Bobby, come Back!

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Von Hans Hofmann-Reinecke

Vor zwei Wochen verstarb Kris Kristofferson. Er hinterlässt nicht nur  acht Kinder sondern einen Korb voller Lieder aus einer Zeit, in der die Liebe und die Lust am Leben wichtiger waren, als Klima und Gender. Einer seiner Songs ist diesem Thema gewidmet.

Den Mississippi abwärts

Die Geschichte ist schnell erzählt: Baton Rouge ist eine unauffällige Großstadt am Mississippi, allenfalls bekannt für ihre folkloristische Küche. Da war nun ein Mädchen, das war unglücklich, und alles was sie hatte war kein Geld. Sie war auf dem Weg zum Bahnhof, um irgendwie nach New Orleans zu kommen, das gut eine Stunde flussabwärts liegt. Das Wetter war so trostlos wie ihre Seele, und es sah nach Regen aus. Da traf sie auf Bobby, der es per Anhalter versuchte. Ein Truck hielt und nahm die beiden mit, den ganzen Weg bis New Orlens.

Man machte es sich im Cockpit des Lasters gemütlich. Bobby spielte Gitarre und sie begleitete ihn auf der Harp. Der Fahrer summte die Melodien mit, und die Scheibenwischer schlugen den Takt, denn es hatte jetzt angefangen zu regnen. Und da wurde ihr klar: frei ist man nur, wenn man nichts mehr zu verlieren hat. Und dann ist es so leicht, glücklich zu sein, besonders, wenn Bobby den Blues singt. „Bobby, come Back!“ weiterlesen

Hundert Jahre geschenkte Zeit

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Kürzlich feierte das Theater Nordhausen »70 Jahre Ballett«. Am Ende der sehr bemerkenswerten Gala begeisterte der fast hundertjährige Schauspieler und Regisseur Erwin Leister, der von 1949 bis 1952 am Nordhäuser Stadttheater engagiert war, das Publikum. Leister hatte zwar etwas Schwierigkeiten, die Bühne zu erklimmen, aber kaum war er darauf, beherrschte er sie vollständig. Er fesselte die Zuschauer mit Anekdoten aus seinem reichen Künstlerleben. Als er nach seinem Studium der Schauspielkunst in Erfurt sein erstes Engagement 1949 in Nordhausen antrat, war die Stadt übrigens eine Trümmerwüste, da sie noch stärker zerstört worden war als Dresden. Er fragte am Bahnhof nach dem Weg zum Theater. Man sagte ihm, er solle die Straßenbahn den Berg hinaufnehmen, und oben würde er das Theater sofort sehen. Es stand noch, inmitten der Trümmer. „Hundert Jahre geschenkte Zeit“ weiterlesen

Der Iran hat die Bombe?

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Von Hans Hofmann-Reinecke

Seit den jüngsten Raketenangriffen auf Israel drängt sich unvermeidlich die Frage auf, ob der Iran Atomwaffen hat. Leider besteht wenig Grund zu Optimismus. Der Islamische Staat hat vor den Augen der Welt und der Internationalen Atombehörde seine Bombe gebaut.

Des Irans nukleare Vergangenheit

Die geheimen nuklearen Anstrengungen des Iran reichen bis in die späten 1980er Jahre zurück, als das Land ein geheimes Programm zur Anreicherung von Uran begann, für das es Ausrüstung und Material aus Pakistan und China importiert hatte. Diese Aktivitäten mündeten zu Beginn der 2000er Jahre in den Amad-Plan, der explizit die Entwicklung von Atomwaffen zum Ziel hatte. Schließlich schöpfte die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEA) Verdacht und eine Inspektion entdeckte 2007 Bestände an Uran, wie sie in dieser Anreicherung und Menge gemäß Atomwaffensperrvertrag (NPT) nicht zulässig waren. (Hier ein Post von 2018 zu dem Thema)

Der Fund führte zu schmerzhaften, langjährigen Maßnahmen gegen das Land, insbesondere zur Sperrung iranischer Konten im Ausland. Nach zähen Verhandlungen mit den „5+1“, den ständigen Mitgliedern des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen plus Deutschland, wurden die Sanktionen im Juli 2015 schließlich wieder aufgehoben. Mit viel Pomp wurde damals der entsprechende Vertrag, der Joint Comprehensive Plan Of Action (JCPOA)“ verabschiedet, den auch der damalige Außenminister Steinmeiner im Namen Deutschlands unterzeichnete. Damit hatte der Iran wieder zugriff auf seine Gelder im Ausland und verpflichtete sich im Gegenzug zur Einstellung der Entwicklung von Atomwaffen.

