Angst als Herrschaftsinstrument der Politik

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Angst ist eines der stärksten menschlichen Gefühle. Alle kennen sie. Menschen haben unnötige Ängste, oder sie haben keine Angst, obwohl sie Angst haben sollten. Manche Ängste werden von Gesellschaft und Politik erzeugt, so die Angst vor der friedlich genutzten Atomenergie, die ein Produkt jahrzehntelanger Antiatom-Propaganda ist. Den vorläufigen Höhepunkt dieser Angst ist der Blitzausstieg aus der Atomenergie von Kanzlerin Merkel, wenige Monate nachdem ihre Regierung eine Verlängerung der Laufzeiten für die AKWs beschlossen hat. Anlass war ein Jahrtausend-Tsunami in Japan, der auch ein an der Küste stehendes Atomkraftwerk beschädigt hat. Innerhalb weniger Stunden nach Eintreffen der Nachricht sprach der damalige Umweltminister Norbert Röttgen bereits von Kernschmelze und setzte damit eine Dynamik in Gang, die nicht mehr aufzuhalten war. Auch nicht durch die Tatsache, dass die angeblichen 20 000 Atom-Opfer in Wirklichkeit vom Tsunami getötet wurden und es keinen direkten Toten im AKW gab. Bis heute starb nur ein Mensch an den möglichen Folgen der Atom-Havarie. Auch dass es in Deutschland keine Tsunamis geben kann, spielte keine Rolle mehr, nachdem die Angst vor der atomaren Katastrophe das gesellschaftliche Klima beherrschte. Bei der Landtagswahl in BaWü, dem bisherigen Stammland der CDU, gewannen die Grünen und sind auch bei den folgenden beiden Wahlen unschlagbar gewesen. „Angst als Herrschaftsinstrument der Politik“ weiterlesen

Mit Panikmache Impfungen von Kindern erzwingen!

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Nichts scheint den notorischen Karl Lauterbach mehr zu erschrecken, als die Aussicht auf das Ende der Corona-Krise. Er hat sich an seine zahllosen Talkshow-Auftritte gewöhnt wie an eine Droge und fürchtet nun Entzugserscheinungen, wenn die nicht mehr in der gewohnten Häufigkeit stattfinden. Deshalb macht er immer wieder per Twitter mit Panik-Szenarien auf sich aufmerksam. Das neueste ist die Warnung vor der „Deltavariante“ des Virus, die bereits in Indien wütet und schon Großbritannien erreicht hat.

Zwar musste Lauterbach einräumen, dass die Saisonalität der Deltavariante viel ausgeprägter ist, d.h. das Risiko, sich im Sommer anzustecken, viel geringer sei, als ursprünglich angenommen. Problematisch sei sie trotzdem, weil sie angeblich deutlich ansteckender wäre. Außerdem führe sie zu einem schwereren Verlauf und sei zum Teil resistent gegen die Impfung. Das liest sich wie seine Einlassungen zu den Mutanten, die uns zu Beginn dieses Jahres heimgesucht haben, sich aber in der Realität nicht nach Lauterbachs Horror-Szenario richteten. Die Infektionszahlen sanken stetig und die Intensivbettenkrise entpuppte sich als Fake, wie jüngst auch vom Bundesrechnungshof festgestellt wurde. Letzterer, das kann man nicht oft genug wiederholen, vermisst mindestens 6000 Intensivbetten, die nach staatlichen Zuschüssen in den Krankenhäusern hätten eingerichtet werden müssen. „Mit Panikmache Impfungen von Kindern erzwingen!“ weiterlesen

Politiker ohne Maske und Abstand

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Von Gastautor Ramin Peymani

 Es reicht! Ich habe ehrlich keine Lust mehr, mich zum Narren halten zu lassen. Was die vermeintliche politische Elite da anlässlich des „G7“-Gipfels in England aufgeführt hat, spottet jeder Beschreibung. Sie halten uns tatsächlich für blöd, was man ihnen eigentlich nicht einmal übel nehmen kann, weil die meisten von uns offenbar wirklich nicht ganz bei Trost sind. Wie sonst ist es zu erklären, dass wir uns von einer politischen Kaste drangsalieren lassen, die uns alle möglichen Entbehrungen zumutet, aber nicht viel davon hält, sich den verordneten Beschränkungen und Pflichten selbst zu unterwerfen? Sie lachen uns ins Gesicht und führen ihr absurdes Theater immer schamloser auf. Wer es bemerkt, wird hierzulande nach rechts abgedrängt. Damit ist er raus. Das verlogene Spiel ist allerdings nicht neu. In Deutschland hören wir seit Jahrzehnten, dass wir den Gürtel enger schnallen oder unser Verhalten ändern müssen. Es geht doch um die Zukunft. Andererseits sollen wir uns unsere Art zu leben nicht nehmen lassen, wenn die Herbeigerufenen uns diese mit Nachdruck austreiben wollen. Wir sollen sie weiter mit offenen Armen empfangen, gute Gastgeber sein, bunt und weltoffen. Denen, die uns das verordnen, tut nichts davon weh. Sie wohnen abgeschirmt in feinen Regierungsvierteln, schicken ihre Kinder auf die „besseren Schulen“ und erfreuen sich an Diäten, deren Bezeichnung so verrückt ist, weil sie das Gegenteil dessen sind, was der Volksmund mit dem Begriff verbindet. Seit Corona sollen wir noch viel mehr, während die politische Kaste dort, wo sie sich unbeobachtet wähnt, einmal mehr ihre eigenen Regeln lebt. Wandlitz ist überall, seit die DDR aufgehört hat zu existieren. Anders als damals, ist Wandlitz aber kein geheimer Ort mehr, der nur Eingeweihten bekannt wäre. „Politiker ohne Maske und Abstand“ weiterlesen

Zwischen Pervers Party und CDU-Parteitag

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Matthias Kaminsky, dessen Bild man zurzeit im Shop des Berliner Humboldt-Forums bewundern kann, weil sein vorläufig letzter Ausschreibungssieg ihn zum Betreiber desselben gemacht hat, ist das, was man einen Lebenskünstler nennt. Und zwar von einer Sorte, wie sie sich der Schriftsteller Thomas Brussig, bekannt für seine skurrilen Romanfiguren, nicht auszudenken gewagt hätte. Das gesteht der Schreiber des Vorworts von Kaminskys „erzwungener“ Biografie freimütig. Warum hat sich die Journalistin Marina Kaden auferlegt, Kaminsky zum Reden zu bringen und daraus ein ebenso amüsantes wie lehrreiches Buch zu machen?

