Das Wetterradar hatte uns gewarnt: Wir erreichten Kristiansand im Regen und es regnete in der angeblich sonnenreichsten Stadt Norwegens den lieben langen Tag. Das hielt mich nicht davon ab, einen Stadtgang zu wagen. Das Panorama, das sich vom Schiff aus bot, war ziemlich nüchtern. Ein Containerhafen und dahinter eine riesige Nickelfabrik. Solange der Batteriewahn anhält, wird es hier Arbeit geben. Norwegen gehört zu den führenden Nickelproduzenten der Welt.
Obwohl die Stadt strategisch günstig am Skagerrak liegt und steinzeitliche Besiedlungen nachgewiesen sind, wurde sie erst 1641 von König Christian IV gegründet. Ursprünglich bestand sie nur aus weißen Holzhäusern. Nach zwei Stadtbränden wurde jedoch verfügt, dass nur noch in Stein gebaut werden dürfe. Diese Fassaden ähneln den Backsteinbauten in Norddeutschland. Die Schachbrettform der Anlage mit 54 quadratischen Feldern entsprach dem mitteleuropäischen merkantilistischen Städteideal.
Kristiansand wurde 1666 Garnisonsstadt. In jedem Haus der Stadt musste ein Soldat untergebracht und mit Frühstück versorgt werden. Das Stadtleben begann mit der Reveille der Soldaten und endete mit dem Zapfenstreich, nach dem jeder im Haus zu sein hatte.
Allerdings ist heute von der ursprünglichen Anlage nur noch wenig zu sehen, wir von der AIDA sahen nach Verlassen des Schiffes als Erstes einen futuristischen Bau mit einer wellenförmigen Fassade aus lokaler Eiche. Ein Haus, das mehrere kleinere und größere Konzertsäle und eine Oper beherbergt. Das ist für 115 000 Einwohner eine ganze Menge, aber der Stadt ist es gelungen, mehrere Musikfestivals an Land zu ziehen. Als nächstes kam man zu einem Pier, der für die touristischen Erwartungen gebaut wurde. Malerische Holzhäuser, farbig, nicht weiß, mehrere Restaurants und ein Fischmarkt, in dessen Becken hunderte gefesselte Hummer ihres Schicksals harrten. Überquert man die Brücke zur Stadt, gelangt man in einen kilometerlangen Park, an dessen Ende die alte Festung steht, die im Vergleich zur Osloer geradezu winzig ist. Die Stadt ist inzwischen ein Mix aus wenigen übrig gebliebenen weißen Holzhäusern, die von größtenteils potthässlichen Betonbauten flankiert werden. Ich sah sogar Holzhäuser, die dem Verfall preisgegeben wurden. „Kristiansand hat Zukunft“ weiterlesen