Christchurch und der “Große Austausch”

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von Gastautor Dr. Wolfgang Hintze

Tödlicher Anschlag führt zu Blitzislamisierung

Der tödliche Anschlag auf Muslime in zwei Moscheen im neuseeländischen Christchurch ist weltweit verurteilt worden und hat auch zu zahlreichen Solidaritätsreaktionen mit inzwischen geradezu epidemischem Charakter geführt [1]. Eine Auswahl: die neuseeländische Ministerpräsidentin Jacinda Ardern trägt “aus Solidarität mit den Muslimen” Kopftuch und verwendet nicht den Nachnamen des Täters, sondern nur die Abkürzung Brenton T.; weiter hat sie angekündigt, künftig – zur Strafe ? – 1.500 Migranten ins Land zu lassen statt bisher 1.000, eine Steigerung um 50%; die Aktion “Headscarf for Harmony” in Neuseeland [2] fordert alle Frauen auf, Kopftuch zu tragen; eine Polizistin sichert eine Trauerfeier für die Opfer des Attentats von Christchurch ab, natürlich im Kopftuch; sogar eine Motorrad-Gang bewacht inzwischen Moscheen in Neuseeland [3].

Man könnte angesichts dieser Aktionen auch von einer Blitzislamisierung Neuseelands sprechen, und man denkt unwillkürlich an einen möglichen neuen weltweiten Schülerstreik, etwa unter dem Motto “Mondays for Islam”.

Auch Berlin ist dabei

In Berlin veranstaltete das so genannte “Drei-Religionen-Haus” (“House of One”) ein “Friedensgebet für die Opfer von Christchurch” [4], und nutzte damit die Gelegenheit, ihr gerade etwas ramponiertes Image medienwirksam aufzupolieren, nachdem Catherine von Fürstenberg Dussmann [5] ihr Engagement für das Projekts beendet hatte: „Ich kann kein Projekt unterstützen, das anstelle Verständigung und Dialog zwischen und innerhalb der Religionen zu fördern neue Konflikte erzeugt“, so ihre Begründung.

Erschütterung versus Erinnerung

Über das Ausmaß der aktuellen Erschütterung vieler Menschen über diesen Massenmord darf man sich bei allem Feingefühl auch ein wenig wundern. Haben die Leute den Breitscheidplatz, Nizza, Charlie Hebdo, Bataclan, London, Barcelona, usw. bis zu New York am 11. September 2001 schon vergessen? Es müssen also offenbar die “richtigen” Täter und Getöteten sein, damit man offiziell freimütig erschüttert sein und trauen darf.

Man beachte: die Zahl der Toten der beiden rechten Anschläge (Breivik 77 und Tarrant 50) bleibt zusammen genommen immer noch unter der des einen islamischen Anschlages von Paris vom November 2015 (Bataclan und Restaurants, 130 ohne Täter).

Wie fühlen sich eigentlich die Opfer der zahlreichen muslimisch motivierten Attacken, wenn jetzt Neuseeland zu Ehren des Islams – in dessen Namen ihre Verwandten und Freunde schließlich ermordet wurden – unter dem Kopftuch verschwindet? Wie fühlen sich die mutigen Frauen im Iran, die ihr Kopftuch als Symbol männlicher Herrschaft über sie ablegen und nun erleben müssen, dass Neuseelnds Frauen Kopftücher um der “Harmonie” willen anlegen? Harmonie durch ein Unterdrückungssymbol?

Und überhaupt: warum gab es nach islamistischen Anschlägen keine Aufrufe “an alle Menschen guten Willens”, aus Solidarität mit den Opfern ein eindeutiges Symbol, zum Beispiel ein Kreuz, zu tragen?

In der Nähe des Anschlagsortes Ground Zero in New York, hat man stattdessen mit Unterstützung von Ex-Präsident Barak Hussein Obama eine Moschee errichtet … was für ein Zynismus!

