Sozialistische Tote sind bessere Tote
als Nationalsozialistische Tote:
Amadeu Antonio Stiftung will
Geschichte umschreiben

Veröffentlicht am

von Michael Klein
zuerst erschienen auf ScienceFiles

Es wird höchste Zeit, die Finanzierung der Amadeu Antonio Stiftung aus Steuergeldern zu beenden. Wer dazu seinen Teil beitragen will, der kann dies hier tun.

Vor einiger Zeit haben wir einen Gastbeitrag von Vera Lengsfeld veröffentlicht, in dem es um eine unter Ausschluss der Öffentlichkeit, wenngleich aus Mitteln der Landeszentrale für Politische Bildung in Berlin finanzierte Veranstaltung ging, die von Klaus Bästlein, Enrico Heitzer und Anetta Kahane organisiert und in den Räumlichkeiten der Amadeu Antonio Stiftung durchgeführt wurde. Das Ziel der angeblichen „Fachtagung“ besteht nicht nur nach unserer und nach Ansicht von Vera Lengsfeld darin, den DDR-Sozialismus als eine Art „besonderen Sozialismus“ darzustellen, von allen Verbindungen zum Faschismus zu reinigen und die Geschichte so umzuschreiben, dass der DDR-Sozialismus in neuem Glanz erscheint, quasi aufpoliert und um die vielen Toten und die vielen von der Stasi zerstörten Biographien bereinigt, zu präsentieren.

Wir haben schon damals darauf hingewiesen, dass eine der größten Ironien der Geschichte darin besteht, dass es ausgerechnet Sozialisten und Kommunisten gelungen ist, sich als „Antifaschisten“ zu inszenieren, als die besseren Schlächter, wenn man so will, denn dass selbst die Nazis mit den rund 6 Millionen von ihnen ermordeten Juden (selbst dann, wenn man die geschätzt 61 Millionen militärische und zivile Opfer des Zweiten Weltkrieges komplett auf der Seite der Nazis verbucht) nicht mit den sozialistischen Regimen von Josef Stalin, Mao Tse Tung, Pol Pot usw. mithalten können, auf deren Konten geschätzt 100 Millionen Opfer gehen, ist eine historische Wahrheit, an der man nichts deuteln kann.

Und wie immer, wenn man Fakten nicht beseitigen kann, versucht man sie umzuinterpretieren. Bei der „Fachtagung“ der AAS-Stiftung soll dies durch eine Art Bewertung der Toten und Relativierung des Terrors, der vom DDR-Regime ausgegangen ist, geschehen.

Lesen Sie die folgende Passage bitte sehr aufmerksam. Sie stammt aus dem Bericht zur Fachtagung, der beim AAS-Ableger „Belltower-News“ erschienen ist und von Simone Rafael verfasst wurde. (Der Erzengel Rafael gilt im Koran als derjenigen, der den Tag der Auferstehung mit seiner Trompete verkündet … doch zurück zur Auferstehung des DDR-Sozialismus in neuer Politur:)


Worum es geht

Klar wurde hierbei und vor allem in den Diskussionen zu den Kurzinputs: Zentrum der Debatte ist die Frage, wie die deutsche Geschichte so aufgearbeitet werden kann, dass den Opfern Gerechtigkeit getan wird, ohne Verhältnismäßigkeiten zu marginalisieren. Fehler, die in der Aufarbeitung des Nationalsozialismus gemacht wurden – etwa lange die Berichte der überlebenden Opfer zu ignorieren und Erinnerung praktisch[,] ohne sie zu gestalten – sollten in der Aufarbeitung der Verbrechen der SED-Diktatur vermieden werden. Diesmal spielten Opfer von Anfang an nicht nur eine zentrale Rolle. Ihre Erinnerungs-Initiativen wurden von Anfang an staatlich unterstützt, ihre Stimmen gehört. Und diese persönlichen Erzählungen bestimmten sogar die gesamtgesellschaftliche Wahrnehmung verschiedener geschichtlicher Sachverhalte, etwa über die Arbeit der Stasi oder ihrer inoffiziellen Mitarbeiter*innen.

Die im Kern gute Intention brachte aber Probleme mit sich. Aus der Schwere der Erfahrungen der Opfer des DDR-Regimes entstand das in den 1990er Jahren prägende „Totalitarismus-Paradigma“: Eine vermeintliche Gleichsetzung der Verbrechen des Nationalsozialismus und der Verbrechen der SED-Diktatur, wenn etwa beide als „Unrechtsstaaten“ bezeichnet werden oder als „die beiden Diktaturen“. Die Idee dabei war, die Opfer des DDR-Regimes und die Widerstandskämpfer für ihre Leistungen im Kampf um die Freiheit zu würdigen. Erreicht wurde damit aber auch die Nivellierung von Unterschieden, wenn Nationalsozialismus und DDR quasi „technisch“ als „Diktaturen“ und „strukturell gleich“ dargestellt werden.  Dann wird nämlich der Holocaust als einziger industriell durchgeplanter staatlicher Massenmord nivelliert und der rassistische und antisemitische Charakter des Nationalsozialismus gleich mit.“


Wenn Sie nach der Lektüre der Meinung sind, dass man der Amadeu Antonio Stiftung nun wirklich den Hahn, aus dem die Steuermittel fließen, abdrehen muss, dann können Sie hier ihre Stimme in die Waagschale werfen.

