Peinlich, peinlicher, Tagesspiegel

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Bei jeder Zeitungsente (so nannte man das früher) denkt man, schlimmer kann es nicht mehr werden mit der propagandistischen Verdrehung der Realität. Aber es sind offenbar nur scheinbare Gipfel der Unverfrorenheit. Wie der gestrige Propaganda-Coup des Tagesspiegel beweist, geht es immer noch schlimmer. Die Angst vor der AfD treibt Politiker und Medien offenkundig in den Wahnsinn.

Eine Analyse meines Lesers H. B.

Hallo Frau Lengsfeld,

haben Sie den heutigen Fauxpas im Tagesspiegel mitbekommen beim Versuch, Gauland endgültig der braunen Gesinnung zu überführen? Allein 4 Online-Beiträge, u. a. von Sigmar Gabriel, widmen sich Gaulands FAZ-Beitrag vom 06.10.2018.

Der Reihe nach:

Es ging um einen Gastbeitrag von A. Gauland in der FAZ am Samstag (Link), u. a. über die angebliche Heimatlosigkeit der Eliten. Eine „globalistische Klasse“ gebe kulturell und politisch den Takt vor. Ihre Mitglieder fühlten sich in einer abgehobenen Parallelgesellschaft als Weltbürger, ihnen gegenüber stünden „diejenigen, für die Heimat noch immer ein Wert an sich ist und die als Erste ihre Heimat verlieren, weil es ihr Milieu ist, in das die Einwanderer strömen“.

Daraufhin hat der Tagesspiegel einen Twitter-Beitrag gefunden (hier, nicht von Antifa “Zeckenbiss”, aber nach demselben verleumderischen Muster, selbstverständlich anonym), in dem “eindeutige” Parallelen Gaulands zu einer Rede Hitlers vom Nov. 1933 vor Siemens-Arbeitern (hier) nachgewiesen wurden, z. B. Adolfs Passage “Es ist ein kleine wurzellose internationale Clique, die überall und nirgends zuhause sind, sondern die heute in Berlin leben, morgen genauso in Brüssel sein können, übermorgen in Paris und dann wieder in Prag oder Wien oder in London, und die sich überall zu Hause fühlen.”

Daraus machte dann der Historiker Wolfgang Benz wiederum im Tagesspiegel (hier) eine längere Sprach- und Gesinnungs-Analyse von Gaulands Rede und fand überall den “braunen Wind von 1933” wieder.

Auch Sigmar Gabriel fällt heute auf diesen Vergleich zur Hitler-Rede rein in seiner “Philippika” auf Gauland, siehe Tagesspiegel (hier). Gabriel gibt sich wenigstens etwas Mühe, die perfide Demagogie des “Bonsai-Hitler” etwas genauer zu dechiffrieren. Gabriel: “Gaulands Plädoyer … besteht darin, das System demokratischer Willensbildung zu unterminieren, ja verächtlich zu machen. Ohne allerdings Antworten für die Probleme zu liefern. … Die Systemkritik dieser Art hat eine implizite Antwort, die Gauland explizit immer bestreiten wird: Die Etablierung eines autoritativen Politikmodells im Namen des Volkes.“

Jetzt kommt es: Gauland hat tatsächlich abgeschrieben! Aber nicht von AH, sondern von Michael Seemann, einem renommierten Blogger und Autor für Spiegel, Zeit etc., Der hatte im Oktober 2016 einen Gastbeitrag im TAGESSPIEGEL (!) über die “Klassenlose Gesellschaft” geschrieben. Gauland hat diese Passagen fast wörtlich übernommen, was ein TS-Leser herausfand.

Nachdem die Rufmord-Kampagne nun peinlich in die Hose gegangen ist, wird in den TS-Foren über eine doppelte perfide Taktik Gaulands spekuliert, er könne den 2016er Text von Seemann “absichtlich als Vorlage verwendet haben, um nach dem vorhersehbaren Shitstorm in den Medien einen neuen Beweis für die Richtigkeit des Vorwurfs “Lügenpresse“ zu haben.”

Vielleicht hat Gauland auch nur den unverdächtigen, urliberalen Text von Ralf Dahrendorf von 2000 gelesen “Die globale Klasse und die neue Ungleichheit” (hier).

Beste Grüße,

H. B.



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