Warum stoppt keiner diese Gesinnungstäter?

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Gestern Nachmittag vor dem Maxim- Gorki- Theater. Vor dem improvisierten Käfig mit „libyschen Tigern“, den gefährlichsten Bestien unter ihren Artgenossen, wie ein Zettel aufklärt, steht eine Gruppe von Stadtbesichtigern per Fahrrad. Bezahlt das so genannte „Zentrum für politische Schönheit“, das genauer Zentrum für fanatische Blödheit heißen sollte, jetzt Stadtführer , damit sie ihre Gäste zum Käfig führen? Trotz der marktschreierischen Werbung, die demnächst die Fütterung der Tiger mit lebenden „Flüchtlingen“ verspricht, wäre ohne die Touristen die Leere gähnend gewesen, denn außer mir und einer Oma mit Enkel war niemand da. Die Oma, wie ich feststellen konnte, war nur gekommen, weil sie hier ihrem Enkel Tiger zeigen wollte, ohne das Eintrittsgeld für den Zoo bezahlen zu müssen. Der Gladiator, der anfangs noch den Käfig beigefügt gewesen sein soll, war nicht zu sehen.Die Tiger auch nicht. Sie hielten ihr Mittagsschläfchen im hinteren Teil des Käfigs. Die Omi musste enttäuscht abziehen, die Radfahrer taten es ihr nach. Ob einer von ihnen wahrgenommen hat, was als Beschallung auf sie niederrieselte, war nicht festzustellen.

In Endlosschleife wird jeder, der sich  dem Käfig nähert, von einer sanften Frauenstimme mit wirren Botschaften versorgt. Was sie sagt, ist ebenso konfus, wie verlogen. Da ist von „Imperatoren“ die Rede, gemeint sind Bundeskanzlerin Merkel und Bundespräsident Gauck, die aufgefordert werden, sich endgültig über die Gesetze hinwegzusetzen und wie römische Diktatoren oder französische Sonnenkönige zu agieren. Bezeichnend für das geistige Niveau der Show ist ein Plakat mit der Frage: „Mama, warum fliegen die Flüchtlinge nicht mit dem  Flugzeug?“ Da wären wir bei Marie Antoinette: Wenn die Leute kein Brot haben, warum essen sie keinen Kuchen?

Inzwischen fordert die sanfte Stimme dazu auf, sich als Flüchtling für das Verfüttern zur Verfügung zu stellen. Die anderen sollen wenigstens Geld spenden, um syrischen Familien die Zusammenführung zu ermöglichen. Wenn man mit dem gemieteten Flugzeug, das angebliche Familienangehörige nach Deutschland bringen soll nicht landen darf, würde man zum Vatikan fliegen, wo Barmherzigkeit, statt Gesetzlichkeit herrsche.

Die Unmenschlichkeit Europas würde darin bestehen, das der europäische Rat eine Richtlinie beschlossen hätte, die drakonische Strafen für ein Beförderungsunternehmen vorsehe, das Menschen ohne gültige Visa in die EU transportiere.

Würde man diesen Text als Satire auf die geistigen Urheber dieser Schmierenkomödie veröffentlichen, würde man der zynischen Übertreibung bezichtigt.

 

Seit das Grünflächenamt, von dem man mit dreisten Lügen über das Vorhaben eine „Sondergenehmigung“ zum Aufstellen des Tigerkäfigs erschlichen hat, seinen Fehler korrigiert und diese Genehmigung zurückgezogen hat, ist das Ganze illegal. Aber nichts passiert. In Berlin, wo jeder Fahrer, der seine Parkzeit auch nur für fünf Minuten überschritten hat, gnadenlos gejagt wird, wird dieser Verstoß gegen die Räumungsauflagen hingenommen. Heute soll die erste „kommentierte Fütterung“ mit einem lebenden Menschen stattfinden. Eine syrische Schauspielerin hat sich bereit erklärt, sich zu opfern, weil sie „nichts mehr zu verlieren“ hätte. Eine Uhr weist auf die ablaufende Zeit hin. Wer möchte, kann sich im Internet Karten erwerben, die ihn berechtigen, das Schauspiel ganz vorn am Gitter mitzuerleben.

Sollte die Aktion wirklich starten, woran ich nicht glaube, säßen auch die Initiatoren des Ganzen in der ersten Reihe. Philipp Ruch, „Künstler“ und promovierter Philosoph würde dann seinem Drang, Medienöffentlichlkeit zu bekommen, ein Menschenopfer bringen. Ich frage mich, warum noch keiner der Journalisten, die Ruchs Eskapaden begeistert begleiten, darauf gekommen ist, dass Deutschland eigentlich ein für alle mal genug haben müsste von verhinderten Künstlern, die für ihre Ambitionen bedenkenlos Menschenopfer bringen. Nur einem, dem Künstler Michael Sailer, ist aufgefallen, dass  Ruchs Ruf nach „Visionen“, „großen Ideen“, „Glauben“, „Idealen“ und „heiligen Pflichten“ faschistoiden Parolen gleichen. Das kommt von der Blindheit auf dem linken Auge bei den Kämpfern „gegen rechts“.

Wenn Ruch von heiligen Pflichten redet, hat er nicht die Absicht, sich selbst in eine solche zu nehmen. Dann müsste er sich höchstselbst den Tigern zum Fraß vorwerfen.

Als ein amerikanischer Künstler gegen den Vietnamkrieg protestieren wollte, hat er sich selbst in aller Öffentlichkeit in den Arm geschossen, statt Menschen zu suchen, die ihn das bei sich tun lassen. Jan Pallach, der gegen die sowjetische Niederschlagung des Prager Frühlings ein Zeichen setzen wollte, hat sich selbst verbrannt. Ebenso Pastor Brüsewitz, der das SED- Regime mit drastischen Mitteln anprangern wollte.

 

Ruch gibt an, sein Vorbild sei Varian Fry. Das ist eine Beleidigung für Fry, der sein Leben riskierte, um Menschen zu retten und sie nicht aus persönlicher Geltungssucht Bestien zum Fraß vorwarf.

Ruch, Kind zweier Psychologen, was ein hartes Los gewesen zu sein scheint, kann offensichtlich mit Kritik nicht umgehen. Auf der Pinnwand , die vor dem Käfig aufgestellt ist, gibt es zu seiner Aktion nur Zustimmung. Kritiken gäbe es im Internet, sagt mir eine der beiden Damen, die unter einem Sonnenschirm am Theatereingang sitzen, vor sich ein Tisch mit Handzetteln und den Spendenbüchsen. Aber offenbar nicht genug, denn sie hat nicht dafür gesorgt, dass dieses widerliche Schauspiel vor seinem blutigen Finale beendet wird.

Die Feigheit der Politik hat beängstigende Ausmaße angenommen.



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