Wofür man schwänzen darf und wofür nicht,
warum Schule nichts mit Bildung zu tun hat,
und wie man Diesel-Strafen loswird

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Der satirische Wochenrückblick mit Hans Heckel

Gleich ist nicht gleich Gleich, das ahnten wir ja schon, und bekommen es nun abermals bestätigt. Mit großen Augen hat ein schleswig-holsteinisches Elternpaar zur Kenntnis genommen, wie die Schulleitung ihres Sohnes auf das massenhafte Schwänzen  anlässlich einer freitäglichen „Klima“-Demo der Schüler reagiert hat: Man wolle das einmalig dulden, hieß es von der Direktion. Im Kieler Landtag stellte Grünen-Fraktionschefin Eka von Kalben fest: „Regeln (wie die Schulpflicht) sind dazu da, auch mal gebrochen zu werden“, wofür sie die einhellige Unterstützung von CDU, SPD und FDP erhielt.

Was die Eltern so erstaunt: Es war 2016, als ihr damals 13-jähriger Sohn im Erdkundeunterricht eine Moschee in Rendsburg besuchen sollte. Nicht irgendeine, sondern ein Haus der radikalen Milli-Görüs-Bewegung. Der Junge wollte aber nicht, und seine Eltern unterstützten ihn darin und boten der Schulleitung an, er könne doch solange in einer anderen Klasse am Unterricht teilnehmen.

Kommt nicht infrage, beschied die Schulleitung. Da blieb der Junge zu Hause, woraufhin die Schule ein Bußgeld von 300 Euro gegen die Eltern verhängte: Verstoß gegen die gesetzliche Schulpflicht. Dagegen haben die Eltern geklagt, am Ende schrumpfte das Bußgeld auf 50 Euro.

Nun also die Massenschwänzerei fürs „Klima“, doch statt Bußgeld gibt’s warme Worte für die „Fridays for Future“-Demo aus dem Landtag − und eine verblüffend tolerante Schulleitung. Ab jetzt wird es spannend: Der Anwalt der Eltern will erneut vor Gericht ziehen, im Gepäck die Kieler Entschließung und die Nonchalance der Schulleitung gegenüber den „Klima“-Schwänzern. Mal sehen, wie das ausgeht. Wir geben Ihnen Bescheid. Beim Thema „Rechtsstaat Bundesrepublik“ werden wir nach dem Urteil  jedenfalls alle schlauer sein.

Wir wollen aber auch nicht allzu scharf urteilen. Man kann die Sache schließlich auch pragmatisch sehen. Gut, die Gören schwänzen, aber verpassen sie dabei auch was Wichtiges? Kann man so oder so sehen. In einem Brandbrief beschweren sich Hannoveraner Gesamtschulleiter, dass die viel gefeierte „Inklusion“ lernschwacher bis geistig behinderter Kinder in die Regelklassen in ein Desaster geführt habe. Andernorts berichten Lehrer, dass sie in Klassen von 24 Schülern 90 Prozent ihrer Energie auf zwei Kinder konzentrieren müssten, die früher auf eine Förderschule gegangen wären. Die anderen Kinder fielen hinten runter.

Die Hannoveraner Gesamtschulleiter ärgern sich, dass sich die Gymnasien vollständig aus der Betreuung von Förderschülern heraushielten. Das findet auch Niedersachens Sozialministerin Carola Reimann ungerecht. Die Sozialdemokratin fordert die Gymnasien auf, sich stärker für mehr Inklusion einzusetzen. Denn Inklusion sei ein „Menschenrecht“.
Dass wir das richtig verstehen: Lernbehinderte und verhaltensgestörte Kinder, die früher auf Förder- oder Sonderschulen gegangen sind, weil sie bereits mit der Hauptschule überfordert waren und besonderer Betreuung bedurften, haben nunmehr also das „Menschenrecht“, aufs Gymnasium zu gehen. Was sollen sie da? Abitur machen? Später vielleicht studieren und Sozialministerin werden?

Nein, nein, den Inkludierern geht es allein darum, die Schüler auf das Prinzip der „Gleichheit“ festzunageln. Alles, was nicht „gleich“ ist, ist nämlich Diskriminierung. Ob die Kinder was lernen, ist vollkommen schnuppe. Im Gegenteil: Erwiesenermaßen profitieren fleißige und begabte Kinder von gutem Schulunterricht viel mehr als faule und unbegabte. Wer also zulässt, dass guter Unterricht stattfindet, der ebnet den Weg für spätere Ungleichheit, für Diskriminierung.

