Kennt das Verfassungsgericht die Verfassung?

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Anscheinend nicht. Das Urteil des Verfassungsgerichts über die Wahlreform der Ampel ist ein Schlag ins Gesicht der Wähler und eine Stärkung der Parteiwahllisten, bei denen der Wähler keinerlei Mitspracherecht hat. Dabei ist das Grundgesetz eindeutig:

„Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.“

Durch das Urteil des Verfassungsgerichts ist dieser Satz des Artikels 38 GG praktisch nicht mehr gültig. Wenn, wie von der Ampel gewollt, künftig die Parteilisten stärker sind als die Direktmandate, heißt das nichts anderes, als dass das Mitspracherecht der Wähler in ihrem Wahlkreis „unmittelbar frei“ zu bestimmen, wer sie im Parlament vertritt, ausgehebelt ist. Künftig sollen, wenn es mehr Direktmandate gibt, als die Partei Zweitstimmen hat, Direktkandidaten nicht ins Parlament einziehen dürfen. Damit hat das Gericht, das über unsere Verfassung wachen soll, den Vorstoß der Ampel, den Geist der Verfassung auszuhebeln, unterstützt.

Mit welcher Arroganz die Ampel reagiert, ist atemberaubend. In einem Punkt hat das Gericht nämlich dem Vorhaben der Ampel widersprochen: Die Grundmandatsklausel, nach der eine Partei auch dann in den Bundestag einziehen kann, wenn sie an der 5%-Hürde scheitert, soll beibehalten werden. In der Vergangenheit hat die SED-Linke von dieser Regelung profitiert. Nach der letzten Wahl ist sie nur dank dreier Direktmandate in den Bundestag eingezogen. Der Vorstoß der Ampel war gegen die CSU gerichtet, die bei der nächsten Wahl zwar die 5% bundesweit verfehlen könnte, aber durch ihre Direktmandate in Bayern wieder in den Bundestag eingezogen wäre. CSU und Linke können sich freuen, dass der Versuch, die Grundmandatsklausel abzuschaffen, gescheitert ist. Die Ampel müsste also dringend Nachbesserungen an ihrem Entwurf vornehmen. Es sieht nach den ersten Reaktionen nicht danach aus.

Mein Autor Peter Schewe schreibt dazu:

„Die Parteien haben weiterhin einen maßgebenden Einfluss auf die Auswahl derer, die das Wahlvolk wählen darf. Angenommen, ein parteiloser Bewerber erränge in seinem Wahlkreis die meisten Stimmen. Er hätte nie eine Chance, in den Bundestag zu kommen, da er ohne Parteizugehörigkeit keine Zweitstimme erhielte. Die Parteien haben sich über die Einführung einer Zweitstimme eine Macht erobert, die ihnen nach dem Grundgesetz nirgends eingeräumt wird. Lediglich der Artikel 21 billigt ihnen eine Mitwirkung bei der politischen Willensbildung des Volkes zu. Von einer Rolle, geschweige denn von einem alleinigen Recht, die Kandidaten zu den Bundestagswahlen auswählen bzw. aufstellen zu dürfen, ist im Grundgesetz nichts zu finden. Nicht von rechts oder links oder aus welcher Himmelsrichtung auch immer ist unsere Demokratie gefährdet. Die Angriffe aus der Mitte der Verfassungsorgane selbst sind es, die versuchen, das Grundgesetz und die darauf beruhenden Gesetze ihrem Machtanspruch entsprechend umzugestalten und so unsere rechtsstaatlich verfasste Demokratie zu untergraben. Der Souverän, das Volk, spielt dabei schon längst keine bestimmende Rolle mehr.“

Es ist immer wieder behauptet worden, es gehe um Gerechtigkeit. Jede Stimme müsse zählen. Das meinen die Politiker, die das behaupten, aber nicht ernst. Denn gerecht wäre es, wenn jede Wählerstimme wirklich zählte, es also keine Prozenthürde gäbe, an der kleine Parteien bislang noch scheitern. Bei der Wahl zum Europäischen Parlament ist die Prozenthürde bereits abgeschafft. Hier muss nur eine bestimmte Anzahl von Wählerstimmen erreicht werden, um einen Abgeordneten ins Parlament zu schicken. Außerdem ist die Anzahl der Abgeordneten, die ins Parlament einziehen können, gedeckelt. Was hat die Ampel gehindert, dieses Modell einfach zu übernehmen?

Richtig, die Macht der Parteifunktionäre wäre geschwächt, die Demokratie aber gestärkt worden. Beides liegt offenbar nicht im Interesse der Ampel.

