Nur zahmer Protest ist guter Protest?

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Von Peter Schewe

Unsere Regierenden beschwören es unisono immer wieder: Das Recht zum Demonstrieren ist ein hohes Gut unseres demokratischen Rechtsstaates.

Und dann kommt das große Aber: Aber alles muss in geordneten Bahnen verlaufen, keine Anfeindungen, friedlich und vor allem gesittet muss es zugehen. Und persönliche Kritik an den Regierenden geht gar nicht, Delegitimierung nennt man jetzt, was früher als Majestätsbeleidigung unter Strafe stand.

Das ist nur uns Deutschen eigen: Ordnung um jeden Preis, auch wenn um uns das Chaos herrscht.

Wie aber soll dann Protest Wirkung erzielen, wenn er nicht die herrschende Ordnung in Frage stellen bzw. ignorieren darf? Nur so können offenbar noch die Regierenden an ihren Eid erinnert werden, alles zum Wohle des Volkes zu tun, was sie ja offenbar vergessen haben. Aber Erinnern gehört nicht gerade zu den Stärken dieser Regierung, weshalb der Druck von unten umso stärker werden muss.

Wenn die Regierenden nicht mehr merken, dass sie an den Regierten vorbei regieren, spätestens dann wird es legitim, sie wissen zu lassen, dass die Grenze des Erträglichen überschritten ist.

So erging es Marie-Antoinette 1789 mit ihrem Spruch „Wenn ihr kein Brot habt, dann esst doch Kuchen“ oder den Adligen und der Kirche, als sie 1524 die Abgaben für die Bauern drastisch erhöhten. So erging es den SED-Bonzen, als sie nicht kapierten, dass das Volk sie nicht mehr ertragen konnte, um nur einige Beispiele zu nennen.

Der Protest richtet sich ja nicht, wie von den Regierenden behauptet gegen den Rechtsstaat oder die Demokratie an sich, sondern gegen sie. Sie, die sich den Rechtsstaat zurechtgebogen haben, um unangefochten regieren zu können.

Und dieser Protest ist legitim, auch wenn er die Ordnung stört. Nur so können sich die Regierten Gehör verschaffen, wie denn sonst?



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