Der Iran fühlte sich dennoch keineswegs genötigt, seine geheimen Entwicklungsarbeiten zu beenden. Es war Israel, welches diesen Bruch des JCPOA aufdeckte, worauf hin die USA, unter Präsident Trump, ab Mai 2018 erneut Sanktionen verhängte, die im Prinzip noch heute in Kraft sind. „Der Iran hat die Bombe?“ weiterlesen

Schlaraffenland – schlaffes Land ?

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Von Peter Schewe

Kennen sie es noch, das Märchen vom Schlaraffenland, vom Land, in dem Milch und Honig fließen und die gebratenen Tauben in den Mund fliegen? Ich habe noch eine bildliche Darstellung dieser Situation in einem meiner Schullesebücher vor Augen.  Ein Märchen, entstanden in einer Zeit, wo das Leben noch eine tägliche Mühsal war, die für das Leben notwendigen Dinge zu besorgen (ein Wort, welches nicht umsonst von dem Wort Sorge abgeleitet ist). Wo die Menschen mit dem täglichen Überleben mehr als ausgelastet waren. Längst vergessen, sowohl der Traum vom Schlaraffen-land wie auch diese mühseligen Zeiten.

Heute fließen Milch, Honig, Wein oder Bier im Überfluss, statt der gebratenen Tauben genügt ein Anruf und schon steht der Pizzabote vor der Tür. Wird es kalt, genügt ein Dreh am Thermostat und schon breitet sich wohlige Wärme aus. Ein Dreh am Wasserhahn und schon kommt das warme Wasser aus der Dusche. Wer kennt noch das tägliche Kohlenschleppen aus dem Keller für den wärmenden Ofen oder das Anheizen des Badeofens für das wöchentliche Bad in der Wanne und das Entsorgen der Asche?

Wir haben es erreicht, das Schlaraffenland. Alles gibt es im Überfluss, zu viel produzierte Lebensmittel müssen vernichtet werden (80 kg pro Person jährlich) und eine große Mehrheit leidet an Übergewicht mit all den negativen Folgen. Trotzdem hat sich statistisch die Lebenserwartung weltweit innerhalb von drei Generationen von 46,5 auf 72,0 Jahre erhöht. Auch Dinge, an die im Schlaraffenland noch gar nicht zu denken waren, machen unser Leben bequem, wir kommunizieren mit der ganzen Welt, ständig entstehen ungezählte Bilder und Texte  und verbreiten sich sekundenschnell um den Erdball. Das Weltgeschehen kommt in jedes Wohnzimmer und sich auf dem Sofa räkelnd, können wir an all dem teilhaben. „Schlaraffenland – schlaffes Land ?“ weiterlesen

Freie Energie – zu hohem Preis

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Von Hans Hofmann-Reinecke

In Oberbayern entsteht derzeit eine gigantische Anlage, welche die Hitze aus kilometertiefen Erdschichten an die Oberfläche bringen soll, um dort Haushalte und Fabriken mit Energie zu versorgen. Es ist ein weltweit einzigartiges Vorhaben. Könnte das vielleicht seine Gründe haben?

Die Hitze in den Goldminen

Wo auch immer wir stehen, 6200 km unter uns, im Zentrum unserer Erdkugel, herrscht eine Temperatur von mehr als 5000 Grad Celsius. Zur Oberfläche hin wird es zwar kühler, aber nicht weit unter unseren Füßen ist es immer noch so heiß, dass das Gestein schmilzt; da herrschen um die 1200 Grad. Davor schützt uns nur eine dünne Erdkruste, die gerade mal 40 km dick ist. Allerdings ist die an manchen Orten auch dünner, denn sie setzt sich aus einer Reihe von tektonischen Platten zusammen. In der Nähe der Nahtstellen quillt manchmal sogar das heiße Magma heraus, aus dem sich im Laufe der Zeit riesige Vulkane aufgetürmt haben.