Nur ein Unterricht, der die Verblödung der Kleinen sicherstellt, der ihren Fleiß ins Leere laufen lässt und ihre Begabungen einebnet, schützt uns vor kommenden Diskriminierungen, und zwar nachhaltig. Nachhaltigkeit ist ja überhaupt das Wichtigste, und sie funktioniert. Schon jetzt können wir die Früchte nachhaltiger Einebnung ernten: Lehrherren berichten, dass sie ihren Azubis erst Lesen und Schreiben beibringen müssten. Die Förderschüler sollen bloß als Kanonenfutter dienen, um den Gymnasialunterricht endlich plattzumachen.

Das Triumphgebaren der Konservativen geht völlig an der Wirklichkeit vorbei. Die linken Bildungsreformen seien allesamt gescheitert, jaulen die Rechten auf. Blödsinn: Die haben das Ziel nicht verstanden, glauben dem Gequatsche von „besserer Bildung“. Es geht den Linken ums genaue Gegenteil, und da sind ihre Reformen absolut erfolgreich, wie wir sehen.
Und was ist mit Karriere? Die kann man auch in der entdiskriminierten Gleichheitsgesellschaft machen. Nur entscheiden über das Fortkommen nicht mehr Fleiß oder Bildung, sondern die richtige Gesinnung. Oder „Haltung“, wie wir das heute nennen.

Dass man damit überfordert ist, selbst einfachste Zusammenhänge zu erkennen, spielt keine Rolle mehr. So wie bei Luisa Neubauer: Die 22-Jährige gilt als eine der Hauptorganisatoren der deutschen „Fridays for Future“-Demos für die Klimarettung und ist damit richtig prominent geworden. Sie will den Kohleausstieg bis 2030 und ist natürlich gegen Diesel, gegen das Fliegen und all den anderen weltvernichtenden Dreck.
Blöderweise hat sie es versäumt, vor dem Berühmtwerden ihre Instagram-Eintragungen zu säubern. Dort hat sie ihre heiteren Reisefotos veröffentlicht, die Neubauer nicht nur in etlichen europäischen Ländern zeigen, sondern auch bei Urlaubsfreuden in Marokko, Tansania, Namibia, China, Indonesien und Kanada. Geben Sie’s zu: Mit 22 waren Sie doch schon mindestens soweit rumgekommen. Macht doch Spaß!

Der verging indes denjenigen, denen Luisa Neubauer die Leviten las („Wir kennen die Schuldigen!“) wegen ihrer Klimasünden wie Dieselfahren, Kohlestromverbrauch oder der besonders „klimaschädlichen“ Fliegerei. So erhob sich ein Schwall des Spotts über Neubauer wegen des nicht geringen Abstands zwischen ihren gestrengen Reden ans Volk und ihrer schwungvollen Fernreisetätigkeit.

Das findet die Verspottete ungerecht, wie sie der „Süddeutschen Zeitung“ erzählt hat. Die Kritik an persönlichem Verhalten lenke von größeren Problemen auf „strukturell-politischer Ebene“ ab. Was nütze denn ökologisches Verhalten im Privaten, wenn Kohlekraftwerke weiterliefen und der Himmel voller Flugzeuge sei, beschwert sich die Klima-Aktivistin. Ob der Himmel auch so voller Flugzeuge wäre, wenn die Flugzeuge nicht so voller Luisas wären? Das fragt man nicht, weil das ja nur ablenkt vom „Strukturell-Politischen“.

Was für ein verlogenes Geschwafel, höre ich Sie schimpfen. Na ja, wie man’s nimmt. Für jemanden, der mit seinem 40 Jahre alten Diesel in eine Fahrverbotszone geraten ist, enthält Luisa Neubauers weltläufige Erklärung ihrer erklärungsbedürftigen Spaßfliegerei einen wertvollen Tipp. Sollte man Ihnen eine Geldstrafe aufbrummen, weisen Sie die Forderung einfach mit einem „Neubauer“ zurück. Sagen Sie dem Beamten, mit seinem Bußgeldbescheid lenke er nur von den „Problemen auf strukturell-politischer Ebene“ ab: „Was nützt denn das Vorgehen gegen alte Dieselfahrzeuge, wenn der Himmel voller Luisas ist?“

In die Enge getrieben, wählen Neubauers Verteidiger einen alten Trick: Sie entlarven die Kritiker als finstere Gesellen. Eine Schweizer Journalistin hat herausgefunden, wer die Spötter sind, die über die „Klima-Mädchen“ wie Luisa Neubauer lästern: „meistens Männer“.

Na also, wer unsere Verlogenheit öffentlich anprangert, der kann nur ein fieser Chauvinist sein. Mit solchen Kerlen geben wir uns nicht ab. Außerdem haben wir jetzt ohnehin keine Zeit. Unser Flug wurde gerade aufgerufen. Aloha!



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