Hier steht nicht mehr und nicht weniger, als dass die Aufarbeitung der DDR-Geschichte zu sehr am menschlichen Leid der Opfer orientiert ist, dass durch diese Orientierung der Eindruck entstanden ist, die DDR sei ein sozialistisches Unrechtsregime gewesen, das einen Totalitarismus durchsetzen wollte und dabei über Leichen, nicht nur am antifaschistischen Schutzwall, der Mauer und in der Todeszone davor gegangen ist. Dies habe dazu geführt, dass der DDR-Terror nicht mehr vom Nazi-Terror unterschieden werden könne, obwohl Letzterer doch für den einzigen „industriell durchgeplanten staatlichen Massenmord“ verantwortlich gewesen sei [Wie eng ideologische Stirnen doch sind. Dass Stalins Gulag oder seine Zwangskollektivierung kein geradezu industriell geplanter Massenmord war, kann man auch nur behaupten, wenn man die Kenntnisse der Geschichte auf den Teil reduziert, der keine sozialistischen Gräueltaten enthält.] Dahingehen, so muss man schließen, waren die Selbstschussanlagen an der innerdeutschen Grenze weder Mittel zum Massenmord noch geplant und schon gar nicht industriell gefertigt und in großer Stückzahl aufgestellt.

Um die offenkundigen Gemeinsamkeiten von Sozialismus und Nationalsozialismus, die beide menschenverachtende Systeme sind bzw. waren, zu verwischen, soll der Schwerpunkt auf dem menschlichen Leid der Opfer der SED, der dies allzu deutlich gemacht hat, dadurch relativiert werden, dass das Leid eingeordnet werden soll, in einen Rahmen gestellt, geframed werden soll. Wie?

Nun, das kann eigentlich nur so gehen, dass man Tote qualifiziert und gegeneinander aufrechnet, dass man mit allen Mitteln versucht, die Toten des Sozialismus, ob sie nun in Bautzen im Stasi-Gefängnis gestorben sind oder ob es die Toten an der innerdeutschen Grenze, die von Grenzmördern erschossen oder Selbstschussanlagen erlegt wurden, sind, die Toten des Sozialismus müssen als andere Tote angesehen werden als die Toten, die der Nationalsozialismus hinterlassen hat.

Wie so oft, wenn Sozialisten versuchen, die Welt nach ihrer Ideologie zu gestalten, bleiben dabei die menschlichen Schicksale auf der Strecke. Der „Republik-Flüchtling“, wie es im DDR-Deutsch hieß, der im Stacheldraht an der innerdeutschen Grenze verblutet ist, ist genauso tot, wie der Jude, den die Nazis zum Volksschädling erklärt und in Auschwitz mit vielen anderen vergast haben. Das menschliche Leid, das mit gewaltsamem Tod einhergeht, ist in beiden Fällen dasselbe. Wenn man die Toten dennoch zu anderen Toten machen will, sie dennoch differenzieren will, dann muss man zwangsläufig argumentieren, dass sie sich im Wert unterscheiden, dass die sozialistischen Toten, die besseren Toten sind, die Toten, die man rechtfertigen kann, wenn man ihren Tod in das große sozialistische Ganze einordnet.

Das ist gelebte Menschenfeindlichkeit.

Wer nun seine Stimme zur Liste derer ergänzen will, die der Amadeu Antonio Stiftung lieber heute als morgen die Quelle der Steuermittel zuschütten wollen, der kann das hier tun.

Wie genau man sich die Relativierung der DDR-Geschichte und das Reinwaschen des DDR-Sozialismus vorzustellen hat, macht Helmut Müller-Enbergs deutlich, der sich in der Vergangenheit bereits durch ein Gutachten hervorgetan hat, in dem er die Stasi-Vergangenheit von Anetta Kahane bewertet hat.

Müller-Enbergs meint offensichtlich, dass es die vielen Opfer der Stasi tröstet, wenn sie wissen, dass „gerade einmal 5 % der Stasi-Mitarbeiter mit Repressionen gegen Gegner des Staates beschäftigt waren“. Was der Euphemismus „Repressionen gegen Gegner des Staates“ umfasst, kann man am Beispiel des Begriffs der Zersetzung bei uns nachlesen. Wieviele Mitglieder der SS waren wohl mit der Bewachung von Konzentrationslagern betraut? 5 %? 5,3 %? 4,7 %? Macht es den Holocaust zu etwas anderem, wenn die Opfer mit dem Kontext versehen werden, dass nur ein kleiner Teil der SS mit ihrer Bewachung betraut war? Nein. Und für die Opfer der Stasi gilt dasselbe. Was soll also der unsinnige Hinweis von Müller-Enbergs? Man muss ihn als Versuch, Unrecht und Leiden zu relativieren, soweit es die DDR betrifft, den DDR-Sozialismus zu rehabilitieren, ansehen. Dass dem so ist, wird deutlich, wenn man weiterliest:


„Die Stasi war eine Militärpolizei, aber keine Gestapo. Es gab physische Gewalt, aber nicht als System, sondern als Eskalation. Das Ministerium für Staatssicherheit war gefährlich, aber es war nicht die Gestapo.“


Wenn man den Topterroristen des 20. Jahrhunderts, Carlos, mit Osama bin Laden vergleicht und feststellt, dass Carlos gefährlich, aber nicht bin Laden war, dass er Gewalt nicht als System, sondern als Eskalation betrieben hat, was ändert sich dann für die Menschen, die Carlos ermordet hat? Die Offenheit, mit der hier versucht wird, durch eine primitive Rabulistik die Stasi zum Freund und Helfer zu erklären, der ein paar schlechte Angewohnheiten hatte, ist geradezu erschreckend. Ihr muss mit aller Härte des Arguments begegnet werden: Wer versucht, ein organisiertes Unrechtssystem wie die Stasi zu etwas anderem zu machen, der macht sich über die Opfer der Stasi lustig, verhöhnt sie.

Verhöhnen bringt uns zu Habbo Knoch, einem besonderen Herzchen, das es sich scheinbar zur Aufgabe gemacht hat, die DDR-Bürgerrechtler, die seine politische Einstellung nicht teilen, zu verhöhnen und zu diskreditieren. Das Mittel der Wahl für Pseudointellektuelle ist dann, wenn die intellektuelle Kraft Argumente einfach nicht unterstützen will, die Brachial-Assoziations-Psychotherapie:


„In der DDR habe die Bürgerrechtler-Szene sich als gemeinschaftsstiftende Empörungsgemeinschaft entwickelt, in der der Staat als Feind fest etabliert war, so eine These von Habbo Knoch. Es treibe einige dieser Bürgerrechtler*innen ins politisch rechte bis rechtspopulistische Lager, dass sie ihre Lebensleistung als politische Häftlinge in der Nachwende-Gesellschaft als nicht genug gewürdigt empfänden. Einige empfänden zudem die Streitbarkeit und Fundamentalopposition gegen das System als Lebensglück – egal gegen welches System. Das mache einige ehemaligen Dissident*innen ansprechbar für „Systemkritik“, mittlerweile richtet sich diese Kritik allerdings gegen die Demokratie und bedient damit demokratiefeindliche Diskurse.“


[Regimekritiker werden bei Knoch zur “Empörungsgemeinschaft” herabgewürdigt. Von der Empörungsgemeinschaft bis zur Diffamierung von Kritik am System als Äußerung von Wutbürgern ist es nur ein kleiner Schritt. Der Schritt ist in etwa so kurz, wie von dem, was Knoch hier absondert, angewidert sein, bis zum Übergeben.]

Es ist, so haben die Studien zum Autoritären Charakter, die Adorno et al. durchgeführt haben, ergeben, ein Merkmal autoritärer Persönlichkeiten, dass sie über einen Kamm scheren, außer Stande zu sein scheinen, auch nur den Versuch einer Differenzierung durchzuführen, dass sie Menschen, höchst unterschiedliche Menschen, zu einer homogenen Gruppe zusammenfassen und diese Gruppe dann mit einem einzigen Merkmal versehen. Bei den Nazis war es „der Jude“ und das Merkmal der Volksschädlichkeit. In der DDR war es „der Regimekritiker“ und seine dem Sozialismus schädliche Kritik. Bei Knoch sind es „einige der Bürgerrechtler“, die zur Gruppe zusammenfasst werden und die natürlich alle dieselbe Lebensleistung, dieselbe Erfahrung und dieselbe Konsequenz aus dieser Erfahrung gezogen haben und denen dadurch jede Legitimation und Berechtigung für das, was sie tun und äußern, abgesprochen werden soll. Ihr Vergehen besteht darin, anderer politischer Meinung als Knoch zu sein. Heitmeyer hat eine fehlende Ambiguitätstoleranz, die Unfähigkeit, von der eigenen Meinung abweichende Ansichten auch nur zu tolerieren, als ein Charakteristikum des Rechtsextremismus beschrieben. Knoch scheint es zu teilen.

Und so wie es Sozialisten und Kommunisten gelungen ist, den Antifaschismus zu kapern und sich als Kämpfer gegen den Faschismus zu inszenieren, sie, die selbst den Faschismus in ihrer Ideologie zum Ausdruck bringen, so wollen Sozialisten und Kommunisten sich heute als Retter der Demokratie inszenieren, als diejenigen, die die Demokratie dadurch verteidigen, dass sie anderen genau die Individualrechte absprechen, die eine Demokratie auszeichnen. Ob dieser neuerliche Versuch, die Geschichte umzudrehen, gelingt, ist eine Frage, die sich am Grad des Widerstands dagegen entscheiden wird: Eine Form des Widerstands besteht darin, gemeinsam mit 16.000, die bereits unterzeichnet haben, unsere Petition zu unterstützen, mit der ein Ende der Finanzierung der Amadeu Antonio Stiftung aus Steuermitteln durchgesetzt werden soll.



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