Am Aschermittwoch war alles vorbei

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Immerhin hatte Friedrich Merz im Thüringischen Apolda die ganz große Bühne, angeblich war es der politische Aschermittwoch mit dem größten Zulauf, um zu demonstrieren, dass er kein Hoffnungsträger für die schwer angeschlagene CDU ist. Der Lärm der Blaskapelle, die Ovationen, die wie ein tausendfacher Hilfeschrei anmuteten, das freigiebig fließende Bier, das die Rufe „Wir können Kanzler“ begleitete, übertönte den Inhalt der Merzschen Rede, der besagt, dass mit diesem Mann kein Retter kommt, der die von Merkel entkernte und orientierungslos dahin driftende Partei wieder Halt und Boden unter den Füßen geben könnte.

Am Aschermittwoch Morgen war in den Nachrichten die Meldung zu hören gewesen, dass der Vorstand der Thüringer Landespartei beschlossen hatte, den von Verhandlungsführer Mario Voigt sogenannten „historischen Kompromiss“ mit der abgewählten rot-rot-grünen Koalition zu billigen und die Wahl von Bodo Ramelow zum Ministerpräsidenten sicher zu stellen. Demnach haben sich mindestens vier CDU-Abgeordnete bereit erklärt, Ramelow im ersten Wahlgang zur erforderlichen absoluten Mehrheit zu verhelfen. Damit wird die CDU zur Blockpartei erniedrigt. Der Lohn dafür ist, dass die Landtagsabgeordneten noch ein Jahr Diäten beziehen, höhere Übergangsgelder und eine erhöhte Altersversorgung erwarten können. Sie haben damit unmissverständlich ihr Politikverständnis offengelegt: Politik ist für sie ein Selbstbedienungsladen, die Partei ist nur ein Entrebillett zum self service und die Wahlbürger haben nur die Funktion, für volle Kassen zu sorgen. Wehe, wenn Letztere falsch wählen, dann werden sie mit massiver Gehirnwäsche drangsaliert und, wenn die nicht verfängt, ausgegrenzt. Steuergeld nimmt man selbstverständlich auch von „Nazis“. Non olet.

Wenn Merz wirklich eine Erneuerung der CDU im Sinn hätte, wäre es am Abend mehr als angebracht gewesen, das Verhandlungsergebnis, das Ramelow die Wiederwahl garantiert, als einen weiteren Meilenstein auf dem Weg zur Zerstörung der CDU zu entlarven und mithilfe der zahlreich anwesenden Basis die Landtagsabgeordneten aufzufordern, sich der beschlossenen Hilfe für den Linken zu verweigern. Denn es geht nicht nur um die Wahl eines Ministerpräsidenten, sondern die CDU-Verhandlungsgruppe hat dafür gesorgt, dass es statt einer Übergangsregierung, die nur die Aufgabe gehabt hätte, die Neuwahl zu organisieren, eine komplette rot-rot-grüne Regierung installiert wird, die ein Jahr Zeit hat, die ihr wichtigen Projekte, wie Mietendeckel für Thüringen, Erfassung der Reichen in einem Reichtumsbericht, wie es in Berlin bereits vorexerziert wird und Windräder im Thüringer Wald durchzusetzen. Außerdem soll noch viel mehr Geld in die sogenannte „Zivilgesellschaft“ fließen, die es sich im unermüdlichen „Kampf gegen Rechts“ zur Aufgabe gemacht hat, alle Kritiker der Regierungen als „Nazis“ zu denunzieren. Die CDU-Verhandlungsführer haben sich auch nicht davon beirren lassen, dass längst Demokraten aus den eigenen Reihen auf der Abschussliste der emsigen Nazijäger stehen und die antifaschistischen Bodentruppen in den letzten Wochen, auch während der Verhandlungstage, bundesweit demonstriert haben, wie man mit den „Nazis“ von CDU und FDP umgeht. All dem sollen und werden die CDU-Landtagsabgeordneten in Zukunft zustimmen. Von diesem Kotau wird sich die Partei nie wieder erholen.

Kein Thema für Friedrich Merz. Zwar keilte er gegen Bodo Ramelow unter dem Jubel seiner Zuhörer aus, aber den Presseberichten ist nicht zu entnehmen, dass er den Landtagsabgeordneten ins Gewissen geredet, oder gar Forderungen an sie gestellt hätte. So ist die Ramelow-Schelte nicht mehr als eine leere Geste, die nur dafür gut ist, die Mitglieder und Wähler der Partei hinter die Fichte zu führen.

Einen großen Teil seiner Rede widmete der falsche Hoffnungsträger, um in den Zeitgeistkampf gegen rechts einzustimmen. Statt die unverschämte Instrumentalisierung des Massenmordes von Hanau zu thematisieren, stimmt er in den Chor derer ein, die der politischen Konkurrenz eine angebliche Mitschuld an der Tat eines Schizophrenen, dessen Vater für die Grünen kandidiert hat, zuschieben und sich damit an der verhängnisvollen Spaltung des Landes zu beteiligen.

Er warnte vor dem „ausufernden und immer gefährlicher werdenden Rechtsextremismus” in Deutschland. „Wir haben dieses Problem unterschätzt.“ Mit „wir“ meint er in diesem Fall die Union sich gegen alle stellen müsse, „die da etwas relativieren“ wollten. Er benutzt nicht noch einmal das Wort „Gesindel“, betont aber, dass die AfDler „von uns keine Hand gereicht bekommen.“

Der Beifall soll in diesen Minuten etwas schwächer geworden sein, was Merz aber offenbar nicht irritiert hat.

Wie wenig eine wirkliche Neuausrichtung der Partei von ihm zu erwarten ist, ist spätestens an der Stelle klar, als Merz verkündet, zu seinem Team als künftiger Parteivorsitzender sollen Jens Spahn und Armin Laschet gehören, die sich gerade verbündet haben, um die Merkellinie in der CDU zu verteidigen. Selbst dem zu Recht ins Abseits gestellten Mike Mohring, der mit seinem Schlingerkurs aus Eigeninteresse, als er erst schon eine Stunde nach der schweren Wahlniederlage aus „staatspolitischer Verantwortung“ mit der Linken koalieren wollte und von der Partei zurückgepfiffen werden musste, sich dann als „Werber“ gegen eine Tolerierung von Rot-Rot-Grün zu verkaufen suchte, eine Rückkehr in die Politik prognostizierte. Erneuerung sieht anders aus.

Nein, wer auf Merz setzt, hat schon verloren. Die einzige Hoffnung für die todwunde CDU ist die Parteibasis. Die Mitglieder, besonders die in Thüringen, haben eine letzte Chance, das Verhängnis noch zu stoppen, indem sie den Landtagsabgeordneten klar machen, dass sie mit keiner Wiederaufstellung rechnen können, wenn sie Ramelow wählen. Das wäre das einzige Signal, das die Abgeordneten verstehen würden. Jeder kann zum Telefonhörer greifen und die Büros der Landtagsabgeordneten anrufen. Selbst wenn die nicht die Abgeordneten, sondern nur ihre Mitarbeiter erreicht werden können: Die Botschaft wird ankommen.



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