Die Einstufung durch den Verfassungsschutz ist auch ein Versagen der AfD

Veröffentlicht am

Deutschlands Abgleiten in einen Gesinnungstotalitarismus wird mit jedem Tag bedrohlicher.

Jetzt ist der systematische Abbau von Freiheitsrechten sogar von der internationalen Öffentlichkeit nicht mehr zu übersehen. Kürzlich hat der renommierte “Economist” über die Bedrohung der Meinungsfreiheit in Deutschland berichtet: “Eines der freiesten Länder der Welt zertrümmert seine Reputation”, sagt das Blatt in seinem Artikel vom 16. April.

Nun hat der Verfassungsschutz, der nur noch der geschäftsführenden Innenministerin Faeser untersteht, die derzeit bei den Wählern beliebteste Partei Deutschlands als “gesichert rechtsextrem” eingestuft, ohne dabei das -laut Faeser ohne politischen Einfluss- erstellte 1100-seitige Gutachten der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die Öffentlichkeit soll die Gründe für eine so schwerwiegende Entscheidung nicht erfahren – das ist ein Angriff auf Demokratie und den Rechtsstaat. Statt offener Diskussion herrscht von nun an Repression. Es besteht wenig Hoffnung, dass der neue Innenminister Dobrindt das rückgängig macht. Schließlich hat er einen Koalitionsvertrag mitverhandelt, der selbst ein Angriff auf Demokratie und Rechtsstaat genannt werden muss.  Friedrich Merz erkauft sich seine Kanzlerschaft mit gigantischen Schuldensummen und bildet sich ein, dass die völlig verrückte Merkel-Ampel-Politik einfach mit mehr Geld noch etwas weitergemacht werden kann. Trotz dringendster Warnsignale, zuletzt durch den massiven Blackout in Spanien und Portugal, soll auch die „Energiewende“ genannte ruinöse Deindustrialisierungspolitik weitergehen. Die deutsche Industrie schaut bis auf einige Ausnahmen immer noch zur Seite oder hofft auf Sondersubventionen.

Die Verzweiflung im Land wächst und die Hoffnungen der Menschen ruhen auf der AfD. Wird wenigstens die AfD diesen Hoffnungen gerecht? Leider sieht es momentan nicht danach aus. Die AfD benimmt sich eher wie die letzte Bonner Funktionärspartei. Und ihr ist so oft gesagt worden, dass sie nichts tun muss, um neue Wähler zu gewinnen, dass sie selbst daran zu glauben scheint. Sie spiegelt den Merzkurs auf ganz eigene Weise: Sie macht bis dato einfach so weiter, wie in den letzten acht Jahren: Die innerparteiliche Funktionärs- und Mandatsträgerblase schachert im Hinterzimmer sachfremd um Nominierungsmehrheiten und versichert sich gegenseitig, wie schlimm die anderen sind. Obwohl man selber keinen wenig anders agiert. Offene Listen? Inhalte vor Eigenpostensicherung? Bis dato Fehlanzeige.

Und womit macht die Partei Schlagzeilen? Nicht etwa mit der Verdoppelung der Fraktion im Bundestag (und damit auch der Zahl der Mitarbeiter)? Nein, mit der Sonderkündigung ihres Vermieters der Parteizentrale am Stadtrand von Berlin. Weil, wie in jedem deutschen Parteiverein, der Grillstand im Hof und die „schönen Bilder“ offenbar wichtiger sind, als die Paragraphen in einem Mietvertrag oder auch nur das Verständnis für die Situation des Hausherrn in der gesellschaftlichen Situation in Deutschland. In der Erstreaktion lässt man sogar noch verlautbaren, dass der Hausbesitzer selber schuld ist, wenn er sich einen deutschen Parteiverein in sein Eigentum holt. Von dieser selbstverliebten Wahnsinnshaltung ist die AfD zwar wieder abgerückt, aber das Porzellan ist zerschlagen: Der Vermieter wird die Bundeszentrale der AfD aus seinem Eigentum rausklagen und rausräumen. Und jedes Gericht in Berlin wird dazu genüsslich die (richtige) Weidel-Rhetorik zum Thema Eigentum und Besitz zitieren.

Jetzt hat also das BfV, der Inlandsgeheimdienst der BRD, in einem Akt, den ich nur als Kamikaze-Attacke beschreiben kann, die AfD als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft.

Mag der Zeitpunkt überraschend gewesen sein (mich hat er nicht überrascht), so ist der Zug nicht nur lang angekündigt, sondern durchaus im Bereich des Denkbaren gewesen. In jeder professionell aufgestellten Organisation hätte man sich also systematisch auf dieses Szenario vorbereiten müssen, vor allem da man Ressourcen (Zeit, Abgeordnete, Mitarbeiter, Geld) zur Verfügung hat.

Es hätte ein politisch-juristischer Verteidigungsplan stehen müssen, der die  (absehbaren) Fehler der Gegenseite bloßstellt. Stattdessen kommt die AfD-Führung mit einer Presseerklärung, die sich so liest als ob Stephan Brandner sie in drei Minuten mit Hilfe einer KI erstellt hat. Keinerlei strategische Idee, keinerlei juristische Idee, sondern der ewige larmoyant-beleidigte Opfersound.

Hat die AfD-Führung nicht begriffen, dass die Lage wirklich ernst ist? Dass Deutschland eine Opposition braucht, die nicht politisch isoliert wird und deren Kräfte mit einem jahrelangen Verbotsverfahren gebunden werden? Haben die staats- und verfassungsrechtlichen Juristen, die die AfD-Führung beraten, denn überhaupt keinen Plan? So sieht es jedenfalls aus. Beratung von außen scheint in der AfD bis dato nicht gewünscht.

