Von Gastautor Lothar W. Pawliczak
Das Buch von Peter Ruben, Camilla Warnke (Hg.) “Aktenzeichen I/176/58, Strafsache gegen Langer u.a.: Ein dunkles Kapitel aus der Geschichte der DDR-Philosophie”, Leipzig 2021 sei insbesondere allen zur Lektüre empfohlen, die meinen, die Bürger Ostdeutschlands als diktatursozialisiert bezeichnen zu müssen (Die Buchpräsentation am 23. September 2021 ist hier dokumentiert.). Und dann mögen sie erklären, was diese Feststellung für die aktuelle Politik bedeutet. Wer einst in der DDR gelebt hat, dort aufgewachsen ist, war mehr oder weniger von solchen Vorgängen betroffen, hatte zumindest irgendwie davon gehört, blieb niemals völlig unbetroffen. Sind diese Bürger deswegen heute nicht demokratiebefähigt? Würde man das von Menschen behaupten, die aus Afrika kommen, hieße es, das sei rassistisch, stellte Monika Maron fest. Wenn Herr Wanderwitz von Diktatursozialsierung schwätzt, reproduziert er Vorstellungen, die der Stalinist Lyssenko zu eine schlimmen Theorie ausgearbeitet hatte: Die Individuen erwerben in ihrer Umwelt angeblich Verhaltensweisen, die sie auch unter veränderten Bedingungen beibehalten und vererben. Wenn Menschen nicht so denken und handeln, wie sie sollten, könne man mit ihnen keinen sachlichen Diskurs führen, sondern müsse sie als Feinde bekämpfen. „Dokumentation einer (vergeblichen) Diktatursozialisierung“ weiterlesen