An den Taten soll man sie messen: Armin Laschets unterschätzte gute (Personal-)Politik

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Von Gastautor Philipp Lengsfeld (CDU-MdB 13-17)

Der deutsche Diskurs krankt leider an einem hohen Maß an Ambiguitätsunfähigkeit – zu oft ist immer alles schwarz oder weiß, gut oder böse. Dabei gerät das Machbare, die Realpolitik, der gute Kompromiss nach echter inhaltlicher Auseinandersetzung (im Gegensatz zum faulen Kompromiss-Geschacher nach intensivem Gemauschel) zu oft aus dem Blick und die Personen, die für einen Kurs der machbaren Mitte stehen, zu oft in die Defensive.

Ein Paradebeispiel für diesen misslichen Mechanismus ist der Blick vieler Konservativer auf Armin Laschet. Dieser Text versucht sich dieser Verkürzung entgegenzustellen um gerade bürgerlich-konservativen Leserinnen und Lesern den Blick dafür zu schärfen, dass schon die fehlende Unterstützung von Armin Laschet, aber noch mehr ein offenes oder verdecktes Arbeiten gegen ihn und sein Team absolut kontraproduktiv ist.

Zunächst möchte ich einen ganz simplen, aber fundamentalen Punkt in Erinnerung rufen: Armin Laschet hat im Mai 2017 in NRW, dem bevölkerungsreichsten Bundesland Deutschlands, die Wahl gewonnen, eine amtierende rot-grüne Landesregierung in die sprichwörtliche Wüste geschickt und durch eine bürgerliche Koalition, einer Koalition aus CDU und FDP abgelöst. Eine Koalition, die mittlerweile eine Minderheit, ein Unikat darstellt, im Reigen von CDU-SPD (Bund, Saarland), SPD-CDU, (Niedersachsen), CDU-Grüne-FDP (Schleswig-Holstein), CDU-SPD-Grüne (Sachsen-Anhalt), SPD-CDU-Grüne (Brandenburg), CDU-Grüne-SPD (Sachsen), Grüne-CDU (BaWü), CDU-Grüne (Hessen) oder CSU-Freie Wähler (Bayern).

Schon allein deshalb lohnt es sich bei der momentan einzigen CDU geführten schwarz-gelben Koalition genau hinzuschauen. Und das Bild ist auch auf Grund guter Personalwahl nicht schlecht.

Herbert Reul, den ich in der 18. Wahlperiode als bürgerzugewandten Europaparlamentarier kennengelernt habe (wir haben zusammen gegen die elende, sehr zählebige Zeitumstellerei in Europa gekämpft) macht als NRW-Innenminister einen mehr als ordentlichen Job – hier hat ganz sicherlich auch geholfen, dass Armin Laschet im Wahlkampf inhaltlich und personell einen Schwerpunkt auf Innen- und Sicherheitspolitik gelegt hat – bearbeitet, versprochen, Vertrauen errungen, geliefert. So geht gute, demokratische Politik. Nur ein Stichwort, aber von enormer Bedeutung, nicht nur in NRW: Bekämpfung von Clan-Kriminalität.

Aber nehmen wir weitere bürgerlich-konservative Herzensthemen: Verkehrs-, Wirtschafts- Energie- und Bildungspolitik. Auf all diesen Gebieten macht NRW Schritte in die richtige Richtung. Eine runtergewirtschaftete Infrastruktur muss durch massives Bauen wieder saniert und aufgebaut werden. Aber bevor gebaut wird, müssen Planungen zielgerichtet und effektiv auf den Weg gebracht werden. Beides macht Verkehrsminister Hendrik Wüst – ein kompetenter und durchsetzungsstarker Nachwuchskader aus dem immer kleineren Personalpool einer ansonsten ziemlich ausgezehrten Alt-CDU.

Beachtenswert ist auch, wie Armin Laschet durch das moralisierend, medial komplett aufgeheizte Thema Klima- und Energie navigiert – immer mit dem natürlich in dieser Frage auch idealen politischen Partner, der FDP, an der Seite gelang und gelingt es ihm sogar in den Hochzeiten der Freitagshysterie nicht den Kopf zu verlieren – Armin Laschet weiß halt, was der Rest des Landes noch lernen muss: Von heißer Luft wird kein Stahlkocher angetrieben und es gibt keine sicherere Arbeitsplatzvernichtung als zu teure (und bald dann auch noch unzuverlässige) Energie. Unter Führung von Armin Laschet kann man nicht nur berechtig hoffen, sondern fest darauf setzen, dass Deutschland nicht noch einmal einen Fukushima-Totalaussetzer in der Energiepolitik haben wird. Weil es eben nicht nur für NRW und den Osten, sondern für das ganze Land absolut verheerend wäre. Armin Laschet wächst sich nicht umsonst zu einer Art Endgegner des CO2-Grünismus (der mittlerweile ja auch große Teile der CSU aus der Spur gebracht hat) aus.