Die AfD kann ihre verfassungsgemäßen Rechte nicht durch Verweis auf andere Parteien verteidigen. Dass die AfD auf dem Boden der Verfassung steht (und davon bin ich überzeugt), muss sie einfach belegen, wenn sie es dem politischen Gegner nicht viel zu leicht machen will.

Was ist das Problem, bestimmte Aussagen („wir sind Demokraten, wir stehen auf dem Boden der Verfassung“) als ersten Satz in eine Kamera zu sprechen, bevor man wieder anfängt, whataboutism-„Argumente“ zu bringen? Natürlich ist es mehr als wahrscheinlich, dass das BfV-Gutachten „politisch“ beeinflusst ist – der Nachweis ist nur viel schwieriger, als der simple Verweis darauf, dass der Inhalt zu mehr als 90% substanzfrei ist. Dafür muss man sich  der inhaltlichen Diskussion stellen! Und auch der Diskussion um Personen und deren Äußerungen. Und zwar nicht im Hinterzimmer, nicht in Gremien, die ja zu fast 100% nur aus den am besten geschützten Parlamentariern der Bundes-, Landes und Europaebene bestehen, sondern in der Öffentlichkeit. Wenn die AfD endlich mal ausspricht, dass sie nicht verfassungsfeindlich ist, muss das BfV das Gegenteil beweisen – so und nicht anders läuft es in jedem Rechtsstaat – die Aussageverweigerung ist zwar auch ein Verfassungsrecht, aber ist hier die weder politisch, noch medial, noch juristisch bessere Strategie. Ganz im Gegenteil, es ist eine Katastrophenstrategie, die nur aus der Hinterzimmerblasen-Bunker-Mentalität erklärbar ist und damit auf fatale Weise den Verhaltensmustern der Maschinerie ähnelt.

Das in der Pressemitteilung des BfV vorgebrachte Zentralargument dreht sich um den Volksbegriff – das ist eine interessante und überhaupt nicht triviale verfassungstheoretische Diskussion. Wie hält es der Verfassungsschutz mit dem Begriff des deutschen Volkes im Grundgesetz?  Deutschland sei kein Einwanderungsland und würde nie eins werden, wurde der Abgeordnetengruppe  Bündnis 90/Grüne 1992 entgegengehalten, als wir ein Einwanderungsgesetz in den Bundestags einbringen wollten. Heute wird im Gegenteil behauptet, Deutschland sei ein Einwanderungsland, aber es hat immer noch kein adäquates Einwanderungsgesetz.

Arbeitet die AfD tatsächlich, wie vom BfV insinuiert, an einer „nicht verfassungskonformen Ungleichbehandlung“ „bestimmter Bevölkerungsgruppen“? Natürlich nicht, aber hier muss die AfD-Führung Klarheit schaffen: Sie darf keine rassistischen oder religionsfreiheitsfeindlichen Ideologien und Positionen dulden. Dies muss auch ausdrücklich für die Weltreligion Islam gelten (selbstverständlich nicht für Islamismus) und ausdrücklich auch für Menschen oder deutsche Staatsbürger mit muslimischem Hintergrund. Wenn diese Position nicht klar herausgearbeitet wird und sich dann auch in konkreten Handlungen bei Fehlverhalten umsetzt, dann wird die AfD auch die Sympathien im freiheitlichen Amerika verlieren.

Die AfD-Führung muss endlich ihrer Verantwortung gegenüber der eigenen Partei, den Wählerinnen und Wählern und unserem Land voll gerecht werden!

Kritik an der katastrophalen deutschen Migrationspolitik, an der teils völlig misslungenen Integrationspolitik, politische Debatten über verfassungsrechtskonforme und europarechtskonforme Steuerung und Begrenzung von Migration, über die Reglungen von Mehrstaatsbürgerschaften, über Remigration usw. usw. sind selbstverständlicher Teil des freiheitlich-demokratischen Diskurses, auch wenn sie im Ergebnis Gesetzes- oder Verfassungsänderungen notwendig machen.

Vielleicht hat diese letzte Patrone der Bonner Republik auch ihr Gutes: Vielleicht begreift die AfD-Führung jetzt endlich, dass ihr weitere Stärke nicht durch Nichtstun zufliegt, wie man sich offenbar im Hinterzimmer eingeredet hat. Die Partei muss sich der gesellschaftlichen Diskussion stellen, muss das Verbotsverfahren mit allen politischen und juristischen Mitteln abwehren und gleichzeitig trotzdem endlich richtig an den überfälligen Lösungen für unser Land arbeiten.

Denn wenn es ihnen „in den Gremien“ keiner sagt, dann spreche ich es aus: Auch die AfD ist als Projekt nur so gut, wie ihre politischen Erfolge. Die Partei ist eben kein Wert an sich. Insbesondere, wenn die Partei nicht in der Lage sollte, eine solche schwache, durchsichtige  Attacke abzuwehren.

 



Unabhängiger Journalismus ist zeitaufwendig

Dieser Blog ist ein Ein-Frau-Unternehmen. Wenn Sie meine Arbeit unterstützen wollen, nutzen Sie dazu meine Kontoverbindung oder PayPal:
Vera Lengsfeld
IBAN: DE55 3101 0833 3114 0722 20
Bic: SCFBDE33XXX

oder per PayPal:
Vera Lengsfeld unterstützen