Antifaschismus

Veröffentlicht am

Von Gastautor Ludwig Engelmeier

Markus Würz schreibt in seinem Artikel „’Antifaschismus’ als Legitimation“ für das „Lebendige Museum Online“ der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland:

Ihre führende Stellung rechtfertigt die SED anhand ihres sozialistischen Weltbilds: Demzufolge ist der Faschismus die extremste Form des Kapitalismus und die Bundesrepublik Deutschland ist in Kontinuität des Nationalsozialismus eine ‘monopolkapitalistische’ Gesellschaftsordnung. […] Der antifaschistische Anspruch befreit die Menschen in der DDR zugleich von der moralischen Mitverantwortung für Krieg und Völkermord des ‘Dritten Reiches’. […] Die SED-Propaganda stellt die Bundesrepublik dar, als wirke in ihr der Nationalsozialismus ungebrochen weiter. Sie greift hohe Beamte, Politiker und Militärs wegen ihrer Tätigkeit in der Zeit des Nationalsozialismus an, darunter den Staatssekretär im Kanzleramt Hans Globke oder Vertriebenenminister Theodor Oberländer. Im Fall von Oberländer und von Bundespräsident Heinrich Lübke greift die SED auch auf gefälschte Dokumente zurück. Dass auch in der DDR frühere NSDAP-Mitglieder wichtige Ämter einnehmen und zu hohem Ansehen gelangen, verschweigt sie.

Die SED benutzte also den Nationalsozialismus zu DDR-Zeiten immer und immer wieder, um ihren Machtanspruch zu legitimieren und ihr eigenes Unrechtsregime zu relativieren. Es herrschte die Logik, mit der seit den Jakobinern Linksextreme immer wieder Terror im Namen der Moral gerechtfertigt haben: „Wir sind die Guten. Ihr seid die Bösen. Und deshalb haben wir auch das Recht, euch richtig mies zu behandeln!“.

Die DDR ist Gott sei Dank Geschichte, ebenso wie die SED-Diktatur und das Stasi-Unrecht. Nicht so die SED! Sie hat sich ein paar Mal umbenannt, nennt sich jetzt „Die Linke“ und hat sich in der politischen Landschaft Deutschlands etabliert. Die Grünen und die SPD sehen sie inzwischen als ganz normale Partei und als Partner beim Versuch, Mehrheiten für eine Politik links der Mitte zu organisieren. Das ist inzwischen schwierig geworden, denn hatte Rot-Rot-Grün bei der Bundestagswahl 2005 zusammen noch 52%, so waren es 2017 nur noch knapp über 38%! Wenn die Politik der sich links nennenden Parteien also in Wahlen immer weniger Zustimmung erhält, man aber keinen Grund sieht, die eigenen politischen Positionen so zu ändern, dass linke Politik wieder der ehemaligen Wählerschaft – den kleinen Leuten – zugute käme, muss man sich eben etwas anderes einfallen lassen, um eine Politik umzusetzen, die die Menschen mehrheitlich nicht wollen.

Warum also nicht wieder die Geschichte des Dritten Reiches für die eigene Politik instrumentalisieren? Denn sich gegen Faschismus einzusetzen, dagegen kann keiner ernsthaft etwas haben, damit ist man mehrheitsfähig.

Vor dreißig Jahren nahmen die lästigen Westjournalisten der SED die guten Absichten hinter dem offiziellen „Antifaschismus“ nicht ab und zogen aus dem Vergleich der DDR mit der BRD noch mehrheitlich den Schluss, dass die Freiheit in einem oft ungerechten Kapitalismus der Unfreiheit eines angeblich gerechten Sozialismus vorzuziehen sei. Im Gegensatz dazu hat man heute die mehrheitlich links oder grün verorteten Journalisten der wichtigsten Medien hinter sich.

Und mit einer Partei wie der AfD im Bundestag, in der es durchaus auch Bürgerliche und Konservative gibt, die sich aber angreifbar gemacht hat, indem sie sich schwer damit tun, die Grenze zwischen sich und Rechtsradikalen zu ziehen, hat man auch wieder einen geeigneten „Bösewicht“, um die Propaganda vom Kampf „der Guten“ gegen „die Bösen“ wiederzubeleben. Und wieder eignet sich der „Antifaschismus“ hervorragend, um die eigenen Grausamkeiten, wie z.B. die Drohungen und Angriffe gegen rechte oder auch nur bürgerliche Politiker, zu legitimieren und ihnen einen gefälligen Namen zu geben. „Wir sind die Guten. Ihr seid die Bösen. Und deshalb haben wir auch das Recht, euch richtig mies zu behandeln!“. So schließt sich der Kreis…

Die Demokratie in Deutschland ist im Jahre 2020 erneut in Gefahr. Links der Mitte sind sich die selbsternannten Moralisten wieder einmal ganz sicher, im Recht zu sein und dass es Zeit sei, „Haltung zu zeigen“ und „gegen Rechts zu kämpfen“. Und genau wie die Jakobiner sich selbst zu Richtern erklärten und die Grenze verschoben, ab wann man sich fürchten musste – zuerst der König, dann die Royalisten, dananch die Girondisten um Brissot, schließlich auch die innerparteilichen Kritiker um Danton und Desmoulins – erklären sich auch die neuen Wächter der Moral selbst zu Richtern und verschieben die Grenze, ab wann man „Faschist“ genannt werden kann und dann mit dem Mobbing der „Gerechten“ rechnen muss. Erst der „Flügel“, dann die ganze AfD, seit Thüringen auch Kemmerich und die WerteUnion. Man kann sich denken, wie es weitergehen wird…

…wenn nicht diejenigen, die jetzt noch froh sind, dass der Furor der Bessermenschen noch nicht sie selbst betrifft, und hoffen, dass er auch in Zukunft an ihnen vorbeigehen möge, endlich anfangen, die Basis der Demokratie vor den sich radikalisierenden Bessermenschen zu verteidigen.

