Don Giovanni in Salzburg

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Auch in  diesem Jahr wird die Mozartwoche von Rolando Villazón geleitet. Erstmals seit Jahrzehnten steht nur Mozart auf dem Programm. Wenige frühe Stücke sind vertreten, der Schwerpunkt liegt auf den mitteleren und Spätwerken.

Die beiden Hauptwerke der Woche sind die Oper „Don Giovanni“ und das Requiem in d, das man spätestens aus Milos Formans Mozart-Film kennt,.

Die Oper dirigierte Sir András Schiff vom Hammerklavier aus, der seine selbst zusammengestellte Capella Andrea Barca mitbrachte und vom Bachchor Salzburg unterstützt wurde. Die Einrichtung der „Halb-Szenischen Aufführung“ hatte Rolando Villazón übernommen.

Zwei Aufführungen fanden in der Felsenreitschule statt. Der Riesensaal war vollbesetzt. Knisternde Spannung lag in der Luft. Wie würde Villazóns Arbeit zu bewerten sein?

Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Es war eine perfekte Aufführung, an der alles stimmte. Die wunderbaren Sänger meisterten auch die schwierigsten Parts spielend im Zusammenspiel mit dem Orchester. Unser Experte, der Villazón nicht mag, war überwältigt. Es würde schwerfallen, dieses Niveau zu übertreffen.

Es war spannend, Schiff zusehen zu dürfen, wie er Sänger und Orchester dirigierte. Ich war so gefesselt, dass ich zeitweise von den Sängern abgelenkt war.

Ich weiß nicht, ob Tonaufnahmen von der Aufführung gemacht wurden. Es wäre die perfekte CD. „Don Giovanni in Salzburg“ weiterlesen

„Fürchtet euch nicht!“

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Der Kolumnist Michael Andrick hatte in der Berliner Zeitung die Aussetzung verfassungsmäßiger Grundrechte durch die Choronapolitik der Regierung kommentiert: War dies möglich, so ist alles möglich. Der Chefredakteur der Zeitung hatte darauf geantwortet, auch der Verleger und zu einer Weiterführung der Debatte aufgefordert. Der folgende Text ist als Beitrag zu dieser Debatte geschrieben, aber dort bislang nicht veröffentlicht, denn sie konzentrierte sich dann unmittelbar auf Corona. Dagegen ist an sich nichts einzuwenden, allerdings ist das Problem, wie es von Herrn Andrick aufgeworfen wurde, nämlich, daß unser Land „zunehmend Züge eines korrupten Parteienkartellstaats mit repressivem Meinungsregime“ zeigt, in den Hintergrund gedrängt worden. Nun ist bei den neuesten Beiträgen zur Debatte allerdings der Hinweis „Dieser Text ist Teil der Serie „Corona-Debatte“. Alle Texte dazu finden Sie unter: https://www.berliner-zeitung.de/topics/corona-debatte“ nicht mehr vorhanden. Man möchte wohl die Debatte beenden und keine allgemeineren Schlußfolgerungen zum Zustand unsrer Demokratie ziehen.

Von Gastautor Lothar W. Pawliczak

Das war die Botschaft des heiligen Papstes Johannes Paul II. an seine Landesleute und an alle Bürger im sowjetischen Machtsystem: „Fürchtet euch nicht. Habt keine Angst!“ (Josua 10:25; Jesaja 41:10)

Die Arbeiter der Leninwerft in Gdańsk hatten ihre Furcht vor dem System überwunden, waren aufgestanden, hatten Solidarność gegründet. Intellektuelle, Künstler hatten sich angeschlossen, obwohl sie sicher mehr zu verlieren hatten als die Arbeiter. Von denen verloren aber einige ihr Leben. Das sollten wir nie vergessen! Man sollte silberne Stolpersteine überall dort anbringen, wo Opfer des Kommunismus zuletzt gewohnt haben.

Am 7. Oktober 1989 hatten Mutige eine sozialdemokratische Partei in der DDR gegründet, zwei Tage später andere den Aufruf „Die Zeit ist reif – Aufbruch 89“ verfaßt. Die Zeit war schon lange reif, aber die Angst, die die Freiheit vertilgt, mußte überwunden werden.