Weil Kaminsky „ein faszinierender Zeitgenosse ist. Halb Unternehmer, halb Künstler, mit einer gehörigen Portion Schlawinertum und kleinkriminellen Spurenelemeten, sowohl Organisations- wie Desorganisationstalent.“ Von der Jugenddisko im Auftrag des Rates des Kreises, über spektakuläre Ausstellungen, Werbeveranstaltungen, Pervers-Partys, CDU-Parteitage, Designermode für die spezielle Szene oder Motorradfans, bis hin zum Kreativdirektor des DDR-Museums – Kaminsky kriegt alles hin. „Zwischen Pervers Party und CDU-Parteitag“ weiterlesen

Die Inzidenz sinkt und sinkt – die Bundesnotbremse bleibt

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Die Corona-Meldungen in MDR-Kultur klangen richtig gut: In Sachsen und Sachsen-Anhalt liegt die Zahl inzwischen deutlich unter 20, Thüringen bei knapp über 20. Dabei, das kann man nur immer wieder betonen, werden alle positiv Getesteten, auch jene, bei denen lediglich nicht infektiöse Virentrümmer entdeckt wurden, als „Neuinfektion“ gezählt. Auch bei den rapide sinkenden Todeszahlen, wird nicht mehr „an und mit“ unterschieden. Allen diesen Tricksereien zum Trotz ist die Pandemie am Ende. Die Bundesregierung war sogar gezwungen, Reisewarnungen zurückzunehmen. Man könnte in viele Länder wieder unbesorgt reisen, wovon die Regierung aber abrät. Corona ist vorbei. Es könnte Entwarnung gegeben werden. Aber das geschieht nicht. Im Gegenteil. Gestern hat der Deutsche Bundestag die Verlängerung der „epidemischen Lage nationaler Tragweite“ beschlossen. „Die Inzidenz sinkt und sinkt – die Bundesnotbremse bleibt“ weiterlesen

Neue Erkenntnisse aus einer Dystopie könnten zur Entlassung von Genderprofessorinnen führen

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An deutschen Hochschulen gibt es nach WIKIPEDIA mehr als 200 Genderprofessuren, für deren Alimentierung der Steuerzahler grob geschätzt jährlich 60 Millionen Euro aufbringen muss. Ein erheblicher Teil der auf diese Stellen berufenen Professorinnen ist damit befasst, die (vermutlich von alten weißen Männern entworfene) deutsche Sprache den berechtigten Forderungen der Genderideologie anzupassen – eine geisteswissenschaftliche Aufgabe von historischen Dimensionen. Trotz unbestritten hoher Qualifikation müssen die Forscherinnen jedoch nun um ihre Arbeitsplätze bangen. Denn in seinem Roman „2054 – Ein Jahr im Paradies der Genügsamkeit“ hat der Autor vierzig Jahre ihrer noch ausstehenden Forschungsarbeit vorweggenommen. Er zeigt, dass für vollständige Gendergerechtigkeit ein grundhafter Umbau auch der Grammatik unabdingbar ist. Das Ergebnis seiner Transformation bringt nicht nur die Genderlinguistik zu einem Abschluss, sondern verleiht auch deutschen Sprache eine „bislang ungeahnte Klarheit und linguistische Ästhetik“. Deshalb werden sie nachstehend in einer weiteren Leseprobe aus dem Roman „2054 – Ein Jahr im Paradies der Genügsamkeit“ von Wulf Bennert vorgestellt. „Neue Erkenntnisse aus einer Dystopie könnten zur Entlassung von Genderprofessorinnen führen“ weiterlesen

Cora Stephans Lob des Normalen

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Es gibt Bücher, die tun der Seele so gut, dass sie wie eine Therapie wirken. Man liest sie und fühlt sich beruhigt und gestärkt. Man kann es zwei-dreimal hintereinander tun und findet immer noch Anregung. So eins ist Cora Stephans neuestes Bändchen: „Lob des Normalen – Vom Glück des Bewährten“.

Im immer stärker werdenden Lärm der Zeit, verursacht von den Zeitgeistsurfern, die gern Meinung machen wollen, tut es ausgesprochen gut, wenn die Dinge wieder mal ins rechte Licht gerückt werden. Schon stockt meine Hand: Ist es noch möglich, ins „rechte Licht gerückt“ zu sagen, oder wird dahinter ein Code vermutet, mit dem ich meine angeblich rechte Gesinnung unter die Leute bringen will? Die Gesellschaft ist inzwischen so eingeschnürt von Sprachverboten, dass viele sich nicht mehr trauen, sich frei und öffentlich zu äußern. Staatliche Zensur ist überflüssig, die selbsternannten Tugendwächter haben das längst übernommen. Ängstlichkeit ist Cora Stephans Sache nicht, also packt sie unbekümmert jede Menge aufgeheizte Eisen an. „Cora Stephans Lob des Normalen“ weiterlesen

Ulrich Schacht: Im Schnee treiben

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Von Gastautor Helmut Roewer

Es handelt sich hier um einen Aufsatzsammelband des verstorbenen Journalisten Ulrich Schacht. Ein solches Buch muss es sich gefallen lassen, dass man in die Beiträge hineinließt, um herauszufinden, was einem lesenswert erscheint und was nicht. In diesem Fall hätte ich fast nach wenigen Minuten aufgegeben, denn der von mir willkürlich angelesene Aufsatz begann derartig verschroben, dass ich keinen Anlass sah, mich weiter ärgern zu lassen (Eichendorff, Ungaretti oder Der Blick über die Grenze, S. 98):

Am Ende seines Lebens sehen wir den ein Jahr vor Ausbruch der französischen Revolution von 1789 auf Schloss Lubowitz bei Ratibor geborenen Dichter, Ex-Offizier der Lützowschen Jäger im anti-napoleonischen Befreiungskrieg und preußischen Staatsbeamten Josef Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff in jenem Zeitalter angekommen, in dem auch das Portrait als Kunstwerk nicht mehr nur potentielle Vorlage, manueller Kopie, sondern wie Walter Benjamin in seinem berühm-ten Essay aus dem Jahre 1936 entwickelte: Objekt „technischer Reproduzierbarkeit“ geworden ist. „Ulrich Schacht: Im Schnee treiben“ weiterlesen

Das Tribunal, Fortsetzung

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Von Gastautorin Annette Heinisch

Jenseits von Eden

In der leider wahren Geschichte „Das Tribnal“ berichtete ich davon, dass nach Auffassung einer anonym gebliebenen Mutter behinderte Kinder nicht mehr in einem Verein therapiert werden sollten, weil angeblich ein AfD – Mitglied im Vorstand säße. Damit war ich gemeint. Konkrete Grundlage der Schlussfolgerung über meine vermeintliche Parteizugehörigkeit war, dass ich die „Gemeinsame Erklärung 2018“ mitunterzeichnet hatte. Der Verlauf der Vereinssitzung erinnerte mich an Kafkas „Prozess“, ich zitierte in meinem Beitrag den Kernsatz des Protagonisten: “Jemand musste Josef K. verleumdet haben, denn ohne dass er etwas Böses getan hätte, wurde er eines Morgens verhaftet.“

Da es vor Ort kaum andere Therapiemöglichkeiten gibt – deshalb ist der Verein überhaupt gegründet worden – wären die Folgen für die betroffenen Kinder fatal. Offensichtlich war dieser Mutter aber die Zukunft ihres und anderer Kinder weniger wichtig als die Gefahr, dass die Kinder in den Dunstkreis des Teufels in Parteigestalt kommen könnten.

