Es gibt Lebensläufe, die machen sprachlos. So ein Leben hat Lotte Rays geführt. Erst mit über 80 Jahren, wie Heinrich Heine in der Matrazengruft, hat sie ihre Biografie aufgeschrieben und diktiert. Entstanden ist ein erschütterndes Zeugnis über das Leben in den linken Intellektuellenkreisen des 20.Jahrhunderts. Der Gulag war der auf die Höhe getriebene Zeitgeist der Menschenverachtung der tonangebenden Meinungsmacher, aber auch der menschlichen Solidarität, die Unbekannte gegeneinander übten und sich so das Überleben zu ermöglichen.
Durch Lottes fotografisches Gedächtnis entstand eine Erzählung, die so dicht und anschaulich ist, wie ein Film. Aber beim Lesen musste ich mir mehrmals sagen, wenn sie es ertragen konnte, musst ich es aushalten können, davon zu erfahren. Das Martyrium begann schon in der Kindheit, die sie selbst Kindzeit nennt, weil sie keine Kindheit im landläufigen Sinn hatte. Der geliebte Vater, ein begabter Architekt, verschwand aus ihrem Leben, da war sie drei Jahre alt. Er lebte noch neun Jahre geistig umnachtet in einer Anstalt, ehe er an einem Gehirntumor starb. „Die verratene Geliebte des kommunistischen Dramatikers Friedrich Wolf“ weiterlesen