Ein Anbändeln mit der Linkspartei wäre das Ende von Adenauers Union
Von Hans Heckel auf PAZ
Thüringens CDU-Chef Mohring will mit der einstigen SED „reden“. Er führt seine Partei damit in eine tödliche Zerreißprobe.
Für die arg geschrumpfte Zahl der Thüringer CDU-Wähler folgte auf den Schreck der Schock: Kaum waren die für seine Partei ruinösen Wahlresultate bekannt, begann Unionschef Mike Mohring vom ehernen Versprechen abzurücken, niemals mit der Linkspartei zu kollaborieren.
Für die CDU hätte eine wie auch immer geartete Kooperation mit der früher SED genannten Partei verheerende Auswirkungen. Es würde sie vermutlich zerreißen, denn der historische Bruch mit der eigenen Tradition und (einstigen?) Identität wäre durch kein noch so kunstvolles Phrasengewölk mehr zu vertuschen. Besonnene Kreise in der CDU laufen entsprechend Sturm gegen solche Planspiele. Vorerst scheinen sie Mohring gestoppt zu haben. Doch Misstrauen bleibt berechtigt.
Dass die „politische Mitte“ in Thüringen erstmals unter den Wählern in die Minderheit geraten sei, wie allenthalben düster diagnostiziert wird, erweist sich bei näherem Hinsehen als eitle Legende der etablierten Parteien.
Der Zuwachs bei der Linkspartei ist einzig und allein auf die Popularität ihres Spitzenkandidaten zurückzuführen. Welchen Anteil Ministerpräsident Bodo Ramelow am Sieg hatte, zeigt schon ein kurzer Blick auf das erbärmliche Scheitern seiner Genossen in Sachsen und Brandenburg vor wenigen Wochen.
Die Masse der Thüringer Linkswähler hat Ramelow gewählt, nicht seine Partei. Es waren durchaus Wähler aus der „Mitte“.
Die AfD wiederum versteht sich selbst als die verfassungstreueste Partei überhaupt, was sie für viele Demokraten zur Alternative hat reifen lassen. Und diese Partei war der eigentliche Sieger. Mit dem Gerede von der Niederlage der „Mitte“ wollen die etablierten Parteien nur ihren Alleinvertretungsanspruch als Repräsentanten dieses nach wie vor dominierenden Lagers verteidigen.
Eine ZDF-Umfrage relativiert den AfD-Erfolg indes etwas. Danach waren 33 Prozent der Thüringer der Meinung, dass die AfD die einzige Partei sei, die bestimmte Probleme beim Namen nenne. Gewählt haben die Partei jedoch fast zehn Prozentpunkte weniger.
Es steht daher die Vermutung im Raum, dass die AfD ohne einen als sehr rechts wahrgenommenen Spitzenkandidaten wie Björn Höcke sogar noch besser hätte abschneiden können. Für diese These spricht, dass die Partei im benachbarten Sachsen unter ihrem merklich konzilianter auftretenden Spitzenmann Jörg Urban gegenüber 2014 um satte fünf Prozentpunkte mehr zugelegt hat als in Thüringen (von 9,7 auf 27,5 Prozent gegenüber 10,6 auf 23,4 Prozent).
Die Berliner Groko-Führung scheint dem Verfall der sie tragenden Parteien fast gleichgültig zuzusehen. Es greift insbesondere der Eindruck um sich, dass der Niedergang der CDU Angela Merkel völlig kalt lässt.