Chaim Noll hat in seinem Artikel „Die Rückkehr zum Menschenopfer“ beleuchtet, dass Menschenopfer in der gesamten Menschheitsgeschichte nicht selten, in der Antike sogar durchaus üblich waren. „Das Opfern von Kindern war alltäglich. Die Juden wurden, indem sie es verboten, zu unbeliebten Außenseitern.“ Danach waren es dann die Christen, die aufgrund derselben Grundeinstellung Menschenopfer ablehnten und ihrerseits den Löwen zum Fraß vorgeworfen wurden. Es war ein langer Weg aus dieser Barbarei, er war weder leicht noch verlief er geradlinig, wie die Hexenverfolgungen belegen. Letztlich führte er zur „Erfindung“ von unveräußerlichen Menschenrechten. Die Würde des Menschen ist mittlerweile aber durchaus wieder antastbar, bei der Bekämpfung von Kritikern, Andersdenkenden, nicht dem Zeitgeist Folgenden ist jedes Maß und jedes Ehrgefühl abhandengekommen. Noll schildert die Methode sehr präzise:

„Wichtig ist der öffentliche Rahmen des Vorgangs. Die Opfer verhalten sich in irgendeiner Weise auffällig, werden denunziert, ziehen allgemeine Wut auf sich, dann durch anerkannte Institutionen vorgenommene Untersuchungen wie juristische Ermittlungen oder Ausschluss-Verfahren in Parteien oder anderen Institutionen, denen sie angehören. Darüber wird – wegen der abschreckenden Wirkung im Sinne der Volkserziehung – in den Medien der Zeit genauestens berichtet.

Auch über die soziale Demontage des oder der Betreffenden, in möglichst großer Detailtreue: der sich steigernde Boykott durch die „Anständigen“, politisch Korrekten, der Entzug der Lebensgrundlagen, die unvermeidliche soziale Isolation. Allmählich entsteht ein Klima von Anzeige und Verfolgung. Der öffentliche Diskurs wird anklägerisch, von der Mehrheit abweichende Meinungen werden nur noch als Gefahr empfunden, Ironie und Scherz als verletzend und unanständig. Dafür gilt plötzlich das Denunzieren – in sicheren, stabilen Zeiten eher verpönt – als notwendige Tugend und wird vom Staat gefördert und demonstrativ belohnt.

Das biblische Verbot des Menschenopfers ist Verbot geblieben, nicht, wie man sich gewünscht hätte, zur Therapie geworden. Die Sucht nach dem Blutopfer scheint unsterblich. Die Moderne ist eine dünne Folie, all die Hochherzigkeiten wie Demokratie, Menschenliebe, Solidarität, darunter dämmern die alten Atavismen. Europas Kultur zerbröselt, vielleicht waren Christentum und Zivilisation nur eine Episode, man kehrt erleichtert zum Faustrecht zurück, zum Einander-Auflauern und Übereinander-Herfallen in Gruppen, zu den Opfern im Moor, den blutigen Ritualen des Heidentums.“

Was sagt das aus über den Zustand des heutigen Deutschlands?

Schon in den letzten Jahren passierte es häufig, dass mir unter dem Siegel der Verschwiegenheit (und der Schweigepflicht) Gedanken anvertraut wurden, welche die Betreffenden nicht wagen, offen zu äußern. So sehr mich das Vertrauen ehrt, so sehr bestürzt mich diese Entwicklung, die durch Umfragen bestätigt wird. Nur 18 % der Bürger trauen sich, in der Öffentlichkeit ihre Meinung zu sagen.

Und tun sie es doch, nehmen sie ihre Grundrechte in Anspruch, ergeht es ihnen schlecht. Beispielsweise dem Lehrer, der sein Recht auf Demonstrationsfreiheit auch oder gerade im Interesse der Schüler in Anspruch nimmt oder dem Journalisten, der seine Arbeit macht, dafür aber bestraft wird und sich gleichfalls an Kafkas „Prozess“ erinnert fühlt.

Sieht so eine freie Gesellschaft aus? Nein, definitiv nicht. Nichts gelernt? Vorgeblich schon. Es sind ja angeblich die Erfahrungen aus dem Dritten Reich und die daraus folgende Einordnung einer Position als „rechts“, mit welcher der öffentliche Diskurs erstickt wird. Das Problem ist, dass alles rechts ist, was nicht bei drei auf den Bäumen ist. Nahezu jede Kritik an herrschenden Ansichten wird als „rechts“ bezeichnet und gleich gesetzt mit „Nazi“ oder neuerdings „Antisemit“. Eine der aus meiner Sicht erschreckenden Folgen der Inflationierung der „Nazis“ ist die damit einhergehende Bagatellisierung des Holocaust.

„Am Ende ist dieses ritualisierte Diffamieren aller abweichenden Standpunkte als „rechts“ ein Schlag ins Gesicht aller Opfer von Nazis und rechter Gewalt“, sagte Dieter Nuhr treffend, wenngleich hinter der Bezahlschranke. Die Bagatellisierung des Leidens durch politische Instrumentalisierung offenbart die grausame, herzlose Einstellung derjenigen, welche die Menschheit retten wollen, obgleich ihnen der Mensch egal ist.

In atemberaubendem Tempo verschwindet die Menschlichkeit, es gibt keine Mitmenschen mehr, sondern nur „die Guten“ und „die Bösen“. Böse ist mittlerweile jede Form der Kritik. Die Bezeichnung von Kritikern als „Leugner“ ist nicht nur sachlich inadäquat, sie ist entlarvend: Sie entspricht der Gottesleugnung, die Kritiker vertreten eine Irrlehre, sind ergo moderne Häretiker. Auch „Querdenker“ wird zum Synonym einer Irrlehre. All diese Ketzer werden aus der Gemeinschaft der neuen, selbsternannten Heiligen ausgeschlossen, Exkommunikation ist noch das mildeste Mittel. Existenzvernichtung liegt nahe oder erfolgt teilweise bereits.

