Causa Özil

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Von Gastautor Tibor Desczyk

Und nun ist es wieder Rassismus

– oder wie sich am Thema vorbei echauffiert wird –

Dass die aktuellen Beiträge von Frau K. Barley und Frau R. Künast in der Causa Özil etwa auf dem geistigen Niveau einzustufen sind, das Herrn M. Özil zum medienwirksamen Fototermin mit Herrn R.T. Erdogan verhalf, mag ja in gewisser Hinsicht dem Regelfall entsprechen. Dem befremdenden Wirken des Herrn M. Özil nun einen irgendgearteteten Ansatz zum Anstoß einer Integrationsdebatte beizumessen, macht allenfalls die Befähigung sichtbar, auch über das niedrigste Stöckchen springen zu wollen.

Erinnern wir uns, dass die Damen Barley und Künast stets in vorderster Reihe standen, galt es den (demokratisch legitmierten) Präsidenten der Türkei als widerlichen Despoten zu brandmarken und ihm zugedachte Beschimpfungen übelster Art als Freiheit von Kunst und Meinung zu deklarieren. Wo bitte haben sich diese Damen sich aufgehalten, als Herr M. Özil sich werbewirksam mit dem angeblichen Diktator ablichten ließ?

Genau, sie haben, wie viele andere Verantwortliche auch, versucht, die Sache möglichst kleinzukochen, nur keinen Ärger provozieren, schließlich steht die WM vor der Tür und ein (im Grunde folgerichtiger) Rausschmiss des Herrn Özil hätte wohlmöglich Diskussionen über den Umgang mit Migranten nach sich gezogen.

Halten wir mal fest, dass es weder der DFB, noch Mercedes-Benz, schon gar nicht Millionen von Fans waren, die Herr Özil etwa dazu gedrängt hätten, sich mit ‘seinem Präsidenten’ ablichten zu lassen. Auf die Idee ist Herrn Özil ganz allein gekommen; welche unzureichenden Motive er auch immer hierfür nachträglich glaubhaft machen will, um sich jedweder Einsicht für sein eklatantes Fehlverhalten zu entziehen.

Respekt aber vor den Beratern, die sehr präzise erkannt haben, wie man jetzt diejenigen vor den Karren spannen kann, deren stetes Bemühen um die Deklaration Herrn Erdogans als Persona non grata von Herrn Özil mit dem rechtzeitig vor der Wahl bestimmten Fototermin ad absurdum geführt wurden. ‘Stichwort Rassismus’ und schon entsteht blanke Panik. Adressiert an den DFB, der sich, beginnend mit der Jugendarbeit bis hin zu breit angelegten Kampagnen, in vorbildlicher Weise gegen jede Form von Rassismus und Diskriminierung öffentlich positioniert, an Mercedes-Benz, einem weltweit agierenden Großkonzern und an die Fans, die sein Verhalten mit Pfiffen quittierten, weil sie (woher auch) nicht verstehen konnten, dass Herr Özil etwas tut, was Politik und Medien vorher als undenkbar in die Köpfe der Massen eintrichterten.

So zeugen der Fototermin und der spätere Umgang damit von einer Realitätsferne, dass es selbst für die Damen Barley und Künast hinreichend durchschaubar sein müsste. Doch die fordern nun den Rücktritt von DFB-Chef R. Grindel und eine neue Integrationsdebatte.

Durchaus legitim, vielleicht sollte Herr Grindel tatsächlich zurücktreten; allerdings und höchstens deshalb, weil er dem jetzt entstandenen Schmierentheater nicht mit dem fristlosen Rauswurf des Herrn Özil rechtzeitig vorgebeugt hat. Und wenn wir uns daneben anschauen, wie ein bestens integrierter Multimillionär auf allem herumtrampelt, was ihm seinen jetzigen Status beschert hat, sollten wir uns vielleicht tatsächlich fragen, was da wohl schiefgelaufen ist.

Vielleicht aber auch nicht. Denn es könnte hilfreicher sein, den Adrenalinspiegel wieder abzusenken und sich einmal anzuschauen, worum es eigentlich geht. Ein Fußballspieler, auf den sich Herr Özil selbst gerne reduziert sehen möchte, hat sich einen bedauernswerten Irrtum geleistet, dessen Folgen zu erkennen, ihm infolge seiner allgegenwärtigen Geringqualifikation eben nicht gegeben ist. Dessen letztes Gefühl für Anstand, Loyalität und Sportsgeist längst vom Selbstvermarktungstrieb und irrwitzigen Millionengagen vernebelt wurde.

Am Ende noch einer von seinen Beratern konstruierten Generalabrechnung aufzusitzen, weil darin der Begriff Rassismus erwähnt wird, sollte man ebenfalls darauf reduzieren, wo es herkommt. Schon insbesondere deshalb, um nicht all denen sofort eine willkommene Rechtfertigung zu liefern, die sich jedweder Kritik an ihrem Habitus unmittelbar mit dem tumben Hinweis auf Rassismus entziehen wollen.



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