Aufklärer, Moralisten und Hofnarren

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Von Gastautor Wolfgang Prabel

Die Aufklärung, die Moralkeule und die Satire sind immer Waffen des Bürgertums gegen den Einheitsbrei des Absolutismus und der Alternativlosigkeit gewesen, sowohl im Feudalismus des 18. Jahrhunderts, im Stalinismus des 20. wie auch im heutigen Elitarismus der Davoser Globalfetischisten.

Im 18. Jahrhundert wurde die bürgerliche Umwälzung vorbereitet. Unter den Bedingungen des Absolutismus ab 1740 zunächst auf Samtpfoten, mit dem stärker werdenden Wind der öffentlichen Meinung im Rücken am Ausgang des Jahrhunderts immer selbstbewußter auftretend.
Schon zur Zeit Augusts des Starken und des Alten Fritzen war die Lügenpresse nicht hilfreich. „Eine Zeitung sieht aus wie die andere; da machen sie dir beständig vor den großen Herrn knicks, lassen kein Geburts-, Namens- oder Vermählungsfest vorbeigehen, ohne mit dem Hütlein unter dem Arm in der demütigsten Stellung sich im Vorsaale der Großen einzufinden und sie im niedrigsten Gratulantentone zu komplimentieren.“ Das schrieb Christian Friedrich Daniel Schubart um 1775 und: „Unter allen kriechenden Kreaturen des Erdbodens ist der Zeitungsschreiber der kriechendste. (…) Alle unsere Schriften habe das Gepräge eines sklavischen Jahrhunderts und die Zeitungen am meisten.“  „Alle unsere Zeitungen sind nichts anderes als wiederkäute Gewäsche von Alltagsgeschichten und Lobsprüchen auf Regenten“.

Heute hätte Schubart sich gleichlautend über das Zwangsfernsehen erregt. Die Medienmeute wurden im 19. Jahrhundert gemeinhin als „Preß-Zuaven“ und schlimmer betitelt. Darin drückte sich geballte Verachtung des Bürgertums aus.
Die Aufklärung fand im 18. Jahrhundert in der Literatur statt, die sich nicht so rabiat selbstzensierte.  Und sie begann mit dem Moralisieren. Leo Balet schrieb über die Zeit um 1750: „Die einzige Waffe, die dem Bürger (…) blieb, um gegen die Fürsten zu opponieren, bestand darin, die Moral selbst gegen die Fürsten auszuspielen, mit anderen Worten die Immoralität der Fürsten und Höfe anzuprangern.“ „Moralisieren, um den Gegner zu demoralisieren“, nannte Balet diese Taktik. Wir finden Spuren davon exemplarisch in Schillers „Kabale und Liebe“, so wie auch in Lessings „Emilia Galotti“, wo kleinbürgerliche Mädchen nicht die Opfer von Merkelgästen, sondern zeitgenössisch von finsteren Hofmarschällen wurden.

Auch in der DDR wurde auf dieser Klaviatur immer wieder gespielt, zum Beispiel 1972 von Ulrich Plenzdorf in „Die  neuen Leiden des jungen W.“ oder in Reiner Kunzes „Die wunderbaren Jahre“. Der Trotzkist Wolf Biermann machte seine Gegner vom Politbüro verächtlich, indem er sie vor dem Hintergrund eines makellosen Gesellschaftsentwurfs in den Bernstein der Erinerung goß.

Heute ist der Kampf zwischen der Lückenpresse einerseits und den konservativ-liberalen Blogs, PEGIDA und AfD andererseits immer ein Kampf um die Moral. Man wirft sich gegenseitig Nationalsozialismus vor, Verfassungsuntreue, Mord, Totschlag, Fake News und alternative Nachrichten. Kein Tag ohne moralische Aufregung, keine Stunde ohne Kampf um Rechtspositionen. Keine Woche ohne die Herausstellung der eigenen Moral als vorbildlich und der feindlichen Unmoral als absolut eklig und ultimativ verabscheuungswürdig. Pfui Spinne!

Welche Aufmerksamkeit erregten die Essener Tafel, die späte und erzwungene Entschuldigung der Kanzlerin für das Breitscheid-Massaker oder die brutale Schächtung junger Mädchen! Jedesmal, wenn das Blut vom Messer spritzt, wenn Bürgersteige rot gefärbt sind, kommt die Groko in Erklärungsnöte. Die Gegenseite der Medienkamarilla hat nur ein paar wacklige Höckezitate im Köcher. Als letzterer auf dem Erfurter Bahnhofsvorplatz noch völlig unbekannter Vorredner von Lucke war, haben sich dieselben Schreiberlinge, die sich heute am Bein von Höcke reiben, am gegenüber den Medien sehr verbindlichen Lucki abgearbeitet.

Retrospektiv, nachdem die Medien ihn erledigt hatten, wird dem kleinen Professor von seinen Ex-Runterschreibern ein Lorberkranz geflochten. Zu seinen politischen Lebzeiten war er dagegen der gefährliche Evangelikale und der radikale Europafeind. Du kannst machen, was du willst, wenn du nicht mit den verhausschweinten ARD- und ZDF-Wölfen heulst, bist du immer Nazi. Aber in der Realität sind natürlich die Gärtner im Irrgarten der Weltherrschaft – die Klebers, Slomkas, Wills, Maischbergers und Reschkes – die ultimativen Bösewichter.

