Stabile Regierung oder Kotau?

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Von Gastautorin Gabriele Rausch

Was mir aus Sachsen im Kopf blieb, als ich diese Woche in den Kurz-Urlaub nach Kärnten aufbrach, war die Aussage des sächsischen Ministerpräsidenten, dass er in der Koalition mit SPD und Grünen eine stabile Regierung für Sachsen sehe.
Stabil, sich mit zwei Parteien des linken Mainstreams einzulassen, die die Sachsen in einstellige Ergebnisse verwiesen hatten? Man reibt sich die Augen.
Ich dachte zuerst, das sei vielleicht Taktik, um nicht in den Verruf zu kommen, sich von der AfD dulden zu lassen oder gar mit ihrer Hilfe zu regieren! Wäre ganz einfach, in die Verhandlungen zu gehen, in denen ganz schnell die Unvereinbarkeit ein Zusammengehen unmöglich machen würde. Dann eine Minderheitsregierung zu starten und gleichzeitig dem Prügel aus Berlin zu entgehen, würde Sinn machen.
Aber was meint Kretschmer nun mit „stabiler Regierung“?
45 Sitze CDU, Linke, Grüne und SPD kommen zusammen auf 36 Sitze, die AfD bekommt 38 Sitze im neuen Sächsischen Landtag.
Spielen wir die angeblich stabile Regierung mal durch. Eine Regierung aus CDU (45), SPD (10) und Grünen (12) hätte eine rechnerische Mehrheit. Es ist klar, dass die kleinen Partner sich schon in der Postenverteilung auf keinen prozentualen Anteil einlassen werden, der sich aus ihrem Wahlergebnis ableiten ließe. Nichts mit stabil!
Die CDU müsste auch bei ihrem Programm Abstriche von den dem Wähler versprochenen Zielen machen, da diese von den kleinen Partnern nicht mitgetragen würden.
SPD und Grüne würden versuchen, so viel wie möglich aus ihrem eigenen Wahlprogramm in den Koalitionsvertrag einzubringen. Mir geistern gruselige Bilder durch den Kopf, die der Sachse zu 70 % nicht gewählt hat.
Also viel CDU-Profil würde schon gar keinen Eingang mehr in die Politik der nächsten Legislaturperiode finden. Es würde wieder alles im Koalitionsvertrag verwässert.
Wie sehe die „instabile Regierung“ aus? Man könnte die CDU erstmals an ihren Versprechen messen. Alles kann umgesetzt werden. Mit 45 Sitzen gegen 36 Sitze des linken Lagers oder 38 Sitze der AfD kann man eigentlich nur auf die Nase fallen, wenn alle Oppositionsparteien gemeinsam gegen die CDU stimmen würden.
Vorteil wäre, Beschlüsse, die in den Landtag kämen, kämen damit in die öffentliche Diskussion und ins Blickfeld der Wähler! Die Opposition stände somit ständig unter Beobachtung, ob sie für Sachsen oder gegen die CDU entscheidet. Wir kämen vielleicht endlich mal zu einer Sacharbeit und es gäbe eine gescheite Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit um die Themen der Regierung.
Vielleicht war die Festlegung der CDU gegen die AfD im Wahlkampf nötig? Bleibt zu hoffen, dass die CDU-Mitglieder ihren Teil mitreden werden. Ich schau mir den Wahlkampf morgen mal in Kärnten an. Bin gespannt auf Sebastian Kurz und wie er sich im Wahlkampf positioniert. Sollte er mit seiner ÖVP weiter zulegen und in die Nähe von 40% kommen, könnten sich ähnliche Gedankenspiele ergeben wie in Sachsen.



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