Sieben Energiewendemärchen? – Ein Buch für Unzufriedene

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„Eine Vorlesungsreihe für Unzufriedene“ lautet eigentlich der Untertitel des Buches von André D. Thess, Physiker, Professor für Energiespeicherung an der Universität Stuttgart und Direktor des Instituts für Technische Thermodynamik des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt. Aber dieses „Märchenbuch“ ist nicht nur für eine studentische Leserschaft bestimmt, sondern für alle, die mit abgeschlossener Schulbildung und wachem Verstand Unbehagen bei der Betrachtung der deutschen Energiewende empfinden. André Thess rührt nicht an der These eines vorwiegend vom Menschen verursachten Klimawandels, doch er unterzieht eine Auswahl der daraus abgeleiteten Maßnahmen einer Betrachtung nach wissenschaftlichen Kriterien, die einen geradezu unglaublichen Dilettantismus zutage fördert.

So kann er mit dem einfachen Kriterium der CO2-Vermeidungskosten beispielsweise zeigen, dass die Anschaffung eines Elektroautos einen ausgesprochen ineffizienten Akt des Klimaschutzes darstellt. Sein Buch enthält eindrucksvolle Beispiele der ideologisch motivierten Verschleierung unwillkommener Ergebnisse von Klimaschutzprojekten bis hin zur bewussten Täuschung von Steuerzahlern und privaten Förderern. Das beginnt bei dem Versprechen der Deutschen Bahn, ihre Fahrgäste mit 100% Ökostrom zu befördern und setzt sich fort bei Maßnahmen der Kompensation von CO2-Emissionen beim Luftverkehr, für die Anbieter wie atmosfair oder myclimate verantwortlich zeichnen. So bedurfte es kriminalistischer Ermittlungsarbeit des Autors, um die Wahrheit über das in Indien gelegene Solarenergieprojekt India One zu eruieren. Das vom deutschen Steuerzahler mit sechs Millionen Euro und durch private Flugkompensationsgelder in Höhe von 36.000 Euro finanzierte Vorhaben hat – weil es in Indien eine Regenzeit gibt, während der die Sonne nicht scheint – nur 19% der im Gold-Standard-Bericht benannten jährlichen Energie erzeugt.

André Thess scheut sich auch nicht, in seinem Buch einzelne interessante Fakten zu benennen, welche die Mainstreammedien verschweigen oder die im Widerspruch zur offiziellen Meinung stehen. Wer weiß schon, dass das IPCC, auf dessen Verlautbarungen sich die deutsche Klimapolitik ständig beruft, die Erzeugung von Strom durch Kernkraftwerke als CO2-Vermeidungstechnologie anerkannt hat? In klarem Widerspruch zur Behauptung der neuen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen: „Der europäische Grüne Deal ist unsere neue Wachstumsstrategie,“ postuliert der Autor einen Wohlstandsrückgang durch die mit diesem Deal verbundene CO2-Verteuerung von Gas, Öl, Kohle und Kalk. Er führt die Tatsache an, dass global und national die Ärmsten von diesem Wohlstandsverzicht am stärksten betroffen sein werden. Und er stellt auch die Frage, wer das finanzielle Risiko trägt, wenn billionenschwere Klimaschutzprogramme zwar einerseits den weltweiten Wohlstand einschränken, aber andererseits die prognostizierte Klimaschutzwirkung verfehlen.

Die „Sieben Energiewendemärchen“ begnügen sich nicht mit der Kritik an einer verunglückten Energiewende und am paternalistischen Einfluss des Staates auf Technologieauswahl und Ökonomie. Der Autor präsentiert auch intelligente Alternativen wie die energieopulente Villa oder das Nanomobil. Ob eine verarmende Gesellschaft sich diese Innovationen leisten kann, ist dabei eine offene Frage.

Aus Sicht anderer Fachleute vertraut André Thess in seinem Kapitel 4 zu sehr der prinzipiellen Machbarkeit von Klimasimulationen. Dass die für die Modellierung benötigten Massenströme an Grenzflächen (wie der CO2-Austausch mit dem Erdboden) sich einer exakten Berechnung entziehen und als Schätzung vorgegeben werden, wird beispielsweise nicht erwähnt. Dies ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass sein Buch überaus lesenswert ist. Für die Lektüre sollte man sich ein wenig Muße nehmen und kann dabei vielleicht auch einige Minuten dem Nachdenken über die Bedeutung der drei Zahnräder auf seinem Umschlag widmen.

Sieben Energiewendemärchen? – Ein Buch für Unzufriedene

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