Eine überwältigende Inszenierung von Mozarts Opernjuwel bei den Schlossfestspielen Sondershausen.
Meine Leser könnten argwöhnen, mein Lokalpatriotismus mache mich blind und lasse mich zu Übertreibungen hinreißen. Ich bin aber ganz sicher, dass es den Tatsachen entspricht, dass dem Theater Nordhausen wieder ein großer Wurf gelungen ist. Cosi fan tutte auf die Bühnen zu bringen, war nicht nur eine gute Idee, weil diese Oper nach einer turbulenten Geschichte inzwischen zu den zehn meistgespielten in der Welt gehört, sondern weil der Beweis erbracht wurde, dass die Stammsänger des Hauses mit gestandenen internationalen Preisträgen mithalten können. Auch Inszenierung, Bühnenbild und last not least Kostüme könnten überall außerhalb der Provinz bestehen. Bleibt nur zu wünschen, dass die Thüringer ihre kulturelle Perle durch fleißige Besuche unterstützen und auch ihre Besucher mitbringen. Führen Sie ihre Sommergäste ins Schloss Sondershausen! Ein unvergesslicher Abend ist Ihnen gewiss!
Aber der Reihe nach:
Ein besonders gelungener Kunstgriff der Regie (Matthias Kitter) ist schon bei der Ouvertüre zu sehen: Statt dem sonst hier üblichen Vorspiel der Theaterkinder steht Mozart selbst auf der Bühne. Und zwar der Mozart, den Milos Forman 1984 in „Amadeus“ porträtiert hat. Der hintersinnige, humorvolle, kapriziöse Meister begleitet sein Publikum durch die ganze Oper. Der Österreicher Florian Hackspiel, freischaffender Schauspieler und Regisseur, entfaltet sein ganzes pantomimisches Talent. Mozart ist der eigentliche Strippenzieher dieses turbulenten Stückes.
Der Inhalt ist bekannt, so dass ich mich kurzfassen kann. Im Neapel des 18.Jahrhunderts sind zwei junge Offiziere, Guglielmo (Philipp Franke) und Ferrando (Kyounghan Seo) unsterblich in die Schwestern Fiordogligi (Meike Hartmann) und Dorabella (Sarah Alexandra Hundatew) verliebt. Sie sind sich der Treue ihrer Angebeteten so sicher, dass sie mit dem misogynen Don Alphonso eine Wette eingehen. Ihre Verlobten sollen auf die Probe gestellt werden. Eine solche Treueprobe ist ein uraltes Motiv, schon in Ovids „Metamorphosen“ zu finden. Ludovico Ariosto griff in seinem 1516 erschienenen Versepos „Orlando furioso“ auf Ovid zurück. Sein Hauptwerk benutzten zahllose Librettisten als Steinbruch. So auch Da Ponte für Cosi van tutte. Das intrigante Verwirrspiel, dem die Schwestern durch Don Alphonso mit Hilfe des bedenkenlosen Kammermädchens Despina (Amelie Friedrich) ausgesetzt werden, hat erst nach mehreren Anläufen den von Alphonso gewünschten Effekt: Die jungen Frauen verlieben sich in den Verlobten ihrer Schwester und lassen sich zu einer fingierten Eheschließung hinreißen. Dann kommen allerdings die jungen Männer, die selbst in Verkleidung die Verführer gespielt haben, zurück und decken ihren Betrug auf. Bei Mozart endet das Verwirrspiel damit, dass nach dem Tausch die richtigen Partner zueinander gefunden haben. Die Regie hat Zweifel daran und lässt im Schlussbild den symbolischen Porzellanteller, der die Zerbrechlichkeit des Lebens symbolisieren soll, in der Mitte zerspringen und die Paare wieder trennen. „Cosi fan tutte“ weiterlesen