In letzter Zeit mehren sich die Aufrufe, doch nicht die alternativen Medien zu beachten, sondern den Mitteilungen von Regierung und Mainstream-Medien zu vertrauen. Das kenne ich noch aus der DDR, wo uns eingetrichtert wurde, dem Klassenfeind kein Gehör zu schenken, sondern brav zu konsumieren, was uns die Parteimedien vorsetzten. Im Revolutionsherbst 1989 bekamen viele Journalisten kalte Füße. Fast alle Medien gelobten, nun nur noch wahrheitsgemäß zu berichten und sich jeglicher Propaganda zu enthalten. Dazu gehörten auch „Das Volk“, heute “Thüringer Allgemeine“ und „Freies Wort“, ehemals die Bezirksorgane der SED in Erfurt und Suhl. Das klappte aber nur für ein paar Jahre, dann waren allzu viele Medienleute wieder der Ansicht, sie seien die geborenen Meinungsmacher und Volkserzieher, die den Lesern zu sagen haben, was sie zu denken und wie sie sich zu verhalten haben. Als die westdeutschen Journalisten von den Amerikanern reeducated wurden, wurde ihen beigebracht, dass die wichtigste Lehre aus der Nationalsozialistischen Diktatur sei, Medien sollten sich nie wieder als Propagandaproduzenten verstehen und die Massen beeinflussen. Sie sollten stattdessen den demokratischen Diskurs stärken und das selbstständige Denken fördern. Dreißig Jahre nach dem Ende der zweiten deutschen Diktatur sind diese Grundsätze offenbar vergessen. Es wird Propaganda betrieben und Meinung gemacht, dass sich die Balken biegen.
Nehmen wir Herrn Debes von der TA. Von ihm bekam ich einen Anruf wegen meiner angeblichen Absicht, die Thüringer Werteunion in die Arme der AfD zu führen. Eigentlich hatte ich mich dazu schon unmißverständlich auf diesem Blog geäußert, aber Debes wollte es direkt von mir bestätigt bekommen. Nein, sagte ich ihm, ich hätte nie die Absicht gehabt, für den Landesvorsitz der Werteunion zu kandidieren und ja, mit der Thüringer AfD unter Höcke geht gar nichts. Er hatte mir vorher noch anvertraut, dass er den Ex-Landesvorsitzenden der Wertunion Sitter für einen dubiosen Typen hält, aber in seinem Text, in dem unser Telefonat an einer Stelle in der Mitte richtig wiedergegeben wird, bekommt dieser dubiose Typ das letzte Wort: Augenwischerei. Allerdings suggeriert der Untertitel des Debes- Textes das glatte Gegenteil dessen, was ich ihm gesagt habe: „Lengsfeld liebäugelt mit der AfD“.
Das ist die Wortwahl, wenn man nichts in der Hand hat, aber trotzdem denunzieren und stigmatisieren will. Mit seriösem Journalismus hat das nichts zu tun. Das ist der Versuch, mich einzuschüchtern, in der Hoffnung, dass ich hinwerfe. Das wird nicht passieren. Das haben schon ganz andere als der kleine Debes versucht und sind damit gescheitert. Allerdings ist Debes dabei ein kapitaler Fehler unterlaufen. Er meinte behaupten zu können, dass ich im „Wahlhelfer“, dem er eine dubiose Herkunft unterstellt, obwohl er weiß, dass ich die Herausgeberin bin, für ein „bürgerliches Bündnis“ mit der AfD geworben hätte. Das ist eine glatte Lüge. Da gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder Debes wusste nicht, was er tat, weil er irgendwo abgeschrieben hat, oder er glaubt inzwischen, sich Lügen leisten zu können. Er hätte sich bei den Kollegen von T-Online erkundigen sollen, warum sie sich bei ihrer Meldung zu dieser Sache komplett hinter insüdthürigen.de versteckt haben. Die haben schon erfahren, dass man sich doch nicht alles leisten darf, jedenfalls keine glatten Lügen.