Bereits im 18. Jahrhundert begann neben der Moralkeule die Aufklärung eine wichtige Rolle im Kampf gegen die Einheitsmeinung zu spielen. Die Wissenschaft entwickelte sich rasch, insbesondere die Rechtswissenschaft und die Wirtschaftswissenschaft. Erste Elemente des Völkerrechts wurden entwickelt, um den Kabinettskriegen Einheit zu gebieten. Die Ausgrabungen in Pompei und an anderen Orten Italiens erweiterten das Geschichtswissen. Man begann sich an der römischen Republik zu begeistern und versetzte damit der Alternativlosigkeit der Fürstenherrschaft den Todesstoß. Adam Smith entwickelte die liberale Wirtschaftstheorie.
Der verbürgerlichte Klassizismus löste das höfische Rokoko ab. Waren noch um 1730 die Landschaftsgemälde in einer Zeit unbeschränkter Machtausübung horizontlos, so fanden sie ab 1780 im Nahbereich ihren Hintergrund. Der Absolutismus und seine in die Unendlichkeit ausgreifenden Herrschaftsphantasien erstickten nach 1815 endgültig im kleinteiligen Biedermeier.

Auch heute tobt auf dem Feld der Wissenschaft der Kampf zwischen den Kräften der Finsternis und des Lichts. Die Klimalügen brechen unter den Argumenten der seriösen Meteorologie und Geologie zusammen. Über die regierungsamtlichen Wärmeschutznachweise wird unter Fachleuten nur noch mild gelächelt. Die von Maoisten aufs Gleis gesetzte sogenannte „Energiewende“ läuft sich im Hamsterrad ihrer eigenen Widersprüche tot.

Die Islamwissenschaft, die man von den Merkelianern als rassistisch diffamiert, überzeugt immer mehr Bürger. Schon weil die Blutlachen im öffentlichen Raum jeden Tag Beweise der Richtigkeit der neuen Theorien  liefern.

Die Schädlichkeit der Einführung des Euro konnte seitens der EZB noch immer nicht widerlegt werden, obwohl die Folgen in Italien gerade zur Abwahl des gesamten Establishments geführt haben. Von Berlusconi bis Renzi. Gegen den unwissenschaftlichen und lächerlichen Genderwahnsinn gibt es immer stärkeren Widerstand. Die Merkelwissenschaft steht am Abgrund des allgemeinen Zweifels. Ihre akademischen Lemminge stürzen sich gerade in die Tiefe des Vergessens und der allgemeinen Verachtung.

Gegen die von ihnen selbst verursachte Langeweile hielten sich die Fürsten Hofnarren. Diejenigen der deutschen Medienanstalten waren noch zu meiner Jugendzeit erfrischend. Auf Bayern 3 klamaukte der freche Thomas Gottschalk, im Fernsehen Harald Schmidt. Auch die Late-Night-Show war politisch unkorrekt. Heute haben schlüpfrige und willige Mainstreamkasper wie Kabelka, Reichow und Böhmermann die Aussiebungen überstanden.

Lisa Fitz wird in der zweiten Lebenshälfte noch rebellisch.
Im kulturellen Überbau regt sich überall zarter Widerstand. Schriftsteller und Journalisten werden aufständisch, riskieren den Bruch mit dem totalitären System oder werden von den Lückenmedien exmatrikuliert. Im Musikbetrieb gingen zunächst Leute auf die Palme, deren Eltern nicht schon immer hier gewohnt haben. Bushido und Xavier Naidoo waren wegen ihres Migrationshintergrundes vom Mainstream schlechter angreifbar, als Deutsche. Und sie nutzten das.

Inzwischen sind ganz viele Journalisten in das Feldlager der Freiheit übergelaufen: Michel Klonovsky, Bettina Röhl, Eva Hermann, Hugo Müller-Vogg, Matthias Matussek, Armin Paul Hampel, Konrad Adam, Günther Lachmann, Roland Tichy, Nicolaus Fest, Thomas Böhm, Don Alphonso und Wolfgang Herles (Aufstellung ist derb unvollständig). Selbst die politische Klasse als Schwert und Schild der Lückenmedien bröckelt: Immer wieder reibt sich der verwunderte Leser die Augen, wenn er Einträge von Frank Schäffler, Oswald Metzger, Boris Palmer, Vera Lengsfeld, Klaus-Peter Willsch, Erika Steinbach und Fritz Goergen liest. Dazu kommen zahlreiche Bundestags- und Landtagsabgeordnete der AfD, die fast täglich publizieren, reden und nicht mehr einzufangen sind. Weidel, Curio und Brandner werden zu Videostars.

Die Front der Staatsschriftsteller bröckelt schon lange. Seit dem anschwellenden Bocksgesang  ergießt sich ein Strom von alternativer Literatur ins Publikum, vom Lichtschlag-Verlag bis zu Antaios verlegt. Von Thilo Sarrazin bis zum kleinen Akif. Immer wieder werden Schriftsteller von Verlagen oder von Amazon ausgelistet, aber die Rebellion ist im Wachsen. Aus jedem abgeschlagenen Kopf wachsen zehn neue. Ich nenne hier niemanden beim Namen, denn die Vielzahl derjenigen, die ich aus Schusseligkeit und Unwissen übergehen würde, ist Legion.

Aufklärer, Moralisten und Hofnarren machten und machen Revolution. Ihre Erfolgsaussichten sind gut. Im 18. Jahrhundert und im Endstadium des Stalinismus haben sie nach unendlich vielen Schlachten und Scharmützeln gegen das verkrustete Establishment gesiegt. Warum sollte das heute anders sein? Der marode phantasielose Merkelladen ist eigentlich sturmreif.



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