Normalerweise aber haben wir festen und kühlen Boden unter den Füßen, denn innerhalb der 40 km dicken Erdkruste sinkt die Temperatur von Magma-Glut auf Umgebungsluft ab. Das ergibt also eine Abkühlung von durchschnittlich 1200°/40km = 30 Grad pro Kilometer Erdkruste. Umgekehrt bedeutet das, dass es wärmer wird, wenn wir von oben in Erde hineinbohren, und zwar mit den besagten 30 Grad pro Kilometer. Davon können die Arbeiter in den Goldminen ein Lied singen, deren Schächte oft in einigen Kilometern Tiefe liegen. Aber könnte man diese Wärmequelle nicht auch zum Nutzen der Menschheit einsetzen? In Regionen, in denen die Erdkruste dünner ist, und daher die Hitze dichter unter der Oberfläche lauert, wird das schon längst getan, etwa in Island. Da holt man sich die Wärme aus einer Tiefe von hundert Metern oder weniger. „Freie Energie – zu hohem Preis“ weiterlesen

Erste Nachbetrachtung zur Konstituierung des Thüringer Landtag:

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Erschreckende Einblicke in politische Seelen der „Wille-der-Mehrheit“-Fraktionen

von Philipp Lengsfeld

Um die Interpretation der Vorgänge bei der Konstituierung des Thüringer Landtags tobt eine mediale Schlacht. Dabei finde ich es relativ leicht. Man muss eigentlich nur die O-Töne der Akteure des selbsternannten „demokratischen Lagers“ für sich sprechen lassen.

Denn vier zentrale Akteure, Mario Voigt, Georg Maier, Bodo Ramelow und ein Stück weit auch Katja Wolf haben wirklich tief in ihre politische Seele blicken lassen.

Und was man da sieht, macht einen nicht froh:

Nicht nur, dass sie gegen alle Traditionen der stärksten Fraktion den Landtagspräsidenten entreißen, nicht nur, dass sie dies in der laufenden Sitzung, der Konstituierung des Landtags machen, nicht nur, dass sie gegen die parlamentarischen Gepflogenheiten ihren Kollegen und frischgewählten MdL und Alterspräsidenten in der Sitzung mobartig traktieren, nein, in der medialen Begleitmusik wird auch noch eine offensive Täter-Opfer-Umkehr versucht:

Fangen wir an mit Bodo Ramelow, Spitzenkandidat der Linkspartei, langjähriger Ministerpräsident, aber jetzt Ministerpräsident auf Abruf.

Ramelow verbreitet im MDR den hochgefährlichen Vorwurf und das Schreckensszenario „Staatszersetzung“. „Erste Nachbetrachtung zur Konstituierung des Thüringer Landtag:“ weiterlesen

Lieber Spiegel, Du bist ein Westmedium geblieben

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Von Peter Schewe

Lieber Spiegel,

seit gut 30 Jahren (vorher war es wegen der deutschen Teilung nicht möglich) habe ich Dir die Treue gehalten und mich Woche für Woche durch die ausführlichen Berichte, Reportagen, Interviews und Essays gelesen. Zeit für andere Literatur blieb da wenig. Schon zu DDR-Zeiten habe ich mir, wenn es irgendwie möglich war, illegal Deine Hefte besorgt und jedes Wort ausgewrungen wie ein nasses Handtuch. Mehrere Umgestaltungen Deines Outfits habe ich überstanden und manchen Leserbrief, der nicht und wenn, dann nur gekürzt (oft sinnentstellend) abgedruckt wurde, geschrieben. Aber wie oft in einer langen Beziehung, befielen mich immer mehr Zweifel, ob wir noch auf derselben Wellenlänge liegen.

Schon seit längerem stelle ich fest, dass der Osten Deutschlands bei Dir immer weniger bis gar nicht vorkommt. Du bist ein Westmedium geblieben, den Blick immer nur vom Westen aus auf Deutschland gerichtet. Hamburg liegt nun mal nicht im Osten. Eine Reportage „Quer durch Deutschland“ verläuft entlang der B 3 von Hamburg nach Basel, westlicher geht nicht. Die Nachkriegsgeschichte betrachtest Du immer aus der Perspektive der alten Bundesrepublik, was in der DDR geschah bleibt weitgehend ausgeblendet oder wird nur am Rande erwähnt. Die eigenen Archive geben da wohl nicht viel mehr her. „Lieber Spiegel, Du bist ein Westmedium geblieben“ weiterlesen

Die totalitäre Demokraten

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Was sich gestern bei der konstituierenden Sitzung des Thüringer Landtags abgespielt hat, ist mehr als ein Trauerspiel. Es ist die Zersetzung der demokratischen Normen. Demokratie ist, wenn man sich auf die Einhaltung der Spielregeln verlassen kann, auf die man sich geeinigt hatte. Was nicht erlaubt ist, dass mitten in vereinbarten Verfahren von der Mehrheit diese Regeln geändert werden. Das hat die CDU im Verein mit der SED-Linken und ihrer Linksaußen-Abspaltung BSW versucht. Unter Bruch des demokratischen Anstands, einem Redner zuzuhören, hat der Parlamentarischen Geschäftsführer der CDU in kommunistischer Manier die Rede des Alterspräsidenten unterbrochen, um einen Geschäftsordnungsantrag zu stellen.

