Von Air Tuerkis auf Achse des Guten
Am Dienstag lud Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ins Schloss Bellevue Zeitzeugen zur Serie „Geteilte Geschichte(n)” anlässlich des Jahrestags des Mauerbaus ein. Viele Bürgerrechtler und Zeitzeugen sowie Größen des deutschen Journalismus, der Politik und des Militärs waren anwesend.
Dann begann Steinmeier seine Rede. Zunächst einige allgemeine Worte zur deutschen Teilung, dann stellte er die Teilnehmer des auf ihn folgenden Podiumgesprächs vor. Und lange dauerte es nicht: Dann ging es gegen rechts. “Nein, wir heute müssen an den Freiheitskampf von 1989 nicht nur erinnern, sondern wir müssen ihn, in unserer Zeit, aufs Neue führen!” Aber nicht etwa gegen neue Formen der alten Ideologie. Es geht gegen die Trumps und Orbans dieser Zeit (ohne ihre Namen zu nennen).
Hauptlehre aus der DDR schien für Steinmeier der Kampf gegen die AfD zu sein. Wer „das Gift des Hasses“ in die Sprache und die Gesellschaft trage, stehe heute auf der falschen Seite (der Geschichte) so der Bundespräsident. “Wenn politische Gruppierungen im Wahlkampf versuchen, das Erbe von ’89 für ihre Angstparolen zu stehlen, dann ist das eine perfide Verdrehung der Geschichte.” Kein Wort verlor er hingegen zur Linkspartei. Das Wort Sozialismus fiel in seiner Rede kein einziges Mal. Auch in der darauf folgenden Diskussion ging es um die AfD und ihren Wahlkampf in Ostdeutschland.
Dann fordert er noch, “die Leistung derjenigen anerkennen, die aus Südeuropa, der Türkei, Polen und anderen Ländern eingewandert sind.” Denn die haben wohl auch einen Beitrag zur Einheit geleistet. Kein Wort verliert Steinmeier hingegen über den Einsatz der Westalliierten oder Gorbatschow.
Es ist schon zynisch, am Jahrestag des Baus des “antifaschistischen Schutzwalls” nur über eine Gefahr von rechts, nicht aber über linke Gewalt, linken Extremismus und linke Diktatur zu sprechen. Das trifft doch genau den Legitimierungsversuch des SED-Regimes: “Diese imperialistische Politik, die unter der Maske des Antikommunismus geführt wird, ist die Fortsetzung der aggressiven Ziele des faschistischen deutschen Imperialismus zur Zeit des Dritten Reiches.” heißt es im Beschluss des Ministerrates der DDR vom 13. August 1961.
Der Mauerbau als Akt des Antifaschismus – hatte denn Ullbricht damals recht? 58 Jahre später ist die Conclusio unseres Bundespräsidenten: Wir brauchen noch mehr Antifaschismus. Der Bau der Mauer war ein menschenfeidlicher Akt eines totalitären sozialistischen Regimes, das sich anders nicht mehr zu retten wusste. Und die Lehre daraus kann nur sein: Nie wieder Sozialismus!
Ich habe im Verlauf der Diskussion zu diesem Thema deshalb eine ausführliche Frage gestellt (hier zur Dokumentation ein Video).
“…wir haben hier heute viel gehört über die Lehren aus der DDR im Bezug auf die AfD und Pegida…wir müssen aber bedenken, was die DDR war. Denn die DDR war in erster Linie eine sozialistische Diktatur. Dann muss die Lehre doch in erster Linie heißen: Nie wieder Sozialismus. Ich weiß nicht, ob Sie das in Erinnerung haben, aber im Bundestag sitzt eine Partei, die sich immer noch zum Sozialismus bekennt und der Rechtsnachfolger der SED ist… Das habe ich in der Rede des Bundespräsidenten vermisst, die ich trotzdemn sehr gut fand. Was war denn die DDR? Eine sozialistische, eine linke Diktatur. Die Linke ist an vielen Regierungen in Deutschland beteiligt unter anderem auch in Koalition mit der SPD. Und jetzt meine Frage an Sie (Anm. der Red: den Bundespräsidenten) oder auch alle die, die sehr heldenhaft erstritten haben, dass wir in Demokratie und Freiheit leben können. Ist es nicht entscheidend, auch gegen diesen neuen Sozialismus anzukämpfen? Müssen wir uns nicht vielmehr auch damit beschäftigen? Und diese Lehre aus der DDR ziehen: Nie wieder Sozialismus. Dankeschön.”
Beantwortet wurde meine Frage nicht.
Air Tuerkis (16) ist Chefredakteuer des Schüler- und Jugendblogs “Apollo-News”.