Subtiler, aber nicht weniger aufschlussreich verlief mein kleiner Schriftwechsel mit dem stellvertretenden Chefredakteur des „Freien Wortes“. Herr Ermert fühlte sich offensichtlich von meiner Reaktion auf seine Meldung mächtig auf den Schlips getreten. Er hätte korrekt berichtet. Was Ermert unter korrekter Berichterstattung versteht, kann man unserem Schriftwechsel entnehmen, den ich hiermit dokumentiere (natürlich mit seiner Erlaubniss). Beachten sie, was Ermert für zweifelsfrei hält, was er dann zugeben muss, dass es nirgends so steht, sondern lediglich so „wahrgenommen“ wird. Hinzu kommt der beleidigte Oberlehrerton, mit dem er mich auffordert, Stellung zu meiner nicht angestrebten Kandidatur zu nehmen, und das bitte zu begründen. Ich muss nicht begründen, warum ich etwas nicht vorhabe. Schließlich können Sie dem Mailwechsel entnehmen, dass Ermert für keine seiner Unterstellungen: Verschwörungstheoretikerin, AfD-nah, Landesvorsitz, ein Originalzitat von mir beibringen kann. Er stützt sich lediglich auf Geraune, Mutmaßungen, angebliche Wahrnehmungen. Mit Journalismus hat auch das nichts zu tun, sondern mit Meinungsmache und Kampagne.
Hier unser Mailwechsel:
Mail von Markus Ermert nach Veröffentlichung meines Artikel: Nein, ich will nicht Bundeskanzlerin werden!
“Guten Tag, Frau Lengsfeld,
Sie werfen Freies Wort (insüdthüringen.de) vor, wir hätten “ohne jegliche Recherche” fälschlicherweise vermeldet, Sie wollten die Thüringer Werteunion führen und sie der AfD annähern.
Frau Lengsfeld, wir haben sowohl alle Tassen im Schrank als auch korrekt berichtet.
Was den Vorstand betrifft, beziehen wir uns nicht auf Herrn Sitter (der hat sich erst viel später gemeldet), sondern auf das von Ihnen an erster Stelle mitunterzeichnete Schreiben vom 15. August an die WU-Mitglieder. Aus dem geht mehr als eindeutig hervor, dass Sie den Thüringer Landesvorsitz anstreben. Diese Wahrnehmung haben uns auch andere ehemalige WU-Mitglieder bestätigt, da muss man nicht noch weiter recherchieren.
Es trifft zu, zu dass Sie im “Wahlhelfer” Herrn Höcke massiv kritisieren. Ebenso trifft zu, dass Sie in der gleichen Ausgabe im Beitrag “Macht die Wahl zur Volksabstimmung!” zur Wahl der AfD aufrufen. Daran besteht überhaupt kein Zweifel.
Dass Sie die CDU inhaltlich an die AfD heranführen wollen, ist ebenso ganz zweifelsfrei aus Ihren zahlreichen Äußerungen zu schließen.
Sofern Sie nun doch nicht als Landesvorsitzende kandidieren wollen, dann teilen Sie mir das doch bitte explizit mit, gerne mit ausführlicher Begründung. Natürlich würden wir auch darüber berichten.
Mit freundlichen Grüßen
Markus Ermert”
Meine Antwort #1
“Sehr geehrter Herr Ermert,
das Sie keine Zweifel haben, ist das Problem. Das oberste rechtsstaatliche Prinzip, „in dubio pro reo“ scheint bei den Journalisten in Deutschland nicht mehr zu gelten. Auch das journalistische Prinzip, immer beide Seiten zu hören, bevor man etwas raushaut, ist Vergangenheit.
Wo bitte sind meine „zahlreichen Äußerungen“, dass ich die CDU an die
AfD heranführen will? Wenigstens eine? (Bitte nicht T-Online,
Wikipedia oder Kontraste heranziehen, sondern nur Originalziztate)
In „Wahlhelfer“ wird an keiner Stelle, schon gar nicht von mir, zur Wahl der AfD aufgerufen. Bitte liefern Sie ein Zitat für einen Wahlaufruf.