Die CDU hat schon früher nicht gewusst, wie sie sich zu benehmen hat. Als 1994 der Alterspräsident Stefan Heym (PDS) den Bundestag eröffnen wollte, hat die Union ihm jeglichen Respekt verweigert, indem sie bei seiner Begrüßung sitzen blieb. Sie hat offensichtlich nichts daraus gelernt, aber die SED-Linke und ihre Abspaltung auch nicht, die gestern demonstriert haben, dass sie jede demokratische Regel zu brechen bereit sind, um ihre Macht auszuspielen. Das erinnert an die Gründung der DDR, als die SED mit allerlei Tricks ihre Macht gesichert hat, obwohl sie bei der demokratischen Wahl unterlag.

Die CDU hat sich besonders demokratiefeindlich hervorgetan. Der Landtag wollte in der letzten Legislaturperiode in Hinblick einen möglichen Wahlsieg der AfD die Geschäftsordnung ändern. Dem hat sich die CDU verweigert, weil sie glaubte, als stärkste Kraft aus der Wahl hervorzugehen. Nachdem sie damit gescheitert ist, versucht sie auf SED-Manier, ihre Ziele durchzusetzen. Ihr mangelnder Respekt vor den Wählern und den demokratischen Spielregeln wird sich nicht auszahlen. „Die totalitäre Demokraten“ weiterlesen

Das Ende der Linkspartei ist eine weitere Chance für das Land

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von Philipp Lengsfeld

 

Es ist eigentlich zu schön um wahr zu sein: Mit dem Rausfallen aus dem Brandenburger Landtag, dem Ende der Ära Ramelow in Thüringen und dem Fallen unter fünf Prozent in Sachsen schließt sich der Kreis, der mit dem schon fast vergessenen angekündigten Rücktritt der momentanen Vorsitzenden Janine Wissler (West) und Martin Schirdewan (Ost) begann: Das Ende der vollkommen überflüssigen Linkspartei.

Und damit ein erster echter Bruch in der Mauer des real-existierenden deutschen Parteienstaats.

Mit der Ausscheiden der Linkspartei aus dem Bundestag bei der kommenden wird Wahl tritt eine der Bonner Republik-Ära-Parteien von der Bühne.

Es ist das Ende der PDS-Die Linke-Linkspartei, der politischen Nachfolgeorganisation der 1989/90 dramatisch von Gregor Gysi geretteten SED, der kommunistischen Staatspartei der DDR, deren parteirechtliche Hülle aber natürlich komplett übernommen wurde. Weshalb ein zwar politisch etwas harter, aber juristisch-historischer auch nicht ganz falscher Blick ist:

Es ist auch das Ende der x-mal gehäuteten SED.

Und damit ein doppelter Grund zur Freude: Die SED verschwindet endlich, aber es verschwindet auch eine Partei bundesrepublikanischer Fasson.

Dieser Artikel nimmt sich den Platz diesen wichtigen politischen Schnitt zu würdigen.

Blick zurück – die SED

Angesichts des baldigen Endes ist dies vielleicht eine gute Gelegenheit noch mal auf die SED zurückzuschauen:

Die SED war -wie das geteilte Deutschland- eine Besonderheit im gespaltenen Europa.

Die SED war die einzige kommunistische Staatspartei im ganzen Ostblock, die geschuldet der deutschen Teilung als Folge der Verbrechen der NS-Diktatur, als „Sozialistische Einheitspartei“ firmierte – entstanden aus dem Zwangszusammenschluss der wiedererlaubten SPD und KPD auf dem Boden der sowjetischen Besatzungszone. Und auch die im Gegensatz zu den sozialistischen Bruderstaaten und vor allem im Gegensatz zum Großen Bruder Sowjetrusslandreich einzige Partei, die in ihrem Ein-Parteien-Staat noch eine Zahl von Satellitenparteien, vereint im sogenannten „Demokratischen Block“, mit sich ziehen musste.

