So werden wir von den Qualitätsmedien manipuliert

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von Gastautorin Ute Mennecke

Beim Durchblättern der F.A.Z. stieß ich gestern auf den Artikel „Kuscheln vor den Kameras. In der Antarktis beobachten deutsche Wissenschaftler das Leben der Pinguine im Klimawandel“ von Roland Knauer (Nr. 72. S.7). Ich stutzte, denn bislang war ich davon ausgegangen, dass auf dem Südpol anders als auf dem Nordpol das Eis zunimmt und dort die Pinguine deshalb nicht vom „Klimawandel“ betroffen seien.
Klimawandel bedeutet ja soviel wie Erwärmung. Ich las daher den Artikel ganz, um zu vernehmen, was es nun mit dem Klimawandel in der Antarktis auf sich hat. Und siehe da: herzlich wenig. In der Antarktis beginnt jetzt der Winter, und das kleine Team, das bis November auf der deutschen Antarktis-Station Neumayer III ausharrt, bekommt bald Besuch von bis zu 26.000 Kaiser-Pinguinen, die in der wenige Kilometer entfernten, zugefrorenen Atkabucht unter schwierigsten Bedingungen ihren Nachwuchs großziehen.

Sie werden von den Mitgliedern des überwinternden Teams beobachtet, aber wichtiger noch ist die Überwachung per Kamera durch ein kleines nahebei gelegenes Observatorium. Dieses Observatorium kann aus der Ferne gesteuert werden. Das ist auch nötig, weil von Ende Mai bis Ende Juli dort die Polarnacht herrscht und menschliche Augen wenig sehen. Infrarot-Kameras leisten da bessere Dienste. Durch sie lässt sich beobachten, wie die Pinguine mitten im kältesten Polarwinter ihren Nachwuchs durchbringen, indem die Männchen die Eier, dicht beieinander stehend, durch ihre Körperwärme ausbrüten. Dabei nehmen sie viele Kilos ab, die sie sich im arktischen Sommer angefressen haben. Das Zusammenrücken, „Kuscheln“ der Pinguinmännchen sei mit dem physikalischen Phänomen der Raureifbildung zu vergleichen, und man brauche, um es berechnen zu können, alle relevanten Wetterdaten, die ebenfalls von den Mitarbeitern der Station gesammelt werden. Aus allen gesammelten Daten solle der Ernährungszustand der Pinguine errechnet werden, ohne sie wiegen zu müssen.

So weit, so nett. Aber wo bleibt der Klimawandel? Jetzt muß er doch bald mal kommen, sonst ist der Artikel zu Ende. Gemach, gemach: Die Pinguine schwimmen auf der Suche nach Nahrung Tausende von Kilometern durchs Meer. Und mit den gesammelten Daten bekommen die Forscher auch einen Überblick über das Leben in den angrenzenden Gewässern. Und jetzt kommt´s: „Mit diesen Daten wollen wir auch erfahren, wie der Klimawandel und andere Einflüsse den Süd-Ozean verändern“ – so wird der Chef der Observatoriumsbetreuer zitiert. Denn von diesen Veränderungen hängt das Schicksal der winzigen Küken ab, die „im Juli in der kältesten Phase des Winters aus den Eiern schlüpfen“.

Der ganz überwiegende Inhalt des Artikels hat mit Klimawandel gar nichts zu tun, dieses Stichwort wird nur im letzten Absatz drangehängt, vermutlich damit es vorkommt. Es wird nicht erklärt, und ich muss es auch nicht verstehen, aus welchen Pinguin- oder Wetter-Daten man da Aufschlüsse über den Klimawandel erhofft; der Zusammenhang bleibt wohl absichtlich vage. Aber nochmal zur Erinnerung: In der Überschrift war vom „Leben der Pinguine im Klimawandel“ die Rede gewesen, als ob dies ein feststehendes Faktum sei. Aus dem Artikel erfahre ich aber nicht einmal, ob es auf dem Südpol wärmer oder kälter wird. Nach der Lektüre des Artikels möchte man den Pinguinen ja fast ein bisschen Erwärmung wünschen …doch wenn es sie gäbe, hätte der Artikel diese Information sicher nicht verschwiegen. Statt dessen wird dem Leser, der es nicht aus anderen Quellen besser weiß, suggeriert, es verhalte sich so. Welchen Namen verdienen solche subtilen Informations-Manipulationen? Relotius-Presse?



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