Wie aus einem Hillbilly Trumps Running Mate J.D. Vance wurde

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Im Jahr seines Ersterscheinens 2016 war das Buch „Hillbilly Elegy“ von J.D. Vance laut Sunday Times „das politische Buch des Jahres“. Auch andere Medien überschlugen sich in Lobpreisungen. Da beschreibt ein Abkömmling der weißen arbeitenden Klasse aus dem Rust Belt, dem zerbröckelnden Industriegebiet der USA, wie es ihm gelang, sein Herkommen zu verlassen und Mitglied der Elite zu werden. Geschrieben hat Vance das mit 31 Jahren, als er noch nichts war als ein Rechtsanwalt aus der Yale Law School, etwas, das er mit 13 Jahren als absurd bezeichnet hätte, wäre es ihm vorausgesagt worden. Vance beschreibt eine Schicht, die von Hillary Clinton als „the basket of deplorables“ verächtlich gemacht wurde.

Tatsächlich sind die Nachfahren irisch-schottischer Einwanderer am Boden der amerikanischen Gesellschaft angelangt. Sie sind vielleicht nicht materiell ärmer dran als die Hispanics oder die Schwarzen, aber laut Studien die pessimistischste und deprimierteste aller armen Bevölkerungsgruppen.

Die Urgroßeltern von Vance lebten noch in den Appalachen, genauer in Jackson, wo die Familien arm, aber kinderreich waren. Die Großeltern wanderten, wie viele aus ihrer Generation, in die entstehenden Industriegebiete aus, wo neben Fabriken auch neue Siedlungen entstanden. Die Beziehung zur Heimat blieb eng. Trotz einer zehnstündigen Fahrt zwischen Middletown, der neuen Heimat, und Jackson pendelte man mehrmals im Jahr dorthin. Vance genoss bei seiner Urgroßmutter die wunderschöne Landschaft und stellte fest, dass die vier in Jackson gebliebenen Geschwister seiner Großmutter finanziell wesentlich schlechter gestellt waren als die vier ausgewanderten. Vor allem aber haftete die Prägung durch die Kultur von Gewalt und Drogenmissbrauch in Jackson an den Auswanderern.

Vances Großmutter musste mit zwölf davon abgehalten werden, einen Mann, der versucht hatte, sie zu missbrauchen, zu erschießen. Sie wurde als Teenager schwanger und floh mit ihrem Geliebten, der ihr Mann wurde, nach Middletown. Dort wurde der Großvater Stahlarbeiter und verdiente so gut, dass das Paar bald ein eigenes Haus bezog. Arm sein in Amerika bedeutet, dass man in einem eigenen Haus lebt, wechselnde Autos fährt, sein Essen hauptsächlich aus den Fast-Food-Restaurants bezieht und drogen- oder alkoholabhängig ist. Der Großvater von Vance war jahrelang ein schwerer Trinker. Seine Frau drohte ihm an, ihn umzubringen, wenn er nicht aufhörte. Als er das nächste Mal schwer betrunken auf die Couch sank, setzte sie ihn in Brand. Er wurde dank des Eingreifens seiner Tochter gerettet und trug wunderlicherweise nur geringe Brandwunden davon. Er bezog dann ein eigenes Haus, blieb aber mit seiner Frau eng verbunden und stoppte seinen Alkoholkonsum rechtzeitig, um eine Stütze in J.D.s Kindheit zu werden.

Die Mutter von Vance verließ das Haus ihrer Eltern schon als Teenager, wurde schwanger, geriet an einen drogenabhängigen Ehemann, von dem sie sich bald trennte. Der Vater von Vance war Ehemann Nr. zwei, dem noch mehrere unverheiratete und drei verheiratete Vaterfiguren folgten. Vance hatte es alle zwei, drei Jahre mit einem neuen Mann an der Seite seiner Mutter zu tun, die manchmal eigene Kinder mitbrachten. Kaum hatte er sich an die neue Patchwork-Familie gewöhnt, brach sie wieder auseinander. Einer der Männer adoptierte Vance, bevor er auf Nimmerwiedersehen verschwand.

Kompliziert wurde das Leben durch die immer stärker werdende Drogenabhängigkeit seiner Mutter, die mindestens ebenso viele Entziehungskuren machte, wie sie Beziehungen zu Männern einging. Ehemann Nummer fünf warf sie schließlich wegen ihrer Heroinsucht aus dem Haus. Vance musste vor Gericht für seine Mutter lügen, damit sie nicht ins Gefängnis kam, musste ihr seinen Urin geben, damit sie bei einer angesetzten Kontrolle nicht ihre Lizenz als Krankenschwester verlor. Als sie von ihm verlangte, zu ihrem neuen Partner in eine andere Stadt zu ziehen, weigerte er sich und setzte durch, dass er zu seiner Großmutter zog.
Zum ersten Mal entzog sich Vance dem familiären Chaos, indem er sich verpflichtete, vier Jahre bei den Marines zu dienen. Das veränderte sein Leben grundlegend. Statt Fastfood lernte er richtiges Essen kennen und wurde körperlich fit. Vor allem lernte er, was Verantwortung ist. Am Ende seiner Dienstzeit nahm er am Krieg im Irak teil, wenn auch nicht an der Front, sondern im Hinterland.

Trotz ihrer Drogenabhängigkeit hatte seine Mutter, die selbst Klassenbeste war, bevor sie wegen ihrer Schwangerschaft die Schule abbrach, Vance die Liebe zur Bildung mitgegeben. Sein Großvater die Liebe zur Lösung mathematischer Probleme und die Großmutter das Ziel, etwas aus sich zu machen, zur Universität zu gehen.