Dies waren fürs Protokoll, so etwas wird bei uns ja oft schnell vergessen und oder verdrängt, die Christlich-Demokratische Union (CDU), die Liberal-Demokratische Partei Deutschlands (LDPD), die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NDPD) und die Demokratische Bauernpartei Deutschlands (DBD). 

Trotzdem war die SED letztlich eine Sowjet-KP wie in jedem anderen osteuropäischen Satellitenstaat, in denen Sowjetrussland seinen Staatskommunismus durch den zurückgeschlagenen Angriffs- und Vernichtungskrieg NS-Deutschlands exportieren konnte.

Die SED war das eigentliche Machtzentrum des DDR-Staates, das Politbüro die Regierung, das ZK (Zentralkomitee) eine Art Parlament – der jeweilige Kreis- und Bezirkssekretär der eigentliche Herrscher in der jeweiligen Zone – Karrieren in Staats- und Sicherheitsapparat, Wissenschaft, Bildung und Ausbildung war ohne Parteimitgliedschaft praktisch von äußerst schwierig bis völlig unmöglich – Kunst und Sport, aber vor allem die technische Führungsebene der Industrie waren etwas freier – alle herausgehobenen Positionen und Rollen, insbesondere praktisch die gesamte Justiz, aber nicht.

Die SED kontrollierte alles und alle und hatte neben Polizei und Armee noch einen kompletten Geheimdienst (Schild und Schwert der Partei, die notorische Stasi) und mit der FDJ eine Jugendorganisation an der Hand, wo praktisch die gesamte Jugend der DDR eine Art Vorwehrdienst und Vorpartei-Auswahlverfahren durchlaufen hat.

Zum Ende der DDR zählte die SED über 1.5 Millionen Mitglieder, d.h. mehr als jeder 10te Erwachsene der DDR war Parteigenosse. Die SED verfügte über Geld, Apparat, Gebäude, Schulen und alle echten Privilegien einer geschlossenen Gesellschaft.

Ein großer Fehler der Friedlichen Revolution: Die Nichtauflösung der SED

Dass die SED (und ihre von Stalin erfundenen Vasallenparteien vom demokratischen Block) nicht aufgelöst wurde (man hätte sie ja nicht gleich, wie die Mutterpartei in der Sowjetunion nach dem Putschversuch 1991, verbieten müssen) war einer der ganz großen Fehler der DDR-Umbruchszeit. Der auch nicht dadurch gemildert wurde, dass man die Blockparteien durch Aufnahme in die CDU (Ost-CDU und Bauernpartei) und die FDP (LDPD und NDPD) absorbiert und geadelt hat.

Natürlich hatte die SED mit Gregor Gysi auch eine wirklich brillante Verkörperung der aus dem Westen in den Osten projizierten Illusionen, trotzdem hätten die Genossen keine Chance gehabt, Apparat, Geld und Gebäude zu retten, wenn die Opposition etwas macht- und damit verantwortungsbewusster agiert hätte. Tatsächlich war der Ansehensverlust der SED im Herbst 1989 so groß, dass die Meinung vorherrschte, die SED würde sich nie mehr davon erholen. Ein fataler Irrtum. Aber spätestens nach dem letzten Parteitag der SED im Dezember 1989, bei dem Gysi die Auflösung der Partei mit dem Argument verhinderte, dann wäre auch das Vermögen futsch, hätte man diese Illusion verabschieden müssen. Es gab ein kurzes Zeitfenster, wo es die SED nicht gewagt hätte, sich zu widersetzen. Spätestens am 30. Januar 1990, als der Runde Tisch, der die sich auflösende DDR verwaltete den Termin für die Wahl der ersten freien Volkskammer beschloss, war die Gelegenheit vorbei.

SED-PDS entdeckt Opferkarte und „Gerechtigkeit“ und richtet neuen Schaden an

Der Fehler hat sich dann auch gleich gerächt:

Auf der Suche nach legitimen Themen und einem Platz im bundesdeutschen Parteienspektrum entdeckte die PDS die Opferkarte und das Thema „Gerechtigkeit“.

Und hat damit der nicht völlig unberechtigten Diskussion, wie man mit der Elite des untergegangenen Staates umgehen sollte, einen Bärendienst erwiesen: Auf dem Rücken eines im Kern diskussionswürdigen Anliegens hat sich ein ehemaliger Staatsparteiverein auf Kosten der Gesellschaft profiliert. Und war damit jahrzehntelang sehr erfolgreich. Und hat damit auch den Eliten auf mancher persönlichen Ebene geholfen, aber letztlich gesellschaftlich die Spaltung verlängert und vertieft.

