In zeitlicher Nähe zur umstrittenen Tagung der in den Räumen der Amadeu Antonio Stiftung zum angeblichen „rechten Rand der DDR-Aufklärung“ veröffentlichte der Cicero einen ziemlich perfiden Artikel über Hubertus Knabe, den ehemaligen Leiter der Gedenkstätte Hohenschönhausen. Das mag Zufall sein, aber die Tendenz dieses Artikels passt auffällig gut zu jener der AAS-Tagung.
Auch im Cicero geht es um die geplante Revision der Diktatur-Geschichte der DDR.
Am Anfang seines Elaborats versucht Autor Christoph Seils die in der Überschrift aufgestellte These, es habe keine Intrige gebraucht, um Knabe abzusetzen, zu untermauern. Mehr als ein Zitat von Marianne Birthler kann er aber nach offenbar längerem Umherirren in der Gedenkstätte nicht finden. Die Beteiligten seien entweder zu keiner Auskunft bereit, oder „kurz angebunden“.
So weit, so langweilig. Man fragt sich, was dieses Stochern im Nebel soll.
Es folgen kreml-astrologische Betrachtungen über die angebliche politische Protektion für Knabe und Mutmaßungen, warum die zurückgezogen worden sein könnte. Bevor den Leser aber das Gähnen befällt, wird es doch noch interessant.
Nachdem er die Schimäre von der angeblichen Unterwanderung der Gedenkstätte durch die AfD aufgebaut hat, lässt Seils die Katze aus dem Sack.
Knabes Entlassung sei eine Zäsur, es begänne ein neuer Deutungskampf. Damit offenbart Seils, was Kultursenator Lederer stets bestritten hat. Es geht darum, die Gedenkstätte, die von Anfang an ein Dorn im Auge der Stasi-Täter und der SED-Kader war, zu entschärfen. In Zukunft soll es eine Weichzeichnung dessen geben, was sich in den Mauern des einstigen NKWD-Gefängnisses und der späteren zentralen Untersuchungshaftanstalt der Staatssicherheit abgespielt hat.
„Modern und trendig“ müsse dieser Ort werden, so wie die im Aufbau befindliche neue Ausstellung „Stasi in Berlin“, deren positive Beschreibung durch Seils einen zumindest nicht gerade beruhigt. Und offenbar stört das bisher Aufgebaute, wofür Seils nichts Positives übrig hat, wie die Beschreibung eines Zeitzeugen, der pars pro toto schlecht geredet wird.
Es ist die Masche, die wie direkt aus dem Framing Manual der ARD übernommen scheint: Der als Gegner identifizierte muss maximal schlecht gemacht werden.
Nur so wird es glaubhaft, den Dauerkritiker von Hohenschönhausen, Beiratsmitglied Jens Gieseke, einen „Neuanfang“ fordern zu lassen. Es geht nicht etwa die selbstverständliche permanente Qualitätsverbesserung der laufend Besucherrekorde brechenden Gedenkstätte. Nein, hier wird am größeren Rad gedreht: Zu befürchten ist, dass der „Neuanfang“ à la Gieseke die Eliminierung des Zeitzeugenkonzepts und damit eines Herzstücks des jetzigen Erfolgskonzepts sein soll.
Damit würde die Gedenkstätte in ihrer Wirkung massiv geschwächt, vor allem wäre es aber ein verheerender Umgang mit den Zeitzeugenreferenten, die unter nicht immer ganz leichten Bedingungen einen großen Anteil am Erfolg der Gedenkstätte hatten.
Natürlich kommt Seils nicht umhin zu erwähnen, dass die Gedenkstätte vehemente Verteidiger hat – der Journalist Seils schafft es aber nicht, hier auch nur den Anschein von Neutralität zu wahren. Sowohl die Erwähnung von MdB Vaatz, Vizefraktionsvorsitzender und Vorsitzender des Arbeitskreises Neue Länder in der CDU/CSU-Fraktion, als auch die Erwähnung von mir wird nur mit abwertendem Framing erlaubt (siehe separaten Artikel).
Mein persönliches Fazit des Artikels: Wenn “es keine Intrige brauchte”, dann hat die Berliner CDU und ihre Vorsitzende, Kulturstaatsministerin Monika Grütters den von der FDP vorgeschlagenen AGH-Untersuchungsausschuss in der Sache Hohenschönhausen nicht zu fürchten. Und ich bin mir sicher, dass – sollte der Fraktionsvorsitzende Burkard Dregger doch zu einer anderen Einschätzung kommen – sich die fehlenden vier Stimmen aus den Reihen derer im Abgeordnetenhaus finden werden, die nicht zulassen wollen, dass auch nur der Verdacht einer Intrige gegen die DDR-Aufarbeitung im Raume stehen bleiben kann.
Und dann werden wir ja sehen, Christoph Seils.
Marianne Birthler und den neu zu bestimmenden Leiter von Hohenschönhausen werden wir daran messen, dass die Zusagen bezüglich des Zeitzeugenkonzepts und des Charakters der Gedenkstätte von Seiten der Politik, insbesondere von Kultursenator Klaus Lederer, tatsächlich eingehalten werden.