Ronald Reagan am Brandenburger Tor

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Touristen und Passanten staunten am 12. Juni um 11 Uhr nicht schlecht, als plötzlich die Stimme Ronald Reagans über den Pariser Platz schallte. Am historischen Ort, wo der amerikanische Präsident vor dreißig Jahren seine Rede im noch geteilten Berlin hielt, stand ein lebensgroße Pappfigur, der Originalton kam vom Band.

Diese Aktion zur Erinnerung an eines der bedeutendsten Ereignisse der Stadt, war die Tat eines Einzelkämpfers, der sich „Waldprediger von Eberswalde“ nennt. Er hatte sich vor Monaten an den Regierenden Bürgermeister von Berlin Müller (SPD) gewandt, um zu erfahren, was die Stadt anlässlich des Jubiläums plant. Die Antwort war, dass die Stadt keinen Anlass sieht, Reagans zu gedenken.

Sie hätte das schon häufig genug getan.

Die Reaktionen der Menschen am Brandenburger Tor waren Erstaunen, aufflammendes Interesse und Freude.

Im Jahre 1987 beim 750-jährigen Stadtjubiläum Berlins, feierten die beiden Stadthälften noch getrennt. Der hochrangigste Gast, der auf Einladung West-Berlins die Stadt besuchte, war der US-amerikanische Präsident Ronald Reagan. Das versetzte die Staatssicherheit der DDR in höchste Unruhe. Sie aktivierte etliche ihrer Quellen in West-Berlin, um im Vorfeld alles über den Besuch in Erfahrung zu bringen.

Schon in den Tagen vor Reagans Besuch gab es in der Hauptstadt der DDR jede Menge Ärger. Es war kurz zuvor in Berlin-Mitte bereits zu „Provokationen feindlich-negativer Kräfte“ gekommen. Nahe der Mauer hatten zahlreiche Jugendliche versucht, ein  dreitägiges Rockkonzert, das vor dem Reichstag stattfand, mitzuhören. Volkspolizei und Stasi gingen massiv gegen die jungen Rockfans vor. Es kam zu einer regelrechten Prügelorgie. Die Jugendlichen reagierten mit Sprechchören wie „Die Mauer muss weg!“. Es war das erste Mal, dass dieser Ruf in der Öffentlichkeit aus hunderten Kehlen schallte.

Nun drohte neues Ungemach wegen der Reagan-Rede.

Ich sprach mit zwei Männern, die mir erzählten, wie sie vor dreißig Jahren versucht hätten, dem Brandenburger Tor möglichst nahe zu kommen, um Reagan wenigstens aus der Ferne zu hören. Aber am Volksbildungsministerium, heute beherbergt das Gebäude Abgeordnetenbüros des Deutschen Bundestages, war Schluss. Zusätzlich zur Betonsperre, die vor dem Pariser Platz aufgebaut war, hinter der man das Brandenburger Tor von ferne betrachten konnte, war eine Kette von Volkspolizisten aufgestellt. Männer in Zivil beobachteten genau, wer sich der Absperrung näherte und kontrollierten alle, die es wagten. Auch meine Gesprächspartner wurden befragt. Sie konnten aber überzeugend darlegen und beweisen, dass sie aus dem damaligen „Tal der Ahnungslosen“, die Gegend hinter Dresden stammten, wo der Empfang von Westfernsehen immer noch schlecht war. Sie kamen mit dem Hinweis, sich zügig zu entfernen, davon. Weniger Glückliche, das konnten sie beobachten, wurden zu Lastkraftwagen geführt, die in der heutigen Behrenstraße standen.

Schon sechs Wochen vor dem Eintreffen des amerikanischen Präsidenten hatte der “Maßnahmeplan” der Staatssicherheit zum Besuch vorgelegen. Es wurden Inoffizielle Mitarbeiter (IM) und weitere Quellen beauftragt, Informationen zu sammeln, vor allem bei der West-Berliner Polizei, den alliierten Streitkräften und dem Verein ehemaliger DDR-Bürger. Es kamen etliche Sicherungs-IM (SIM) zum Einsatz, IM, die geheimdienstliche Aktivitäten abzusichern hatten. Federführend  war die Abteilung XXII/1 des MfS, die für die Terrorabwehr zuständig war.

Im Stasiarchiv liegen Fotos, die den Menschenauflauf im Osten, den die Staatssicherheit so fürchtete, zeigen. Terroristen waren nicht darunter.

Die waren eher in Westberlin zugange. Linksradikale hatten am Vorabend der Reagan-Rede Teile von Kreuzberg verwüstet. Deshalb sagte Reagan, abweichend vom Redemanuskript an die Linksradikalen gewandt: „Ich frage mich, ob Sie sich je darüber Rechenschaft abgelegt haben, dass es unter einer Regierung, wie Sie sie anscheinend anstreben, niemals wieder jemandem möglich wäre, das zu tun, was Sie gerade tun.“

Reagan wandte sich aber nicht nur an die Westberliner, sondern auch an den sowjetischen Staats-und Parteichef Michael Gorbatschow. Ob er von den Rufen der DDR-Jugendlichen gehört und sie als Blaupause benutzt hatte, wissen wir nicht. Er sprach jedenfalls die legendären Worte: „Mr. Gorbatschow, open this gate, tear down this wall “. Originalton hier:

https://www.youtube.com/watch?v=C-PSq2dy754

Er wurde in der deutschen Presse dafür als mindestens realitätsfremd gescholten, behielt aber gegenüber seinen Kritikern recht. Danke, Ronald Reagan!

Der Schoß ist fruchtbar noch…

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Heute ist der Jahrestag des Mauerbaus. Vom 13. August 1961 an trennte eine tödliche Grenze die beiden deutschen Teilstaaten. Tödlich nicht für die „Faschisten“, die vom „Antifaschistischen Schutzwall“ abgehalten werden sollten, in der DDR ihr Vernichtungswerk zu tun, sondern tödlich für die Menschen, die den sozialistischen Staat verlassen wollten. Als der damalige Partei- und Staatschef Honecker im Januar 1989 verkündete, dass die Mauer noch 100 Jahre stehen würde, gab es keinen hörbaren Widerspruch.

Bekanntlich kam es anders. Das Volk der DDR brachte das Monstrum zum Einsturz. Wie sich schnell herausstellte, war das auch das Ende der DDR, die ohne Schusswaffengebrauch gegen ihre eigenen Bürger nicht bestehen konnte.

Das schmerzt die ehemaligen Machthaber noch heute. Unterstützt von Steuergeldern der verhassten „imperialistischen BRD“ kämpfen sie um die Deutungshoheit über die Geschichte. „Der Schoß ist fruchtbar noch…“ weiterlesen