Das verlogene moralische Theater um Döpfner

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Heute Nachmittag wurde ich durch eine Spitzenmeldung der Nachrichten von MDR-Kultur aufgeschreckt. Ministerpräsident Bodo Ramelow warf dem Springer-Chef Mathias Döpfner „Menschenverachtung“ vor. Der Ostbeauftragte der Bundesregierung Carsten Schneider fordert gar seinen Rauswurf als Konzernchef.

Was den weitgehend unbekannten Schneider betrifft, hat der die Gelegenheit ergriffen, endlich einmal seine Minute Ruhm zu ergattern, indem er einem der mächtigsten Männer der Meinungsmache-Branche vors Schienbein tritt. Der Mann ist geradezu todesmutig, denn er riskiert, bei der nächsten Einladung ins Springer-Haus übergangen zu werden – Ostbeauftragter hin oder her.

Die ganze Aufregung begann wegen eines investigativen Beitrags in der „Zeit“. Das Blatt hatte private E-Mails und Chats zugespielt bekommen, die Döpfner an Kollegen und Freunde verschickte. Es handelt sich also eher um Denunziation als Investigation. Dabei hat Döpfner auch despektierliche Bemerkungen über Ossis gemacht.

Fühle ich mich deshalb betroffen und beleidigt? Nein, denn wenn man die publizierten Beispiele Döpfnerscher Kommunikation liest, gewinnt man ehr den Eindruck, dass der Mann ein hochgradiger Choleriker ist, der, wenn er einen Schub bekommt, nicht mal mehr seine Orthografie im Griff hat. Wer diese Ergüsse ernst nimmt, ist eher arm dran.

Man muss Döpfner nicht mögen – ich persönlich habe ihn als äußerst arrogant erlebt, um sich zu fragen, ob nun auch in einem Edelfeder-Blatt wie die „Zeit“ jeder journalistische Anstand und rechtsstaatliches Verständnis abhandengekommen sind. Es handelt sich um rein private Äußerungen. Wären sie in Briefen niedergeschrieben worden, wäre es eindeutig eine Verletzung des Briefgeheimnisses. Das ist nach § 200 des Strafgesetzbuchs eine Tat, die mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe geahndet wird. Wenn der Gesetzgeber es bisher versäumt haben sollte, private E-Mails und SMS unter diesen Schutz zu stellen, müsste das schnellstens nachgeholt werden.

Abgesehen davon, dass es private Äußerungen sind, die Niemanden etwas angehen, sind sie voll von der Meinungsfreiheit gedeckt.

Weshalb also die ganze Aufregung? Döpfner ist den Linken ein heftiger Dorn im Auge. Da wird hurtig jede sich bietende, noch so schmutzige Gelegenheit ergriffen, einen Mann, der es wagt, die (inzwischen offiziell als absurd eingestandenen) Corona-Maßnahmen zu kritisieren, der Trump mag und Merkel ablehnt, der die Marktwirtschaft gegenüber den sozialistischen, Planspielen bevorzugt, der nicht der Klimahysterie erlegen ist, offiziell zu zersetzen.

Wie absurd das Theater ist, das heute der Öffentlichkeit vorgespielt wird, zeigt sich in den Äußerungen des Ostbeauftragten, der Döpfner vorhält, Medien hätten die Aufgabe, ein realistisches Bild der Gesellschaft zu zeichnen. Wo war seine Stimme, als Kanzlerin Merkel nicht in einer privaten E-Mail, sondern coram publico behauptet hat, in Chemnitz hätten ausländerfeindliche Hetzjagden stattgefunden und diese Hetze gegen eine ostdeutsche Stadt, trotz aller Erkenntnisse, dass dies eine Finte der „Antifa Zeckenbiss“ war, aufrechterhalten wurde?

Diesem Beispiel könnten hunderte angefügt werden, z.B. Äußerungen von grünen Politikern über Dresden oder Sachsen. Dresden sollte nach deren frommen Wünschen noch einmal von Bomber Harris plattgemacht, Sachsen als Atommüllager umfunktioniert werden. Das war auf Twitter zu lesen, ohne dass es gesperrt wurde. Ein verlogener moralischer Furor Schneiders nervt mehr, als es die privaten Ergüsse eines mutmaßlichen Cholerikers je könnten. Zumal Letzterer, wenn er offiziell schreibt und spricht, überwiegend vernünftige Sachen von sich gibt.



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