Ein berühmtes Zitat des Schriftstellers G. K. Chesterton, dem Autor der Pater – Brown – Detektivromane, lautet: „Wenn Menschen aufhören, an Gott zu glauben, glauben sie nicht an nichts – sie glauben an irgendetwas.“

Wie zutreffend diese Feststellung ist, zeigt sich im realen Leben. Dass politische Parteien eine zunehmende Ähnlichkeit mit religiösen Sekten haben und ihre Themen sakralisieren, wird mittlerweile häufiger thematisiert.  Die Erkenntnis ist nicht neu, vielmehr hatte bereits 1895 der französische Psychologe Gustave Le Bon in seinem Grundlagenwerk „Psychologie der Massen“ empirisch nachgewiesen, dass die Überzeugungen der Massen stets religiöse Züge annehmen. Die Masse wird nicht von Vernunft geleitet, sondern ist von Bildern und Suggestionen leicht zu beeinflussen. Und: „Ganz gleich, wofür die Massen sich begeistern, die Begeisterung nimmt immer Kennzeichen einer religiösen Haltung an: Sie ist mit blinder Unterwerfung, unkritischem Denken, übertriebener Hingabe und Fanatismus verbunden.“

Le Bon hatte eine historische Analyse vorgenommen und konkret auch den damals aufkommenden Kommunismus/Sozialismus als säkulare Religion eingestuft. Offenbar hatte Karl Marx seine Ideologie ebenfalls so eingeschätzt, sonst hätte er das Christentum nicht so vehement als Konkurrenz bekämpfen müssen. Der Nationalsozialismus gehört ebenfalls in die Kategorie säkularer Religionen. Dass beide Ideologien vergleichbar totalitären Charakter haben, zwei Seiten einer Medaille sind, zeigte schon Hannah Arendt in ihrem Buch „Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft“ (1951/1955) auf.

Nach dem sozialpsychologischen Modell des US – amerikanischen Psychologen Abraham Maslow haben Menschen typischerweise verschiedene Grundbedürfnisse und Motivationen. Diese hat er in eine hierarchische Struktur gebracht, der nach ihm benannten Maslowschen Bedürfnispyramide. Sie besteht aus acht Stufen basierend auf den physiologischen Bedürfnissen, dann folgen das Sicherheitsbedürfnis, die sozialen und individuellen sowie die kognitiven und ästhetischen Bedürfnisse. Kurz vor seinem Tod 1970 fügte er noch das Bedürfnis nach Transzendenz hinzu, also das Bedürfnis nach etwas Größerem, das über das eigene Dasein Hinausragende.

Neue Forschungen sind teils zu ähnlichen Ergebnissen gekommen, wenngleich die klare Abgrenzung zwischen den einzelnen Bedürfnissen als fraglich gilt, also nicht zwingend erst ein Bedürfnis vollständig erfüllt sein müsse, bevor ein weiteres erwacht. Unabhängig von dieser konkreten Ausgestaltung scheint es aber so zu sein, dass Menschen ein Bedürfnis nach Selbstverwirklichung und auch nach Transzendenz haben. Religionen erfüllen mithin neben der ethischen Komponente als notwendige gemeinsame Grundlage des Zusammenlebens ein weitergehendes Grundbedürfnis nach Spiritualität, was dazu führt, dass man sie – vereinfacht gesagt – nicht abschaffen kann. Es funktioniert nicht. Es wäre, also wolle man die Sexualität verbieten, auch das funktioniert nicht. Vergewaltigung kann und muss man verbieten, ein solches Verhalten auch ahnden, aber das Bedürfnis nach Sexualität als solches zu eliminieren gelingt nicht. Grundbedürfnisse suchen sich ihre Erfüllung, entweder auf dem einen oder auf dem anderen Weg. Die Illusion, man könne einen Staat ohne das Fundament einer verbindenden Religion führen, hat daher nicht zur Vernunft, sondern im Gegenteil zu säkularen, radikal fanatisierenden und missionierenden Religionen geführt: Die Vergewaltigung des Andersdenkenden ist üblich, er hat die jeweilig herrschende Religion der Masse anzunehmen. Bestenfalls wird er ausgegrenzt und seiner wirtschaftlichen Existenz beraubt, die Version des „Rübe ab“ ist dann der nächste, nicht ferne Schritt.

Es scheint eine Art Rundreise durch die Zeit gewesen zu sein, nun kehren wir zum Ausgangspunkt zurück. Religionen, auch wenn nicht als solche bezeichnet, kämpfen um die Macht, der Diskurs auf der Sachebene ist zur Illusion geworden. Dann aber sind wir jenseits von Eden, Willkommen im Zeitalter der Glaubenskriege.

Der sogenannte Dreißigjährige Krieg begann als Religionskrieg, der Streit der Konfessionen und der Verfall der politischen Ordnung im Reich waren der Nährboden. Aber: „Der Dreißigjährige Krieg war mehr als nur der Religionskrieg, als der er oft verkürzt dargestellt wird. Die Religion wurde weitgehend für die Machtpolitik instrumentalisiert (was ja auch heute Ursache mancher Konflikte ist).“, wie der frühere Bundespräsident Roman Herzog in seiner lesenswerten Rede 1998 zum 350. Jahrestag des Westfälischen Friedens ausführte.

