von Gastautor Albrecht Künstle
Nach den griechischen Inseln Lesbos und Chios ist nun Zypern an der Reihe
Vor ca. 450 Jahren, als Zypern schon einmal Begierde der Osmanen war…
Der aufmerksame Auslandskorrespondent Gerd Höhler in Athen stellte dieser Tage fest, dass das 1974 von der Türkei (wiedereroberte) Nordzypern immer mehr Zwischen-Zwischenziel von Migranten wird. Syrer, Iraker, Asiaten und Nordafrikaner, fast nur aus muslimischen Ländern, fliegen bequem aus Ankara und Istanbul nach Nikosia. Von dort aus geht’s dann weiter über die über 100 km lange grüne Grenze in das richtige Zypern. Im muslimischen Teil Zyperns will kaum jemand bleiben, sie kämen ja vom „Regen in die Traufe“.
Während 2016 auf diesem Weg noch 3.000 Migranten auf Zypern „Asyl“ hauchten – der Name der begehrten Eintrittskarten ist international – waren es 2017 schon fast 5.000. Die beiden staatlichen Erstaufnahmeeinrichtungen sind überfüllt und alle Neu-Migranten suchen sich selbst eine Bleibe, oder nehmen sie sich. Die Zahlen scheinen nicht hoch zu sein, aber bezogen auf unter zwei Mio. Einwohner beherbergt diese Insel relativ mehr Migranten als die europäischen Länder.
Als Touristen kommen sie kaum, daran mangelt es Zypern nicht. Vielleicht bringen sie Geld mit, wie die dort etablierten Russen? Zypern könnte es brauchen, denn das kleine Land hat 19 Mrd. EUR Schulden. Aber diese könnten steigen, auch wenn Europa Migrationskosten mit trägt. Arbeit können sie auch kaum suchen, denn die Arbeitslosigkeit beträgt so schon elf Prozent. Import und Export hielten sich ideal die Waage, aber jetzt gibt es einen Importüberschuss von Migranten. Allerdings wollen die wenigsten bleiben, ihr Ziel ist Zentraleuropa. Und welches Land liegt dort…
Das gleiche wie auf dem Luftweg erfolgt bequem zur See mit der Fähre. Sich mit dem Schlauchboot auf griechische Inseln treiben lassen geht nicht. Von Syrien aus und der Südtürkei sind es 100 km. Aber schon vor 450 Jahren hielt das die Osmanen nicht ab, sich diese Insel unter den Nagel zu reißen. Nicht etwa mit List und Tücke, sondern blutig, wie die Geschichte erzählt. Eine dieser Tragödien geschah im einst christlichen Famagusta, eine Hafenstadt im nordöstlichen Zypern, dem heute türkisch-islamischen Gazimağusa.
Die osmanische Eroberung Zyperns und das Massaker von Famagusta
Die Seeschlacht in der Meerenge von Lepanto fand im Rahmen des Krieges um Zypern statt. Die christliche Insel, seit 1489 unter venezianischer Herrschaft, war 1570/1571 von den islamischen Osmanen erobert worden. Am längsten konnte das befestigte Famagusta, das griechische Ammóchostos den osmanischen Angreifern standhalten. Nach langer Belagerung musste die Stadt kapitulieren.
Die islamischen Eroberer sicherten den Verteidigern und den Bewohnern der Stadt Unversehrtheit zu. Am 4. August 1571 wurde die Stadt unter diesen Bedingungen übergeben. Einen Tag später brachen die Osmanen jedoch die Vereinbarung und richteten ein Blutbad an. Alle Christen wurden in einem Massaker niedergemetzelt und die Stadt zerstört. Die Mustafa Pascha Moschee des Eroberers von Famagusta wurde in die ehemalige St. Nikolaus Kirche hineingebaut.
Das ging dem Massaker voraus
(aus dem Reiseführer):
“Nach zähen Debatten fiel unter Sultan Selim II. (reg. 1566-1574) die Entscheidung für die Annexion Zyperns und gegen die unabsehbaren Risiken eines Krieges gegen Spanien. Der (islamische) Herrscher stützte sich dabei auf ein (islamisches) Rechtsgutachten (fetva) von Ebu-us-Suud Effendi. Er war damals der „Şeyh-ül-Islam“, das ranghöchste Mitglied unter den Repräsentanten (ulema) der theologischen Gelehrsamkeit und des „Rechts“, zugleich war er als Müfti der höchste geistliche Würdenträger des Landes. Der Kernsatz des Gutachtens lautete:
‘Der Fürst des Islam (d. i. der Sultan) kann nur dann gesetzmäßig mit den Ungläubigen Frieden schließen, wenn daraus für die gesamten Muslime Nutzen und Vorteil entsteht. Wird dieser Vorteil nicht bezweckt, ist auch der Friede nicht gesetzmäßig. Sobald ein Nutzen erscheint … so ist es … allerdings erforderlich und notwendig, den Frieden zu brechen.’
Zürnte Joseph von Hammer-Purgstall, der große Orientalist aus Wien: ‘Dieses Fetva beleidigt in so hohem Grade die ersten Grundsätze des Völkerrechts und öffentlicher Treue, schreit so laut wider alle Begriffe der Redlichkeit und traktatenmäßiger Verbindlichkeit…’“
Eigene Anmerkung: Diese Sichtweise des islamischen Rechts ist kein Missbrauch des Koran sondern dessen Gebrauch. Von unseren gutgläubigen Islamverstehern wird meine belegbare Aussage als islamophob gebrandmarkt. Übrigens: Nach diesem Christenschlächter Selim II sind in Deutschland viele türkische DiTiB-Moscheen benannt – die sogar von unserer Geistlichkeit als Teil des interreligiösen Dialogs hofiert werden. Und “Biblische Reisen” aus München weigert sich, diesen türkischen Teil aus ihrem Programm zu nehmen.
Hoffen wir, dass die heutigen muslimischen Migranten sich auf ihrer Durchreise durchs türkisch besetzte Nordzypern nicht fragen, warum die Kirchenruinen dort immer noch stehen. Und auf der Zwischenstation Zypern nicht, warum die orthodoxen Kirchen und Klöster immer noch keine Ruinen sind. Ich kann nur dazu raten: besuchen Sie Zypern, solange es dieses noch mit seiner heutigen Kultur gibt. Es ist eine Reise wert.