Nach seiner Dienstzeit gelang es Vance, in Yale zugelassen zu werden. Schon bei den Marines hatte er Kameraden aus den verschiedensten gesellschaftlichen Schichten kennengelernt, aber in Yale war er der einzige, der nicht der Ivy League entstammte. Er stellte fest, dass es sich um eine komplett andere Gesellschaftsschicht handelte. Hier zählten vor allem Verbindungen und galten andere Regeln. Man netzwerkte bei Dinners und Cocktail-Partys. Als er das erste Mal an einem dieser Dinner teilnahm, wusste er nicht, was er mit dem vielen Besteck anfangen sollte, das um seinen Teller herum platziert war. Er tat, als müsste er dringend auf Toilette, und rief dort seine Freundin an, die ihm kurz erklärte, wie er vorgehen müsse.

Diese Freundin wurde später seine Frau. Als er ihre Eltern zum ersten Mal besuchte, war er überrascht von der Abwesenheit von „Drama“. Keine Schreikrämpfe, kein Schlechtreden hinter dem Rücken, keine Unbeherrschtheiten. Seine Frau hatte es nicht immer leicht mit ihm, denn ab und zu ging das Appalachen-Temperament mit ihm durch.
Am Ende seines Buches beschreibt Vance, wie die Kindheitserfahrungen bis weit ins Erwachsenenleben reichen. Die Psychologen nennen das „nachhaltige Kindheitserfahrungen“, erzeugt durch die in der Kindheit erlittenen Traumata. Von denen muss man sich befreien. Vance tut das, indem er sich als Politiker vor allem für die Unterschicht einsetzt. Staatliche Programme helfen kaum, weil sie nicht bekannt sind. Vance selbst wusste nicht, dass Yale ein Programm für arme Studenten hatte, das ihm einen großen Teil der Studiengebühren erließ. Diese Informationen sind wichtig und müssen bekannt gemacht werden, aber vor allem muss es Programme geben, die Teilnehmer befähigen, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen.

Als Donald Trump Vance zum Vizepräsidentschaftskandidaten machte, kam das als Überraschung für viele, könnte sich aber als sehr kluger Schachzug erweisen. Vance, der anfangs sein Gegner war, wird am 2. August 40, ist also noch jung und daher eine gute Ergänzung zu Trump.

Wie hysterisch die Demokraten auf Vance reagieren, wird deutlich, wenn man sieht, dass sie versuchen, seine Bemerkung von vor vielen Jahren, als er Kamala Harris eine frustrierte kinderlose Katzenfrau nannte, zu skandalisieren. Wieso „Katzenfrau“ eine unverzeihliche Beleidigung sein soll, während „the basket of deplorables“ okay ist, müssen die Demokraten erst noch erklären.

Die deutsche Linke hat ihren Kampf gegen Vance schon aufgenommen. Der Ullstein-Verlag, bei dem 2017 „Hillbilly Elegy“ erschien, hat die Lizenz nicht verlängert. Der Verlag begründete seine Entscheidung damit, dass das Buch von Vance zum Zeitpunkt seines Erscheinens „einen wertvollen Beitrag zum Verständnis des Auseinanderdriftens der US-Gesellschaft“ geliefert habe. Heute aber vertrete der Ex-Gegner von Trump „offiziell an dessen Seite“ eine „aggressiv-demagogische, ausgrenzende Politik“. Yes Publishing hat die Rechte gekauft. Das Buch ist über ihn, möglicherweise mit einer Wartezeit auch schon wieder beziehbar.

Zudem kann man sich auf Netflix den großartigen Film ansehen, der zu diesem Buch gedreht wurde. (Dort ist übrigens die Top 10 der Filme – zumindest auf dem Account meines Sohnes – zur Zeit auf wundersame Weise nicht mehr zu auffindbar.)

Hillbilly Elegy

Zur Erinnerung: Hitlers letztes Programm für Deutschland war der Volkstod

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Ob sich die Linken und die Antifanten, die diesen Volkstod auf ihren Plakaten und mit ihren Sprechchören für Deutschland fordern, eigentlich bewusst sind, wessen letzten Willen sie ausführen wollen? Würde man Sebastian Haffner, der diese Feststellung in seinem Buch „Anmerkungen zu Hitler“ getroffen hat, heute als Neurechten diffamieren und wie Thilo Sarrazin zur Unperson erklären?