Seltsame Ironie der Geschichte: Einige der DDR-Oppositionellen haben sich einbinden lassen und schweigen, wo heutzutage Bürgerrechte geltend zu machen wären. Ein gutdotierter Posten enthält auch die Angst, ihn wieder zu verlieren. Aber nicht alle waren einzubinden: Bärbel Bohley, Michael Arnold, Angelika Barbe, Erika Drees, Rolf Henrich, Vera Lengsfeld, Sebastian Pflugbeil, Gunter Weißgerber, …

Daß man auf seinem Posten schweigt und Dinge betreibt, von denen man weiß, daß sie falsch sind, haben inzwischen einige Politiker nach Ausscheiden aus ihrem Ämtern veranschaulicht: Sigmar Gabriel zitierte in einem Gastbeitrag im TAGESSPIEGEL (09.4.2018) einleitend des Philosophen Alain Finkielkraut Definition von „politischer Korrektheit“: „Nicht sehen wollen, was zu sehen ist“. „Die Phase zwischen Machtverlust, Erleuchtung und Weisheit dauerte bei ihm 26 Tage“, kommentierte Nicola Abé das im SPIEGEL (Nr. 16 / 14.4.2018 S. 8). Joachim Gauck, der als Bundespräsident erklärt hatte, „die Eliten sind gar nicht das Problem, die Bevölkerungen sind im Moment das Problem“ und auf einer toleranten multikulturellen Gesellschaft bestand, gleichzeitig aber intolerant von einer Spaltung des Landes zwischen Dunkeldeutschland und Helldeutschland redete, bekannte – kaum aus dem Amt geschieden: „Wohin ein solcher Multikulturalismus aber tatsächlich geführt hat, das hat mich doch erschreckt“ (Zit. nach FAZ 27.09.2019). Nun teilen uns Kanzler Scholz und die Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit mit, daß Rente mit 63 ein Fehler sei. Hatten sie nicht selbst Regelungen durchgesetzt, die einen frühen Rentenbezug fördern? Wer von den jetzigen Regierungsmitgliedern wird uns irgendwann mittteilen, daß das sogenannte Bürgergeld ein Fehler ist?

Man weiß ja zur Genüge, was einem Amtsträger passiert, wenn er gewisse Wahrheiten ausspricht. Da droht nicht nur ein „nicht hilfreich“ der Kanzlerin. Nachdem Christian Hirte einem Freund zu seiner von der Kanzlerin mißbilligten Wahl gratuliert und ihn einen „Kandidaten der Mitte“ genannt hatte, mußte er umgehend „auf Anregung der Bundeskanzlerin“ um seine Entlassung als Staatssekretär und Ostbeauftragter „bitten“. Bestrafe einen – erziehe hundert! Der nunmehrige Kanzler muß soetwas wohl nicht mehr selbst erledigen und die Bundesinnenministerin will, daß Beamten allein aufgrund eines Verdachts aufgrund von „Hinweisgebern“ die Existenz entzogen wird. „„Fürchtet euch nicht!““ weiterlesen

Don Giovanni und die große Kunst der Verführung

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Der neue Operndirektor des Theaters Nordhausen Benjamin Prins hat ein grandioses Regiedebüt abgeliefert. Was das Publikum im Sondershäuser Haus der Kunst, das Stammhaus wird gerade restauriert, zu sehen bekam, war große Kunst.

Die Idee, den legendären Frauenhelden mit egomanischen Künstlern wie Pablo Picasso zu vergleichen, erwies sich als inspirierend. Das beginnt mit dem Bühnenbild (Wolfgang Kurima Rauschning). Eine transparente, schwarze Installation, ein Atelier. Im Vordergrund ein weißer Arbeitstisch mit Malutensilien, an der Seite zwei braune Ledersessel und ein Clubtisch. Dazu kommt im 2. Akt kurzzeitig eine schwarze Badewanne.

Es beginnt für alle, die das Programmheft noch nicht gelesen hatten, mit einer Überraschung: Aus dem Off ein Interview mit einem erfolgreichen Künstler, der sich für den größten der Welt hält und für den Frauen entweder Göttinnen oder Fußabtreter sind.

