Causa Nelson Müller: Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen

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Von Gastautorin Maria Schneider

Es ist wieder passiert: Ein alter, weißer Mann hat es gewagt – zugegeben etwas plump – die Wahrheit zu sagen. Tönnies’ Aussage, man solle statt Steuererhöhungen im Kampf gegen den Klimawandel lieber jährlich 20 Kraftwerke in Afrika finanzieren, hätten die modernen Inquisitoren vielleicht noch durchgehen lassen. Aber sein Nachsatz „Dann würden die Afrikaner aufhören, Bäume zu fällen, und sie hören auf, wenn’s dunkel ist, Kinder zu produzieren“ ließ natürlich so richtig den Hexenhammer krachen und seitdem lodern hell die Flammen des virtuellen Scheiterhaufens um ihn.

Dabei kann die Autorin bestätigen, dass Herr Tönnies nichts Falsches gesagt hat, besuchte sie doch selbst vor 10 Jahren eine Pressekonferenz der katholischen Kirche, bei der ein afrikanische Bischof sagte: „Many young African people are outside in the streets at night and feel bored. So, just to make time go by, they have sex without condoms.” (Viele afrikanische Jugendliche sind nachts draußen auf den Straßen und langweilen sich. Daher haben sie zum Zeitvertreib ungeschützten Geschlechtsverkehr.)

Noch bevor die deutsche Übersetzung zu Ende war, sprang die katholische Pressereferentin auf und informierte das Publikum, dass die Übersetzung der Dolmetscherin falsch sei. Der Bischof ließ sich diese Aussage rückübersetzen und bestätigte zwar nochmals seine ursprüngliche Aussage, was allerdings im allgemeinen Tumult unterging.

Was ist eigentlich so schlimm an der Wahrheit?

Warum darf man die Wahrheit nicht sagen? Oder dürfen das nur Afrikaner, so wie nur Blondinen Witze über Blondinen machen dürfen? Andererseits – wäre das nicht auch irgendwie rassistisch?

Müller’sche Belehrungen

Wie dem auch sei – offenbar fühlte sich Herr Müller kraft seiner Herkunft dazu berufen, den „Ketzer“ Tönnies zu kritisieren. Der Focus: „Sternekoch Nelson Müller (40) findet die Äußerungen des Fleischunternehmers und Schalke-Aufsichtsratschefs Clemens Tönnies über Afrikaner entlarvend. „Ich finde es gut, dass diese Aussagen gefallen sind.“ Dadurch komme „das Gedankengut vieler“ an die Oberfläche. […]

„Wir haben ja ein Grundgesetz. Mit solchen Aussagen wird immer wieder bewiesen, dass viele es einfach nicht verstanden haben. Will sagen: Die Leute brauchen scheinbar mehr Wissen und vielleicht braucht Herr Tönnies ja eine Weiterbildung.“ Jemand wie Müller, der auf der privilegierten Seite des Lebens stehe, “könne dadurch nur profitieren“ und „mit dem neuen Wissen viel bewegen“, so Müller weiter.

Wie ist es menschlich zu werten, wenn man mit solchen Aussagen Öl in ein Feuer gießt, dass bereits lichterloh brennt?

Wie „profitiert“ Herrn Müller von dieser Belehrung, wenn er gekonnt auf der Welle des Rassismus gegen alte, weiße Männer reitet? Warum wird behauptet, Tönnies hätte das Grundgesetz nicht verstanden, das ausdrücklich Meinungsfreiheit festschreibt?

Werden sich seine Einschaltquoten für seine GEZ-finanzierten Kochshows erhöhen?

Wird die Bahn ihn nochmals – ein Baguette mampfend – für ihre Multikultiwerbung oder Siemens ihn weiterhin als Werbeträger – vielleicht gar für antirassistisches Kochgeschirr – engagieren? Man weiß es nicht. Eines ist jedoch klar. Von all diesen Engagements wird Herr Müller – seinerseits durchaus nicht unterprivilegiert – sicherlich „profitieren“.

Sommerpause des Restaurants „Die Schote“ endete am 10. August – reiner Zufall?

Dass das Ende der Sommerpause seines Sternerestaurants „Die Schote“ nun ausgerechnet am 10.08.2019 mit Herrn Nelsons finalem Ölguss auf Herrn Tönnies zusammenfiel, hat definitiv ein „Geschmäckle“, wie es wohl auch der „Stuttgarter Junge mit ghanaischen Wurzeln“ selbst ausdrücken würde.

Vita des Nelson Müller:
Der „Stuttgarter Junge“ wurde als Nelson Nukator im bitterarmen Ghana geboren und kam als Vierjähriger nach Deutschland. Seine Eltern gaben ihn in eine Tagespflege und ließen ihn dann beim Umzug ganz zurück. Seitdem wuchs er bei seinen Pflegeeltern in Stuttgart auf, die ihn dann adoptierten.

Da Herr Müller selbst auf seine Herkunft Bezug nahm, muss ein Vergleich zwischen seinem Leben und dem eines Durchschnittsghanaers erlaubt sein. Angesichts der glücklichen Fügung, von einem Leben in Deutschland „profitiert“ zu haben, ist Herr Müller um Lichtjahre privilegierter als seine Landsleute und – relativ gesehen – auch privilegierter als Herr Tönnies.

Was hat Herr Müller eigentlich bislang mit seinem „Wissen“ bewegt?

Hat Herr Müller seine Privilegien dazu genutzt, die Armut in seinem Heimatland zu lindern? Hat er versucht, Flüchtlingen ein privilegiertes Leben – eventuell unter Nutzung von „Weiterbildungen“ – zu ermöglichen? Ist er schon der Nest-Initiative der Bundesregierung beigetreten, die dazu aufruft, Flüchtlinge bei sich aufzunehmen und persönlich um sie zu kümmern? Wir wissen es nicht.

Welche Motive stehen hinter Herrn Müllers Aussage?

Solange wir dies nicht wissen, liegt die Vermutung nah, dass bei Herrn Müller eher kommerzielle, denn humanistische Motive vorliegen, wenn er Herrn Tönnies durch einen Begriff wie „Gedankengut“ einem Nazi gleichstellt und damit zu seiner gesellschaftlichen Vernichtung beiträgt.

Weil Herrn Müllers Stellungnahme am Tag der Wiedereröffnung seines Restaurants erfolgte, werten viele seine Belehrungen als Opportunismus und risikofreie Selbstvermarktung. Wird Herr Müller das verstehen?



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