Am Ende waren weite Teile des Landes verwüstet, geschätzt 20 – 45 % der Reichsbevölkerung waren tot. Die Niederlande und die Schweiz wurden unabhängig, wichtige Ostseehäfen fielen an Schweden, was den Handel stark beeinträchtigte. Die deutschen Staaten hatten nur noch wenige Hochseehäfen und waren dadurch vom überseeischen Handel weitgehend ausgeschlossen. „Frankreich, England, Schweden und die Niederlande konnten sich nach dem Dreißigjährigen Krieg zu Nationalstaaten entwickeln. Mit dem aufblühenden Handel ging in diesen Ländern ein Aufschwung des liberalen Bürgertums einher.“

In den Staaten des Deutschen Reiches brachte der Westfälische Frieden wieder Ruhe. Neben der neuen Austarierung des Machtsystems zwischen Kaiser und Reichsständen, welche allerdings zu keinen gravierenden Änderungen führte, standen religiöse Fragen im Mittelpunkt. Mit dem Westfälischen Frieden wurde der erste Grundstein der Religionsfreiheit gelegt, die verschiedenen Konfessionen wurden als gleichberechtigt anerkannt, damit (um einen späteren Kaiser zu zitieren) jeder nach seiner Fasson selig werden konnte. Die Friedensordnung bedeutete aber noch weit mehr:

„Sie machte es vor allem aber auch möglich, daß Glaubensfragen und Bekenntnisse fortan von politischen Verhandlungen getrennt werden konnten. Nicht zufällig brachten die letzten Jahre des Dreißigjährigen Krieges Denker hervor, die zu den Klassikern der modernen europäischen Philosophie werden sollten. Ich spreche von dem Franzosen René Descartes, dem Engländer Thomas Hobbes und dem Holländer Hugo Grotius. Sie alle standen unter dem Eindruck der Maßlosigkeit des Krieges, und sie alle trugen durch ihr Denken zum Entstehen eines neuen Staats- und Rechtsverständnisses bei, das in den kommenden Jahrhunderten zu einem Geschenk Europas an die Welt werden sollte und das wesentlich auf der Idee der Vernunft aufbaute.

Vernunft war aber nur das eine Leitmotiv des Westfälischen Friedens, die Organisation des Friedens das andere. Von nun an gab es völkerrechtliche Grundsätze zwischen den Staaten, die die Rechtmäßigkeit von Kriegen, die Erhaltung des Friedens und die Fragen staatlicher Souveränität regelten. Es gab Prinzipien, die Verhaltensregeln für Militärs und Diplomaten begründeten, und es wurden ethische Grundsätze formuliert, die unser tägliches Zusammenleben auch heute noch bestimmen.“

https://www.bundespraesident.de/SharedDocs/Reden/DE/Roman-Herzog/Reden/1998/10/19981024_Rede.html

Der enorme Blutzoll und die traumatischen Ereignisse scheinbar nicht enden wollender Kriege führten zum säkularen Staat, der nicht von Religionen, sondern von Vernunft beherrscht wird. Oder genauer: Beherrscht werden sollte. Denn das ist graue Theorie, die den Praxistest nicht bestanden hat.

Wenn die Begeisterung der Massen stets religiöse Züge annimmt und die jeweiligen „Religionen“ nicht kompatibel sind, steht Deutschland (zurückhaltend gesagt) vor erheblichen Verwerfungen. Auch im Mittelalter hatten die Konfessionen zunächst einen Pakt geschlossen:

„Zwar verhinderten die Regelungen des Augsburger Religionsfriedens für 60 Jahre den Ausbruch eines großen Religionskrieges, aber es gab Auseinandersetzungen um seine Auslegung, und eine konfrontative Haltung einer neuen Herrschergeneration trug zur Verschärfung der Konfliktlage und dem Verfall der politischen Ordnung bei.“

Klingt das nur in meinen Ohren wie eine Beschreibung der aktuellen Situation? Schwer wird es für diejenigen, die einen säkularen Staat wünschen, der sich der Vernunft und der Rationalität verpflichtet fühlt. Wird dann noch geschickt Todesangst geweckt, gehen die Mitglieder der säkularen Sekten über Leichen. In einer Lage, in welcher ein Mensch um sein Leben fürchtet, sei es Corona oder Klimawandel, die ihm als Duell des „Er oder ich“ präsentiert wird, wird er den Abzug drücken. Wenn er meint, sein Leben sei bedroht, weil die Person X 160 km/h fährt oder die Person Y in ein Konzert geht, dann ist das zwar rational für halbwegs intelligente Menschen nicht nachvollziehbar, aber absolut typisch für religiösen Wahn. Wahn und Panik machen blind, rationales Denken und vernunftgeleitetes Handeln wird gezielt ausgehebelt.

Chesterton hat Pater Brown auch noch folgende Sätze in den Mund gelegt:

„It’s the first effect of not believing in God that you lose your common sense. It’s drowning all your old rationalism and scepticism, it’s coming in like a sea; and the name of it is superstition.”

(Die erste Folge davon, nicht an Gott zu glauben, ist, dass du deinen gesunden Menschenverstand verlierst. Es ertränkt all deine frühere Rationalität und Skeptizismus, es kommt wie das Meer über dich; und sein Name ist Aberglaube.).

Nun sind aber Rationalismus und Skeptizismus fester Bestandteil meiner Persönlichkeit. Es scheint ein familiäres Problem zu sein, wir können offenbar nicht einmal dann konformistisch einem säkular – religiösen Wahn frönen, wenn Dissens tödlich sein kann. Eine der frühesten und prägendsten Kindheitserinnerungen meiner Mutter war ein Spaziergang mit ihrem Vater zum Hamburger Stadtpark. Er zeigte ihr marschierende Männer in Uniform mit hohen schwarzen Stiefeln und schärfte ihr eindringlich ein, dass sie sofort und ohne Zögern ganz schnell weglaufen sollte, wenn sie Männer mit solchen Stiefeln in der Nähe ihrer Wohnung sehen sollte. Meine Mutter war zu klein um zu wissen, was die Gestapo war, aber dass ihr Vater es todernst meinte, war unmissverständlich. Sie vergaß den Tag nie, den Anblick von marschierenden Uniformierten ertrug sie zeitlebens nur schwer.

Letztes Jahr nach dem Tribunal dachte ich an die Schilderungen meiner Mutter aus ihrer Kindheit im Dritten Reich. Die Ähnlichkeit der heutigen Verhaltensmuster (natürlich nicht des Ausmaßes!) mit diktatorischen Regimen ist den Mitbürgern in unserem Land, die eigene Diktaturerfahrung haben, schon weit früher aufgefallen. Wie so ein Staat real funktioniert, beschreibt Wulf Bennert in seinem Roman „2054“ in unglaublich eindringlichen Szenen, eine deutsche Variante von Michel Houellebecqs „Die Unterwerfung“. Bennert ist der Mann, der aus der Zukunft kommt, daher weiß er, wie sie aussehen könnte.

Dass das Verhaltensmuster der Ausgrenzung unschöne Assoziationen weckt, war am Abend des Tribunals ja bereits einigen Anwesenden aufgefallen. Ich erwähnte mein Erlebnis einige Wochen später gegenüber der einzig noch lebenden Verwandten, welche die Nazi- Herrschaft miterlebt hatte.

Pfeifen im Dunkeln

Meine Verwandte war niedergeschlagen. Sie wurde im April 2020 90 Jahre alt und hatte geplant, diesen Geburtstag in größerem Rahmen zu feiern. Dann kam Corona. Natürlich will sie niemandem schaden und natürlich hält sie sich an Regeln. Aber taurig war es schon. Sie tröstete sich damit, dass sie die Feier im folgenden Jahr nachholen würde.