Und an mehreren Stellen nachhaltigen neuen Schaden angerichtet: Natürlich sind auch die anderen deutschen Parteivereine keine Waisenknaben, es war aber an erster Stelle die PDS in Berlin (immer ihre absolute Hochburg) und Brandenburg (das preußische Königsbürokratiezentrum war die zweite DDR-Hauptstadt der SED), die mit der Verhinderung der Fusion von Berlin und Brandenburg 1996 nicht nur der Region, sondern dem ganzen Land eine schwere Bürde auferlegt haben:

Seit 1996 ist noch zuverlässig jede echte Reform in diesem Lande zerredet und zermahlen worden – Deutschland ist momentan am Rande der bürokratisch-föderalen Änderungsunfähigkeit (es gibt ja sogar noch die Regierungsteilung zwischen Berlin und Bonn, über die niemand mehr redet, weil es so hochnotpeinlich ist) – und die erfolgreichen PDS Skandalisierungskampagnen der 90er und 00er Jahre haben dazu kräftig beigetragen.

SED-PDS-Linke-Linkspartei – eine lange Agonie

Seit die Mauer gefallen ist und das ist schon über eine Generation her, warte ich auf und kämpfe für den Tag, dass die SED endlich zu Grabe getragen wird.

Die zähe Agonie der Linkspartei beweist ja auch noch etwas: Im real-existierenden Deutschland scheint es nur eine Sache zu geben, die noch schwieriger als eine echte Reform ist: Die Auflösung eines Parteivereins – ich wage mal die These, dass beide Mechanismen stark miteinander verbunden sind.

PDS eine Zwei-Generationen-Partei

Die PDS-Linke-Linkspartei ist eine Zwei-Generationenpartei. Aus einer Kaderpartei kommend ist die erste Generation der PDS, die SED-Genossen Bartsch, Gysi und co, so sie noch leben, letztlich de facto immer noch am Ruder. Zusammen mit der zweiten Generation, im Osten die radikal-pragmatische SED-Enkelgeneration, für die Benjamin Hoff, Klaus Lederer und Martin Schirdewan stehen und im Westen die radikalen jungen Linken (Janine Wissler und co).

Die gesellschaftlichen Beiträge der PDS-Linkspartei I: Keine weitere linke Partei nötig

Die gesellschaftliche Bilanz der Zwei-Generationenpartei ist übrigens gar nicht so komplett negativ.

Was hat die deutsche Gesellschaft aus dem Projekt gelernt?

Ad eins: Es gibt keinen legitimen Platz für eine weitere linke Partei.

Im Gegenteil, die radikale, linke Attitüde einer Janine Wissler (in dogmatischer Westform) oder auch einer Susanne Hennig-Wellsow (in der etwas pragmatischeren Ostform) hat (zum Glück) keinen Platz im bundesdeutschen Parteienspektrum.

Nicht nur ist die Hufeisentheorie richtig, sondern wir sind als Gesellschaft stabil genug, dass es für echte Links- oder Rechtsextremisten keinen Platz im Deutschen Bundestag gibt – jedenfalls nicht in Fraktions- oder auch nur Gruppenstärke.

Inhaltlich war die Gründungsgeneration der PDS im Osten größtenteils sozialdemokratisch, mit einigen wenigen christdemokratischen Einsprengseln – wenn die SED aufgelöst worden wäre und sich als echte Neugründung im Osten gefunden hätte, dann wäre diese USPD (Ost) schon längst wieder in der Mutterpartei aufgegangen – neben dem Fehler, die DDR-Staatsparteien nicht aufzulösen, war die ursprüngliche Nichteintrittsregel für Ex-SED-Mitglieder in die SPD der zweite schwere Fehler in der politischen Kultur der Nach-Mauer-DDR auf dem Weg in die Einheit.

