Wohlstand durch Arbeit?

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Von Gastautor Michael J. Glück

Wohlstand prägte einst auch das Liedgut die Bonner Republik. Doch das war einmal. Wer erinnert sich denn heute noch an den rheinischen Schlager: „Mir jeht et juut, isch han a Schaschlik-Bud“1? Dabei leben wir in einem reichen Land, in dem es sich gut leben lässt, wie uns Politik und Leitmedien häufig versichern. Und das ist auch so, nur eben nicht für alle.

Vielen Solo-Selbständigen, die Artikel schreiben oder Pakete austragen ist aus finanziellen Gründen schon des längeren nicht mehr zum Singen zumute. Auch viele Arbeitnehmer, die nur befristet beschäftigt sind oder sich mit prekären Jobs abmühen, dürften kein frohes Lied auf den Lippen haben. Und deren Zahl wächst. „Rund 3,15 Millionen oder 8,3 Prozent aller Beschäftigten hatten im Jahr 2017 einen befristeten Arbeitsvertrag“, meldet das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg Anfang des Monats. Das sei ein neuer Höchststand.

Sachgrundlose Hoffnung

Allerdings stiegen die Übernahmechancen in unbefristete Verträge ebenfalls kontinuierlich an, tröstet das Institut. Das betrifft aber eher „sachgrundlose“ Arbeitsbefristungen, so das IAB weiter. Immerhin habe rund die Hälfte aller Arbeitsbefristungen keinen Sachgrund. Das weckt Hoffnungen. Die Koalition in Berlin will das ändern, nicht die Hoffnungen, sondern die sachgrundlosen Arbeitsbefristungen. Doch das IAB befürchtet, dass die Arbeitgeber „verstärkt auf andere Beschäftigungsformen wie Zeitarbeit oder Werk- und Dienstverträge ausweichen“.

Vor allem diesen Beschäftigungsformen und zahlreichen Minijobs verdanken wir aber die Zunahme an Arbeitsplätzen in den zurückliegenden Jahren. Deshalb ist die deutsche Arbeitslosenquote mit 5,0 Prozent, wie sie das Statistische Bundesamt (Destatis) für Juni 2018 ausweist, im internationalen Vergleich auch bescheiden. Allerdings verlangsamt sich inzwischen der Abbau der Arbeitslosigkeit, ergänzte das IAB am 27. Juni. Dessen Arbeitsmarktbarometer sank im Juni 2018 gegenüber dem Vormonat sogar um 0,5 auf 103,6 Punkte. Dieser Frühindikator, der auf Schätzzahlen und Hochrechnungen für die Beschäftigungsentwicklung beruht, ist damit zum dritten Mal in Folge zurückgegangen.

Ohne Schaschlik-Bude

Das ist angesichts der nach wie vor hohen Zuwanderungszahlen und der weitgehend arbeitslosen großen Migrantenschar in Deutschland für die, die „schon länger hier leben“ und Arbeit suchen, keine schöne Aussicht. Denn für die meisten Migranten ohne deutsche Sprachkenntnisse und berufliche Qualifikationen, wie sie der deutsche Arbeitsmarkt jedoch verlangt, kommen nur Tätigkeiten in Frage, die auch den „Biodeutschen“ angeboten werden, sobald sie länger Hartz 4 beziehen oder älter als 50 sind.

Wer mit prekärer Arbeit sein Leben fristen muss, für den können Migranten also Arbeitsplatzkonkurrenten sein, um es vorsichtig zu formulieren. Für Biodeutsche ohne eigene Schaschlik-Bude und andere Wohlstandsquellen ist die Zuwanderung daher ein Danaergeschenkt der politischen und wirtschaftlichen Eliten. Wem es ökonomisch bescheiden geht, zum Beispiel dem in wohlhabenden Kreisen gern geschmähten alten, ausgegrenzten Mann der USA oder Deutschlands, der ist notgedrungen eher fremdenfeindlich und damit politisch rechts verordnet als die Belletage in unseren Ländern.

Verstärkte Altersarbeit

Wer einen guten und sicheren Job hat, den stören Armutsmigranten nicht. Es schmeichelt vielmehr seinem Ego, Migranten großherzig willkommen zu heißen. Das kostet ihn auch nichts. Den Preis zahlen primär die weniger Glücklichen auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt. Für Arbeitgeber kann eine so entstehende „industrielle Reservearmee“, um Karl Marx zu zitieren, zum Drücken der Lohnforderungen endemischer Arbeitskräfte sogar ein regelrechtes Gottesgeschenk sein. Vor diesem Hintergrund ist die Kritik von Sarah Wagenknecht (Die Linke) an der ungebremsten Einwanderung verständlich.

Die steigende Erwerbstätigenquote gerade älterer Deutscher ist jedenfalls ein Indiz dafür, dass es trotz des viel gerühmten Wohnstands in Deutschland für so manchen Bundesbürger wirtschaftlich knapp werden kann. So arbeiteten 2016 im Alter von 60 bis 64 Jahren nach Angaben von Destatis 55,7 Prozent aller Erwerbstätigen. Zehn Jahre früher waren es erst 29,8 Prozent. Im Alter zwischen 65 und 69 Jahren waren im Jahr 2016 noch 15,4 Prozent der Erwerbstätigen in Arbeit. Im Jahr 2006 waren es lediglich 6,6 Prozent. Gewiss kann Arbeit Freude machen, doch ein solcher Boom an Arbeitsfreude erscheint doch zweifelhaft.

1 Für ganz Unkundige der rheinischen Sprache „Mir geht es gut, ich habe eine Schaschlik-Bude“ (Schaschlik=Fleisch- und Speckspieß).



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