Dann beginnt die Ouvertüre, während der zwei ehemalige Gespielinnen Don Giovannis mit Wandgemälden beschäftigt sind. Don Giovanni nimmt der einen den Pinsel aus der Hand und korrigiert mit großer, eleganter Geste das Gemalte. Sobald sie den Pinsel wieder in der Hand hat, imitiert sie ihn. Damit ist das Verhältnis zwischen Don Giovanni und den Frauen vorgegeben.

Im Hintergrund erscheint schon Donna Anna und dann beginnt das Drama. Anna (Zinzi Frohwein) erträgt nicht, dass sie für Don Giovanni nur eine von vielen Kurzzeit-Affären ist. Sie sinnt auf Rache. In dieser Figur könnte man die Urmutter der Me-Too-Bewegung sehen. Sie weiß genau, wer nachts in ihr Zimmer kam und wem sie sich hingab. Sie macht aber eine Vergewaltigung daraus. Ihr Vater, der Komtur, will ihr zu Hilfe eilen und legt sich mit Don Giovanni an. Der warnt Ihn: „Willst du sterben?“ Die kurze Auseinandersetzung endet mit dem Tod des Komturs. Das ist schon alles, was das Stück an Handlung aufweist, der Rest sind verschiedene Szenen, die nur durch die Person Don Giovanni verbunden werden.

Was zu sehen war. Ist der Sieg Mozarts über seine Interpreten. Don Giovanni – nur ein böser, zügelloser Vergewaltiger?

Die Figur ist viel komplexer. Das ahnt man schon, wenn Leporelleo in seiner Registerarie aufzählt, wie sein Herr die jeweils begehrte Frau gewinnt. Nicht durch Gewalt, sondern mit Schmeicheleien. Diese Mehrdimensionalität sichtbar zu machen, ist Philipp Franke zu verdanken. Franke, von dem Michael Helmrath sagte, er hätte mit seinem Tannhäuser-Vortrag nur deshalb den Sängerwettstreit auf der Wartburg nicht gewonnen, weil er außer Konkurrenz aufgetreten sei, zeigt sein ganzes Können. Sein Don Giovanni ist wie aus dem Mozartischen Jahrhundert der Verführung entstiegen. Nicht nur seine Stimme, seine Bewegungen, sein ganzer Körper ist Hingabe an seine Leidenschaft.

Wie könnte er sonst Zerlina (Yuval Oren) an ihrem Hochzeitstag von ihrem Bräutigam weglocken? Sein „Là ci darem la mano“ (Reich mir die Hand, mein Leben) ist von einer Art, dass ihm die härteste Me-Too-Aktivistin auf sein Schloss folgen würde. Zerlina hätte sich ihm nur zu gern hingegeben, wenn nicht Donna Elvira, eine andere verlassene Geliebte, dazwischengefunkt hätte. So wurde aus dem Techtelmechtel nichts und Zerlina hat nun die Aufgabe, ihren Bräutigam zu versöhnen. Sie schafft das, weil sie in der Kunst der Verführung Don Giovanni ebenbürtig ist. „Don Giovanni und die große Kunst der Verführung“ weiterlesen

Messeranschlag: Erneut ein Täter „verwirrt“? Täterherkunft „egal“?

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Von Gastautor Steffen Meltzer

Messeranschlag im Regionalzug von Kiel nach Hamburg. Ein 33-jähriger staatenloser Palästinenser tötet mit einem Messer ein 17-jähriges Mädchen und einen jungen Mann, 19). Außerdem verletzt er sieben weitere Menschen, davon werden gegenwärtig zwei Opfer im Krankenhaus operiert. Der Täter (korrekt: Tatverdächtiger) war erst sechs Tage nach seiner Haftentlassung auf freien Fuß. Das Verbrechen kam dabei keineswegs „überraschend“, die bisherige Strafakte:

Seit 2015 ist der „Flüchtling“ mindestens zwölfmal polizeilich in Erscheinung getreten.