Mit Haffners Buch verbindet mich eine eigene Geschichte. Ein holländischer Freund hatte es mir 1979 zu einem Treffen in Polen mitgebracht. Mir blieb die Aufgabe, es heil über die Grenze in die DDR zu schmuggeln. Sebastian Haffner stand zwar wohl nicht auf der schwarzen Liste der verbotenen Autoren, aber es war ein Westbuch, das galt den Zöllnern als Konterbande. Es ging prompt schief. Zielsicher fasste der Grenzkontrolleur in die Ritze zwischen Sitz und Zugwand, förderte den Band zutage und forderte mich barsch auf, den Zug zu verlassen. Ich wurde die ganze Nacht festgehalten, verhört und durfte erst am nächsten Morgen weiter nach Berlin. Ich hatte tapfer behauptet, dass ich den Haffner für meine wissenschaftliche Arbeit brauchte und der Institutsbibliothek übergeben wollte. Außer einer Aussprache mit meiner Chefin und dem Parteisekretär gab es keine weiteren Folgen, aber das Buch war weg und mir ist es nie wieder unter die Augen gekommen. Bis ich am letzten Sonntag den Flohmarkt unweit von Angela Merkels Wohnung besuchte und mir gleich drei Exemplare in die Hände fielen. Eins davon erwarb ich auf der Stelle und begann schon in der S-Bahn auf der Fahrt nach Hause zu lesen und konnte es nicht mehr aus der Hand legen.

Haffners Analyse ist verblüffend und die Parallelen zu einer aktuellen Politikerin sind es auch.

„Was konnte ‚größenwahnsinniger‘ sein, als der Beschluss eines Unbekannten […] Politiker zu werden?“ Hitlers Leben teilt sich in zwei Hälften. Die erste Hälfte verbrachte er als immer wieder Scheiternder am unteren Rand der Gesellschaft, in der zweiten Hälfte war er, zumindest zeitweise, der mächtigste Mann der Welt. Diesmal scheiterte er auf höchstem Niveau mit seinen politischen Projekten. Aber mit seinem Scheitern hat er der Welt seinen furchtbaren Stempel aufgedrückt. Der wirkt bis heute. „Zur Erinnerung: Hitlers letztes Programm für Deutschland war der Volkstod“ weiterlesen

Bundesbauministerin Geywitz plant Umsiedlungen

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Immer wenn man denkt, mehr Absurdität geht im Regierungshandeln nicht, wird man eines Besseren belehrt. Die Wohnungsnot in den Großstädten ist nicht erst seit gestern ein Problem. Deshalb hat die Ampel in ihrer Koalitionsvereinbarung festgelegt, dass jährlich 400 000 Wohnungen gebaut werden sollen. Dieses Versprechen war das Papier, auf dem es geschrieben wurde, nicht wert. Im vergangenen Jahr wurden bundesweit nur 295 000 Wohnungen fertig gestellt. Der Druck auf den Wohnungsmarkt erhöht sich mit der anhaltenden unkontrollierten Einwanderung täglich. Die Neuankömmlinge zieht es in die Metropolen. Die etwa 2 Millionen leer stehenden Wohnungen befinden sich auf dem Lande.

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Von der Political Correctness zum Compact-Verbot

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Von Gastautor Peter Schewe

Was als ‚Political Correctness‘ begann, entwickelte sich dann im Laufe der Jahre zur ‚Cancelcultur‘, ebenso ein Begriff aus dem Englischen. Offenbar scheut man sich, derartige Entwicklungen mit deutschen Begriffen zu benennen, Sprechverbot hört sich ja auch nicht wirklich gut an. Was sagt nun aber unser Grundgesetz zu alledem?

Artikel 5:

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugängigen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

Soweit der Text, unverändert seit 1949 im Grundgesetz als eines der Grundrechte verankert.

Aber auch hier wiederum der Verweis auf „allgemeine Gesetze“, d.h. der Gesetzgeber kann mit einfacher Mehrheit auch dieses Recht auf freie Meinungsäußerung einschränken. Interessanterweise lesen wir dazu im Artikel 19 des GG folgendes:

„(1) Soweit nach diesem Grundgesetz Grundrechte durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muss das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten […].

(2) In keinem Fall darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.“

Was ist nun der Wesensgehalt der Meinungsfreiheit? Tasten ‚Cancelcultur‘ und ‚Political Correctness‘ diesen an? Ich meine schon. Denn wenn ich erst prüfen muss, ob das was ich sagen will auch politisch korrekt, also erlaubt ist oder sogar meine Existenz bedroht, ist der Wesensgehalt einer Meinungsfreiheit, das was das Wesen dieser Freiheit ausmacht, schon berührt, ergo angetastet.

Was lesen wir dazu im Artikel 9 der zeitgleich entstandenen DDR-Verfassung von 1949?

„(1) Alle Bürger haben das Recht, innerhalb der Schranken der für alle geltenden Gesetze ihre Meinung frei und öffentlich zu äußern und sich zu diesem Zweck friedlich und unbewaffnet zu versammeln. Diese Freiheit wird durch kein Dienst- oder Arbeitsverhältnis beschränkt; niemand darf benachteiligt werden, wenn er von diesem Recht Gebrauch macht.

(2) Eine Pressezensur findet nicht statt.“

Fast der gleiche Wortlaut, auch hier der Verweis auf durch Gesetze bestimmte Schranken, einen Artikel, der die Grundrecht nochmals besonders schützt, findet sich hingegen in dieser Verfassung nicht. Bemerkenswert die in beiden Verfassungen gewählte Formulierung „eine (Presse-) zensur findet nicht statt“, verboten ist sie also nicht, sie findet nur nicht statt.

