Granadas Alhambra

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Nach Granada fährt man vor allem, um die Alhambra zu besichtigen. Die muslimische Festung gehört zu den meistbesuchten Touristenattraktionen Europas. Nach der Erhebung zum UNESCO-Weltkulturerbe ist viel investiert worden, um den Besucheransturm zu bewältigen. Man betritt die Festung nicht mehr durch das Tor der Gerechtigkeit, das nach der Reconquista durch eine Marienfigur ergänzt wurde, sondern durch einen neu geschaffenen Eingangsbereich vor den Gärten außerhalb der Mauern. Die Sicherheitsbestimmungen sind hart: Erst werden die Ausweise aller Besucher auf Echtheit überprüft (das wünscht man sich an deutschen Grenzen), dann müssen sie mit dem Ticket beim Eintritt vorgezeigt werden, wo noch einmal geprüft wird, ob das Gesicht auch zum Foto passt.

Ist man endlich drin, bewirken die weitläufigen Gärten, dass der Touristenstrom entzerrt wird. Man genießt den schönen Blick auf Granada im Tal und lässt sich von den Anlagen verzaubern. Diese sind allerdings eine Schöpfung der letzten Jahrzehnte. Sie symbolisieren die drei arabischen Forderungen an Gärten: Farbe, Duft und Musik, letztere aber nur in Form von Wassergeplätscher. Allerdings waren die Blumen sehr mitgenommen von dem Sturm, der unsere Landung in Málaga verzögert hatte.

Die ursprünglichen Festungsgärten waren reine Nutzgärten. Sie dienten der Ernährung der Bewohner. Auf einer kleinen Fläche konnte man sehen, wie sie ausgesehen haben mögen.

Von den sieben Palästen stehen noch drei. Wir betreten zuerst den Justizpalast, in dem mitten im maurischen Wandmosaik das „Plus ultra“ Ferdinands von Aragon hängt. Vor Kolumbus glaubte man, dass die Welt hinter Spanien und Portugal am Atlantik zu Ende sei: Bis hierher und nicht weiter – Non plus ultra. Bis man es besser wusste: Von hier weiter.

Der Palast des Sultans besticht durch seine Pracht. Was heute aber überwiegend weiß und ebenholzfarben ist, war früher bunt bemalt. Reste dieser Bemalung haben sich erhalten. Zahlreiche Kalligraphien zieren die Wände – Geschichten und Gedichte. Der Palast ist ein offenes Buch. Im Raum des Kalifen, in dessen Mitte er auf dem Fußboden thronte, lautet die Inschrift: „Es gibt keinen Sieger außer Allah“. Ein Ausweis für Toleranz ist das nicht, sondern ein klarer Herrschaftsanspruch. Im Bereich des Sultans waren selbstverständlich Frauen nicht zugelassen. Sie konnten allerdings von kleinen Fenstern unter der Decke das Geschehen im Vorhof beobachten.

Der Frauenpalast erzählt ungeschminkt die Geschichte der Stellung der Frauen im Islam. Die Sultansfrauen und Kinder lebten in einer schönen Umgebung ohne jede Privatsphäre. Palmenwaldsäulen, Wasser, ein Hamam, in dem geblendete Musiker zum Bade aufspielten. Man wohnte im Innenhof und schlief in Nischen, alkub genannt, die Urform von Alkoven.

Der Hof des Frauenpalastes wird gern für Werbezwecke fotografiert, weil ihn ein schöner Löwenbrunnen ziert. Zwölf Löwen für die zwölf jüdischen Stämme – das Geschenk einer reichen jüdischen Familie an den Sultan. Ein Ausweis des guten Zusammenlebens im muslimischen Andalusien. Aber warum steht der Brunnen dort, wo ihn die Öffentlichkeit dann nicht sehen kann?

Der Weg von der Festung in die Stadt ist ziemlich steil, aber wunderschön. Hier weist ein habsburgisches Adlerwappen darauf hin, wer nach der Reconquista hier das Sagen hatte. Die Altstadt ist zweigeteilt: ein arabisches Viertel, ein Viertel der Zigeuner, wie sie unsere Führerin Maria Regis zutreffend bezeichnet (es gibt über 100 Zigeunerfamilien, Sinti und Roma sind nur die beiden größten). In diesem Viertel sind die Häuser nur Fassaden, dahinter leben die Bewohner in Höhlen (Troglodyten).

Die Kathedrale ist prächtig. Isabella von Kastilien und Ferdinand von Aragon, die spanischen Könige, wollten hier die Grablege aller künftigen Könige bauen. Aber es blieb bei den Gräbern für Isabella und Ferdinand und ihrem unbedeutenden Nachfolgerpaar. Die Kapelle ist wunderschön. Isabellas Kopf liegt etwas tiefer als der Ferdinands. Die Legende sagt, dass der Bildhauer damit dezent andeuten wollte, dass Isabella klüger war als ihr Gatte – ihr Gehirn war schwerer. Es gibt keine arabische Isabella, nur Scheherazade, die ihrem Sultan tausende Nächte lang Geschichten erzählen musste, damit er sie nicht umbringt. No comment.



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