  • 2015 Ladendiebstahl in Euskirchen, Missbrauch von Scheckkarten in Bonn,
  • 2016 gefährliche Körperverletzung in Euskirchen, gefährliche Körperverletzung in Bad Münstereifel, Ladendiebstahl in Euskirchen,
  • 2018 Körperverletzung in Köln,
  • 2019 sexuelle Nötigung in Euskirchen,
  • 2020 Sachbeschädigung in Euskirchen, Körperverletzung in Bonn und 2x Körperverletzung in Euskirchen und Bedrohung in Euskirchen. Er befand sich bis zum 19. Januar dieses Jahres in Untersuchungshaft.
  • Selbst in U-Haft soll Ibrahim A. Mithäftlinge angegriffen haben.
  • Focus-online berichtet: „…attackierte er bereits drei Mal Menschen mit einem Messer.
  • 2023 nunmehr ein Haftbefehl wegen zweimal Mord und viermal wegen versuchten Totschlags.

Bemerkenswert ist die bei solchen Taten oft zu lesende Behauptung, der Messerstecher, hätte (angeblich) „einen verwirrten Eindruck gemacht“, so die einheitliche Medienberichterstattung aufgrund einer Ermittleraussage. Dabei ist gar nicht wichtig, ob der Palästinenser nach der Tat schuldfähig war, entscheidend ist vielmehr, ob er zum Tatzeitpunkt Herr seiner Sinne war. Das kann kurz nach der Festnahme kein Ermittler ernsthaft und seriös beurteilen wollen. Ein Negativbeispiel ist ein Messerstecher, der am 6. November 2021 im ICE 928 Passau – Hamburg vier Fahrgäste verletzt hatte und der kurz nach der Tat zu den festnehmenden Polizeibeamten sagte: „Ich bin krank, ich brauche Hilfe“. Bei einer Pressekonferenz wurde dieser „Hinweis“ des Täters genutzt, um eine eventuelle psychische Erkrankung ins Spiel zu bringen. Ein Gericht entschied später, dass er seine Tat in voller Schuldfähigkeit begangen hatte, bei der Tat hatten islamistische Motive eine Rolle gespielt.

Auch jetzt schaut wieder einmal eine „psychische Störung/Erkrankung” verdächtig um die Ecke, die in den Medien faktisch fast jedem schweren Verbrecher mit Migrationshintergrund explizit genannt wird. Jemand, der in der Lage ist, zwei Menschen mit einem Messer zielgerichtet zu ermorden, ist nicht „wirr“, sondern meines Erachtens bei Verstand. Zumal hier eine gewisse Konditionierung/Erfahrungen durch die Vortaten in die Bewertung einbezogen werden muss. Zwei Menschen zu töten und sieben weitere (teils schwer) zu verletzen, das bedarf der Vorbereitung/Planung, Raffinesse und Hinterhältigkeit, sehr schnelle und rationale Handlungen in der Abfolge, um die Angriffe erfolgreich zu Ende zu führen. Diese geistigen-rationalen Leistungen zu erbringen, zeugt für mich von Rationalität und Schuldfähigkeit während seines Vorgehens. Dass er NACH der Tat von sich selbst ergriffen ist, und das auf manche vielleicht etwas „komisch“ wirken könnte, mag sein. Muss jedoch nichts mit „Verwirrtheit“ zu tun haben. Zwei Menschen umzubringen und über ein halbes Dutzend zu verletzen, macht nicht einmal ein Serienmörder jeden Tag. „Messeranschlag: Erneut ein Täter „verwirrt“? Täterherkunft „egal“?“ weiterlesen

Deutschland im Zweifrontenkrieg (2)

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Das es 2023 nicht besser wird, war schon am Neujahrsmorgen klar. In vielen Städten hatte es an Silvester Randale, Angriffe auf Polizisten, Feuerwehrleute und Rettungskräfte gegeben. Auf zahlreichen Videos sieht man die Personen, die in den Medien so lange als „Männer“ bezeichnet werden, bis ihre Herkunft nicht mehr zu verheimlichen ist. Ihre Statements, die man dort ansehen kann, u.a. bei „Achtung Reichelt“, aber auch anderswo, machen die Verachtung, die diese Männer unserer Gesellschaft und ihren Institutionen entgegenbringen, mehr als deutlich. Wer das als Einzelfälle abtun will, dem sei die Salonvariante dieser Feindschaft empfohlen, die immer mal wieder in unseren Medien nachzulesen ist. Ein jüngeres Beispiel ist ein Artikel des 2022 für den Ingeborg-Bachmann-Preis nominierten Autor Behzad Karim Khani, gebürtiger Iraner, der von der Berliner Zeitung am 10. Januar online veröffentlicht wurde.