Ich habe aktuell mit ihrem Kollegen Debes wieder erfahren, dass es gar nichts nützt zu erklären, dass ich nie die Absicht hatte, für den Landesvorsitz zu kandidieren, dass ich nie in meinem Leben ein Parteiamt angestrebt habe, dass dies sogar von Prof Pistner bestätigt wurde. Am Ende wird wieder Sitter zitiert, der von „Augenwischrei“ spricht. Das ist der Sitter, den Debes gestern im Gespräch mit mir als „dubiose Figur“ bezeichnet hat. Was halten Sie von dieser Art Journalismus?
Mit freundlichen Grüßen!
Vera Lengsfeld”
Ermerts Antwort #2
“Sehr geehrte Frau Lengsfeld,
danke für Ihre Antwort.
“In dubio pro reo” muss und möchte ich nicht beachten. Sie sind ja nicht angeklagt, sondern Sie beteiligen sich völlig legal und legitim am öffentlichen Diskurs. Anspruch auf journalistische Fairness haben Sie selbstverständlich.
Was den Wahlaufruf als auch die Kandidatur betrifft, habe ich keine andere Seite gehört oder gelesen, schon gar nicht andere Medien oder Herrn Sitter, sondern alleine Ihre eigenen Texte.
Ich zitiere aus dem von Ihnen mitunterzeichneten Schreiben an “Liebe Freunde und Mitstreiter der WerteUnion Thüringen” vom 15. August:
“Vera Lengsfeld, Oliver Wünsch, Tonio Aschoff, Uwe Richter, Hans Pistner und viele andere wollen einen Neustart des Landesverbandes der WerteUnion Thüringen. Wir fünf möchten uns daher als neuer Vorstand zur Wahl stellen.”
Wie man daraus lesen könnte, dass sie NICHT die Absicht zur Kandidatur für ein Vorstandsamt hätten, erschließt sich mir nicht. Es sei denn, es handelte sich bei diesem Brief um eine Fälschung oder die Mitunterzeichner hätten Ihnen den Brief untergeschoben.
Einwenden könnte man, dass Sie nicht explizit vom Vorsitz sprechen. Sie werden allerdings gleich zwei Mal als erste in der Namensreihe erwähnt, die nicht alphabetisch oder nach anderen formalen Kriterien sortiert ist. Nach aller Lebenserfahrung drückt man damit einen Vorrang innerhalb der Gruppe aus.
Meine Empfehlung: Wenn Sie nie die Absicht hatten, für den Landesvorsitz zu kandidieren, dann verfassen Sie solche Rundschreiben nicht. Und wenn es sich um eine Fälschung oder einen Fehler handeln sollte, sagen Sie es, wir vermelden das dann natürlich.
Im “Wahlhelfer”-Beitrag “Macht die Wahl zur Volksabstimmung!” rufen
Sie nicht wortwörtlich zur AfD-Wahl auf, richtig. Sie erläutern zunächst ausführlich, warum man die bisher herrschenden Eliten im Allgemeinen und die Thüringer CDU im Besonderen nicht wählen solle. Abstimmen solle man aber dann doch, denn: “Sie müssen sich klar machen, welche der angetretenen Parteien für die gegenwärtige bedrohliche Schieflage Thüringens verantwortlich sind und die angebotenen Alternativen wählen.” Als Alternativen bleiben da logischerweise nur die AfD, die FDP und die Splitterparteien übrig.
Sollten Sie also die FDP gemeint haben? Könnte sein, denn sie ist anderswo, aber nicht in Sachsen oder Thüringen an den bedrohlichen Schieflagen und am Weg in die Gesinnungsdiktatur beteiligt. Das passt aber dann nicht zum Lob der Wahlergebnisse in Sachsen und Brandenburg, mit dem Sie eingangs des Artikels die zwei Drittel für eine “konservative Regierung” (also den Zuwachs des FDP/CDU/AfD-Lagers alleine durch die AfD, die viel mehr Stimmen gewonnen als die CDU verloren hat) als “deutliches Signal” für einen Willen zum “Politikwechsel” loben. Und auch das “Wir” in “Jeder hat eine Stimme, die er einsetzen kann. Wenn wie 1989 genügend Menschen aktiv werden, werden wir es schaffen!” schließt die, um im Bild zu bleiben, Blockpartei FDP aus.
