Die wahre Geschichte hinter der Reichstagskuppel

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Der Stararchitekt Sir Norman Foster wird heute 90 Jahre alt. Der in einer Arbeiterfamilie geborene Norman hat es mit einer atemberaubendnen Karriere unter die besten und bekanntesten Architekten der Welt gebracht. Für seine Werk wurde er von der britischen Königin geadelt. Das bekannteste seiner Werke ist die sensationelle Reichtstagskuppel, auch als Foster-Kuppel gepriesen. Dabei war es nicht seine Idee.

Als der erste Bundestag nach der Vereinigung beschlossen hatte, Berlin nicht nur zur Hauptstadt, sondern auch zum Regierungssitz zu machen, wurde ein Wettbewerb ausgeschrieben, wie der Reichstag als neuer Parlamentssitz umgebaut werden sollte.

Diesen Wettbewerb gewann Norman Foster. Sein Entwurf sah aber eine Art Tankstellendach vor, das über die vier Türme gelegt und bis zum Spreeufer geführt werden sollte. Das stieß auf heftigen Widerstand der CSU, die damals noch nicht von der noch in den Babyschuhen steckenden Wokeness infiziert worden war. Sie forderte, dass die Kuppel des Reichstagsarchitekten Paul Wallot wieder errichtet werden sollte, was bei der SPD auf heftige Ablehnung stieß. Ohne Zustimmung der CSU konnte die schwarz-gelbe Koalition den Umbau nicht beschließen.

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Es begann eine lange, am Ende fruchtbringende parlamentarische Debatte.
Vor allem im zuständigen Bauausschuß wurde heiß und kontrovers diskutiert. Da brachte eines Tages der damalige Ausschußvorsitzende Dietmar Kansy den Wettbewerbsentwurf eines jungen spanischen Architekten mit, der einen gläserne Kuppel vorsah. Das brachte den Durchbruch. Die SPD forderte noch, dass die Kuppel aber begehbar sein müsste. Dann stand der Abstimmung nichts mehr im Wege. Sie ging mit 8 Stimmen gegen 7 für die Kuppel aus. Also wurde der Umbau so beschlossen.
Die damalige Parlamentspräsidentin Rita Süßmuth musste Norman Foster mitteilen, dass nicht sein Entwurf gebaut werden würde. Foster wollte das keineswegs einsehen. Er sei der Wettbewerbssieger und er würde nur so bauen, wie es sein Entwurf vorsah. Rita Süßmuth erwiderte, sie sie die Bauherrin und es würde gebaut, wie das Parlament beschlossen habe. Nach längerem Hin-und Her gab Foster nach.

Bei der Umsetzung der schwierigen Vorgaben, übertraf Foster sich selbst. Am Ende entstand eine Kuppel, die an ein Weltwunder grenzt. Als der Umbau 1999 an einem sonnigen Apriltag eingeweiht wurde, hatte Foster bei seiner Rede offenbar schon vergessen, dass nicht er die Idee hatte.
Ich gehörte zu den Parlamentariern, die als erste die Kuppel begehen durften. Ich war fasziniert und meinte, eigentlich fehle hier nur eine Tafel mit den Namen der acht Abgeordneten des Bauausschusses, die mit ihrer Stimme die Kuppel möglich gemacht haben.

Jahre später, als ich zu einem Alumni-Treffen des Saint-John’s-Colleges Cambridge eingeladen war, war ein Foster-Schüler mein Tischherr. Als ich auf seine Frage, woher ich käme antwortete, aus Berlin, sagte er: „Oh, da kennen Sie die Foster-Kuppel“. Nach gebührendem Lob erzählte ich ihm die Vorgeschichte und er war sehr erstaunt, denn seinen Studenten sagt Foster, dass es seine Kuppel sei. Das ist natürlich richtig, was die wirklich geniale Umsetzung betrifft. Er hat Lob und Preis redlich verdient. Ich habe mich aber oft gefragt, was der jungen spanische Architekt empfindet, dessen Idee wir das Wunderwerk zu verdanken haben.



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