Sechster August 1989
Nach dem Eingeständnis vom Vortag, dass die DDR ein Flüchtlingsproblem hat, folgt nun die Drohung: die Regierung warnt ihre Bürger davor, ihre Ausreise durch die bundesdeutschen Botschaften erzwingen zu wollen. Über den Allgemeinen Deutschen Nachrichtendienst gibt sie bekannt, dass Reisefragen eine „innere Angelegenheit der DDR“ sind.
Damit soll signalisiert werden, dass Hilfe der Botschaften für DDR- Flüchtlinge als eine Verletzung der „Souveränität“ der DDR angesehen werden würden.
Während der Flüchtlingsstrom mit jedem Tag weiter anschwillt, gibt es andere Bürger, die sich immer nachdrücklicher in die „inneren Angelegenheiten“ der DDR einmischen.
Trotz der Ferien findet in Dresden eine große Protestdemonstration statt. Etwa 1500 Menschen erheben ihre Stimme gegen ein geplantes Reinstsiliziumwerk im Stadtgebiet.
Der Dresdener Parteichef Hans Modrow ist überrascht von der Stärke des Protestes. So etwas ist bislang noch nicht vorgekommen. Die Demonstration wird genau beobachtet, aber nicht behindert. In den Tagen darauf haben viele Demonstrationsteilnehmer unangenehme Fragen auf ihrer Arbeitsstelle zu beantworten.