Politisch korrekte Blindheit gegenüber der Ideologie des Islams

Die häufig zu lesende Gleichsetzung von muslimischen und rechten Terroristen ignoriert den entscheidenden Punkt, nämlich den Unterschied in der Reflexion des Ereignisses durch den politischen und medialen Mainstream. Während bei rechten Tätern die “menschenverachtende Ideologie” als Triebfeder der Tat ausdrücklich betont wird, wird dieser Aspekt bei muslimischen Tätern vollständig ignoriert und sogar aktiv verdrängt. Und das obwohl die muslimischen Täter in zahlreichen Selbstbekenntnissen klar und verständlich über ihre religiös-ideologische Motivation Auskunft geben. Der Täter vom Breitscheidplatz, Anis Amri, zum Beispiel [6] versicherte, dass er “niemals etwas tun würde, was im Islam verboten ist”, was angesichts seines Massenmordes eine aufschlussreiche Aussage ist.

Die bekannte Berliner Staatssekretärin Sawsan Chebli [7] erklärte als Vorsitzende des Kommittees für das Denkmal auf dem Breitscheidplatz freimütig: “man war sich „sofort und ohne große Diskussion einig, dass die Erinnerung an die Opfer im Vordergrund stehen soll und eben nicht die Tat, der Täter oder dessen Motivation.“”

Bekenntnis des Täters von Christchurch

Aber was sagt der Schütze von Christchurch, der 28-jährige Australier Brenton Tarrant über die Motivation für seine Tat? Er hatte ein 74-seitiges “Manifest” mit dem Titel “The Great Replacement” (deutsch “Der große Austausch”) verfasst und auf dem Internet zugänglich gemacht.

Der Tagesspiegel-Autor Christian Schröder befasste sich in einem ausführlichen Artikel mit dem Thema [8]. Er schreibt über das “Manifest”

Es geht zurück auf das Buch „Le grand remplacement“ des rechtsradikalen französischen Publizisten Renaud Camus, in dem er eine bevorstehende Machtübernahme von Muslimen in Frankreich imaginiert.

Dass die Machübernahme keineswegs “imaginiert” ist, sondern eine reale und nicht mehr allzu weit entfernte Realität ist, hat Michel Houellebecq zur Grundlage seines aufsehenerregenden Romans “Unterwerfung” gemacht und literarisch plausibilisiert; ein Buch, das nicht nur ein Weltbestseller geworden ist, sondern auch als Theaterstück in Deutschland große Erfolge feierte.

Schröder weiter

Der „Große Austausch“, also die Behauptung, dass die einheimische Bevölkerung planmäßig durch Einwanderer und Minderheiten ersetzt werden solle, ist das Stichwort einer der wirkungsmächtigsten Verschwörungstheorien der Neuen Rechten in Europa, bis hin in den Bundestag. So erklärte der AfD-Vorsitzende Alexander Gauland 2017: „Der Bevölkerungsaustausch in Deutschland läuft auf Hochtouren.“

“Verschwörungstheorie”? Weiß der Autor tatsächlich nicht, das eines der größten strategischen UN-Projekte den Namen “migration replacement” trägt [9]? Sein französischer Name “remplacement” ist identisch mit dem von Camus verwendeten Begriff. Hat er nichts vom kürzlich verabschiedeten “Globalen Migrationspakt” der UNO gehört, der das wichtigste Werkzeug für den Bevölkerungsaustausch sein will?

Auf deutsch haben es die “Eliten” besser: hier verwendet man – dem inzwischen üblichen Gebrauch folgend – einfach das englische Wort “replacement” und vermeidet damit Begriffe wie “Ersetzung” oder “Austausch”; der Begriff “Umvolkung”, der den Vorgang prägnant und zutreffend beschreibt, scheidet wegen seiner historischer Belastung aus.

Ideologisierte Algebra versus Adam Riese

Es lohnt sich, kurz auf eine häufig verwendete linke “Argumentation” Schröders einzugehen

Allerdings leben in Neuseeland nur etwa 36.000 Muslime, was bei einer Bevölkerung von 4,8 Millionen nicht einmal ein Prozent ausmacht.