In der 1968 geänderten Verfassung regelt der Artikel 27 die Meinungsfreiheit:

„ 1 Jeder Bürger der DDR hat das Recht, den Grundsätzen dieser Verfassung gemäß seine Meinung  frei und öffentlich zu äußern. Dieses Recht wird durch kein Dienst- oder Arbeitsverhältnis eingeschränkt. Niemand darf benachteiligt werden, wenn er von diesem Recht Gebrauch macht.

2  Die Freiheit der Presse, des Rundfunks und des Fernsehens ist gewährleistet.“

Jetzt schränken die Grundsätze eben dieser Verfassung selbst das Recht auf Meinungsfreiheit ein. Auch das im Artikel 28 benannte Recht, sich friedlich zu versammeln, wird nur „im Rahmen der Grundsätze und Ziele der Verfassung“ gewährt.

Welche das waren, ist allgemein bekannt, sie sind im Kapitel 1 dieser Verfassung benannt: Die Schaffung eines sozialistischen Staates der Arbeiter und Bauern unter Führung der SED. Wer diese Ziele nicht unterstützte oder sich ihnen gar widersetzte, hatte jeglichen Anspruch auf freie Meinungsäußerung verwirkt und konnte strafrechtlich verfolgt werden.

Wir sehen, obwohl die Texte der Verfassung sich sehr ähnelten, sah die Wirklichkeit in Sachen Meinungsfreiheit in beiden Teilen Deutschlands doch sehr unterschiedlich aus, hier ein demokratisch verfasster Rechtsstaat, dort ein von einer Parteinomenklatura beherrschtes Unrechtssystem. Aber ein Recht auf Meinungsfreiheit ohne vom Gesetzgeber verfügte Einschränkungen finden wir in allen drei Verfassungen nicht.

Aber nun zurück in das Deutschland von heute.

An Sprech- und Auftrittsverboten mangelt es nicht und an vieles haben wir uns schon gewöhnt. Schritt für Schritt fanden Einschränkungen der Meinungsfreiheit Eingang in die Strafgesetzgebung. Die Liste verbotener Worte wird immer länger, nur kennen wir sie nicht. Es ist ins Belieben der Gesetzeshüter gestellt, welche Ausdrücke als ‚rechtsextrem‘ gelten. Eines der letzten war der wissenschaftlich gebräuchliche Begriff ‚Remigration‘, der nichts anderes bedeutet als Rückwanderung.

Dass Holocaustleugner, Hitlergrußzeiger, Hakenkreuzschmierer, Verwender von Parolen aus der Nazizeit sich strafrechtlich verantworten müssen, mag noch verständlich sein, aber dass jemand, der einen Mann, der sich zur Frau erklärt hat, nicht mehr an seine männliche Vergangenheit erinnert werden darf, weder in Anrede oder Namensnennung, oder dass jemand, der die Existenz von mehr als zwei biologischen Geschlechtern in Zweifel zieht, vor dem Kadi landet, zeigt uns, wohin die Reise gehen kann, wenn ein elementares Grundrecht einer Demokratie durch den Gesetzgeber eingehegt werden darf und erst mal die roten Linien eines Verfassungsgebotes überschritten sind.

Und nun das: Die Innenministerin verbietet eine Zeitung, lässt Redaktionsräume stürmen, Inventar und Vermögen beschlagnahmen. Ich kenne dieses Magazin ‚Compact‘ nicht, nicht seine Inhalte und Absichten. Ich weiß nur, dass es so ein Vorgehen bisher in der Bundesrepublik Deutschland noch nie gegeben hat (von der Spiegelaffäre 1962 vielleicht abgesehen). Selbst das linksradikale Blatt ‚Junge Welt‘, zu DDR-Zeiten das Zentralorgan der heute verbotenen FDJ, darf unbehelligt seine kruden, marxistisch-leninistischen Ansichten verbreiten.

Wir, die wir andere EU-Länder (Ungarn, Polen, Slowakei) wegen Einschränkungen der Pressefreiheit kritisieren und bestrafen, verfallen in die Methoden übelster Schurkenstaaten.

Wie verunsichert und in Panik verfallend müssen jene, die uns derzeit regieren sein, wenn sie sich durch ein Politmagazin, durch eine Gang rollatorfahrender Rentner oder durch private, zu Konferenzen hochstilisierte Treffen zeitkritischer Geister in ihrem Machtanspruch bedroht sehen.

Es ist ein besorgniserregendes Zeichen von totalitären Regimen, die immer ein Feindbild brauchen, um den Regierten Angst zu machen und zu zeigen, was passieren würde bzw. könnte, wenn sie ihrer Macht entledigt würden. In der DDR war es der allgegenwärtige, aber unsichtbare Klassenfeind, der Kapitalismus, Imperialismus, die Bonner Ultras.

