überschlagen sich die Politiker mit Vorschlägen, wie die innere Sicherheit unseres Landes aufrechterhalten werden kann. Obwohl der Attentäter ein den Behörden wohlbekannter Gefährder war und sogar einem V-Mann seinen Wunsch offenbarte, einen möglichst wirksamen, also tödlichen Anschlag verüben zu wollen, wurde die Überwachung des Mannes beendet.

Anstatt dieses immense Versagen unserer Sicherheitsbehörden zu diskutieren und die politisch Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen, wird eine Ausweitung der öffentlichen Überwachung in Angriff genommen.

Der Terrorist Amri ist keine Ausnahme. Nach Recherchen des Spiegel-Kolumnisten Sascha Lobo waren bei fünf islamistischen Terroranschlägen von 2014 bis 2016 in Paris und Brüssel 17 Terroristen beteiligt. Davon waren 15! den Behörden als einschlägige Gefährder bekannt. Geändert hat sich aber nicht der Umgang mit den Gefährdern, sondern die Anschläge wurden von der Politik genutzt, um die Überwachung der Bevölkerung auszubauen. „Nothing to hide? Big Brother ist bereits unter uns“ weiterlesen

Öffentlicher Druck zwingt Politik zum Umdenken!

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Immer wieder werde ich gefragt, was ein Einzelner denn tun kann gegen den alltäglichen Wahnsinn. Meine Antwort ist, dass jeder eine Stimme hat, die er zur Geltung bringen kann. Wenn eine kritische Anzahl von Stimmen erreicht ist, ändert sich etwas. Die erste Januarwoche dieses Jahres hat dafür einen eindrücklichen Beweis geliefert.

Nach dem Terroranschlag auf den Weihnachtsmarkt in Berlin hatte die Politik gehofft, nach Weihnachten und Neujahr wieder zur Tagesordnung übergehen zu können. Das ist aus zweierlei Gründen gescheitert. Einmal kamen mit jedem Tag neue Einzelheiten über das Komplettversagen unserer Sicherheitsorgane ans Licht. Der Attentäter war seit langem als Gefährder bekannt, plauderte sogar mit einem V-Mann über seine Absicht, einen Anschlag zu verüben und wurde trotzdem nicht mehr überwacht.

Viel wichtiger aber war die Reaktion der Berliner und ihrer Gäste. Die wollten sich keinesfalls damit abfinden, dass über die Opfer des Terroranschlags ein Mantel des Schweigens gebreitet wird. Nicht nur am unmittelbaren Anschlagsort am Breitscheidplatz wurden tausende Kerzen, Blumen, Bilder und Schilder mit Forderungen an die Politik abgelegt, auch an der Budapester Straße, am Kurfürstendamm, ja sogar am Brandenburger Tor entstanden Gedenkorte, die sich bis zum heutigen Tag stetig vergrößern. „Öffentlicher Druck zwingt Politik zum Umdenken!“ weiterlesen

Der untragbare Staatsekretär Holm 

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Die Linke hatte erfolgreich mobilisiert. Schon eine halbe Stunde vor Beginn der Veranstaltung der Havemann-Gesellschaft in Kooperation mit dem Amt für Kultur, das jetzt dem linken Bezirksbürgermeister Sören Ben untersteht, war die Aula der Volkshochschule Pankow voll besetzt. Geschätzte zwei Drittel der Anwesenden waren Linke. Wer, wie ich, erst eine Viertelstunde vor Veranstaltungsbeginn ankam, musste draußen bleiben. Ich hatte es gerade noch bis zum Eingang geschafft, hinter mir standen noch etwa hundert Personen, mehrheitlich Linke, von denen einige mich anpöbelten. Selbst Pressevertreter hatten keinen Zutritt mehr. Als Kompromiss wurde die Veranstaltung zeitweilig unterbrochen und ein Lautsprecher im Gang aufgestellt. Nun konnten wenigstens alle mithören.

Der Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk hielt zu Beginn einen Vortrag, der merkwürdig anmutete. Einerseits kritisierte er Holm zu Recht scharf und betonte, dass er ihm seine Erinnerungslücken nicht abnehme. Es sei nicht nachvollziehbar, dass “Holm nicht bewusst war, dass er hauptamtlicher Offiziersschüler der Stasi war.” Vor allem kritisierte Kowalczuk, völlig zu Recht, dass der Senat die Entscheidung über Holm der Humboldt-Uni zugeschoben hätte. Es sei keine Verwaltungs- sondern eine politische Entscheidung. Ein ganz entscheidender Punkt. „Der untragbare Staatsekretär Holm “ weiterlesen