Die gesellschaftlichen Beiträge der PDS-Linkspartei II: Blockademauern fallen

Und das ist ad zwei der Kernverdienst der PDS-Geschichte: Das Konzept „Brandmauer“ ist mit demokratischem Geist und demokratischer Realität auf Dauer absolut nicht vereinbar. Das Schleifen der „Brandmauer“ zur PDS (damals hieß das noch nicht so) ist das Meisterstück, was die PDS in die deutsche Gesellschaft eingebracht hat – man fragt sich, warum die AfD offenbar so wenig strategisch denkt, dass man dieses Erfolgsmuster der 90er Jahre nicht schlicht kopiert – Schlüssel ist die politische Entschlossenheit, aber auch die Klarheit in der Analyse und der damit einhergehende personelle Pragmatismus:

Die PDS hat 1994 sehr erfolgreich den Damm zum Einsturz gebracht, indem sie konsequent auf offene Listen gesetzt hat und auch sonst ihre Mittel (Geld, bekannte Persönlichkeiten) immer zielgenau, „parteilich“ in Bewegung gesetzt hat. Und dass sie keinen Zweifel an ihrer Grundgesetztreue geduldet hat – was bei der Organisationsvorgeschichte in teilweise ja offener personeller SED-Kontinuität schon ein Husarenstück war. Aber letztlich haben Petra Pau, Gregor Gysi und Bodo Ramelow Wort gehalten: Sie haben die SED-PDS Organisation in die Demokratie überführt.

Dass es nie zu einer Beteiligung an der Bundesregierung kam lag nur daran, dass die PDS als deutscher Parteiverein es nicht geschafft hat sich von dem ideologischen Ballast zu befreien, der ja nur da war, weil man eine deutsche Parteipositionierung legitimieren musste (also sich z.B. an vielen Stellen künstlich von der SPD abgrenzen musste) – Gysi und Bartsch sind längst in der Bundesrepublik, in Europa und auch in der Nato angekommen – sie haben es nur nicht geschafft, aus dem eigenen Parteilogik-Korsett auszubrechen (so wie die FDP lieber untergeht, als das längst überfällige Tempolimit auf deutschen Autobahnen mitzutragen).

Es wäre die Krönung der positiven Annäherung an die Demokratie, wenn Ramelow, Gysi und Bartsch es schaffen würden die PDS-Linkspartei in Ehren aufzulösen, bzw. Inhalte und einzelne Personen in die SPD oder andere Wunschzielparteien (vielleicht will die Antifa ja als Partei antreten, Janine Wissler?) zu überführen.

Ein Gregor Gysi, der ja offenbar nicht außerhalb der Öffentlichkeit existieren kann, würde seine Karriere liebend gern als Mitkämpfer einer offenen Zuordnung zur SPD (er würde ja gar keinen Listenplatz brauchen, denn er gewinnt in Treptow-Köpenick garantiert noch mal direkt, wenn er antritt) beenden. Das ist vielleicht auch eine Option für einen Klaus Lederer oder einen Benjamin Hoff oder sogar einen Martin Schirdewan.

Die gesellschaftlichen Beiträge der PDS-Linkspartei III: Effiziente Parteistrukturen sind möglich

Und die PDS hat bewiesen, dass die Übertragung der Grundidee einer Kaderpartei in die Demokratie eine agile Organisation mit den Prinzipien eines Mittelständlers ist – Sahra Wagenknecht ist genau den Weg der Parteigründung gegangen, der gerade noch mit den völlig verzopften westdeutschen Politikverhinderungsgesetzen möglich ist – Gesetze, die so modern und so einfach und so nachvollziehbar sind, wie unser Steuerrecht – Gesetze, die eine gigantische Arbeitsbeschaffung für Mittelbauparteifunktionärsapparate sind, die unser Land fast vollständig gelähmt haben.

Sahra Wagenknecht hat dem Projekt SED-PDS endgültig den Stecker gezogen, aber sie wird, wenn sie nicht konsequent demokratisch agiert, genauso scheitern, wie eine AfD, die sich selber in ihre Ideologie einsperrt.

Eine politische Lehre: Ausgrenzung ist kein gutes Konzept

An dieser Stelle möchte ich auch selbstkritisch sein: Geprägt durch den Umstand, dass ich -ähnlich wie andere durch die Bürgerbewegung geprägte Akteure- es für unverzeihlich gehalten habe, dass man die SED nicht aufgelöst hat, gehörte ich jahrelang auch zu den politisch unerbittlichen Gegnern der PDS-Linkspartei.

Dabei wurden ein Teil der bedenklichen Mechanismen etabliert, die heute so destruktiv wirken.

Dabei habe ich es eigentlich selbst erfahren: In der Kommunalpolitik waren es meist nicht die PDSler, die linksdogmatisch agiert haben (vielleicht mit wenigen Ausnahmen bei der Erinnerungspolitik), sondern die linken Grünen und große Teile der SPD.

