Tagesschau hält Überfall zur Beschaffung von Kriegswaffen für nicht berichtenswert

Veröffentlicht am

Von Gastautor Joachim Robrecht

Wie die Tagesschau mir kürzlich auf meine Anfrage mitteilte, hält sie einen Überfall zur Beschaffung von Kriegswaffen durch Algerier für nicht erwähnenswert, da es ein normaler Kriminalfall sei.
Nachdem ich bereits in der Vergangenheit die Tagesschau kritisiert habe, weil sie islamistisch motivierte Straftaten teilweise nicht veröffentlichte, gab es im Juli 2017 erneut einen Vorfall, der eine überregionale Bedeutung mit salafistisch/islamistischem Hintergrund hatte, bei dem die Tagesschau aber wieder meinte, diesen nicht erwähnen zu müssen.

Es ging um einen geplanten Überfall auf ein Juweliergeschäft in der Nähe von Bremen zur Beschaffung von finanziellen Mitteln für Kriegswaffen. Bremer Lokalmedien haben im September/Oktober/November 2017 darüber berichtet.
Die Täter sind u. a. ein französischer Migrant (algerische und französische Staatsbürgerschaft) und ein in Bremen lebender, algerischer Asylbewerber. Der Überfall wurde vereitelt, da die deutsche Polizei zusammen mit dem französischen Staatsschutz die Täter schon Wochen vorher observiert hatte.

Im Bremer Weser-Kurier hieß es am 30.9.2017:
“…Nach Informationen des WESER-KURIER sollen hinter dem geplanten Überfall auf das Geschäft islamistische Motive stehen. Dafür spricht unter anderem, dass an dem Einsatz offenbar Beamte des französischen Staatsschutzes beteiligt waren…”
Im Weser-Kurier vom 10.11.2017 hieß es später zu dem Vorfall:
“Der Abschiebung des 50-jährigen Algeriers waren monatelange, teils länderübergreifende Ermittlungen vorausgegangen, heißt es hierzu in einer Pressemitteilung der Innenbehörde. Demnach war der Algerier dem Verfassungsschutz bereits 2007 als Salafist aufgefallen. Ab Sommer 2012 war er regelmäßiger Besucher des im Dezember 2014 verbotenen salafistischen Kultur & Familien Vereins (KUF) und zudem wiederholt Besucher im islamischen Kulturzentrum (IKZ). Eine Auswertung seiner Facebook-Seite habe ergeben, dass nicht nur die eingestellten Videos Bezüge zur Terrormiliz des Daesch (Anmerkung: der Weser-Kurier bezeichnet den IS mit dem Wort “DAESCH”, weil er meint, dass der IS nichts mit dem Islam zu tun habe) aufwiesen, sondern auch Hunderte Freunde auf seiner Facebook-Seite jihadistische Inhalte posteten….Laut Polizei wollten die Männer mit der Beute den Kauf von Kriegswaffen finanzieren. Zwei der Festgenommenen, darunter der Algerier, landeten in Untersuchungshaft. Der zweite Inhaftierte hat nach Informationen des WESER-KURIER eine doppelte Staatsbürgerschaft. Er soll ebenfalls Algerier sein, aber auch Franzose und konnte deshalb nicht nach Algerien abgeschoben werden. Er sitzt weiterhin in Untersuchungshaft.”

Ich stellte eine Anfrage an die Tagesschau, warum über einen solch gravierenden Fall mit vermutlich islamistischen Motiven und einem internationalen Hintergrund nicht berichtet wurde.

Die Tagesschau antwortet mir am 24.10.2017:
“Sehr geehrter Herr Robrecht,
die DPA schreibt zu dem von Ihnen angesprochenen Vorfall folgendes:
Bremen (dpa) – Die Polizei ermittelt nach dem geplanten Überfall auf ein Juweliergeschäft jetzt gegen alle sechs festgenommenen Verdächtigen. Das sagte Staatsanwaltschaftssprecher Frank Passade am Montag in Bremen. Die Männer sollen vorgehabt haben, einen Juwelier im nahe gelegenen Osterholz-Scharmbeck zu überfallen, um mit dem Geld Waffen zu kaufen. Fahnder hatten die sechs Männer am Freitag vorläufig festgenommen. Zunächst ermittelte die Polizei gegen vier von ihnen. Gegen zwei Männer besteht dringender Tatverdacht. Sie sitzen wegen Fluchtgefahr in Untersuchungshaft.
Spekulationen, dass es sich bei den Verdächtigen um Islamisten handeln könnte, konnte Passade nicht bestätigen. «Dazu gibt es keine gesicherten Erkenntnisse.» Seit einigen Wochen hatte die Bremer Kriminalpolizei in Zusammenarbeit mit dem Bundeskriminalamt und dem französischen Staatsschutz gegen die Gruppe ermittelt.
Bei den Männern handelt es sich um einen Algerier aus Frankreich und fünf Verdächtige aus Deutschland, wovon drei die algerische und einer die libanesische Staatsangehörigkeit haben. Einige der Männer seien polizeilich bekannt, sagte Passade. Einer habe bereits in Haft gesessen. Auf sein Konto gingen Straftaten wie Drogenhandel, Fahren ohne Fahrerlaubnis und Bedrohung

Die Tagesschau ist eine überregionale Nachrichtensendung, die ihren Schwerpunkt auf Politik, Gesellschaft und Wirtschaft legt. Über Kriminalfälle berichten wir deshalb nur selten und völlig unabhängig davon, ob das Opfer Deutscher oder Migrant war oder ob mutmaßliche Täter deutscher oder anderer Herkunft sind. Die Tat hatte offensichtlich keinen gesellschaftspolitischen Hintergrund. Anders hätte es daher ausgesehen, wenn dieser Fall politische Konsequenzen gehabt hätte, wenn also zum Beispiel Forderungen nach neuen Gesetzen laut geworden wären. Dann hätten wir uns sicherlich damit beschäftigt. So aber bleibt der Vorfall ein brutaler, entsetzlicher Kriminalfall, dessen gesamtgesellschaftliche und politische Tragweite absehbar nicht zu einer veränderten Gesetzeslage führen wird. Wir berichten jedes Jahr über die Entwicklung der Kriminalstatistik, greifen aber auch Einzelschicksale auf, zum Beispiel wenn die Straftaten politisch motiviert waren, einen terroristischen Hintergrund hatten oder ein Fehlverhalten etwa von Politik bzw. Behörden vorliegt. Eine ausführliche Berichterstattung über die Tat gab es in den regionalen Nachrichtenprogrammen von Radio Bremen.

Mit freundlichen Grüßen
Publikumsservice ARD-aktuell

Wer sich den Vorgang aufgrund der Zeitungsmeldung genau durchliest, wird feststellen können, dass die Aussage der Tagesschau, die Tat hätte keinen gesellschaftspolitischen Hintergrund und sei nur ein normaler Kriminalfall, unhaltbar ist. Bei einem normalen Kriminalfall ermittelt wohl kaum der französische Staatsschutz.

Auffällig ist erneut, dass die Tagesschau bei der Beantwortung von Anfragen keine Namen nennt. Das geschah schon in bei meiner Anfrage bezüglich des 1. Vorfalls. Bei dessen Beantwortung Herr Marmor später behauptete die Antwort wäre nicht in seinem Sinne gewesen.

Joachim Robrecht
27.11.2017

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