Es ist Wahnsinn und es hat Methode

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Das Jahr 2017 begann wie das unselige 2016. Trotz massiver Sicherungsmaßnahmen, über die im Vorfeld ausführlich berichtet worden war, versuchten etwa 1700 von der Polizei Nafri genannte Nordafrikaner die Silvesterfeier auf der Kölner Domplatte zu erreichen. Es handelte sich nach Feststellung  der Ordnungshüter um das Klientel, das im letzten Jahr für die massenhaften Übergriffe verantwortlich war. In Dortmund Duisburg und Essen gab es ähnliche aggressive Ansammlungen junger Nordafrikaner, begleitet von Pöbeleien oder Angriffen auf Polizisten, Feuerwehr oder Rettungskräfte. „Es ist Wahnsinn und es hat Methode“ weiterlesen

2016 – das Jahr des Menetekels

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Dieses Jahr begann gewalttätig, nicht nur auf der Kölner Domplatte, sondern in Nürnberg und an vielen anderen Orten. Außer massenhaften sexuellen Übergriffen gab es auch Angriffe auf Kirchen in Köln und in Nürnberg. Diese Angriffe wurden öffentlich nicht weiter beachtet, weil unsere Gesellschaft deren Symbolik offensichtlich nicht mehr versteht. Es folgten in Italien und Österreich die Zerstörung kirchlicher Kunstschätze, meist Statuen, die auch nur unter ferner liefen berichtet wurden.

Es war ein Jahr des Terrors in Europa. Paris, Brüssel, München, Ansbach, Würzburg, Berlin waren erfolgreiche Attacken. Andere, wie in Chemnitz, konnten in letzter Minute verhindert werden.

Wenn sich jemand die Mühe machte, alle lokalen „Einzelfälle“ zusammenzustellen, muss man als Ergebnis befürchten, dass es an jedem Tag einen Gewaltakt gab. „2016 – das Jahr des Menetekels“ weiterlesen

Robert Harris: “Konklave”

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Robert Harris zu lesen, ist immer ein Gewinn.

Es ist die gekonnte Mischung aus historischen Fakten und Fiktion, die fasziniert und fesselt, so dass man einen Harris kaum aus der Hand legen kann, bevor man nicht bis zum Ende gelesen hat.

 So ging es mir wieder mit seinem Neuling „Konklave“, der eine Papstwahl in naher Zukunft schildert.

 Wer schon immer mal wissen wollte, wie es in der Sixtinischen Kapelle zugeht, wenn sich nach dem Tod eines Papstes die Kardinäle aus aller Welt versammeln, um einen der Ihren zum Nachfolger auf dem Thron Petri zu wählen, sollte zum neuesten Harris greifen. Das Buch ist spannend wie ein Thriller, ohne einer zu sein. Die Spannung ergibt sich nicht aus der Handlung. Über 350 Seiten bewegen sich die Kardinäle auf engstem Raum zwischen der Sixtinischen Kapelle und er Casa Santa Marta, ihrer Unterkunft während des Konklaves. Die Spannung ergibt sich aus den Reflexionen über den Glauben in einem immer atheistischer werdenden Westen und einer Welt, die dem Untergang des Christentums im Nahen Osten schulterzuckend zusieht. „Robert Harris: “Konklave”“ weiterlesen

Hieronymus Bosch – ein Maler für uns

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Darf man in einer Zeit, die von Terror und Angst geprägt ist, noch schöne Erlebnisse haben? Man darf nicht nur, man muss sie sogar suchen, damit die Angst vor dem Terror nicht übermächtig wird.

Mein schönstes Weihnachtserlebnis war die Entdeckung des Kirchleins im Grünen in Alt Placht, das jetzt zu Templin gehört.

Dieses Kirchlein, gebaut von hugenottischen Flüchtlingen, war bereits dem Untergang geweiht. In den 70er Jahren sollte der „Schandfleck“ abgerissen werden. Im Jahr 1989 drohte das von Gestrüpp überwucherte Gebäude einzustürzen. Statt dessen fiel die Mauer und Kenner aus West und Ost machten sich daran, die Kirche zu retten. Mit Erfolg. Heute ist das von 500-jährigen Linden umgebene Kirchlein ein wunderschöner, geradezu magischer Ort. Perfekt für die innere Einkehr, besonders zur Weihnachtszeit. „Hieronymus Bosch – ein Maler für uns“ weiterlesen

Von der Dummheit

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 Auf diesen Text hat mich ein Leser aufmerksam gemacht und ich möchte ihn als Lektüre zwischen den Jahren empfehlen:

 