Und auf Landesebene war das nicht anders: Die Wowereit-Regierungen in Berlin, insbesondere das Wirken der PDS-Kader wie z.B. von Kultursenator Lederer oder auch das kurze, aber fachlich hochkompetente Wirken von Sozialsenatorin Katja Kipping waren nicht zum Nachteil der Stadt – fast im Gegenteil, wenn man einen 1:1 Performance-Vergleich mit Senatoren des vermeintlichen „demokratischen Blocks“ macht. Ähnliches könnte man vielleicht über die Ära Ramelow in Thüringen sagen. Wäre das unsägliche Mobbing gegen den Kurzzeit-Ministerpräsidenten Kemmerich nicht gewesen. Problematisch waren hier vor allem die Jungkader, die zusammen mit dem Mainstream geradezu mobartig gegen die AfD oder andere als „rechts“ gebrandmarkte Kräfte agiert haben.

Auch die unduldsame persönliche Ausgrenzung gilt es historisch zu hinterfragen:

Es war ein guter Dämpfer, dass mit Lothar Bisky die Nummer zwei hinter Gregor Gysi als Vizepräsident im Deutschen Bundestag verhindert wurde – wegen der IM-Historie und seinem gerichtlichen Vorgehen gegen Bundestagsabgeordnete, die über ihre Arbeit im Untersuchungsausschuss über das Verschwundene SED-Vermögen (22 Millarden DM) gab es auch eine inhaltliche Begründung.  Mit Petra Pau ist aber   Ersatzkandidatin proplemlos gewählt worden. Das sollte man sich heute zum Vorbild nehmen. Denn als pauschales Verhinderungsmuster ist es gefährliche “Tradition”.

Fazit und Ausblick

Die Geschichte der SED-PDS-Linke-Linkspartei geht zu Ende.

AfD und BSW übernehmen nicht nur ein Teil ihrer Themen, sondern haben beide ein ähnliches gesellschaftliches Anerkennungsproblem, wo sie aus der Geschichte der PDS lernen können:

Gesellschaftliche Akzeptanz geht über Akzeptanz von inhaltlich vertretbarer Programmatik und Akzeptanz des nominierten Personals und der ins Amt gebrachten Verantwortungsträger. Hier ist jeder auch seine öffentlichen Bildes Schmied – eine Opferstolz-Pose hilft da niemandem.

Die richtigen Schlussfolgerungen aus den Fehlern, aber auch den Dingen, die richtig gelaufen sind am Beispiel der Geschichte der SED-PDS-Linkspartei zu ziehen, das ist die Aufgabe und die Chance für alle Demokraten.

Quo vadis, westlicher Kulturkreis? (Eine Hommage an S. P. Huntington)

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Von Uwe Fischer

  1. P. Huntington (1927-2008) war Professor für Politikwissenschaft an der Harvard-Universität.

Die Frage nach dem „Wohin westlicher Kulturkreis“, wohin entwickelt sich der sogenannte Wertewesten ist aktueller denn je, die gesellschaftliche Spaltung in Europa und den USA schreitet unaufhörlich voran. Vor unseren Toren wütet ein Krieg. Die Dekadenz der Gesellschaft ist nicht mehr zu kaschieren. Wohin steuern wir? Vieles scheint verfahren, die Politik ist nicht gewillt, dem Volk aufs Maul zu schauen, es wird manipuliert, dass sich die Balken biegen. Der öffentlich rechtliche Rundfunk ist zu einem willigen Sprachrohr einer verkommenen Politikerkaste geworden.

Stimmen, die zur Vernunft aufrufen, werden nicht gehört oder denunziert. Eine Gesellschaft im Verfall?

Von einem guten Freund erhielt ich das Buch von Samuel P. Huntington (1996): Kampf der Kulturen – die Neugestaltung der Weltpolitik im 21. Jahrhundert, erschienen im Siedlerverlag.

Das Buch ist vor fast 30 Jahren erschienen und hat nichts, aber auch gar nichts an Aktualität eingebüßt, im Gegenteil, es ist aktueller denn je. Aus diesem Grunde wird es auch vom Deutschlandfunk als „umstritten“ angesehen. Genau dieser Umstand induziert den Willen, sich damit zu befassen. „Quo vadis, westlicher Kulturkreis? (Eine Hommage an S. P. Huntington)“ weiterlesen