Und auch in der für die Zukunft so wichtigen Bildungspolitik steuert Laschet mit der FDP einen vernünftigen Kurs der Mitte – z.B. Rückkehr zu längerem Weg zum Abitur (obwohl ich selber als Ostler immer für 12 Jahre war, weiß ich mittlerweile, dass eine unnötige Hetzerei für die Abiturientengeneration, die dann bis zu 50 Berufsjahre vor sich hat, wirklich absolut unnötig ist). Schwarz-Gelb hat in NRW auch die verheerende Dogmatisierung der Inklusionsidee verlangsamt und das Vorantreiben des Schließens von Förderschulen gestoppt.

Und was ist mit der Politik, für die er oft von eher rechter Seite attackiert wird, z.B. beim Thema Integration? Auch hier sehe ich den die letztlich große Weitsicht des liberal-konservativen Kurses in NRW: Wir werden in Deutschland nicht erfolgreich sein, wenn wir die vernünftigen Kräfte des migrantischen Milieus nicht einbinden – dies gilt besonders für das konservativ-bürgerliche Lager. Und da sind moderat islamische Kräfte Partner, auf die man zugehen muss, mit Angeboten und Forderungen. Dass dabei auch Fehler passieren können, die korrigiert werden müssen, gerade wenn ein wichtiges Land wie die Türkei, ähnlich wie Russland auf dem Weg der verstärkten Autokratisierung ist, liegt in der Natur der Sache. Aber ein Christentum-Islam-Gegensatz als schwarz-weiß-Schablone ist da klar zu unterkomplex (siehe Eingangsstatement).

Das erfolgreiche und stabile bürgerlich-konservative Regieren hat es Armin Laschet möglich gemacht zuerst den CDU-Parteivorsitz und dann die Kanzlerkandidatenschaft zu erkämpfen. Und das in einer Art Zwei-Fronten-Situation: Auf der einen Seite Söder (offen) und Kanzlerin (verdeckt) gegen sich, die beide zu Recht vermuten, dass ein Kanzler Laschet mit der grün-zeitgeistigen gute-Überschriften-gute-Bilder-Masche als Politikersatz aufräumt, denn Deutschland hat schlicht seine Reserven verbraucht – wir können uns diesen Kurs einfach nicht mehr leisten. Und er führt auch in wirtschaftliche, soziale und politische Sackgasse. Und auf der anderen Seite die zutiefst verunsicherte konservative Mitglieder- und Anhängerbasis, die ihre ganze Hoffnung und Verzweiflung auf Friedrich Merz projiziert hatte.

Aber auch hier sollten wir Armin Laschet an seinen Taten messen und die lassen klar hoffen: Friedrich Merz als Mann der wirtschaftlichen und finanzpolitischen Vernunft hat er schon eingebunden und auf seine Seite gezogen. Mit Carsten Linnemann, Chef des Wirtschaftsflügels der Union wird er hoffentlich zusätzlich auf den Mann setzen, der genau weiß, in welche Schwierigkeiten und Untiefen uns die Altmaiersche Umsetzung der Merkel-rot-grünen Doppelausstieg-Weltvorbilds-CO2-Erlösungsphantasien geführt hat – wenn das Wort Wende nicht schon so massiv beschädigt wäre, würde ich glatt eine absolut notwendig “Wirtschaftswende” postulieren. Flankiert durch die europapolitische Vernunft von Manfred Weber (CSU), auch ein Mann der vom Duo Merkel-Söder klein gehalten wurde und durch Andi Jung, der von den „Klima“verantwortlichen in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion der mit Abstand Vernünftigste ist. Auch die Frauen aus dem sich herauskristallisierenden Laschet-Team stehen in den jeweiligen Feldern für moderne, liberal-konservative Politik: Serap Güler im Bereich Integration, Annegret Kramp-Karrenbauer für den Bereich Innen (hier hat sie im Saarland auch wirklich einiges bewegt) und Tanja Gönner für den immer wichtigeren Bereich Entwicklungspolitik.

Bin ich zu positiv?

Vielleicht, aber ein Schuss Optimismus hat noch nie geschadet und zumindest das reklamiere ich für mich: Politik beginnt mit dem Betrachten der Wirklichkeit. Und da ist ein wohlwollender Blick immer noch ein Blick.

Und eines lehrt die Geschichte der Grünen in den letzten Jahren ganz klar: Sie sind nur so erfolgreich, wie wir es zulassen, dass sie mit ihren Dogmen und Schauermärchen die öffentliche Bühne und den  Diskurs besetzen. Und das sollten wir ihnen nicht zu leicht machen.

Und auch das ist klar: Jedes Terrain, das wir durch Kleinmut, Faulheit oder Eitelkeit kampflos räumen, ist für lange Zeit verloren. Das darf nicht passieren.



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