„Antifa ist Faschismus ohne schlechtes Gewissen!“ soll Sigi Zimmerschied vor Kurzem gesagt haben. In Thüringen hat man nach der Wahl Kemmerichs gesehen, wie zutreffend dieses Zitat inzwischen die Situation in Deutschland beschreibt. Kemmerich wurde gemobbt, bedroht, seine Frau wurde angespuckt, seine Kinder konnten nur noch unter Polizeischutz in die Schule gehen – und kaum ein Wort des Bedauerns, keine Auseinandersetzung mit diesem Unrecht der „Gerechten“, nicht einmal ein schlechtes Gewissen!

Das achselzuckende Hinnehmen des Mobbings und der Gewaltandrohung war nicht nur ein kollektives „Je ne suis pas Kemmerich!“, es war eine Zustimmung den alten Methoden der Stasi, die nun wiederauferstanden sind. Und dass die Linksparteien mit westdeutschen Wurzeln – Grüne und SPD – immer weniger Scheu haben, selbst diese Methoden aufzugreifen, ist deren Versagen, ein Versagen von historischem Ausmaß!

Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit sind die Basis unserer Demokratie, und diese Basis gilt es zu verteidigen. Eine Freiheit, die sicherstellt, dass jeder ohne Angst vor Repression seine Meinung äußern kann. Eine Gleichheit, die verhindert, dass sich irgendjemand, und seien es linke Moralisten mit den „besten Absichten“, für etwas Besseres halten und zum Richter aufschwingen kann. Und eine Brüderlichkeit, die sich in gegenseitigem Respekt, Gewaltlosigkeit und zivilisiertem Miteinander ausdrückt. Und eine Demokratie, in der der Wille der Mehrheit über die Zukunft unseres Landes entscheidet.

Wer meint, die AfD sei eine „faschistische“ oder „staatszersetzende“ Partei, möge sie gerichtlich verbieten lassen! Es wäre die Pflicht von jedem, der sie mit der NSDAP vergleicht, vor Gericht zu ziehen und nicht selbst, sondern Richter darüber entscheiden zu lassen, ob die AfD in unserer Demokratie einen Platz hat. Wer aber meint, er brauche keinen rechtsstaatlichen Krimskrams und könne selbst die AfD und ihre Wähler zu „Nazis“ oder „Faschisten“ erklären und sie dann bekämpfen, ist selbst zu einem Problem für die Demokratie geworden, denn er stellt sich über den politischen Gegner, er macht sich selbst zum Richter. Wer glaubt, selbst immer Recht zu haben, ist auf dem besten Weg, Teil des Unrechts zu werden. Wer, wie die SPD und die Grünen in NRW, meint, dass man die ungeliebten Abgeordneten der AfD aus den politischen Entscheidungsprozessen einfach herausnehmen kann, indem man ihre Stimmen für Tabu erklärt, drückt damit aus, dass er Abgeordnete erster und zweiter Klasse haben will, dass die Bürger mit „zu konservativen“ Meinungen kein Recht auf parlamentarische Vertretung und Mitbestimmung haben sollen, und ist damit auf dem Weg, den Boden unserer Verfassung zu verlassen. Und wer meint, er könne in der politischen Diskussion eine andere Gruppe als “Krebsgeschwür” bezeichnen, ist bereits im Unrecht.

So ähnlich wie die sich radikalisierenden Parteien links der Mitte in Deutschland heute müssen sich die Kommunisten nach dem Zweiten Weltkrieg gefühlt haben. Denn waren sie nicht die Einzigen, die von Anfang an den Nazis Widerstand geleistet hatten? Hielten sie sich nicht für die Guten, denen jetzt die Aufgabe zukommen würde, die Brüder zur Sonne und zur Freiheit zu führen? Aus diesem Gefühl heraus muss die Selbstsicherheit entstanden sein, dass man auf keinen Fall selbst ein Problem darstellen kann, ganz egal, was man tut – denn man tat es ja für den guten Zweck. Und mit dieser Selbstsicherheit beschritten sie dann auch gleich den Weg in den nächsten Unrechtsstaat auf deutschem Boden.

Die Selbstsicherheit der heutigen “Kämpfer gegen Rechts” ist gefährlich geworden. In ihrem selbstgerechten Furor – ein Sich-Berauschen an den eigenen gefälligen Worten und ein Ignorieren der Realität und der Aggresivität der eigenen Leute – scheinen sie gar nicht mehr erkennen zu können, dass sie inzwischen selbst zu einem Problem für die Demokratie geworden sind. Man wünscht sich einen neuen Desmoulins aus ihren eigenen Reihen, der sie zur Mäßigung ruft. Beziehungsweise, dass die Desmoulins von heute (wie Palmer und Buschkovsky) in ihrer jeweiligen Partei Gehör finden mögen. Und man wünscht den neuen Desmoulins, dass sie nicht so enden mögen wie ihr historisches Vorbild!



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