Wir unterhielten uns darüber, wie eigenartig es eigentlich war, dass all die Regierungschefs den Geschehnissen in Wuhan wochenlang tatenlos zusahen. Als Flüge aus Wuhan innerhalb Chinas verboten wurden, hätte es nahe gelegen, sie auch nicht mehr ins Ausland zu lassen. Weit gefehlt, dorthin gingen noch Flüge, auch nach Europa – und unsere Regierungen ließen es zu. Es hätte auch nahe gelegen zu prüfen, wie es denn mit der Maskenbevorratung ist, oder man hätte die Notfallpläne aus der Mottenkiste holen können, sich auf die Ausbreitung des Virus vorbereiten. Aber nichts. Gar nichts. Dafür flog die politische und wirtschaftliche „High Society“ mit ihren Jets nach Davos zum Weltwirtschaftsgipfel, um über die großen Gefahren des Klimawandels zu reden und die deshalb angeblich nötige Große Transformation auf den Weg zu bringen. Die verlangt natürlich erheblichen Verzicht, aber im Wesentlichen nur von Otto Normalbürger. Für Dienst – oder Firmenjets scheint das jedenfalls nicht zu gelten, die fliegen offenbar klimaneutral.

Um die sichtbaren und drängenden Gefahren durch das Virus jedoch kümmerten sie sich nicht. Dann plötzlich, als hässliche Bilder aus Bologna kamen, brachen blinde Panik und wilder Aktionismus aus.

Das erinnerte uns an die Geschehnisse 2015, als man wochenlang die Ströme von Migranten beobachten konnte, die auf uns zu kamen. Gelähmt wie ein Kaninchen vor der Schlange saß unsere politische Führung davor. Man hätte den Zug aufhalten können oder sogar müssen, sehr deutlich den Grenzschutz verstärken und klar machen, dass wir illegale Migration nicht dulden. Man hätte so vieles tun können und müssen. Aber nichts geschah. Gar nichts. Und dann, als hässliche Bilder an der Grenze drohten, brachen blinde Panik und wilder Aktionismus aus. Sehr viel überlegter ist der Umgang mit Migration bis heute nicht.

Ich erzählte ihr dann, dass es dieses Verhaltensmuster schon bei der Euro – Krise gegeben habe. Die Finanzkrise begann 2007, erst danach wuchsen sich die Probleme in der Euro – Zone so aus, dass ab 2010 die „Griechenland – Rettung“ notwendig wurde. Wieder war alles absehbar, das Drama entwickelte sich in Zeitlupe, es wäre reichlich Zeit gewesen gegenzusteuern. Aber auch damals taten die Verantwortlichen nichts, rein gar nichts. Und dann, als die Bilder von armen Griechen das Wohlgefühl der Deutschen tangierten, brachen blinde Panik und wilder Aktionismus aus. Behoben wurden die strukturellen Fehler bis heute nicht, genau wie bei der Migration.

In allen Fällen wurde das grobe Fehlverhalten durch luftiges Hohlsprech übertüncht, von der Verhinderung des Untergangs Europas bis zur Rettung der Armen und nun der „heroische“ Kampf gegen ein Virus, das gefährlicher als die normale Grippe ist, aber mit der Gefährlichkeit von Pest, Cholera oder Ebola wirklich gar nichts gemein hat. Hoffen wir, dass Deutschland so einer Bedrohung nicht ausgesetzt sein wird, das Staatsschiff ist mittlerweile „schlachtreif“ geschossen.

Meiner Verwandten war bereits aufgefallen, dass unsere Regierung nicht durch besondere Kompetenz überzeugt. Sie war befremdet ob der drastischen staatlichen Eingriffe. Aber sie hatte doch im Grundsatz Verständnis dafür, denn in Bayern, wo sie lebt, waren die Inzidenzzahlen hoch. Außerdem hatte sie ein gewisses Grundvertrauen, Bayerin ist bekanntlich ein prosperierendes und erfolgreiches Bundesland. Wir kamen auch auf die zunehmende Spaltung der Gesellschaft zu sprechen und weil der „Tribunal – Abend“ noch frisch in meinem Gedächtnis war, erzählte ich ihr davon. Obgleich ich nicht in Details ging, sprang ihr die Ähnlichkeit des Verhaltensmusters ins Auge. Entsetzt rief sie, dieser Boykottaufruf sei doch nichts anderes als „Kauf nicht bei dem Juden“! So hätte es 1933 angefangen.

Da es ganz offensichtlich mit den Lehren aus der Vergangenheit nicht so richtig funktioniert hatte, schlug ich ihr vor, ihre Erlebnisse und Erfahrungen niederzuschreiben.

Zu meiner Überraschung reagierte sie aber regelrecht panisch und sagte immer wieder, das ginge nicht, es sei zu schrecklich, sie wolle sich nicht erinnern. Mit einer solch heftigen und ablehnenden Reaktion hatte ich nicht gerechnet, schließlich liegen viele Jahrzehnte dazwischen. Außerdem war ihr Zweig der Familie noch verhältnismäßig glimpflich davongekommen. Dachte ich jedenfalls, aber da hatte ich die Dimension des Erlebten wohl völlig falsch eingeschätzt.

Als ich ihr erzählte, dass meine Mutter die letzten Stunden ihres Lebens nicht friedvoll verbracht hätte, weil die verdrängten Erinnerungen ihrer Kindheit wieder erwacht seien, erwiderte sie spontan, dass sie das sofort nachvollziehen könne, das könne sie mehr als gut verstehen. Es sei so schrecklich gewesen, das ließe einen nicht los, nie mehr. Meinem Hinweis, dass Verdrängung dann offenbar nicht ganz so zielführend sei, stimmte sie vollinhaltlich zu.

Aber dennoch könne sie nicht darüber schreiben. Sie wolle nicht einmal daran denken, die Vergangenheit solle vergangen bleiben. Dabei weinte sie fast, ich kam mir vor wie ein herzloses Monster. Es tat mir unendlich leid, dass ich sie so aufgewühlt hatte, also sagte ich nichts mehr.

Dann fügte sie leise hinzu: „Es will doch ohnehin gar niemand hören.“ Der Gedanke war mir auch schon gekommen. Kann es sein, dass das, was gemeinhin als Gedenken gilt, das formalisierte Niederlegen von Kränzen und wohlfeile Abbeten eines „Nie wieder“ – Mantras der effizienteste Weg ist, die Erinnerung ordentlich zu entsorgen? Sich durch Rituale zu entlasten, sich den Schmerzen gerade nicht wirklich zu stellen?