Deutschland ist in seinen Augen eine „Raub- und Aneignungsgemeinschaft“, die sich „auf die Schulter klopft, man hätte eine solide Vergangenheitsbewältigung hinbekommen“, in der aber jede Synagoge, jede jüdische Schule oder jüdisches Altersheim Polizeischutz braucht. Das es hauptsächlich die Ankömmlinge aus antisemitischen Gesellschaften sind, vor denen diese Einrichtungen geschützt werden müssen, verschweigt der Autor. Kein Wort darüber, wer dafür sorgt, dass sich ein Jude mit Kippa auf der Sonnenallee in Berlin besser nicht sehen lassen sollte. Die wenigen Biodeutschen, die im „Gazastreifen“ Berlins noch wohnen, sind es jedenfalls eher nicht.

Natürlich auch kein Wort über die arabischen Unterstützer für Hitler. Dafür wird in diesem Artikel über die „deutsche Begeisterung und Unterstützung für jenen Staat, der von Amnesty International und Human Rights Watch als Staat bezeichnet wird, der in dem von ihm besetzten Gebieten Apartheit ausübt“ geschwurbelt, die auch „in deutschen Redaktionen immer ideologischere Züge“ annimmt. „Offenbar proportional dazu, je rechtsradikaler und extremistischer jener Staat wird, vor dem zahlreiche Menschen geflohen sind, die heute in der Sonnenallee leben“. „Deutschland im Zweifrontenkrieg (2)“ weiterlesen

Deutschland im Zweifrontenkrieg (1)

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Als der Mensch/ Unter den Trümmern /seines bombardierten Hauses/ hervorgezogen wurde/schüttelte er sich / und sagte: Nie wieder/ jedenfalls nicht gleich.

Günter Kunert

Zu Beginn dieses Jahres habe ich meine Neujahrsgrüße mit dem Wunsch nach einem besseren 2023 verbunden. Die Hoffnung hat sich schon in der zweiten Januarhälfte zerschlagen.

Als wäre der Entschluss vom Dienstag, dem 24. Januar, Leopard-Panzer in die Ukraine zu liefern nicht schon gefährlich genug, weil er unser Land auf die Rutschbahn hin zur Kriegspartei setzt, plappert unsere unverantwortliche Außenministerin Baerbock in Straßburg eine Kriegserklärung gegen Russland heraus: „We are fighting a war against Russia“. Schlimmer ist, dass sie immer noch im Amt ist.

Soll das heißen, dass wir uns tatsächlich im Krieg gegen Rußland befinden?

Ist der Krieg gegen Russland nicht gerecht, weil die Ukraine Demokratie und unsere Werte verteidigt? Die Ukraine zählte vor dem Krieg zu den korruptesten Staaten der Welt. Wie es dort zuging, kann man bei Schriftstellern wie Juri Kurkow nachlesen. Staatschef Selensky ist in den Panama-Papers erwähnt. Über die korrupten Praktiken derer, die in den Papers erwähnt werden, empörte man sich auch in den Medien, die Selensky jetzt zum Musterdemokraten erklären. Was Putin betrifft, so fallen jetzt grüne Politiker über ihn her, die, als der Mann im Bundestag eine Rede hielt, ihm stehend applaudierten. Ich kann mich wenigstens nicht erinnern, dass die Grünen sich dem Applaus entzogen hätten. Wer damals darauf hinwies, dass Putin ein KGB-Mann war und von daher nicht vertrauenswürdig, wurde schräg angesehen.

Als die politischen Schlafwandler aus Unbedarftheit den Ersten Weltkrieg losgetreten haben, war man der Ansicht, dass der an Weihnachten zu Ende sein würde. Er dauerte 4 Jahre und forderte allein unter den Soldaten über 9 Millionen Tote. Vorangegangen war eine eifrige Kriegshetze von Intellektuellen und Medien in allen später kriegführenden Ländern. Das Grauen, das er hinterließ, war so groß, dass dem Zweiten Weltkrieg nicht eine solche Kriegskampagne vorausging. Die Jugend Europas traf sich noch im August 1939 an den angesagten Stränden des Kontinents und wurde anschließend zu den Waffen gerufen. Dieser Krieg endete mit mehr als 50 Millionen Toten und dem Einsatz von zwei Atomwaffen, die klar machten, was uns bei einem Dritten Weltkrieg bevorsteht.