Heute sind es die, die den Machtanspruch der sich selbst als etabliert ernannten Parteien in Frage stellen, die kritisch den Politikern auf die Finger schauen und die mutig Missstände im Lande anprangern, die, die ihre demokratischen Grundrechte einfordern, die ihnen mehr und mehr verweigert werden.

Alle Versuche, „rechtes“ Gedankengut zu verbieten, werden das Gegenteil bewirken. Trotz ist eine nicht zu unterschätzende Motivation politischen Handelns.

Übrigens: In allen drei der nach dem 2. Weltkrieg auf deutschem Boden entstandenen Verfassungen sind die Pressefreiheit und das Verbot einer Zensur durch keine Einschränkungsklausel relativiert, sie galten und gelten absolut. Offensichtlich ein Versehen ihrer Verfasser.

Dipl.-Ing. Peter Schewe

Regenstauf

Die Kanzlerin, die aus der Kälte kam

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Dass Angela Merkel am 17. Juli 2024 70 Jahre alt wurde, hat kaum einer bemerkt. Zwar lief auf ARD kurz vorher eine Doku, aber zu nachtschlafender Zeit. Zuschauerrekorde wurden jedenfalls nicht gemeldet. Die „Süddeutsche“ widmete der Ex-Kanzlerin eine ganze Seite 3 mit der Frage, ob Merkel eine große oder nur eine halbgroße Kanzlerin gewesen sei, listete aber ihre Fehlentscheidungen auf, die belegen, dass sie in Wahrheit die schlechteste Kanzlerin seit Bestehen der Bundesrepublik gewesen ist. Warum traut sich keiner, das zu sagen? Weil Merkel ein Medienprodukt ist, an dem die gesamte staatsnahe Presse mitgewirkt hat. Da müsste man sich eingestehen, am Desaster, das Merkel hinterlassen hat, beteiligt gewesen zu sein.

Kurz vor Merkels Jubiläum veröffentlichte der Anderwelt-Verlag eine „Biografie einer Unbekannten“, die „aus der Kälte kam“. Wieso Kälte? Merkel kam aus der DDR und unbekannt ist sie auch nicht. Sie hat sich durch die Politik, die sie betrieben hat, sehr kenntlich gemacht. Aber genau das ist das Defizit dieser x-ten Merkel-Biografie. Es erfolgt keine stringente Analyse von Merkels politischen Entscheidungen, die Autoren des Sammelbandes stochern, wie alle anderen Biografen im Privaten, versuchen herauszufinden, was der Großvater und der Vater ihr bedeuteten, wer sie wie prägte, als ob es dieser Analysen bedürfte. Es wird untersucht, ob Merkel eine irgendwie geartete Dissidentengeschichte hat, weil der Stiefsohn von Robert Havemann, Utz, der sich heute nach seinem Vater Havemann-von Trotha nennt, ihr Kollege am physikalischen Institut der Akademie der Wissenschaften war und sie anscheinend mal nach Grünheide, wo der bekannteste Dissident unter Hausarrest stand, mitgenommen hat.

Es wird viel berechtigte Kritik an den vielen Biografien geübt, die im Laufe der Jahre entstanden sind. Vor allem wird darauf hingewiesen, wie sehr die Autoren voneinander abgeschrieben haben. Alles nicht falsch, aber an der Legende, die mit großem Erfolg um Merkel von ihr und ihren Helfern herum gebaut wurde, wird nicht ernsthaft gekratzt. Welche Positionen hat Merkel vertreten? Immer nur die, die Erfolg in der Öffentlichkeit versprach. „Multikulti ist gescheitert, absolut gescheitert“, erklärte Merkel 2010 auf dem Deutschlandtag der Jungen Union, 2015 mit der unkontrollierten Masseneinwanderung war dasselbe Phänomen alternativlos. Im Jahr 2010 nahm Merkel an der Siegesparade in Moskau anlässlich der Kapitulation Nazi-Deutschlands teil, wie übrigens jeweils 70 Nato-Soldaten aus Frankreich, USA, Großbritannien und Polen. Sie saß neben Putin und ließ sich für ihre häufigen Gespräche mit ihm loben. Heute wird behauptet, sie hätte immer eine Abneigung gegen Putin gehabt. Wenn, dann hat sie diese sehr gut verborgen. Mit Beginn des Ukraine-Konflikts wird Merkels Russland-Politik nicht nur von Friedrich Merz als „Scherbenhaufen“ bezeichnet, denn heute ist Putin der Unberührbare. Während Merkel auf der Tribüne in Moskau saß, wurde in Brüssel die No Bail Out-Klausel aufgehoben. Seitdem kommt Deutschland für die Schulden anderer Länder auf. „Die Kanzlerin, die aus der Kälte kam“ weiterlesen

Jans Attentat

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Der Übersetzer und Autor Oliver Zimski hat einen Roman vorgelegt, der sich an ein heikles Thema wagt: Wie hätte ich mich in der Nazidiktatur verhalten? Die Frage ist natürlich am brisantesten für alle, deren Vorfahren Täter gewesen sind. Es ist wahrlich ein hartes Schicksal, von einem SS-Kommandeurs-Vater oder einem Gestapo-Opa abzustammen. Nach meiner Überzeugung haben diese Leute die Kollektivschuld-These erfunden. Wenn sich alle schuldig gemacht haben, wiegt die familiäre Belastung weniger schwer. Die Aufarbeitung des Nationalsozialismus, um die uns angeblich alle beneiden, hat nicht die Erkenntnis befördert, dass es die Methoden der Totalitären sind, die man scheuen muss wie der Teufel das Weihwasser. Eine queere Journalistin hat auf X verkündet, Nazis könne man nur mit Nazimethoden bekämpfen.

