Im Wahlkampfgetöse ging unter, dass sich der Dauerminister der Regierung Kohl, Norbert Blüm, am Wahlwochenende auf den Weg in einen ganz besonderen Abenteuerurlaub gemacht hat. Er flog nach Griechenland und fuhr nach Idomeni, um pressewirksam in einem Flüchtlingszelt zu übernachten. Nachdem die Fotos im Kasten waren, kehrte er sogleich in seine Bonner Villa zurück. Seine Aktion war etwa so geschmacklos, wie die Party von „Cinema for Peace“ während der letzten Berlinale, bei der die elitäre Gesellschaft ihren Champagner in Rettungsfolien gewickelt schlürfte. Das sollte ihre Verbundenheit mit den armen Flüchtlingen demonstrieren, ging aber nach hinten los, weil Berlinale- Chef Dieter Kosslick angewidert auf Distanz ging.
Für Nobbi, wie Blüm gern genannt wird, ging sein PR- Gag auch in die Hose. Er hatte mit dem von ihm ausgewählten Wochenende zweifaches Pech. Seine Heldentat ging erst fast unbeachtet unter, weil die Medien Sensationelleres zu berichten hatten, als von einem durchgeknallten Politclown im griechischen Schlamm. Dann wurde er von den Linksradikalen, als Namensgeber für eine ihrer menschenverachtenden Aktionen gewählt die das verhasste „System“ destabilisieren sollen.
Ein „Kommando Norbert Blüm“, eine Bezeichnung, die an den RAF- Terrorismus anknüpft, hatte am vergangenen Montag Flüchtlinge dazu aufgerufen, illegal die Grenze zu Mazedonien zu überqueren. Deutschland würde noch Flüchtlinge aufnehmen- mit diesem Versprechen wurden hunderte Menschen dazu verlockt, sich auf einen lebensgefährlichen Weg zu machen. Damit sie sich nicht verliefen, gab es entlang der Route Flüchtlingshelfer, die sich als Schleuser betätigten. Besonders medienwirksam wurde die Überquerung eines reißenden Flusses inszeniert. Die Fotografen scheuten auch das Bad im kalten Wasser nicht, um möglichst wirkungsvolle Fotos zu schießen. Am anderen Ufer warteten Kamerateams, die sich mit ihrem Equipment nicht in die Fluten wagten. Pech für die „Aktivisten“ war, dass zu viele von ihnen auf den Fotos deutlich zu erkennen waren. Diese Fotos dokumentieren auch, dass sich die humanitären Helfer nicht scheuten, selbst Kinder den Gefahren des von ihnen inszenierten Marsches auszusetzen. Mindestens drei Menschen sind bei dieser Aktion ertrunken, ob im Treck, oder bei einem Einzelversuch, den gefährlichen Fluss zu überqueren, geht aus der Berichterstattung nicht hervor. Ziemlich klar scheint dagegen zu sein, dass alle Aufgebrochenen der Aufforderung des Flugblatts vom „Kommando Norbert Blüm“ gefolgt sind.
Schon vorher war bekannt geworden, dass Mitglieder humanitärer Hilfsorganisationen Bolzenschneider an die Flüchtlinge verteilt und sie aufgefordert hatten, den Grenzzaun zu durchschneiden. Diese besonders zynische Interpretation von Mitmenschlichkeit zeigt, dass es vielen „Aktivisten“ um etwas ganz anderes geht, als um die Sorge über das Flüchtlingselend. Diesen Leuten geht es darum, das verhasste „System“ zu erpressen und zu destabilisieren. Dabei sind sie offenbar sogar bereit, Tote in Kauf zu nehmen. Sie kommen damit durch, weil ihnen kaum kritische Fragen gestellt werden. Man hört nicht, dass sich die anderen Flüchtlingshelfer von diesem Treiben distanzieren würden.
Seit Tagen werden wir auf allen Kanälen mit den Bildern aus Idomeni konfrontiert, die uns ein schlechtes Gewissen machen sollen. Dabei wird verschwiegen, dass diejenigen, die noch in der Zeltstadt ausharren, die Angebote der griechischen Regierung, in eine feste Unterkunft zu ziehen, abgelehnt haben. Es wird nicht thematisiert, dass wirkliche Schutzsuchende kaum ihre Babys auf Bahngleise legen würden, um Bilder für die Medien zu produzieren.
Wer gewaltsam eine Grenze durchbrechen will, ist eher aggressiv, als schutzsuchend. Und wer Flüchtlinge dazu anstiftet, Straftaten zu begehen oder ihr Leben aufs Spiel zu setzen, ist kein von mitmenschlichen Gefühlen geleiteter Helfer, sondern ein gewissenloser Extremist.