Unsere politischen Akteure, ihre willigen Helfershelfer und fast alle Medien scheinen alle Lehren aus der Geschichte vergessen zu haben. Die Unbekümmertheit, mit der ein Dritter Weltkrieg riskiert wird, ist alarmierend. Kriegstreiber Nummer eins sind dabei die ehemals pazifistischen Grünen. Noch im Wahlkampf 2020 warben sie für sich mit dem Slogan: „Keine Waffen in Krisengebiete“ Jetzt sind sie diejenigen, die am lautesten Druck machen, um Waffen in ein Kriegsgebiet zu schicken. Wenn es nach ihnen ginge, wären wir längst Kriegspartei. Zum Glück hat Kanzler Scholz wenigstens etwas Sand ins Getriebe geschüttet, bis sich die USA ebenfalls bereit erklärt haben, moderne Panzer in die Ukraine zu liefern. Deutschland hat wenigstens nicht die Führungsrolle eingenommen, die ihm angetragen wurde. Scholz hat im Bundestag versichert, dass nach der Lieferung von Leopard-Panzern kein weiteres Kriegsgerät in die Ukraine geliefert werden wird. Die Forderungen von Außenminister Melnyk, dem Verehrer des Antisemiten Bandera, der im Zweiten Weltkrieg in der Ukraine für zehntausende Morde an Juden verantwortlich war, liegen bereits auf dem Tisch. Ziel seines Staatschefs Selensky ist, die NATO in den Krieg hineinzuziehen. Das wäre dann der Dritte Weltkrieg. „Deutschland im Zweifrontenkrieg (1)“ weiterlesen

Wahlrechtsreform kontra Verfassung   

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Von Gastautor Peter Schewe

Der von der Ampelkoalition vorgelegte Vorschlag zur Reform des Wahlrechts, gemäß dem sich die Sitzverteilung allein nach dem Zweitstimmenergebnis richten soll, wäre ein eklatanter Verstoß gegen Artikel 38 unserer Verfassung. Dort heißt es eindeutig:

 „Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.“

Nichts von Erst- oder Zweitstimme, nichts von Parteien oder Fraktionszwang, von Parteienfinanzierung u. ä. ist dort zu finden. Den Parteien wird lediglich eine Mitwirkung bei der politischen Meinungsbildung zugestanden (Art.21).

Nach der Verfassung dürfte es also nur eine direkte (unmittelbare) Wahl einer Person geben, denn mit der Zweitstimme wähle ich eine Partei und damit nur indirekt die auf deren Liste stehenden Personen, auf deren Auswahl ich als Wähler keinen direkten Einfluss habe. Die Zweitstimme hebelt somit das im Artikel 38 enthaltene Gebot der Unmittelbarkeit aus.

Sollte nun, wie vorgeschlagen, diese Zweit- zur Hauptstimme werden, d.h. die gewählten Direktkandidaten zugunsten der Listenkandidaten nicht in den Bundestag kommen, wäre ein gewaltiger Schritt in Richtung Parteienherrschaft getan. Dann hätten die Parteien über die von ihr ausgewählten Listenkandidaten einen noch größeren Einfluss auf die politischen Entscheidungen, denn wer nicht spurt, steht bei der nächsten Wahl nicht mehr auf der Liste. Damit wäre der nächste Grundsatz des Artikels 38 ausgehebelt, nämlich die alleinige Verantwortung gegenüber dem eigenen Gewissen, soweit das nicht jetzt schon in Frage zu stellen ist (Fraktionszwang). „Wahlrechtsreform kontra Verfassung   “ weiterlesen

Naftali Frenkel – Genie im Gulag?

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Vom verurteilten Mafiaboss in der Butyrka-Zelle zum Baumanager des Straflager-Archipels. Frenkel erscheint als der Inbegriff des Bösen. Doch zwischen dem Technokraten der Zwangsarbeit und den NKWD-Massenmördern Jagoda und Jeschow liegen Welten.  Eine Spuren­suche im 140. Geburtsjahr, jenseits von Gut und Böse.