Nazi ist heute jeder, der die Regierung kritisiert. Diese Kritik wird tatsächlich mit Mitteln zum Verstummen gebracht, die auch im Dritten Reich angewendet wurden: Denunziantentum, Einschüchterung, Anprangerung, Justizwillkür. Gleichzeitig sind sich die Vertreter des Wokismus weitgehend einig, dass sie in der Nazi-Diktatur natürlich zu den Widerständlern gehört hätten. Es gab sogar mal einen Tweet, in dem behauptet wurde, der Schreiber hätte Hitler ganz bestimmt umgebracht.
Der Journalist Johannes Gross spottete bereits vor Jahrzehnten: „Je länger das Dritte Reich tot ist, umso stärker wird der Widerstand gegen Hitler und die Seinen.“ „Jans Attentat“ weiterlesen

Baerbocks Verzicht, der keiner ist – alle lachen, nur die Medien nicht

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Eigentlich hatte ich nicht vor, über Annalena Baerbocks „Verzicht“ auf die Kanzlerkandidatur zu schreiben, aber nachdem ich tagelang Medienkommentare dazu lesen musste, die diese absurde Ankündigung ernst nahmen, habe ich meine Meinung geändert. Wir haben es nicht nur mit der inkompetentesten, ungebildetsten, skandalträchtigsten Regierung zu tun, unser größtes Problem sind die Medien, die alle Peinlichkeiten, jedes Versagen, ja sogar die handfestesten Skandale unter den Teppich kehren.
Unser Steuergeld wird mit vollen Händen rausgeworfen, über 30 Milliarden allein vom Entwicklungshilfeministerium, für Genderkurse in China und Radwege in Peru, die nicht gebaut worden sein sollen und ähnlichen Schnickschnack. Die sogenannte Klimaabgabe, für die wir mit jeder Tankfüllung zur Kasse gebeten werden, versickert in China in der Wüste oder in einem dortigen Hühnerstall. Kontrollen, wofür das großzügig verteilte Geld ausgegeben wird, gibt es offensichtlich nicht. Wir erfahren davon, aber am nächsten Tag wird die Sache ad acta gelegt. Konsequenzen gibt es keine. Die Presse sieht es nicht als ihre Aufgabe, der Regierung kritisch auf die Finger zu gucken, sondern sie macht sich zum Komplizen.
Nun also Baerbock und ihr „Verzicht“. Unsere Außenministerin will sich ganz auf ihre feministische, werteorientierte Politik kümmern und behauptet tatsächlich, deshalb keine Zeit für einen Kanzlerwahlkampf zu haben.

Dass Baerbock für ihre Ankündigung CNN wählte und nicht ihren grünen Ortsverband, zeigt einerseits die maßlose Selbstüberschätzung unserer Außenministerin, andererseits könnte ihr Ortsverband sie vielleicht auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt und ihr klargemacht haben, dass die Grünen ganz andere Sorgen haben als Kanzlerkandidaturen. Für die Selbstüberschätzung spricht, dass Baerbock bisher eher dafür aufgefallen ist, dass sie ihre Position nutzt, um ihren Mädchen-Modeltraum zu realisieren. Immer neue schicke Fotos, von denen regelmäßig wieder welche gelöscht werden müssen, weil sie zu peinlich waren. Die Steuerzahler müssen für den Fotografen und die Visagistin aufkommen, obwohl Baerbock eine Steuerfreipauschale als Abgeordnete und Ministerin erhält, für solche Mehraufwendungen, die Amt und Mandat erfordern. Warum ist das der Presse noch nicht aufgefallen? „Baerbocks Verzicht, der keiner ist – alle lachen, nur die Medien nicht“ weiterlesen

Linke Intellektuelle im Dienst des Totalitarismus (2)

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Wie die Kunstavantgarde den Weg für die Woke-Bewegung bereitete, kann man in Tom Soras verdienstvollem Buch nachlesen. Vor wenigen Tagen ist bereits eine Rezension von mir auf diesem Blog erschienen. Ich möchte aber einige Beispiele, die Sora bringt, anführen, die zeigen, dass alles, was uns heute zu schaffen macht, weil es von denen, die sich als „Elite“ betrachten und sich berechtigt sehen, das gemeine Volk, das sie verachten, umzuerziehen, täglich in Politik und Medien propagiert wird, schon hundert Jahre alt ist. So lange hat es gebraucht, bis sich diese Ideologie in Zeitgeist verwandelt hat.

