Die Chemnitzer Vorgänge liegen nun schon Wochen zurück und als (ehemaliger) sächsischer Landesvorstand von dem Verein „Mehr Demokratie“ empfand auch ich es als unbedingt notwendig, meine Sichtweise zu veröffentlichen. Leider ist er dort nach Intervention eines anderen Landesvorstandes durch den Bundesverband gelöscht worden und ich bin als Landesvorstand konsequenter Weise zurückgetreten. Wer meinen Beitrag dennoch lesen will, kann es als Gastbeitrag noch einsehen.
Warum beschreibe ich das hier in diesem Blog? Weil es hier um mehr geht als um meine persönlichen Befindlichkeiten. Es geht um die Frage, wie sollte sich eine Zivilgesellschaft positionieren, die diese Bezeichnung auch verdient hat? Macht sie sich gemein mit wohlfeilen linken Positionen oder nimmt sie auch die begründeten Ressentiments der bürgerlichen Mitte ernst? Diese Fragen richten sich auch an die politischen Akteure, die Journalisten und vor allem an die Kulturschaffenden. Aber bleiben wir in Sachsen:
Anstatt Chemnitz endlich zur Ruhe kommen zu lassen, wurde das nächste künstlerische „Moralgeschütz“ in Stellung gebracht. Der Künstler Rainer Opolka hat Wölfe mit Hitlergruß am Karl-Marx-Monument aufgestellt und möchte damit zum Nachdenken und Dialog aufrufen. Ich finde Kunst zum Nachdenken und Reflektieren sehr wichtig und auch sinnvoll- gerade in der jetzigen Zeit, in der unsere Gesellschaft so sehr polarisiert ist. Allerdings frage ich mich, ob der Künstler und auch die Stadtverwaltung mit der einseitigen Ausrichtung des Sachverhaltes den notwendigen innerstädtischen Diskurs wirklich qualitativ voran bringen? Wird mit solchen Kunstwerken nicht wieder der Generalverdacht von Chemnitz als Nazistadt befeuert? Ich bin mir daher nicht sicher, ob diese Aktion wirklich einen deeskalierenden Beitrag leisten wird. Sicher wird sie in den linken „pear-groups“ viel Beifall bekommen. Ich bin aber überzeugt, vielen Chemnitzern wird derlei einseitig ausgerichtete und somit parteiische Kunst fremd bleiben, vielleicht sogar abschrecken. Mich persönlich jedenfalls irritiert so etwas sehr. Warum mussten die Banner mit Seehofer und Maaßen mit so einem polemischen Inhalt aufgestellt werden? Warum wurde an diesem Ort nicht konkret um Daniel Hillig getrauert, sondern allgemein und relativierend allen Gewaltopfern gedacht? Wenn es aber allgemein um Gewaltopfer geht, hätte da der Künstler nicht auch schon bei anderen Ereignissen aktiv werden müssen?
Das ist überhaupt die zentrale Frage? Warum gab es kein Konzert nach der Silvesternacht auf der Kölner Domplatte? Warum nicht nach dem Terrorakt am Breitscheidplatz? Warum nicht nach Kandel?
Wo waren da all die Kulturschaffenden? Wo waren die Aufrufe von Steinmeier, Maas nach diesen Taten? Wo die Plakate mit den Aufschriften „Rechtstaatlichkeit bei der Einwanderung durchsetzen“ oder “Waffenexporte sofort beenden” ? Wo waren die Journalisten, die dies medial unterstützt und gefordert hätten?
Und vor allem, wo waren die Vereine, die sich für Toleranz, Demokratieförderung und Weltoffenheit einsetzen?
Nichts davon habe ich wahrgenommen. Wenn solche Vereine, die sich gerne als Teil der Zivilgesellschaft begreifen, immer nur im Kontext mit der Unterstützung von linksorientierten Aktivitäten in Erscheinung treten, verlieren sie ihre gesamtgesellschaftliche Legitimation. Zivilgesellschaft darf nicht asynchron agieren und auf keinen Fall sollte sie freiheitliche Überzeugen als rechts, gemeint ist meist rechtextrem, diskreditieren. Damit wird ein sehr großer Teil des Souveräns ausgegrenzt. Man braucht sich dann auch nicht wundern, wenn sich genau dieser Teil der Bürgerschaft immer mehr von der Politik angewidert abwendet. Diskurswilligkeit setzt auch Diskursfähigkeit voraus und die Einsicht, dass es verschiedene Perspektiven innerhalb einer freiheitlichen, aufgeklärten und offenen Gesellschaft gibt und geben wird. Daran mangelt es meines Erachtens vielen zivilgesellschaftlichen Vereinen und wie ich es selbst auch gespürt habe, leider auch Mehr Demokratie e.V.!