Von Gastautorin Dagmar Jestrzemski
Kolumbiens neue linksgerichtete Regierung unter Präsident Gustavo Petro hat sich dem Kampf für soziale Gerechtigkeit, Frieden und dem Kampf gegen den Klimawandel verschrieben. Beim Schutz des Amazonas will das Land eine Vorreiterrolle übernehmen. „Ohne soziale Gerechtigkeit gibt es keinen sozialen Frieden“, sagte Petro am 22. Oktober 2022 vor der UNO-Vollversammlung. Den Frieden in seinem Land sieht er untrennbar verknüpft mit dem Kokain. Durch die Verdammung des Koka, die heilige Pflanze der Inka, werde die Gewalt im Regenwald angeheizt, erklärte er. Schuld am weltweiten Drogenkonsum seien nicht die Kokabauern im Amazonasgebiet, sondern es sei die Lebensweise der Menschen in den reichen Industrienationen, die nach Rohstoffen, Soja für die Fleischproduktion und Drogen für die Bewältigung von Leere und Einsamkeit riefen. Hierin liege die Ursache für die Abholzung des Regenwaldes. Er forderte die Weltgemeinschaft auf, den „heuchlerischen Kampf gegen die Drogen“ zu beenden.
In den Medien Kolumbiens ist das Schlagwort „ökologische Transformation“ jetzt allgegenwärtig. Auf der Agenda der Regierung steht neben einem stark forcieren Ausbau der sogenannten erneuerbaren Energien die Förderung lokaler Entwicklungsprozesse. Sozial benachteiligte und vom internen bewaffneten Konflikt besonders betroffene Bevölkerungsgruppen, vor allem indigene und afrokolumbianische Fischer und Kleinbauern, sollen besonders unterstützt werden. Eigentlich. Doch bedeutet die Preisgabe des indigenen Volkes der Wayúu im Norden Kolumbiens zur Erfüllung der „Klimaziele“ des Landes erneut einen Verrat ausgerechnet an den Schwächsten der Bevölkerung. Die Wayúu leben verstreut in kleinen Gemeinschaften auf der windreichen Halbinsel La Guajira an der Karibikküste Kolumbiens. Es ist der nördlichste Punkt des südamerikanischen Festlands. Ein schmaler Streifen im Süden gehört zu Venezuela. La Guajira im gleichnamigen Departamento wurde bereits von der Vorgängerregierung dazu ausersehen, das „Epizentrum der Energietransformation“ Kolumbiens zu werden, obwohl sich hier ein Hotspot des Drogenhandels nach Venezuela und in die Karibik befindet. Der im Juni 2022 gewählte Präsident Petro hatte sich im Wahlkampf an die Spitze der Energiewende-Propaganda gestellt. Er versprach, Kolumbien nach seiner Wahl von der „extraktiven“, auf fossilen Energien basierenden Wirtschaft auf „erneuerbare Energien“ umzustellen. Unter seiner Regierung wurde die Anzahl der für La Guajira vorgesehenen Windpark-Projekte stark aufgestockt, ungeachtet der damit verbundenen Menschenrechtsverletzungen, ökologischen Katastrophen und mikroklimatischen Veränderungen. Das britische Internetportal „openDemocracy“ bezeichnet das Vorgehen der Energieunternehmen im Einklang mit der Regierung als Umweltrassismus reinsten Wassers. „Drogen- und Energiepolitik in Kolumbien“ weiterlesen