Angesichts unserer tief gespaltenen und immer mehr zerfallenen Gesellschaft beschwören Politiker verschiedenster Couleur, allen voran die Kanzlerin, den Zusammenhalt.
Was der Kitt dieses Zusammenhalts sein soll, bleibt allerdings im Ungewissen. Allgemein werden in diesem Zusammenhang Demokratie und Grundgesetz beschworen. Das Grundgesetz steht zwar noch auf geduldigem Papier, wird aber immer häufiger missachtet und Demokratie ist ohne Rechtsstaatlichkeit, von der im Deutschland der doppelten Standards immer weniger die Rede sein kann, eine Leerformel.
Das Hauptproblem aber ist, dass es keinen Zusammenhalt in einer Gesellschaft geben kann, der jede Identität ausgetrieben werden soll. Unsere Kanzlerin, die noch ihren Eid darauf geleistet hat, ihre „Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen“ zu sollen, verkündet neuerdings ganz offen, dass sie sich dem Multilateralismus verpflichtet fühle und die Interessen der Anderen mitdenken wolle. Dass dies das Gegenteil dessen ist, was der Amtseid beinhaltet, stört sie genauso wenig, wie sie Gesetze zugunsten einer angeblich höheren, universalistischen Moral unbeachtet lässt.
Seit der Merkelschen Anweisung, alle, auch Menschen ohne Papiere, zu Zehntausenden pro Monat ins Land zu lassen und sie hier auf Kosten der Steuerzahler bedingungslos zu alimentieren, wird der Zusammenhalt in unserer Gesellschaft mit jedem Tag mehr zersetzt. In den Großstädten ist dieser Prozess am weitesten fortgeschritten. Hier haben sich bereits abgeschottete Parallelgesellschaften entwickelt, die zum Teil von Clans beherrscht werden und in denen die noch gültigen Regeln unserer Gesellschaft bereits außer Kraft gesetzt worden sind. Neudeutsch heißen Sie No-Go-Areas, ihre Existenz wird offiziell immer noch nicht zugegeben, aber in Filmen, wie „The Dogs of Berlin“ bereits als Realität abgebildet.
In dieser Situation steht die (noch) Mehrheitsgesellschaft vor der Wahl, uns als Gesellschaft mit unseren kulturellen, emanzipatorischen und freiheitlichen Standards zu behaupten, oder in einer „Weltgemeinschaft“ unterzugehen.
Die Wahl gleicht jener der Kelten, die ihre Lebensweise bewahren oder in der römischen Kultur verschwinden konnten, nur oberflächlich. Die Kelten lösten sich in eine zivilisatorisch höher stehende Kultur auf, wir laufen Gefahr, in ein reaktionäres Multikulti, unter Aufgabe der schwer errungenen zivilisatorischen Standards, besonders für Frauen, abzugleiten.
Gabriele Bensberg hat diesem Problem eine Schrift gewidmet: Schicksalsfrage Identität. Hier finden sich auf engstem Raum alle notwendigen Argumente, warum wir endlich begreifen müssen, dass wir unsere Lebensweise, die wir mit Recht schätzen, verteidigen müssen, um sie erhalten zu können.
Wir sind schon gefährlich weit auf dem abschüssigen Weg zur Auflösung unserer zivilisatorischen Standards.
Für unsere rot-grünen „Eliten“, die den erfolgreichen Weg an die Schalthebel der Macht absolviert haben, ist die Verachtung der abendländischen Kultur kennzeichnend. Da diese „Eliten“ zu einem hohen Maß aus Studien- und Ausbildungsabbrechern bestehen, verstehen sie nicht, dass sie mit unserer Lebensweise gleichzeitig die Kuh schlachten, die sie so effektiv melken.
Es ist wohl nur in Deutschland möglich, dass eine Integrationsbeauftragte der Kanzlerin öffentlich behaupten kann, es gebe jenseits der Sprache keine deutsche Kultur, ohne auf viel Widerspruch zu stoßen. In dieser Behauptung steckt auch eine Geringschätzung unserer jüdisch-christlichen Wurzeln. Die Kehrseite davon ist der wachsende Antisemitismus und die Ablehnung des Christentums.
