Georgien weist auf engem Raum eine faszinierende Vielfalt von Regionen und Klimazonen auf. Von den subtropischen Schwarzmeergebieten über das Hoch- über Mittelgebirgsklima bis hin zu ariden Wüstenzonen gibt es alle denkbaren Abstufungen. Manche kann man an einem Tag erleben.
Im Jahre 1739 wurde
Anamuri von einem benachbarten Fürsten mithilfe dagestanischer Krieger überfallen. Der gesamten Familie wurden erst die Augen ausgestochen, dann wurden alle hingerichtet. Nach Rückeroberung der Festung wurde der rechtmäßige Erbe der ermordeten Familie wieder eingesetzt. Aus Dankbarkeit ließ der neue Festungsherr die Mariä Himmelfahrtskathedrale ausmalen. Ein Teil der heute noch erhaltenen Malereien zeigen das grausame Schicksal Familie. Die erhaltenen Gebäude sind aus dem 17. Jahrhundert. Allerdings findet man auch hier Einsprengsel frühchristlicher Kunst, wie ein kunstvolles Steinrelief am Eingang der Kathedrale, das den Sieg Christi über das Böse zeigt. Auch auf der Rückseite sind Steinmetzarbeiten aus dem 5. -7. Jahrhundert in die Fassade eingefügt.Rings um die Festung haben sich zahlreiche Händler
niedergelassen, die alles anbieten, was das Touristenherz begehrt. Besonders beliebt sind die georgischen Trinkhörner und Messer. Aber Tücher und Schals aller Art. Interessanter sind die kulinarischen Angebote: Es gibt frisch gepressten Granatapfelsaft, Walnüsse, georgische Äpfel, Honig, Weintrauben, Beeren, Fladen, süß oder herzhaft gefüllt und allerlei Süßspeisen. Etwas abseits steht ein Wagen, der Burger anbietet, aber ein Pariadasein führt, was hoffentlich so bleibt.Je tiefer man kommt, desto vielfältiger wird der Straßenverkehr. Kühe weiden am Straßenrand, ab und zu stehen sie auch mitten auf der Fahrbahn. Hühner, Hunde, meist herrenlos, erfordern die ganze Aufmerksamkeit der Fahrer. Die Häuser in den endlosen Straßensiedlungen sind meist noch grau, aber mit Wein- oder Obstspalieren bedeckt.
Im Museum umgibt den Besucher die bedrückende Pracht der stalinschen Zuckerbäckerzeit.
Das Interieur ist in einem deprimierenden dunkelbraun gehalten, das lediglich durch beige Einsprengsel aufgehellt wird. Im Museumsladen, der unpassenderweise Shop heißt, was Stalin nie gebilligt hätte, gibt es vom Stalin-Sticker über Beutel und Taschen mit seinem Bild bis hin zum Stalinwein alles, was man sich nicht vorstellen mag.Offensichtlich werden alle Touristengruppen, die sich in der Gegend aufhalten, hierher umgeleitet. In der Präsentation wird jeder Hinweis auf die Verbrechen Stalins vermieden. Als einer aus unserer Gruppe nac
h den Säuberungen und Schauprozessen 1938 fragt, bekommt er zur Antwort, dies seien kollektive Entscheidungen gewesen. Danach wird er von unserm georgischen Reisebegleiter abgewiesen, den Vortrag nicht zu unterbrechen.Ich war nach zehn Minuten schon geflüchtet. Draußen machte ich mich auf die Suche nach der Festung
Gori, die einst der Belagerung von Pompeius Magnus getrotzt hat. Auf der Karte hatte ich gesehen, dass sie sich nicht weit weg vom Museum befindet. Vorher gelang es mir noch, einen Blick in Stalins Salonwagen zu werfen. Das private Abteil des Generalissimus ist kaum drei mal zwei Meter groß, mit einer Liege und einem Schreibtisch ausgestattet. Eine Tür führt zum Bad. Stalins Wanne hat eine Holzabdeckung, sodass seine Blöße verborgen blieb, wenn heißes Wasser nachgeschüttet wurde.Die Festung, auf die es in der Stadt kein Hinweisschild gibt, fand ich ziemlich leicht. Auf dem Weg dahin kam ich in Straßen, deren alte, schöne Zielhäuser von
Goris eleganter Vergangenheit zeugten. Die Festung liegt auf einer steilen Anhöhe. Obwohl nur noch ein Bruchteil erhalten ist, wirkt sie immer noch imposant. Auf meinem einsamen Aufstieg schloss sich mir einer der herrenlosen Hunde an, die überall in Georgien herumlaufen. Ein gelber Chip im Ohr zeigte an, dass er registriert ist. Oben war ich, abgesehen von zwei Bauarbeitern, die im Gras lagen, um sich von ihren Restaurierungsarbeiten zu erholen, allein. Weil die Mauern nur noch rudimentär vorhanden sind, hat man einen ungehinderten Rundumblick, der atemberaubend ist. Gori liegt am Zusammenfluss zweier Flüsse, die weite Ebene ist ringsum von Bergen umgeben. In der Ferne gewahrte ich die schneebedeckten Gipfel des Hochkaukasus.Der Hund, ganz Kavalier, begleitete mich den ganzen Weg zurück bis zum Bus und bekam zum Dank etwas zu fressen.