Richtig ist, dass dieser Beitrag Ihrem zweiten über Björn Höcke widerspricht, was die Wählbarkeit der Thüringer AfD betrifft. Aber wenn Höcke für die Wählbarkeit einer Alternative so wichtig ist, warum erwähnen Sie ihn nicht auch im ersten Artikel? Oder anders gefragt: Welche Partei genau meinten Sie denn dann mit den “angebotenen Alternativen”, die die Thüringer statt CDU, FDP, SPD, Linken und Grünen wählen sollen?
Zitate dafür, dass Sie überwiegend Positionen vertreten, die denen der AfD deutlich näher als denen der CDU sind, erspare ich mir. Da sind die meisten Ihrer aktuell-politischen Texte Beleg genug. Möglicherweise haben Sie insofern Recht, als Sie nicht die CDU an die AfD heranführen, sondern gleich beide Parteien vereinen wollen unter der Programmatik der AfD. Aber das ist jetzt eine Spekulation. Fest steht: Es gibt nicht nur böse Journalisten, sondern zahlreiche konservative Christdemokraten, die in Ihrem Wirken mehr eine Unterstützung der AfD sehen als eine rechtskonservative Profilierung der CDU.
Recherchen und Bemerkungen von Kollegen kommentiere ich nicht. Das muss Martin Debes mit Ihnen und sich selbst ausmachen.
Mit freundlichen Grüßen
Markus Ermert”
Meine Antwort #2
“Lieber Herr Ermert,
wenn Sie selbst zugeben müssen, dass ich nicht zur Wahl der AfD aufgerufen habe, warum erwecken Sie dann den Eindruck?
Warum bringen Sie nicht wenigstens ein Zitat, das beweist, dass ich der AfD näher bin als der CDU? Richtig. Weil sie keins finden können. Dennoch steht in ihrem Blatt die Legende von meiner AfD-Nähe. Vergessen hatte ich in meiner Mail die „Verschwörungstheorien“, denn ich angeblich auch anhängen soll. Dafür könnten Sie auch kein einziges Zitat liefern. Faire Behandlung im öffentlichen Diskurs sieht anders aus.
Sie müssen zugeben, dass im Brief vom 15.08. tatsächlich nur von „Vorstand“, nicht vom Landesvorsitz die Rede ist. Wieso soll der eine Fälschung sein, nur weil Sie Sitters Behauptung zitieren, ich wollte die Thüringer Werteunion übernehmen? Journalisten sollten Texte lesen können und sich daran halten, statt haltlose Spekulationen zu verbreiten. Vorsichtshalber stelle ich hier unmißverständlich fest, dass ich keinerlei Absicht hege, die CDU und die AfD zu vereinigen, auch wenn die Bundes-AfD große Teile des CDU-Programms von 2005 übernommen hat, zum Teil in copy and paste, mit Rechtschreib- und Satzzeichenfehlern.
Mehr habe ich dazu nicht zu sagen. Ich würde unseren kleine Schriftwechsel mit ihrem Einverständnis gern veröffentlichen
Mit freundlichen Grüßen!
VL”
Ermerts Antwort #3
“Nun revidieren Sie also Ihre vorherige Aussage, dass Sie lediglich unzufriedene Vorstandmitglieder unterstützt hätten und streiten nur noch ab, als Vorsitzende zu kandidieren. Für den Vorstand also schon, immerhin.
Und ich wiederhole nochmal: Ich habe, was die Nachricht zu Ihrer Vorstandskandidatur betrifft, nicht Herrn Sitter, sondern den von Ihnen mitverfassten Brief an die Mitglieder zitiert. Herr Sitter kann dazu ja eine Meinung haben (die wir natürlich kurz zitieren, schließlich ist er Ex-Vorsitzender), aber sie hat mit dem, was ich über Ihre Aktivität berichte, nichts zu tun.
Sie können unseren Schriftwechsel verwenden, wenn Sie wollen.
Mit freundlichen Grüßen
Markus Ermert”