Blick über die Grenze des Tellerrands

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Antisemitismus in Deutschland – eine Fehldiagnose?
Die Analyse aus britischer Sicht

von Gastautor Josef Hueber

THEMA „GRENZEN“ BITTE AN DER GARDEROBE ABGEBEN
Grenzschutz ohne Wenn und Aber einzufordern, wirkt in Gesellschaft wie Mundgeruch. Darauf zu beharren, provoziert im Gespräch, falls dieses tatsächlich einmal Smalltalk-Banalitäten überschreitet und das Tabu-Thema Immigration berührt, das Zurückweichen des Gegenübers, mehr oder weniger höflich in der Form.

WO ES UM DEN EIGENEN TELLER GEHT, SIEHT DAS ANDERS AUS
Die Einhaltung der Grenze des Tellerrands bei der Einnahme von Mahlzeiten hingegen ist auch bei den Weltoffenen immer noch ein soziales Muss. Die eingefleischten Welcome-Fantasten wären empört, wenn beim Verzehr des eigenen Fleischtopfes das Gegenüber die Grenze zum fremden Besitz nicht respektierte und sich mit dem Besteck am fremden Eigentum vergriffe. Der Schutz der eigenen Tellerrandgrenze hat in diesem Zusammenhang Vorrang vor dem ansonsten vertretenen Open-Borders-Geschwafel. So könnte eine Alltagssituation zum Raum der Erkenntnis in politischen Gegenwartsfragen werden.

DER TELLERRAND IN DEN DEUTSCHEN MERKEL-MEDIEN
Dabei  hat sich die Redewendung, jemand bilde sich Meinungen, ohne den Blick über den Tellerrand hinaus zu richten und so die Grenze des eigenen Denkes zu überschreiten, als vernichtendes Urteil über Borniertheit etabliert. Das Bemühen richtig zu denken wird erfahrungsgemäß nur dann mit belastbaren Ergebnissen belohnt, wenn Widersprechendes außerhalb des Inner Circle zumindest geprüft und in die eigenen Überlegungen einbezogen wird.

DIE VERMERKELTEN MEDIEN TUSCHELN UNTER SICH
Die „Meinungssoldaten“ in den vermerkelten deutschen Medien zeichnen sich offensichtlich nicht dadurch aus, dass sie zur herdenorientierten Meinungsbildung den Widerspruch jenseits des Tellerrands deutscher Blätter suchen oder gar reflektierend einbeziehen.

Hier eine unrühmliche Erfahrung mit der hochtrabendsten deutschen Zeitung mit nur klugen Lesern hinter dem XXL-Format. Als widerwilliger Abonnent der mit einem zunehmenden Linksdrall politisch taumelnden FAZ kann ich mich bei der Lektüre der Leitartikel nicht erinnern, im politischen Diskurs ausländische, widersprechende Meinungsbilder als Orientierung zitiert zu finden. Die Fenster zur Welt des Widerspruchs während der Redaktionsarbeit bleiben offensichtlich geschlossen.

Und im Fernsehen? Kommen dort, etwa in den Nachrichtensendungen von ARD und ZDF, tatsächlich einmal „rechte“ Politiker zu Wort, dann in einer Kürze, die den Eindruck vermittelt, man habe aus Versehen die Tür zu einem Raum geöffnet, den man eigentlich gar nicht betreten wollte. Also schnell wieder Türe zu!

DAS GROßMUNDIGE AUFTRETEN DEUTSCHER POLITIKER
Die regierungsamtlichen, hilflosen Reaktionen und Aktionen auf die Bedrohung jüdischen Lebens in Deutschland sind von beschämender Hilflosigkeit. Die mediale Darstellung beschränkt sich auf ständige Kundgaben von Entschlossenheit seitens der Politik, „mit der Härte des Gesetzes” dagegen vorzugehen. Glauben die Politiker, alle großmundig dicke Freunde von Juden und Israel, selbst noch an ihre Durchhalteparolen?

DIE BRITEN DENKEN NICHT DEUTSCH
Der Einblick in Meinungen widersprechenden Denkens jenseits des eigenen Tellerrandes sei anhand eines britischen Beitrags zum Thema Antisemitismus in Deutschland vorgestellt. (Übersetzung des Autors)
Das britische Magazin Spiked titelt Deutschland muss sich dem muslimischen Antisemitismus stellen. Die Analyse der Situation in Deutschland durch Frank Furedi, Professor für Soziologie an der britischen Universität Kent, ist mehr als ernüchternd:
„Bei aller Rhetorik über ‘Nie wieder’ sind zu viele Menschen in den verantwortlichen Positionen bereit, Antisemitismus zu ignorieren oder sogar in Kauf zu nehmen.” Dies sei insgesamt ein „feiges Verhalten”, wie es sich „eindrucksvoll” in dem Vorschlag von Felix Klein, des Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung, das Tragen der Kippa öffentlich zu unterlassen, gezeigt habe. Darin werde deutlich, dass Deutschland eine gefährliche No-Go-Zone, ein Kein-Zutritt-für-Juden- Gebiet geworden ist. [Stellt sich nicht die Frage: Wie weit ist der Schritt von der No-Go-Zone für Juden heute zu Städten und Dörfern, die gestern JUDENREIN waren? Anm. des Autors]

DAS FALSCHE NARRATIV
Worin, nach Furedi, liegt der falsche Umgang mit Antisemitismus? Seine Anamnese ist unmissverständlich: „Die deutsche Politik findet es schwierig, mit dem Antisemitismus umzugehen, weil sie sich davor hütet, darüber zu sprechen, woher er kommt.” Offensichtlich ist es nicht Unkenntnis, sondern Angst, die Sache beim Namen zu nennen. Von Seiten der Politik beschwöre man das Narrativ, es seien „Nationalisten alter Schule [= Nazis] und die neue Partei Alternative für Deutschland (AfD)“, welche die jüngsten Ausschreitungen gegen Juden zu verantworten haben. Dieses Narrativ, so Furedi, werde in den westdeutschen Medien „ständig wiederholt”. Dies entstelle jedoch die Wirklichkeit.

GLAUBEN DIE BETROFFENEN DEM OFFIZIELLEN NARRATIV ?
Gemäß einer Umfrage sehen die Betroffenen dies anders. Ihrer Meinung nach sind die Täter Personen „mit einer muslimischen extremistischen Sichtweise”. Und wie lässt sich diese Diskrepanz der Interpretationen erklären? Das New York Times Magazine zitierend erklärt Furedi dies so, dass Täter mit unbekannter Herkunft automatisch als rechtsextrem klassifiziert werden. Die eigentliche Ursache: „Die deutsche Politik ist weder bereit noch willens, sich mit Manifestationen des antijüdischen Hasses in muslimischen Gemeinschaften auseinanderzusetzen.”

VON DER ZIVILCOURAGE DEUTSCHER POLITIKER
Furedi bestreitet nicht, dass es in rechtsextremen Kreisen Antisemitismus gibt. Dennoch sieht er in der Art und Weise des politischen Umgangs mit Antisemitismus eine Mischung aus „Unaufrichtigkeit und Feigheit”.



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