Von Gastautor André D. Thess

18. Januar 2023

Begann alles in Köthen?

An einem unbekannten Tag im Jahr 1902 traf der neunzehnjährige Naftali Aronowitsch Frenkel zum Studium in der anhaltinischen Provinz ein.  Die Exportfirma Steiner & Co. aus dem ukrainischen Ort Nikolaev, heute Mykolajiw, hatte ihrem jungen Vorarbeiter eine Ausbildung am Köthener Friedrichs-Technikum spendiert, der heutigen Hochschule Anhalt. Stand deutsche Ingenieursausbildung am Karrierebeginn des späteren Chef-Baumanagers im System der sowjetischen Konzentrationslager?

Naftali Frenkel ist außerhalb Russlands weitgehend unbekannt.  Lesern des „Archipel Gulag“ von Alexander Solschenizyn ist er mit den Worten begegnet: „Da stieg der schwarze Stern Naftalij Frenkels, des Ideologen dieser Ära, auf, und seine Formel wurde zum obersten Gesetz des Archipels: ‚Aus dem Häftling müssen wir alles in den ersten drei Monaten herausholen – danach brauchen wir ihn nicht mehr!‘“ Auf den ersten Blick scheint es sich um einen gewöhnlichen Verbrecher aus der Stalinzeit zu handeln – sozusagen dem sowjetischen Gegenstück von Albert Speer. Doch ein differenzierterer Blick lohnt sich. Es gibt mindestens zwei Motive, sich mit Frenkel näher zu beschäftigen – ein politisches und ein menschliches.

Während sich nationalsozialistische Politiker wie Hermann Göring und Albert Speer bei den Nürnberger Prozessen verantworten mussten und ihre Verbrechen heute umfassend dokumentiert sind, konnte Frenkel seinen Lebensabend von 1947 bis 1960 unbehelligt in einem Moskauer Luxus-Appartement genießen. Dabei dürfte das politische Gewicht seiner Untaten kaum geringer sein als bei Speer. Die Rekonstruktion von Frenkels Lebensweg leistet somit einen Beitrag, die Verbrechen des Sozialismus für das kollektive Gedächtnis aufzubereiten.

Das menschliche Motiv für die Beschäftigung mit Frenkel liegt darin, dass sich sein u-förmiger Lebensweg diametral von den n-förmigen Karrieretrajektorien hoher NKWD-Funktionäre unterscheidet. Die Obertschekisten Genrich Jagoda und Nikolai Jeschow stiegen an die Spitze des NKWD auf, um ihr Leben bald darauf durch Genickschuss in den Kellern ihrer eigenen Behörde zu verlieren. Frenkel hingegen fiel aus den Höhen des Mafia-Millionärslebens in die Tiefen des Solowezky-Sträflingsdaseins, um sich aus dem Keller bis an die Spitze der Gulag-Hölle hochzuarbeiten. Welche Fähigkeiten verhalfen ihm zu diesem einzigartigen Lebensweg?

Für eine Biographie von Frenkel ist es zu früh. Dazu müssten KGB-Archive geöffnet werden, die heute noch verschlossen sind. Doch lohnt sich in Frenkels 140. Geburtsjahr ein Blick in drei russischsprachige Quellen. Ferner jährt sich im Jahr 2023 die Fertigstellung des unter seiner Leitung gebauten Weißmeer-Kanals zum 90. Mal. Und die unter Frenkels Mitwirkung entstandene Wolga-Feldbahn, die den Ausgang der Schlacht von Stalingrad beeinflusst hat, wurde zum Jahreswechsel 2022-2023 80 Jahre alt. „Naftali Frenkel – Genie im Gulag?“ weiterlesen

Feuerland – Eine Reise ins Lange Jahrhundert der Utopien

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Dieses neue Buch des Autors Peter Neumann weckt Erwartungen, besonders bei denen, die seinen Erfolgstitel: „Jena 1800 – die Republik der freien Geister“ kennen. Es erfüllt diese Erwartungen möglicherwiese nicht, aber es lohnt sich trotzdem, es zu lesen.