Danach telefonierten wir mehrfach, sie wurde immer deprimierter. Uns beiden fehlte Maß und Mitte beim Handeln der Regierung, Pragmatismus und der Wille, offen auch denjenigen gegenüber zu sein, die kritisch sind. Politiker erinnerten immer mehr an auf dem Hügel stehende Feldherrn, die mit in die Ferne schweifendem Blick das Leiden vor ihren Füßen ignorierend Befehle geben, die mehr der eigenen Überhöhung und weniger der Lösung der Probleme dienen.

Mit der Zeit zeigte meine Verwandte zunehmend bemühten Optimismus. Sie wollte nichts hören von Kollateralschäden, von Existenznöten und Leid. Es wunderte mich ein wenig, aber ich dachte mir, in ihrem Alter sei es ihr gegönnt.

Nun kam ihr 91. Geburtstag. Wieder keine Feier, wieder keine Gäste, wieder unter dem Corona – Regime.  Obgleich sie im Kreis der Familie lebt, fehlt ihr doch das normale Leben, der Austausch mit anderen. Und sie stellte fest, dass Bayern mitnichten so gut da steht wie sonst. Tatsächlich habe ich bei uns im Norden die besseren Karten gehabt, nicht einen Tag Ausgangssperre. Sie hingegen sieht sich am Ende ihres Lebens mit einem Wisch ihrer Grundrechte beraubt, die ihr selbstverständlich erschienen.

Jaques Schuster stellte zutreffend fest: „Dennoch bleibt besorgniserregend, dass es nur eines Krisenjahrs bedarf, damit die Grundfesten der Demokratie von ihren eigenen Institutionen wie der Bundesregierung infrage gestellt werden.“

Das hatte auch sie festgestellt. Aber darüber will sie nicht reden, sie kann es nicht. Alles wird gut, ist ihr Mantra. Es muss einfach gut werden, denn wenn es nicht gut würde …Erst spät wurde mir bewusst, dass ihre gespielte Fröhlichkeit, der aufgesetzte Optimismus nichts anderes ist, als Pfeifen im Dunkeln. Sie hat Angst, wirklich Angst.

Sie sieht, dass Deutschland sich auf einen Weg gemacht hat, der jenseits von Eden endet. Es mag stimmen, dass der Weg zur Hölle mit guten Vorsätzen gepflastert ist, jedenfalls ist das der Weg, auf dem sich Deutschland gerade befindet.

Warum das so ist, offenbart die Begründung, mit welcher der ehemalige Richters Dr. Manfred Kölsch sein Bundesverdientskreuz zurück gab.

Als Jurist unterschreibe ich jedes Wort. Meine Verwandte ist keine Juristin, aber sie erkennt sehr deutlich, dass etwas passiert ist, etwas ist gekippt. Dr. Kölsch schreibt:

„Wenn jemand wie ich von der Eigenverantwortung des Individuums ausgeht, dann ist es erst einmal meine eigene Aufgabe, dafür zu sorgen, nicht krank zu werden. Ich weiß, dass ich bei Übergewicht, Diabetes, schwachem Immunsystem oder als Raucher gefährdet bin, an Covid-19 zu erkranken. Hier kann der Einzelne in vielfältiger Hinsicht auch von staatlichen Institutionen Unterstützung erhalten. Unterstützung darin, als Gefährdeter (wie auch die alten Menschen) nicht dem Virus ausgeliefert zu sein. Hier haben die staatlichen Organe versagt.

Der Blickwinkel, das Menschenbild, ist ein ganz anderer geworden. Der Bürger wird pauschal als Gefährder angesehen. Dadurch wird ein Spaltvirus in die Gesellschaft getragen, (Abstand halten, Masken tragen, Testungen als Zugangsvoraussetzungen usw.)…. Bei der Bewertung darf jedoch nicht übersehen werden, dass es sich um eine konkrete Gefahr handeln muss. Das berücksichtigen die Maßnahmen nicht ausreichend. Ich werde, obwohl bei mir keine Symptome von Covid-19 erkennbar sind, als gefährlich für andere eingeschätzt. Mir wird die Möglichkeit genommen, selbst zu entscheiden, welchen Risiken ich mich aussetze. Das von unserem Grundgesetz skizzierte freie Subjekt, das selbst verantwortlich ist für seine und die Gesundheit der Mitmenschen, ist aufgehoben. Hier handelt es sich nicht um eine juristische Finesse. Es geht um massive praktische Folgen. Ich muss jetzt den staatlichen Stellen beweisen, (z.B. durch Testnachweise; Impfnachweise; Tragen von Masken) dass ich nicht von SARS-CoV-2 infiziert bin. Ich bekomme meine Grundrechte erst zurück, wenn ich meine Gesundheit nachgewiesen habe. Eine absurde Vorstellung, etwas zurückzubekommen, was mir von Geburt an zusteht. Freiheit ist nicht mehr gemäß den rechtsstaatlichen Prinzipien prinzipiell unbegrenzt, sondern wird obrigkeitsstaatlich gewährt, wenn gerade kein Virus (oder z.B. demnächst eventuell Klimagase), gegen das man sich in staatlicher Fürsorge wappnen muss, zu befürchten ist.“

Das ist nicht das Menschenbild des Grundgesetzes. Es ist das Gegenteil.

Das versteht auch der Nichtjurist, gerade dann, wenn er Zeiten erlebt hat, in denen ein anderes Menschenbild Basis politischen Handelns war. Und jeder, der „da draußen“ im normalen Leben unterwegs ist, sieht die verheerenden Folgen für die Gesellschaft. Menschen haben Angst voreinander, so viel Angst, dass eine Rückkehr zur Normalität nicht einfach möglich ist. Als in Niedersachsen die Maskenpflicht in Kreisen mit stabilen Inzidenzen von unter 35 aufgehoben werden sollte, hagelte es Proteste. Obgleich jeder, der sich gefährdet fühlt, weiterhin eine Maske hätte tragen können und die Gefahr, nicht nur den ca. 99.980 gesunden, sondern den 20 kranken Mitmenschen zu begegnen, verschwindend gering war, ist die Angst bei vielen zu groß. Es ist völlig irrational, aber das ist nun einmal das Problem mit Gefühlen wie Panik: Sie sind leicht zu schüren, aber kaum mehr einzufangen.