“Nicht einmal 1 Prozent Muslime und deshalb eine solche Aufregung?!?” will der Autor uns sagen. Nun, vergleichen wir einmal: in Deutschland gibt es laut Verfassungsschutz [10] aktuell ca. 24.000 rechtsextreme Personen, das sind bei 82 Millionen 0,03 Prozent, also anteilmäßig ca. 30mal weniger als Muslime in Neuseeland. Trotzdem können sich die Rechtsextremen über mangelnde Aufmerksamkeit nicht beklagen, und man wird wohl kaum den “Kampf gegen Rechts” um einen Faktor 30 herunterfahren.

Der große Austausch ist eine Tatsache – und viele begrüßen ihn

Der Tagesspiegel zitiert den “rechten Vordenker”

Renaud Camus, Jahrgang 1946, sieht sich als „Patriot“. Die Richtigkeit seiner Verschwörungsthese hält er für evident, ein Phänomen „so offensichtlich wie die Nase im eigenen Gesicht“. Zum Beweis müsse man nur auf die Straße gehen oder aus dem Fenster schauen. „Dort gab es einmal ein stabiles Volk, das dasselbe Gebiet seit fünfzehn oder zwanzig Jahrhunderten besiedelt hat. Und plötzlich, sehr rasch, in einer oder zwei Generationen, ist es durch ein anderes Volk oder mehrere andere Völker ersetzt worden.“

Jeder kann für sich prüfen, wie er die “Evidenzfrage” beantwortet. Je nach Umfeld, Wohnlage, Nutzungsgrad öffentlicher Verkehrsmittel und ideologischer Prägung wird er zu etwas unterschiedlichen Ergebnissen kommen, aber insgesamt wird man der Bestandausnahme Camus’ kaum widersprechen können.

Warum sollte man auch? Der gezielte Bevölkerungsaustausch ist eine Tatsache, und die offizielle Politik, die Medien und die Mehrheit der Wähler in Deutschland begrüßen ihn. Die Antifa freut sich grölend über den “Volkstod”; der viel gerühmte türkisch-stämmige Journalist Deniz Yücel findet in der taz [11] “Der baldige Abgang der Deutschen aber ist Völkersterben von seiner schönsten Seite.”; Anetta Kahane gab 2015 noch vor der großen Merkelschen Flüchtlingswelle zum Besten: “Es sei „die größte Bankrotterklärung der deutschen Politik nach der Wende“ gewesen, dass sie zugelassen habe, „dass ein Drittel des Staatsgebiets weiß blieb“ [12].

Wer sich fragt, gegen wen denn die Aussterbenden ausgetauscht werden sollen, findet Rat beim türkischen Präsident Erdogan, der seine Landsleute in Europa auffordert “Macht fünf Kinder, nicht drei. Schließlich seid Ihr die Zukunft des Kontinents” [13].

Es gibt also überhaupt keinen erkennbaren Grund, warum man den Großen Austausch immer noch als Verschwörungstheorie bezeichnet, außer dass man sich nicht auf der Höhe der Zeit befindet.

Revolte gegen den “Großen Austausch”

Aber nicht alle begrüßen den “Großen Austausch”. Der Tagesspiegel zitiert Camus:

„Wenn ihr wie ich der Überzeugung seid, dass das bei weitem wichtigste Problem unserer Zeit die Auflösung der Völker und der Zivilisation ist, die Eroberung durch ethnische Überschwemmung, der Große Austausch: wenn ihr aus ganzem Herzen und mit allen Fasern eures Seins die Kolonisation unseres Vaterlandes und Europas ablehnt, dann revoltiert!

Mit diesen Zeilen endet Renaud Camus‘ Buch, ein Handlungsaufruf, den Brenton T. offenbar auf seine Art verstanden hat.”

Der amerikanische Politikwissenschaftler an der Harvard-Universität, Yasha Mounk, gab vor einem Jahr in den Tagesthemen [14] zu bedenken,

“… dass wir hier ein historisch einzigartiges Experiment wagen, und zwar eine monoethnische und monokulturelle Demokratie in eine multiethnische zu verwandeln. Das kann klappen, das wird, glaube ich, auch klappen, dabei kommt es aber natürlich auch zu vielen Verwerfungen.”

Diese “Verwerfungen” nennen andere auch “clash of civilizations”.

