Beinahe wäre die Premiere der diesjährigen Schlossfestspiele ins Wasser gefallen. Das Publikum kam mit Regenschirmen, um 20.00, dem eigentlichen Beginn der Vorstellung, regnete es immer noch leicht, aber der Himmel hatte sich bereits aufgelockert und versprach Abendsonne. Die Bühnenarbeiter begannen mit Schwung, das Wasser von der Bühne zu fegen und stellten die Requisiten auf. Eine Lautsprecher-Durchsage bat noch um etwas Geduld. Kein Problem, man genoss den guten Wein, die Thüringer Bratwurst oder Popcorn, unterhielt sich angeregt und wartete entspannt. Als die Zuschauer auf ihre Plätze gebeten wurden, brach die Abendsonne durch. In diesem Moment kam Intendant Daniel Klajner auf die Bühne, um die Festspiele zu eröffnen. Das konnte nur gut werden und es wurde gut!
Die Entscheidung, das Musical „Dr. Schiwago“ aufzuführen, war nicht ohne Risiko, erwies sich aber als goldrichtig. Die Besucher hatten längere Wege nicht gescheut und am Ende der Vorstellung mit sofortigem stehendem Applaus bekundet, dass sie keinen Grund hatten, das zu bereuen.
Ein Provinztheater wagt sich an ein Stück, dessen Romanvorlage ein Welterfolg war, dessen Musical-Fassung Songs hervorbrachte, die weltweit die Charts stürmten!
Doktor Schiwago ist der einzige Roman, den der Lyriker Boris Pasternak im letzten Viertel seines Lebens schrieb. Es ist seine Abrechnung mit dem sowjetischen Regime, das er während der Oktoberrevolution noch unterstützt hatte. Das Werk konnte in der Sowjetunion, auch während der sogenannten Tauwetterperiode nach der Machtübernahme von Nikita Chruschtschow, nicht erscheinen. Über einen Mittelsmann ließ Pasternak das Manuskript nach Italien schaffen, wo es vom Verleger Giangiacomo Feltrinelli, eben jenem, der Jahrzehnte später als Unterstützer der RAF beim Versuch, eine Starkstromleitung zu sabotieren, den Tod fand, 1957 veröffentlicht wurde. In schneller Folge erschienen Ausgaben in Frankreich, England, USA, Deutschland und anderen Ländern. Schon ein Jahr später wurde Pasternak für seinen Roman mit dem Nobelpreis geehrt, den er aber nicht entgegennehmen konnte. Das tat sein Sohn stellvertretend 1989. Ein Jahr zuvor war Doktor Schiwago erstmals in der Sowjetunion erschienen. „Glanzvolle Eröffnung der Thüringer Schlossfestspiele Sondershausen“ weiterlesen