Es gibt aber noch einen anderen, gravierenden Aspekt, den Dr. Kölsch ausdrücklich erwähnte:

„Die Regelung des § 28b IfSG ist im deutschen Gefahrenabwehrrecht vorbildlos und bringt eine wesentliche Säule des Rechtsstaatsprinzips zum Einsturz. Mit dem Rechtsstaatsprinzip ist nur vereinbar, wenn bei einem Gesetzesvollzug die konkreten Umstände des Einzelfalles berücksichtigt werden können, um übermäßige Freiheitseinschränkungen zu vermeiden. In dieser Gesetzesvorschrift wird vorgetäuscht, dass nur der Gesetzgeber (Legislative) tätig geworden sei. In Wirklichkeit tritt hier die Legislative zugleich als ausführende Gewalt (Exekutive) auf. Die verfassungsbestimmte Gewaltenteilung, die zentrale rechtsstaatliche Freiheitssicherung, wird dadurch aufgehoben….

Mit Erschrecken stelle ich fest, dass die Rechtsprechung bis auf wenige Ausnahmen, die hier von mir angesprochenen Bedenken nicht angeht. Anhängige Hauptverfahren werden hinausgezögert und sind im Entscheidungszeitpunkt nur noch eine historische Reminiszenz. Bei Eilverfahren berufen sich Gerichte in der Regel auf das RKI und zeigen damit, dass im Zusammenhang mit dem IfSG die Gleichschaltung der drei Staatgewalten – orchestriert von einem Großteil der Medien – wie von selbst stattgefunden hat. Die von dem GG gewollte gegenseitige Kontrolle von Legislative, Exekutive und Rechtsprechung findet nicht mehr statt.“

Ebenso wie die Mitbürger, welche die DDR – Diktatur durchleiden mussten, erkennt meine Verwandte die Verhaltensmuster wieder. Das macht ihr Angst. Es bleibt ihr nur die verzweifelte Hoffnung, dass alles gut wird. Ihr Pfeifen im Dunkeln wird immer lauter. Nächstes Jahr wird sie feiern, ganz bestimmt. Wenn sie das noch erlebt.

Natürlich ist konkretes Verhalten im Einzelfall immer unterschiedlich, aber Muster wiederholen sich. Wer sie kennt, erkennt sie wieder. Wer sie nicht kennt, hat keine Vorlage zum Abgleich, was die Erkennung erschwert. Deshalb sind viele Wessis in den Augen leidgeprüfter Ossis dumm. Aber sie sind nicht dumm, sie sind nur blind, denn sie haben kein abgespeichertes Muster verinnerlicht, mit dem sie die Ist – Situation vergleichen könnten.

Menschen sind eigentlich gut in Mustererkennung, z. B. beim Autofahren ist diese Fähigkeit unerlässlich. Für Künstliche Intelligenz ist sie teils noch eine Herausforderung. In Baustellen oder sonstigen unübersichtlichen Situationen hat sie Schwierigkeiten, da ist der Mensch (noch) besser.

Dennoch sind wir gerade im Westen nicht besonders geübt darin, Prozesse als Ganzes zu sehen, wir sind gewöhnt, einen Punkt systematisch zu analysieren, allenfalls die Wirkung zwischen A und B. Einen holistischeren Ansatz vermitteln Bücher oder Filme, bei denen verschiedene Handlungsebenen und ihre Interaktion sichtbar gemacht werden können. Vielleicht ist das der Grund, warum Menschen versuchten, typische Verhaltensmuster als Sage oder Geschichte für die Nachwelt festzuhalten.

Die Cassandra – Sage bezeichnet bekanntlich den Umstand, dass jemand Unheil vorhersieht, aber niemand es hören will. Oder Ikarus, der der Sonne zu nah kam und abstürzte, als Beispiel für Hochmut und Größenwahn. Die Bibel hat dieses Verhaltensmuster im Turmbau zu Babel thematisiert. Der Turm stürzte ein, das nachfolgende Sprachwirrwarr führte dazu, dass die Menschen sich nicht mehr verstehen konnten. So wie heute.

Der entscheidende Punkt ist: Ein nicht unbeachtlicher Teil der Bevölkerung fühlt sich an Zeiten erinnert, als totalitäre Regime die Macht hatten. Es ist völlig egal, ob dieses Gefühl zu Recht oder zu Unrecht besteht. Denn keine Regierung, keine Partei in Deutschland hätte es zulassen dürfen, dass Menschen in diesem Land sich an die dunklen Seiten der Macht erinnert fühlen. Das ist tatsächlich angesichts unserer Geschichte exakt das, was auf neudeutsch so schön „no go“ heißt. Genau das geht gar nicht. Wer dies zulässt, trägt nicht nur Verantwortung. Er hat Schuld auf sich geladen.

Es ist völlig irrelevant, dass wir heute nicht in einer Diktatur leben. Das behauptet auch niemand. Es geht um das grundlegende Menschenbild, das unserer Verfassung zugrunde liegt und die Bedeutung von Menschenrechten. Es geht darum, dass in einem Land, in dem die Bürger zu oft und zu lange nur Objekt staatlichen Handelns waren, als Bauern im Schachspiel der Macht fungierten und zu grausamsten Taten ihren Mitmenschen gegenüber angeleitet wurden sich der Staat genau dahin wieder entwickelt. Es geht um Verhaltensmuster und ihre Folgen. Es geht um den Umgang mit Kritikern: Wann wäre der Punkt, ab dem man „berechtigt“ protestieren dürfte? Und wer entscheidet das? Was muss erst passieren?

Oder anders gefragt: Ab wann ist es zu spät?

 

Grüner Machtwille trifft windelweiche CDU

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Die Zerknirschung der Grünen nach dem mageren Landtagswahlergebnis in Sachsen-Anhalt währte nur kurz. Dann bewiesen sie wieder, wie man die Deutungsmacht in den Medien ausspielt.
Schon einen Tag nach der Wahl beschloss der Landesvorstand der Grünen, nicht mehr für eine so genannte Kenia-Koalition zur Verfügung zu stehen. CDU und SPD hätten eine eigene Mehrheit. Sprich: Das Erpressungspotential der Partei wäre in so einer Koalition zu gering. Allerdings wäre man für eine Regierung mit CDU und FDP offen. In dieser Konstellation würde es auf die Stimmen der Grünen ankommen, könnte also der kleine grüne Schwanz wieder mit dem Hund wedeln. Genügend Drohpotential wäre vorhanden, das Ganze nach Belieben platzen zu lassen, wenn es nicht nach dem grünen Diktat, etwa in der Landwirtschaft, geht. „Grüner Machtwille trifft windelweiche CDU“ weiterlesen