Bürgerkrieg und was tun?

Michael Klonovsky [15] schreibt am 15. März: “Der Anschlag von Christchurch eröffnet weitere Aussichten auf den Bürgerkrieg. Diejenigen, die gehofft hatten, er werde nur eine Kriegspartei kennen, haben geirrt.”

Wenn das also die – wenig erfreuliche – Perspektive ist, wäre es da nicht klug und ratsam, sich darauf einzustellen? Da gibt es grundsätzlich zwei Methoden. Die erste stammt von Merkel und lautet sinngemäß “Nun ist er (der Bürgerkrieg) halt hier”, ergänzt durch ihr unbeirrbares “Wir schaffen das”. Der Zentralrat der Muslime hat in diesem Sinne gerade gefordert, den Schutz von Moscheen zu verstärken [16]. Wir dürfen also fest damit rechnen, dass die Regierenden unser Land mit der Merkel-Methode immer mehr in eine Festung nach Innen verwandeln werden und damit den sorgsam verschwiegenen Bürgerkrieg für jeden offensichtlich machen.

Aber es gibt eine alternative zweite Methode – und einen Hoffnungsschimmer: die Osteuropäer, und jetzt auch Italien, bauen die Festung nicht nach innen, sondern nach außen, wo sie hin gehört. Sie dürften damit den Bürgerkrieg in ihren Ländern verhindern oder zumindest erheblich verzögern, und sie sind deshalb mit ihrer Ablehnung der unkontrollierten Massenzuwanderung wohl auf dem richtigen Weg.

Links

[1] 22.03.2019 https://www.tagesspiegel.de/politik/in-trauer-vereint-neuseeland-gedenkt-der-toten-von-christchurch/24132518.html

[2] 21.03.2019 https://www.bild.de/politik/ausland/politik-ausland/headscarf-for-harmony-neuseeland-traegt-kopftuch-aus-solidaritaet-60802402.bild.html

[3] 21.03.2019 https://www.msn.com/de-de/video/wetter/neuseeland-motorrad-gang-bewacht-moscheen/vi-BBV4pbH Neuseeland: Motorrad-Gang bewacht Moscheen

[4] 19.03.2019 https://www.tagesspiegel.de/berlin/friedensgebet-fuer-christchurch-gedenken-fuer-terroropfer-von-neuseeland-in-berlin/24120298.html House of One

[5] 08.03.2019 https://www.berliner-zeitung.de/berlin/drei-religionen-haus-catherine-dussmann-beendet-engagement-fuer–house-of-one–32190540

[6] 19.12.2018 https://vera-lengsfeld.de/2018/12/19/das-bekenntnis-des-attentaeters-anis-amri-vom-19-12-2016/ (Anis Amri)

[7] 18.09.2017 http://www.berliner-zeitung.de/politik/gedenken-am-breitscheidplatz-emotion-ohne- information-28427470 (Chebli)

[8] 19.03.2019 https://www.tagesspiegel.de/kultur/anschlag-in-neuseeland-die-verschwoerungstheorie-des-todesschuetzen/24120366.html

[9] http://www.un.org/en/development/desa/population/publications/ageing/replacement-migration.asp (frz. remplacement)

[10] https://www.verfassungsschutz.de/de/arbeitsfelder/af-rechtsextremismus/zahlen-und-fakten-rechtsextremismus

[11] 18.11.2013 http://www.taz.de/!5114887/ (Deniz Yücel)

[12] 15.07.2015 https://www.tagesspiegel.de/politik/fluechtlinge-in-deutschland-es-ist-zeit-fuer-einen-neuen-aufbau-ost/12062620.html (Anetta Kahane)

[13] 17.03.2017 https://www.zeit.de/politik/ausland/2017-03/recep-tayyip-erdogan-kinderkriegen-europa-aufruf

[14] 20.02.2018 https://www.youtube.com/watch?v=eFLY0rcsBGQ (Yasha Mounk)

[15] https://www.michael-klonovsky.de/acta-diurna

[16] 19.03.2019 https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/zentralrat-der-muslime-fordert-mehr-schutz-fuer-moscheen-16097370.html



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