Als Ausgangspunkt seiner kurzweiligen Betrachtungen wählt Neumann den Ausbruch des Vulkans Krakatau im August 1883, ein wahrhaft welterschütterndes Ereignis, das in Hamburg, auf der anderen Seite der Weltkugel, den Kronleuchter einer Altonaer Kirche mitten im Gottesdienst zum Schwanken brachte. Damals dauerte es einige Tage, bis Nachrichten über den Ausbruch ins ferne Europa gelangten. Die Vulkaninsel war spurlos im Meer versunken. Über die Auswirkungen auf den gesamten asiatischen Kontinent, insbesondere Malaysia und Indonesien ist wenig bekannt, aber man weiß, was das Erdbeben von Lissabon angerichtet hat. Für Neumann ist dieses Ereignis ein Menetekel für Europa. Es wird untergehen, wie Krakatau.

Der Vulkan ist noch intakt, als Friedrich Nietzsche im Februar 1883 in Rapallo im Café sitzt. Er hat sich gerade den ersten Teil des „Zarathustra“ in zehn Tagen von der Seele geschrieben und vom Tod Richard Wagners, des einst angebeteten, jetzt verfeindeten Musikers, erfahren. Sein Manuskript wird er dennoch sofort an seinen Verleger schicken. Die Botschaft ist wichtig. Sein „Anwalt gegen alle Autoritäten“, Zarathustra, hat seine Hoffnung auf eine bessere Welt aufgegeben. Die Welt ist ein Kampf des Guten gegen das Böse, warum glauben die Menschen, etwas daran ändern zu können? Die Hoffnung ist dabei das größte Übel, sie zwingt den Menschen, sein Leben nicht wegzuwerfen, sondern weiterzumachen. Hoffnung auf Aufklärung, Fortschritt und Ruhm hat das Jahrhundert in einen Dämmerschlaf versetzt, aus dem es erweckt werden muss. Warum eigentlich, da alles vergeblich ist? „Feuerland – Eine Reise ins Lange Jahrhundert der Utopien“ weiterlesen

In den Häusern der Anderen

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Unsere woken Politiker und Medien steuern gerade auf den Dritten Weltkrieg zu und allen, die sich fragen, wie das sein kann, sei gesagt: weil die Folgen des Zweiten Weltkriegs noch immer nachwirken. Das wird so lange so bleiben, bis sich die Gesellschaft den Problemen stellt, die auf politische Entscheidungen im und nach dem Krieg zurückgehen.

Zu den graviernesten gehört, dass mit dem Hitler-Stalin-Pakt 1939 Grenzen in Osteuropa gezogen wurden, die bis heute Bestand haben.

Kurz nach dem Einmarsch der Nazis in Polen folgte der Einmarsch der Sowjets in Ostpolen. Schon auf der Konferenz der Alliierten in Jalta im Februar 1945 wurde Osteuropa, besonders das Baltikum und Ostpolen, vom Westen verraten und Stalin überlassen.

Nach Kriegsende hatte das für die Bewohner Ostpolens zur Folge, dass sie ihre Heimat verloren und in die ehemaligen deutschen Gebiete umgesiedelt wurden, die Polen dafür als „Ausgleich“ erhielt.

Es war ein Bevölkerungsaustausch gigantischen Ausmaßes. Konnte man bei der Abschiebung der in den nun polnischen Gebieten verbliebenen Deutschen geltend machen, dass es die gerechte Strafe für die von Deutschen begangenen Kriegsverbrechen handelte, traf das nicht auf die Ostpolen zu, die sich nichts vorzuwerfen hatten, aber den Hass Stalins und seiner Anhänger auf Polen zu spüren bekamen. Dieser Hass ging so weit, dass viele Siedlungen nach Kriegsende noch von den Sowjets in Brand gesteckt wurden, bevor die neuen Bewohner sie in Besitz nehmen konnten, wie Cammin (Kamień Pomorski) oder Kolberg (Kołobrzeg), um nur einige zu nennen.

Karolina Kuszyk hat nun ein sehr verdienstvolles Buch vorgelegt, das sich mit der brisanten, aber bislang in Deutschland kaum gestellten Frage beschäftigt, wie Menschen, die von der Politik zu Heimatlosen gemacht wurden, sich fühlten, wenn sie die Häuser, die Ländereien und den Hausrat der geflüchteten oder vertriebenen Deutschen in Besitz nehmen sollten. „In den Häusern der Anderen“ weiterlesen