Das Ziel ist, um es zu wiederholen, die Schaffung eines „neuen“ Menschen und die Zerstörung der westlichen Kultur. Die Vordenker waren Henry de Saint-Simon, Karl Marx, Wladimir Illitsch Lenin und Antonio Gramsci, die ausführenden „nützlichen Idioten“ (Lenin) waren Künstler, Schriftsteller und andere Intellektuelle, die erst die kommunistische Revolution, dann die kommunistischen Diktaturen und nach deren Zusammenbruch den Kulturmarxismus und Wokismus unterstützten.

Gramsci propagierte die Zerstörung der westlichen Kultur und die Installation einer neuen, kollektiven Kultur durch „Kampf“. Wie fruchtbar der Schoß noch ist, aus dem das kroch, zeigt sich darin, dass die ehrwürdige Universität Oxford bereits begonnen hat, Mozart und Beethoven aus dem Programm zu nehmen, weil sie „kolonialistisch“ seien.

Aber der Reihe nach. Die Avantgarde entstand, anders als heute weithin angenommen, nicht als Reaktion auf den Schrecken des Ersten Weltkrieges, sondern schon davor. Man kann mit Fug und Recht sagen, dass die Ideen der Avantgarde, die Zerstörung des Bürgertums, den Krieg begünstigten.
Auf den ersten Blick scheint das absurd zu sein, denn die Avantgardisten haben den Ruf, absolute Individualisten und Freiheitsfanatiker zu sein. Die sollen an der Beseitigung von Individualismus und Freiheit beteiligt sein? So ist es. Die Künstler und Intellektuellen übernahmen zwar die Thesen und Taktiken Lenins, lehnten aber die ihnen zugedachte Rolle als ausführende Befehlsempfänger der Partei ab. Sie erteilten sich selbst den Auftrag, das Volk, ja die ganze Menschheit zu erziehen. Das erwies sich als wirkungsvoller, als bloßes Anhängsel einer Partei zu sein. „Linke Intellektuelle im Dienst des Totalitarismus (2)“ weiterlesen

Linke Intellektuelle im Dienst des Totalitarismus

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Wie die Kunstavantgarde den Weg für die Woke-Bewegung bereitete – das Beispiel John Cage

Wer den gegenwärtigen Erfolg der Woke-Bewegung, Cancel Culture, Critical Race Theory und Queerismus verstehen will, sollte unbedingt zu Tom Soras Buch greifen. Nur wer die Vorgeschichte kennt, kann begreifen, was sich gegenwärtig abspielt und Gegenwehr leisten.

Das Beispiel des hier weitgehend unbekannten amerikanischen Musikers John Cage ist insofern interessant, als er den Typus des linken Luxusintellektuellen verkörpert, der vom Wohlstand und der Freiheit der Gesellschaft, die er abschaffen will, hemmungslos profitiert.

Tom Sora beginnt seine Analyse mit einem Verweis auf die hellsichtige Philosophin und Analytikerin des Totalitarismus Hannah Arendt. Sie schrieb bereits 1952, als Stalin noch lebte, dass es eine Illusion wäre zu glauben, dass alles in Ordnung sei, wenn es Stalin und Hitler nicht gäbe. Im Gegenteil: „Es könnte sogar sein, dass die wirklichen Probleme der Zeit sich in ihrer wahren Gestalt … erst zeigen werden, wenn die totalitären Diktaturen eine Sache der Vergangenheit geworden sind.“ Wie recht sie behalten hat, wissen wir, seit wir erleben müssen, dass nach dem Verschwinden des „sozialistischen Lagers“ sich ein neuer Totalitarismus im gesamten Westen ausbreitet.

Dieser neue Totalitarismus ist ein modernisierter Marxismus-Leninismus, der nicht schwarz, wie die bolschewistischen Schergen, sondern bunt daherkommt und der sich einer scheinbar sanften Sprache bedient, die eine Verschleierung der knallharten Inhalte ist. Der neue Totalitarismus mordet nicht mehr, betreibt keine Lager, sondern setzt mit mittelalterlichen Methoden wie Anprangerung und brutaler Ausgrenzung (im Mittelalter nannte man es Vogelfreiheit) alle unter permanenten Druck, die sich der herrschenden Meinung nicht beugen wollen. Das Ziel ist das alte: Die Zerstörung der bürgerlichen Gesellschaft, des westlichen Lebensmodells, das wie kein anderes für Massenwohlstand und Freiheit seiner Bürger gesorgt hat. Nichts am heutigen Wokismus ist neu. Alle seine Vorstellungen und Forderungen sind über hundert Jahre alt. Aber erst jetzt sind die Möchtegern-Zerstörer der freien, wettbewerbsorientierten, demokratischen Wohlstandsgesellschaft in der Lage, mit ihren Ideen die Mehrheit der Bevölkerung zu indoktrinieren. „Linke Intellektuelle im Dienst des Totalitarismus“ weiterlesen