Die alltägliche Schizophrenie in Deutschland III

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Zum Thema erreichte mich ein Leserbrief von einem Professor:

Diese Geschichte erinnert mich an das laute Wiehern des Amtsschimmels Anfang der Neunzigerjahre: Nach dem Erhalt des Ruf-Schreibens auf eine Professur an einer deutschen Fachhochschule wurde ich aufgefordert, als unabdingbare Voraussetzung für meine Verbeamtung meine deutsche Staatsbürgerschaft nachzuweisen. Na, das ist ja einfach, dachte ich, Pass vorlegen – fertig.

Denkste! Das Kultusministerium bestand nämlich darauf, dass ich meine urdeutsche Abstammung durch Vorlage (natürlich für mich kostenpflichtiger) beglaubigter Abschriften aus alten Dokumenten meiner Vorfahren belegen muss. Gesagt, getan – Auszüge aus alten Kirchenbüchern zurück bis ins 18. Jahrhundert vorgelegt und siehe da, jetzt war der Amtsschimmel zufrieden. Einen Ariernachweis für eine Führungsposition in der NSDAP oder der SS zu erbringen, wäre wahrscheinlich einfacher gewesen.

Kaum in Amt und Würden habe ich einen etwa zur gleichen Zeit berufenen Kollegen aus einer anderen Fakultät kennengelernt, der Serbe war. Auf meine erstaunte Frage: “Wie haben Sie denn den von mir mit Nachdruck geforderten deutschen Staatsbürgerschaftsnachweis erbringen können?” bekam ich die entwaffnende Antwort: “Gar nicht. Weil ich ja kein deutscher Staatsbürger bin, wurde das von mir auch nicht eingefordert.”

Da kann einen schon mal der Verdacht beschleichen, dass dahinter schlicht und ergreifend ein Arbeitsbeschaffungsprogramm für unsere Bürokratie stecken könnte.



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