Von Hans Hofmann-Reinecke
In was für einer grotesken Epoche leben wir eigentlich? Man zwingt uns offenkundigen Lügen zuzustimmen, um nicht den Falschen in die Hände zu spielen. Wenn aber die Wahrheit den Falschen dient, muss man sich fragen, ob das wirklich die Falschen sind.
Historische Leitmotive
Ein einzelner Begriff wie Biedermeier oder Renaissance vereinfacht die Geschichte des jeweiligen Zeitraums zwar stark – aber gerade diese Vereinfachung weckt Neugier. Die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts war die Gründerzeit, die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts war Die Welt im Krieg, und die zweite Hälfte kann – zumindest im Westen – auf den Titel Wirtschaftswunder stolz sein. Doch wie steht es um das beginnende 21. Jahrhundert? Versuchen wir es: Was kennzeichnet Deutschland dieser Tage?
Die Mehrheit der Deutschen wagt es nicht, ihre wahre Ansicht offen zu äußern – jedenfalls nicht, wenn sie dem politisch gewünschten Konsens widerspricht. Dieser Konsens aber ist nichts anderes als eine von den Mächtigen geforderte, opportune Lüge. Nun verursacht es seelischen Schmerz, wenn man die Wahrheit kennt, aber gezwungen wird zu lügen. Galileo hatte erkannt, dass sich die Erde um die Sonne bewegt, doch vor der Inquisition musste er das Gegenteil proklamieren: Die Sonne kreist, und die Erde steht still. Weil ihn diese Lüge schmerzte, murmelte er noch trotzig hinterher: Und sie bewegt sich doch. „Das Regime der fünf Lügen“ weiterlesen