Dummheit ist ein gefährlicherer Feind des Guten als Bosheit. Gegen das Böse läßt sich protestieren, es läßt sich bloßstellen, es läßt sich notfalls mit Gewalt verhindern, das Böse trägt immer den Keim der Selbstzersetzung in sich, indem es mindestens ein Unbehagen im Menschen zurückläßt. Gegen die Dummheit sind wir wehrlos. Weder mit Protesten noch durch Gewalt läßt sich hier etwas ausrichten; Gründe verfangen nicht; Tatsachen, die dem eigenen Vorurteil widersprechen, brauchen einfach nicht geglaubt zu werden – in solchen Fällen wird der Dumme sogar kritisch – und wenn sie unausweichlich sind, können sie einfach als nichtssagende Einzelfälle beiseitegeschoben werden. Dabei ist der Dumme im Unterschied zum Bösen restlos mit sich selbst zufrieden; ja, er wird sogar gefährlich, indem er leicht gereizt zum Angriff übergeht. Daher ist dem Dummen gegenüber mehr Vorsicht geboten als gegenüber dem Bösen. Niemals werden wir mehr versuchen, den Dummen durch Gründe zu überzeugen; es ist sinnlos und gefährlich. Um zu wissen, wie wir der Dummheit beikommen können, müssen wir ihr Wesen zu verstehen suchen. Soviel ist sicher, daß sie nicht wesentlich ein intellektueller, sondern ein menschlicher Defekt ist. Es gibt intellektuell außerordentlich bewegliche Menschen, die dumm sind, und intellektuell sehr Schwerfällige, die alles andere als dumm sind. Diese Entdeckung machen wir zu unserer Überraschung anläßlich bestimmter Situationen. Dabei gewinnt man weniger den Eindruck, daß die Dummheit ein angeborener Defekt ist, als daß unter bestimmten Umständen die Menschen dumm gemacht werden, bzw. sich dumm machen lassen. Wir beobachten weiterhin, daß abgeschlossen und einsam lebende Menschen diesen Defekt seltener zeigen als zur Gesellung neigende oder verurteilte Menschen und Menschengruppen. So scheint die Dummheit vielleicht weniger ein psychologisches als ein soziologisches Problem zu sein. Sie ist eine besondere Form der Einwirkung geschichtlicher Umstände auf den Menschen, eine psychologische Begleiterscheinung bestimmter äußerer Verhältnisse. Bei genauerem Zusehen zeigt sich, daß jede starke äußere Machtentfaltung, sei sie politischer oder religiöser Art, einen großen Teil der Menschen mit Dummheit schlägt. Ja, es hat den Anschein, als sei das geradezu ein soziologisch-psychologisches Gesetz. Die Macht der einen braucht die Dummheit der anderen. Der Vorgang ist dabei nicht der, daß bestimmte – also etwa intellektuelle – Anlagen des Menschen plötzlich verkümmern oder ausfallen, sondern daß unter dem überwältigenden Eindruck der Machtentfaltung dem Menschen seine innere Selbständigkeit geraubt wird und daß dieser nun – mehr oder weniger unbewußt – darauf verzichtet, zu den sich ergebenden Lebenslagen ein eigenes Verhalten zu finden. Daß der Dumme oft bockig ist, darf nicht darüber hinwegtäuschen, daß er nicht selbständig ist. Man spürt es geradezu im Gespräch mit ihm, daß man es gar nicht mit ihm selbst, mit ihm persönlich, sondern mit über ihn mächtig gewordenen Schlagworten, Parolen etc. zu tun hat. Er ist in einem Banne, er ist verblendet, er ist in seinem eigenen Wesen mißbraucht, mißhandelt. So zum willenlosen Instrument geworden, wird der Dumme auch zu allem Bösen fähig sein und zugleich unfähig, dies als Böses zu erkennen. Hier liegt die Gefahr eines diabolischen Mißbrauchs. Dadurch werden Menschen für immer zugrunde gerichtet werden können. Aber es ist gerade hier auch ganz deutlich, daß nicht ein Akt der Belehrung, sondern allein ein Akt der Befreiung die Dummheit überwinden könnte. Dabei wird man sich damit abfinden müssen, daß eine echte innere Befreiung in den allermeisten Fällen erst möglich wird, nachdem die äußere Befreiung vorangegangen ist; bis dahin werden wir auf alle Versuche, den Dummen zu überzeugen, verzichten müssen. In dieser Sachlage wird es übrigens auch begründet sein, daß wir uns unter solchen Umständen vergeblich darum bemühen, zu wissen, was »das Volk« eigentlich denkt, und warum diese Frage für den verantwortlich Denkenden und Handelnden zugleich so überflüssig ist – immer nur unter den gegebenen Umständen. Das Wort der Bibel, daß die Furcht Gottes der Anfang der Weisheit sei (Psalm 111, 10), sagt, daß die innere Befreiung des Menschen zum verantwortlichen Leben vor Gott die einzige wirkliche Überwindung der Dummheit ist. Übrigens haben diese Gedanken über die Dummheit doch dies Tröstliche für sich, daß sie ganz und gar nicht zulassen, die Mehrzahl der Menschen unter allen Umständen für dumm zu halten. Es wird wirklich darauf ankommen, ob Machthaber sich mehr von der Dummheit oder von der inneren Selbständigkeit und Klugheit der Menschen versprechen.

Quelle: Dietrich Bonhoeffer. Widerstand und Ergebung. Briefe und Aufzeichnungen aus der Haft, hrsg. von E. Bethge. TB Siebenstern. Gütersloh 1985. S. 14 f.

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