Vieles, was unser Land erfolgreich gemacht hat, wird geschleift. In den Schulen ist das Humboldtsche Bildungssystem, das Deutschland in wissenschaftlich-technischer Hinsicht zu einem führenden Land gemacht hat, ersetzt worden durch Curricula, die Abiturienten hervorbringen, die weder die Rechtschreibung beherrschen, noch Kopfrechnen können. Statt Wissen und Fähigkeiten werden „Kompetenzen“ gefördert. Schon in den Schulen wird die Herausbildung von Identitäten, die dem Leben Struktur, Richtung und Sinn verleihen, also eine Art individuellen Schutzwall bilden, zunehmend erschwert. Die machthabenden „Eliten“ lehnen Identität ab und bevorzugen stattdessen, aus ganz verschiedenartigen Menschen eine Art Einheitsbrei zu machen, der von Thomas Mann spöttisch als „Ewigkeitssuppe“ bezeichnet wurde.
Dabei ist den Propagandisten einer karamellfarbenen Einheitsrasse offenbar nicht bewusst, dass die politisch vorangetriebene Schaffung einer Einheitsrasse schlimmster Rassismus ist.
So wie der Kommunismus das Gleichheitsideal durch die Eliminierung aller individuellen Besitzstände erreichen wollte und damit nach millionenfachen Opfern gescheitert ist, wollen die Propagandisten einer Einheitsrasse die vollkommene Gleichheit durch Eliminierung aller physischen und psychischen Unterschiede durchsetzen. Ironischerweise geschieht das im Namen von Buntheit und Vielfalt.
Nach jahrzehntelanger Propaganda ist den Deutschen ihre Identität schon sehr weit ausgetrieben worden. Wieder einmal hat sich Deutschland damit an die Spitze einer Europäischen Bewegung gesetzt. Unsere „Eliten“ bestehen immer noch darauf, Europa und der Welt zeigen zu wollen, wo es langgehen soll, obwohl es immer dann gefährlich wurde und das Scheitern vorprogrammiert war.
Wir stehen vor der Wahl, uns von den „Eliten“ treiben zu lassen, oder ihnen die Gefolgschaft zu verweigern. Ein Mensch ohne Identität ist ein gefügiger Spielball. Schon aus Respekt vor jedem einzelnen Menschen ist es deshalb geboten, ihm alle Möglichkeiten zur Entwicklung einer Identität offen zu halten. Gleiches gilt für Gesellschaften. Nur wer sich selbst wertschätzen kann, ist in der Lage, anderen Menschen oder Gesellschaften wirkliche Wertschätzung entgegen zu bringen.
Der von den „Eliten“ gezüchtete und permanent geförderte deutsche Selbsthass ist zerstörerisch. Es ist als Person und als Gesellschaft unverzichtbar, eine positive Identität zu entwickeln und zu verteidigen. Das sollte auch den Deutschen gelingen, trotz ihrer unglückseligen Geschichte.
Vor den Nationalsozialisten gab es die großartigen Leistungen der Reformation, der Romantik mit all ihren Dichtern, Denkern und Wissenschaftlern und nach dem Ende der NS-Diktatur gab es die erfolgreiche Integration von Millionen Flüchtlingen, das Wirtschaftswunder, in Westdeutschland die erlernte und in Ostdeutschland die in der Friedlichen Revolution erkämpfte Demokratie.
Neben dem, was wir nie vergessen dürfen, gibt es viel, was wir verteidigen sollten, weil es der Verteidigung wert ist.
Nicht die Deutschen mit positiver Identität sind eine Gefahr, sondern jene, die nicht wissen, wer sie sind und sich deshalb willig instrumentalisieren lassen.
Gabriele Bensberg: Schicksalsfrage Identität.